Leitsatz
[1] Entscheidet der Bundesgerichtshof über eine Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss nach § 544 Abs. 7 ZPO können Gerichtsgebühren nicht erhoben werden, weil dafür eine gesetzliche Grundlage im Gerichtskostengesetz fehlt und eine analoge Anwendung anderer Kostenvorschriften zu Lasten der Parteien ausscheidet.
Gesetze: ZPO § 544 Abs. 7; GKG § 1; GKG § 3; GKG § 66; GKVerz Nr. 1230; GKVerz Nr. 1242; GKVerz Nr. 1243
Instanzenzug: LG München I 5 HKO 10731/03 vom OLG München 7 U 3518/04 vom
Gründe
I. Das Oberlandesgericht München hat den Beklagten zur Zahlung von 372.309,97 € verurteilt und die Revision nicht zugelassen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache gemäß § 544 Abs. 7 ZPO an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Der Kostenbeamte des Bundesgerichtshofs hat mit Kostenrechnung vom Gerichtskosten in Höhe von 11.780,00 €, nämlich fünf Gebühren nach Kostenverzeichnis (KV) Nr. 1230 zu § 3 Abs. 2 GKG angesetzt. Dagegen richtet sich die Erinnerung des Beklagten. Der Kostenbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. 1. Der Senat ist gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 139 Abs. 1 GVG zur Entscheidung über die Erinnerung berufen (vgl. , NJW-RR 2005, 584; v. - RiZ(R) 1/05, NJW-RR 2006, 1003).
2. Die Erinnerung ist begründet. Das KV enthält keine Regelung, die die Erhebung von Gerichtsgebühren bei einer Entscheidung nach § 544 Abs. 7 ZPO zulässt. Eine analoge Anwendung von Vorschriften des KV scheidet aus, weil nach § 1 GKG, dem Vorbehalt des Gesetzes entsprechend, sämtliche gerichtlichen Handlungen kostenfrei sind, für die das Gesetz einschließlich des zugehörigen Kostenverzeichnisses nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ( RiZ (R) 1/05, NJW-RR 2006, 1003 f. m.w.Nachw.; Hartmann, KostG 36. Aufl. § 1 GKG Rdn. 1 und 16).
a) Auf Nr. 1230 KV stützt sich der Kostenbeamte zu Unrecht. Die Kostenvorschrift findet, wie die Nrn. 1231 und 1232, ausschließlich auf Revisionsverfahren Anwendung. Wird - wie in dem hier durchgeführten Verfahren - auf die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil nach § 544 Abs. 7 ZPO durch Beschluss aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen, findet - unabhängig von der Frage, ob dieser Beschluss inzident die Zulassung der Revision enthält - jedenfalls kein Revisionsverfahren im Sinne von Nr. 1230 KV statt. Das ergibt sich schon aus § 544 Abs. 7 ZPO selbst, der ausdrücklich bestimmt, dass durch den stattgebenden Beschluss "abweichend von § 544 Abs. 6 ZPO" das Beschwerdeverfahren nicht als Revisionsverfahren fortgesetzt wird. Ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung ist eine dem § 544 Abs. 7 ZPO widersprechende kostenrechtliche Gleichbehandlung des Revisions- und des Verfahrens nach § 544 Abs. 7 ZPO ausgeschlossen.
b) Nrn. 1242, 1243 KV finden ebenfalls keine Anwendung auf das Verfahren nach § 544 Abs. 7 ZPO. Diese Bestimmungen sind ausschließlich die Rechtsgrundlage für die Erhebung von Gebühren für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren. Im übrigen käme ein Kostenansatz auch deswegen nicht in Betracht, weil nach Nr. 1243 KV (letzter Satz) bei einem der Beschwerde stattgebenden Beschluss keine Gebühr entsteht und es sich bei der auf § 544 Abs. 7 ZPO gestützten Entscheidung um einen solchen stattgebenden Beschluss handelt.
c) Dass der Gesetzgeber, der im Zusammenhang mit der Zivilprozessrechtsreform die Erforderlichkeit der Erhebung von Gebühren für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren näher begründet hat (BT-Drucks. 14/4722 S. 140), bei der späteren Einführung des § 544 Abs. 7 ZPO durch das Anhörungsrügengesetz die Kostenvorschriften nicht angepasst hat, führt - wie der Kostenprüfungsbeamte in der Sache zu Recht angeführt hat - zu dem wenig einsichtigen Ergebnis, dass zwar für erfolglose, ebenfalls durch Beschluss erledigte Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zwei Gebühren anzusetzen sind, das Revisionsgericht dagegen im Falle einer erfolgreichen, die Aufhebung und Zurückverweisung durch Beschluss nach sich ziehenden Beschwerde kostenlos tätig sein muss. Obwohl in der Regel der Arbeitsaufwand für das zuletzt genannte Verfahren, jedenfalls soweit - wie regelmäßig - Hinweise für die künftige Sachbehandlung gegeben werden, deutlich höher als bei einem erfolglosen Beschwerdeverfahren ist und eher einer Revisionsentscheidung im schriftlichen Verfahren nahe kommt, ist diese gebührenrecchtliche Regelungslücke hinzunehmen, solange der hierzu allein berufene Gesetzgeber nicht Abhilfe geschaffen hat.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW-RR 2007 S. 1148 Nr. 16
DAAAC-43997
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja