Ablauf der Festsetzungsfrist bei § 174 Abs. 4 FGO
Leitsatz
Nach § 174 Abs. 4 Satz 3 und 4 AO ist der Ablauf der Festsetzungsfrist in dem im Satz 1 genannten Fall unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahrs nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO. Wie dem Wortlaut des Satzes 4 zweifelsfrei zu entnehmen ist, ist dort maßgeblich der Zeitpunkt, in dem der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid "erlassen" wurde, während bei Anwendung des Satzes 3 der Zeitpunkt der Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Bescheids maßgeblich ist.
Gesetze: AO § 174 Abs. 4
Instanzenzug:
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde kann keinen Erfolg haben.
1. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Wird mit der Rüge mangelnder Sachaufklärung geltend gemacht, das Finanzgericht (FG) habe Beweisanträge übergangen, sind nach ständiger Rechtsprechung unter anderem das Sitzungsprotokoll oder der Schriftsatz mit Datum und Seitenzahl, in dem die Beweismittel benannt sind, die das FG nicht erhoben hat, genau zu bezeichnen. Wird gerügt, das Gericht habe einen mündlich gestellten, aber nicht protokollierten Beweisantrag übergangen, ist der Vortrag erforderlich, dass von der Möglichkeit, die Berichtigung des Protokolls zu beantragen, Gebrauch gemacht wurde (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz 69, 70, m.w.N.). Diese Voraussetzungen erfüllt der Beschwerdebegründungsschriftsatz nicht.
Auch lassen sich dem Protokoll über die mündliche Verhandlung am entsprechende Beweisanträge nicht entnehmen. Aus der offenkundigen Tatsache, dass in der mündlichen Verhandlung das Vorliegen eines Scheingeschäfts erörtert wurde, ergibt sich ebenfalls nicht, dass Anträge auf Zeugeneinvernahme gestellt wurden. Auch musste sich dem FG die Notwendigkeit einer Zeugeneinvernahme nicht aufdrängen, zumal —die Richtigkeit des behaupteten Beweisantrags unterstellt— das zu bezeugende „Scheingeschäft” dann allein zum Zweck einer Steuerhinterziehung abgeschlossen worden wäre.
2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie klärungsbedürftig ist. Daran fehlt es, wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und dem Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28, m.w.N.). Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei Anwendung des § 174 Abs. 4 Satz 4 der Abgabenordnung (AO) auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, oder auf den Zeitpunkt, in dem der aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid aufgehoben oder geändert wurde, ist anhand des Gesetzeswortlautes eindeutig im erstgenannten Sinne zu beantworten.
Nach § 174 Abs. 4 Sätze 3 und 4 AO ist der Ablauf der Festsetzungsfrist in dem im Satz 1 genannten Fall unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheides gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO. Wie dem Wortlaut des Satzes 4 zweifelsfrei zu entnehmen ist, ist dort maßgeblich der Zeitpunkt, in dem der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid „erlassen” wurde, während bei Anwendung des Satzes 3 der Zeitpunkt der Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Bescheides maßgeblich ist.
Auch den Urteilen des (BFHE 173, 184, BStBl II 1994, 327) und vom X R 147/87 (BFHE 161, 398, BStBl II 1990, 942) lässt sich kein Klärungsbedarf entnehmen. Die Ausführungen im erstgenannten Urteil decken sich mit dem Wortlaut der zitierten Norm. Wie die Ausführungen unter II. B. Nrn. 4 und 5 zeigen, stellt auch der I. Senat auf den Zeitpunkt ab, in dem der fehlerhafte und später aufgehobene Bescheid erlassen worden war (dort ) und nicht auf den Zeitpunkt, in dem dieser auf Antrag des Steuerpflichtigen aufgehoben wurde (dort ). In der zweiten genannten BFH-Entscheidung war § 174 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 AO nicht Streitgegenstand.
3. Aus den genannten Gründen weicht die Vorentscheidung auch nicht von den genannten BFH-Urteilen ab, so dass die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Divergenzrüge hinreichend dargelegt ist, offenbleiben kann.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1071 Nr. 6
NWB-Eilnachricht Nr. 31/2007 S. 5
ZAAAC-42101