Herstellung der Ausschüttungsbelastung bei einer GmbH; keine Rückwirkung eines ordnungsgemäß nach Feststellung des Jahresabschlusses gefassten Gewinnverteilungsbeschlusses auf eine zuvor ohne hinreichende Beschlussgrundlage faktisch vollzogene Ausschüttung
Gesetze: KStG § 27 Abs. 3; KStG § 34
Instanzenzug:
Gründe
I. Streitpunkt ist, ob im Hinblick auf eine Gewinnausschüttung über 150 000 DM für das Streitjahr 2000 die Ausschüttungsbelastung gemäß § 27 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der zuletzt durch Gesetz vom (BGBl I 2000, 1034) geänderten Fassung (KStG 1999 a.F.) herzustellen ist.
Der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer (G) der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer GmbH, fasste unter dem folgenden Beschluss:
„Der Bilanzgewinn des Jahres 2000 wird ausgeschüttet. Die Ausschüttung wird in der Weise verwendet, dass sie dem Darlehenskonto des Gesellschafters gutgeschrieben wird. Das Darlehenskonto hat den Wert am in Höhe von 258.382,92 DM.”
Die Klägerin reichte ihre Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr 2000 am beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) ein. Dem ebenfalls eingereichten Jahresabschluss zum (mit Abschlussvermerk vom ) war folgender Feststellungsbeschluss des G vom beigefügt:
„1. Der vorgelegte Jahresabschluss 2000 wird genehmigt. Die Bilanzsumme beträgt 419.785,11 DM.
2. Dem Geschäftsführer wird Entlastung erteilt.
3. Es wird beschlossen, den Betrag in Höhe von 150.000 DM auszuschütten.”
Das FA setzte die Körperschaftsteuer der Klägerin für das Streitjahr in Höhe der Tarifbelastung von 63 257 DM ohne Herstellung einer Ausschüttungsbelastung fest. Die hiergegen erhobene Klage mit dem Begehren einer Körperschaftsteuer-Minderung um 35 627 DM im Hinblick auf eine den Gewinn des Streitjahres betreffende Ausschüttung von 150 000 DM hat das abgewiesen, weil die Ausschüttung nicht die Voraussetzungen des § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 KStG 2002 (vormals § 34 Abs. 10a Satz 1 Nr. 1 KStG 1999 i.d.F. des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung —StSenkG— vom , BGBl I 2000, 1433) erfülle und somit § 27 KStG 1999 a.F. nicht zur Anwendung komme.
Die Klägerin beantragt die Zulassung der Revision gegen dieses Urteil und stützt das Rechtsmittel auf eine Divergenz zur Rechtsprechung des Senats, auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und auf Verfahrensfehler der Vorinstanz.
Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist, soweit die geltend gemachten Zulassungsgründe überhaupt hinreichend dargetan sind, unbegründet.
1. Die Klägerin hat eine gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Revisionszulassung führende Divergenz des angegriffenen Urteils zu einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht hinreichend dargelegt. Dazu wäre es erforderlich gewesen, einen das FG-Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz aus dem Senatsurteil in der Weise gegenüberzustellen, dass die Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom VIII B 295/04, BFH/NV 2006, 339; vom X B 10/05, BFH/NV 2006, 777; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 42, m.w.N.). Dem werden die Darlegungen der Klägerin nicht gerecht. Sie führt insoweit aus, die Versagung einer Rückwirkung des Beschlusses über die Verwendung des Jahresgewinns 2000 vom auf das Streitjahr 2000 durch das FG widerspreche der Senatsrechtsprechung zu § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG 1999 a.F. (, BFHE 142, 446, BStBl II 1985, 225; vom I R 60/98, BFHE 188, 542, BStBl II 1999, 634; vom I R 69/00, BFH/NV 2002, 1545). Es fehlen jedoch die für den Zulassungsgrund der Divergenz erforderlichen Ausführungen dazu, inwiefern die behaupteten Fehler des FG gerade auf der Statuierung eines (welchen?) divergierenden Rechtssatzes und nicht auf anderen, möglichen Ursachen —wie z.B. einer fehlerhaften Anwendung der Rechtsprechung auf den Einzelfall, Mängeln bei der Tatsachenfeststellung oder einem schlichten Übersehen der betreffenden Rechtsprechung— beruhen.
2. In Bezug auf die nur pauschal in einer Überschrift der Beschwerdebegründung erwähnte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO fehlt es in den Darlegungen der Klägerin an jeglicher Begründung, so dass eine Befassung mit diesem Zulassungsgrund nicht erfolgen kann.
3. Die Zulassung der Revision ist schließlich auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO wegen eines vorinstanzlichen Verfahrensfehlers veranlasst.
a) Im Ansatz zu Recht macht die Klägerin allerdings geltend, dass das FG sich im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 KStG 2002 bezüglich der Frage, ob die Gewinnausschüttung im Streitfall noch im Jahr 2001 oder erst 2002 erfolgt ist, verfahrensfehlerhaft nicht mit ihrem Vortrag befasst hat, die Ausschüttung des Gewinns sei bereits zum durch Verrechnung vollzogen worden. Das FG hatte die Klägerin insoweit mit Verfügung vom zu näheren Darlegungen aufgefordert, woraufhin die Klägerin mit Schriftsatz vom weiter vorgetragen hat. Eine Würdigung dieses Vorbringens hat das FG im Rahmen seiner Sachverhaltswürdigung, in der es zum Ergebnis einer Ausschüttung erst zum kommt, vollständig unterlassen und damit gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO) verstoßen (vgl. Senatsurteil vom I R 131/75, BFHE 126, 379, BStBl II 1979, 162).
b) Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass der Verfahrensverstoß für die angefochtene Entscheidung erheblich war. Denn es ergibt sich aus den Entscheidungsgründen nicht eindeutig, ob das FG das Vorliegen der Voraussetzungen des § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 KStG 2002 ausschließlich deshalb verneint hat, weil (kumulativ) sowohl Ausschüttung als auch Gewinnverteilungsbeschluss erst im Jahr 2002 erfolgt sind —und deshalb ein anderes Ergebnis denkbar wäre, wenn die Ausschüttung noch im Jahr 2001 vollzogen worden wäre— oder ob die Klage in jedem Fall auch allein aus dem Grund abzuweisen wäre, dass ein ordnungsgemäßer Gewinnverteilungsbeschluss erstmals im Jahr 2002 gefasst wurde.
c) Der Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO steht aber in entsprechender Anwendung von § 126 Abs. 4 FGO (vgl. BFH-Beschlüsse vom VIII B 71/93, BFH/NV 1995, 118; vom X B 116/04, BFH/NV 2005, 715; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 98, m.w.N.) entgegen, dass sich das angefochtene Urteil aus anderen als den vom FG angeführten Gründen als richtig erweist. Denn die Voraussetzungen des § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 KStG 2002 liegen im Streitfall jedenfalls deshalb nicht vor, weil bei Unterstellung einer zum durch Verrechnung vollzogenen Ausschüttung —auch auf der Grundlage des Vorbringens der Klägerin— die Ausschüttung zu diesem Zeitpunkt nicht i.S. von § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 KStG 2002 auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht. Hieran kann sich nicht dadurch rückwirkend etwas geändert haben, dass die Klägerin erstmals im März 2002 einen ordnungsgemäßen Gewinnverteilungsbeschluss gefasst hat.
Es bedarf insoweit keiner Entscheidung, ob § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 KStG 2002 voraussetzt, dass der ordnungsgemäße Gewinnverteilungsbeschluss der Ausschüttung stets zeitlich vorausgeht (so Blümich/Danelsing, § 27 KStG a.F. Rz 126 zur gleichlautenden Bestimmung in § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG 1999 a.F.), oder ob ein nachträglicher Gewinnverteilungsbeschluss grundsätzlich noch dazu führen könnte, die Ausschüttung als auf einem ordnungsgemäßen Gewinnverteilungsbeschluss beruhend ansehen zu können. Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 KStG 2002 könnten jedenfalls dann nicht mehr erfüllt sein, wenn der nachträgliche Gewinnverteilungsbeschluss nicht spätestens bis zum Ablauf des in § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 KStG 2002 bezeichneten Wirtschaftsjahres —im Streitfall bis zum — gefasst worden ist. Denn in diesem Fall wäre bis zum Ablauf dieses Wirtschaftsjahres unabänderbar keine auf einem ordnungsgemäßen Gesellschafterbeschluss beruhende Gewinnausschüttung vorgenommen worden. In Ansehung der erst im März 2002 beschlossenen Gewinnverteilung ist somit vorliegend in keinem denkbaren Fall Raum für die Anwendbarkeit des § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 KStG 2002.
Mangels jeglicher Rechtsgrundlage unzutreffend ist des Weiteren die Auffassung der Klägerin, die am erfolgte Feststellung des Jahresabschlusses 2000 bzw. der gleichzeitig gefasste Gewinnverteilungsbeschluss könnten rückwirkend dazu geführt haben, dass der ursprüngliche Ausschüttungsbeschluss vom , der nach der zutreffenden —und auch von der Klägerin nicht in Frage gestellten— Annahme des FG mangels Aufstellung eines Jahresabschlusses nicht den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben an einen Gewinnverteilungsbeschluss entsprach, diese Voraussetzung doch noch erfülle.
Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus der von der Klägerin zur geltend gemachten Divergenz herangezogenen Senatsrechtsprechung zu § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG 1999 a.F. (oben II.1.). Diese befasst sich mit der gesetzlich angeordneten Rückwirkung von Ausschüttungen, die die Voraussetzungen des § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG 1999 a.F. erfüllen, auf die Körperschaftsteuer des Jahres, auf das sich die Ausschüttung bezieht. Die sich in diesem Zusammenhang stellenden Rechtsfragen haben keinen inhaltlichen Bezug zu der von der Klägerin im Streitfall geltend gemachten „Rückwirkung” eines ordnungsgemäß nach Feststellung des Jahresabschlusses gefassten Gewinnverteilungsbeschlusses auf eine zuvor —ohne hinreichende Beschlussgrundlage— faktisch vollzogene Ausschüttung.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1191 Nr. 6
DAAAC-42104