Keine außerordentliche Beschwerde im Finanzprozess
Leitsatz
Eine außerordentliche Beschwerde ist im Finanzprozess nicht mehr statthaft (Aufgabe der im Senatsbeschluss vom IV B 42/05, BFHE 210, 225, BStBl II 2005, 838 vertretenen Rechtsansicht und Anschluss an , BFHE 211, 37, BStBl II 2006, 188).
Gesetze: FGO § 128FGO § 133a
Instanzenzug:
Gründe
I.
Über das Vermögen des Antragstellers, P, wurde das Insolvenzverfahren eröffnet, welches noch andauert.
Der Antragsteller hatte beim Finanzgericht (FG) erfolglos Anträge wegen Aussetzung der Vollziehung und einstweiliger Anordnung betreffend die gesonderte Feststellung von Einkünften erhoben. Gegen den Beschluss des FG über die Ablehnung der Anträge hat er sich mit einer Anhörungsrüge gemäß § 133a der Finanzgerichtsordnung (FGO) gewendet. Außerdem hat er die Richter des FG-Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Beide Anträge wurden vom als unzulässig verworfen.
Der Antragsteller beantragt nun Prozesskostenhilfe (PKH) für die Erhebung einer außerordentlichen Beschwerde gegen den . Von dem ursprünglich gestellten Antrag, PKH alternativ für eine Gegenvorstellung zu gewähren, ist der Antragsteller mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Insolvenzverwalters vom wieder abgerückt.
Der Insolvenzverwalter hat das Verfahren, das vom Antragsteller noch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens anhängig gemacht worden war, aufgenommen. Der Antragsteller hatte zuvor vorgetragen, eine Gegenvorstellung bzw. eine Beschwerde beim judex a quo sei sinnlos. Das Gericht habe trotz beigebrachter Beweise, dass vom Antragsgegner (Finanzamt —FA—) gefälschte Akten vorgelegt worden seien, nicht gehandelt, sondern rechtsbeugend und rechtsverweigernd entschieden. Das Gericht könne kein rechtliches Gehör gewähren, wenn es auf der Grundlage gefälschter Akten entscheide. Nach dem Senatsbeschluss vom IV S 10/05 (BFHE 211, 13, BStBl II 2006, 76) müsse Rechtsschutz auch gegen den Richter gewährt werden. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom Bezug genommen.
Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat der Antragsteller nicht vorgelegt. Stattdessen verweist er auf den (PKH) (BFH/NV 2005, 2246), mit dem ihm in einem anderen Verfahren PKH gewährt worden sei, und erklärt, dass sich die Verhältnisse seither nicht wesentlich verändert hätten.
II.
Das Verfahren kann fortgesetzt werden. Das vom Antragsteller anhängig gemachte Verfahren war durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen zunächst unterbrochen. Denn im Steuerprozess wird auch das Verfahren auf Bewilligung von PKH nach § 155 FGO i.V.m. § 240 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen, wenn über das Vermögen des Antragstellers nach Eintritt der Rechtshängigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet wird (Senatsbeschluss vom IV S 11/05 (PKH), BStBl II 2007, 130). Die Unterbrechung ist jedoch beendet, weil der Insolvenzverwalter das Verfahren aufgenommen hat.
III.
Der Antrag auf Gewährung von PKH war abzulehnen.
1. Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält ein Prozessbeteiligter bei Vorliegen bestimmter persönlicher Voraussetzungen PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussichten liegen dann vor, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt des Erfolges spricht (vgl. Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 142 Rz 39 ff., m.w.N.).
2. Für eine außerordentliche Beschwerde besteht keine Erfolgsaussicht.
Der Antragsteller strebt nach Klarstellung seines Antrags eine außerordentliche Beschwerde gegen den an. Eine ordentliche Beschwerde wäre weder gegen den Beschluss über das Ablehnungsgesuch statthaft (§ 128 Abs. 2 FGO) noch gegen die Entscheidung über die Anhörungsrüge gegeben (§ 133a Abs. 4 Satz 3 FGO).
Aber auch eine außerordentliche Beschwerde wäre nicht statthaft. Zwar hat der Senat mit Beschluss vom IV B 42/05 (BFHE 210, 225, BStBl II 2005, 838) entschieden, es gebe auch nach Schaffung der Anhörungsrüge durch das Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (AnhRüG) vom (BGBl I 2004, 3220) weiterhin einen Anwendungsbereich für die außerordentliche Beschwerde. An dieser Auffassung hält der Senat jedoch nicht mehr fest, nachdem das Bundesverfassungsgericht in Fortführung seines Plenumsbeschlusses vom 1 PBvU 1/02 (BVerfGE 107, 395) auch unter der geänderten Rechtslage seit Inkrafttreten des AnhRüG zum entschieden hat, dass eine außerordentliche Beschwerde unvereinbar mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Rechtsmittelklarheit sei (Kammerbeschluss vom 1 BvR 2803/06, bisher nicht veröffentlicht). Der Senat schließt sich deshalb jetzt der von anderen Senaten des BFH bereits vertretenen Auffassung an, dass die außerordentliche Beschwerde nicht mehr statthaft ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom VIII B 181/05, BFHE 211, 37, BStBl II 2006, 188; vom II B 93/05, BFH/NV 2006, 1157, und vom V S 25/05, BFH/NV 2006, 1128).
Schon unter diesem Gesichtspunkt hat die beabsichtigte außerordentliche Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg. Darüber hinaus handelt es sich bei den vom Antragsteller erhobenen Beanstandungen der Sache nach um die Rüge von Verletzungen des rechtlichen Gehörs. Hierfür ist die Anhörungsrüge nach § 133a FGO der spezielle Rechtsbehelf (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 210, 225, BStBl II 2005, 838). Nach deren Ablehnung durch das FG ist der Finanzrechtsweg erschöpft. Es stehen keine weiteren fachgerichtlichen Rechtsbehelfe mehr zur Verfügung.
Fundstelle(n):
SAAAC-42138