BFH Beschluss v. - V B 35/07

Zurückverweisung an FG wegen fehlender Entscheidungsgründe

Gesetze: FGO § 119 Nr. 6; FGO § 105 Abs. 2 Nr. 5; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3

Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg Urteil vom 2 K 992/02

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH; seit September 1994 werden die Gesellschaftsanteile zu je 50 % von den Gesellschaftern G und S gehalten, die auch Geschäftsführer sind. Im September 1994 gründeten G und S zusammen mit drei weiteren Personen die X-GmbH, an der G und S zu je 25 % beteiligt waren. Die Klägerin wurde als Subunternehmerin für die X-GmbH tätig und sollte dieser gegenüber in einer bestimmten Weise ihre Leistungen abrechnen. Anlässlich einer Außenprüfung, die der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) bei der Klägerin durchführte, wurde u.a. festgestellt, dass die Klägerin gegenüber der X-GmbH in wesentlich geringerer Höhe Rechnungen erteilte, als dies nach den zugrunde liegenden Vereinbarungen berechtigt gewesen wäre (Differenz 1994: 740 906 DM zzgl. 15 % Umsatzsteuer = 853 041 DM; 1995: 366 573 DM zzgl. 15 % Umsatzsteuer = 421 568 DM). In Höhe der Bruttobeträge nahm das FA für ertragsteuerrechtliche Zwecke eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) an (unterlassene Vermögensmehrung der Klägerin, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei); außerdem versteuerte es die der X-GmbH gegenüber erbrachten Leistungen der Klägerin nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes 1993 mit den entstandenen Kosten als Bemessungsgrundlage und setzte die Umsatzsteuer für 1994 und 1995 entsprechend fest.

Die Einsprüche und Klagen gegen die auf Grund der Feststellungen der Außenprüfung geänderten Bescheide über Körperschaftsteuer 1994 und 1995, Zinsen zur Körperschaftsteuer 1994 und 1995, Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer 1995, Gewerbesteuer-Messbetrag 1994 und 1995, Umsatzsteuer 1994 und 1995 sowie Zinsen zur Umsatzsteuer 1994 blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die Klagen ab und ließ die Revision nicht zu.

Hiergegen erhob die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde. Der für die Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer zuständige I. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) trennte das Verfahren betreffend die Umsatzsteuer 1994 und 1995 sowie die Zinsen zur Umsatzsteuer 1994 ab und verwies es an den V. Senat; im Übrigen wies er die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurück.

II. Die Beschwerde ist hinsichtlich der geänderten Bescheide über Umsatzsteuer 1994 und 1995 sowie der Festsetzung von Zinsen zur Umsatzsteuer 1994 vom begründet. Es liegt insoweit ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vor; das Urteil des FG wird deshalb in diesem Umfang aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (§ 116 Abs. 6 FGO).

1. Der Verfahrensmangel liegt darin, dass sich das FG in der Begründung seines Urteils ausschließlich mit den ertragsteuerrechtlichen Fragen der vGA beschäftigt hat und keinerlei Begründung zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des Rechtsstreits gegeben, die Klagen insoweit aber gleichwohl als unbegründet abgewiesen hat.

Die Entscheidungsgründe sind nach § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO wesentlicher Bestandteil des Urteils; fehlen sie, liegt ein absoluter Revisionsgrund i.S. des § 119 Nr. 6 FGO vor. Vorliegend fehlt zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des Rechtsstreits überhaupt jede Begründung, so dass § 119 Nr. 6 FGO eingreift (vgl. z.B. , BStBl II 1985, 417; vom I R 134/84, BStBl II 1988, 588; Beschluss vom V B 145/02, BFH/NV 2003, 1096; vgl. auch , BGHZ 39, 333, 337).

Eine Begründung war auch nicht entbehrlich, weil sich die rechtlichen Voraussetzungen einer vGA für ertragsteuerliche Zwecke von der umsatzsteuerrechtlichen Folge des Ansatzes der Mindestbemessungsgrundlage durchaus unterscheiden und daher eine eigenständige Begründung zur Abweisung der Klagen betreffend die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide notwendig gewesen wäre. Das FG ist auch nicht etwa nach § 105 Abs. 5 FGO der Begründung der Einspruchsentscheidung gefolgt, andernfalls hätte es dies in seiner Entscheidung feststellen müssen (§ 105 Abs. 5 a.E. FGO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1332 Nr. 7
KAAAC-45768