BFH Urteil v. - VIII R 48/04

Die in einem Feststellungsbescheid vorgenommene Zuordnung eines Verlustes zu den Einkünften i.S. von § 23 EStG ist für den Einkommensteuerbescheid bindend

Gesetze: EStG § 23, AO § 182

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb im Streitjahr 2001 für 36 500 DM eine DM-Anleihe des Staates Argentinien (nominal 50 000 DM, Kurs 73 v.H.), die im 4. Quartal 1998 mit Jahreskupons emittiert worden war, wobei der Nominalzins bis zum 14 v.H. und in der Folgezeit bis zur Fälligkeit 9 v.H. p.a. betrug.

Am veräußerte der Kläger die Anleihe in drei Teilpositionen zum Kurs von 40 v.H. (20 069,14 DM). Hieraus ergab sich nach der sog. Differenzmethode ein negativer Betrag von 16 500 DM.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) rechnete den Verlust aus dem Verkauf der Argentinienanleihe zu den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und ging nicht von einem negativen Zinsertrag aus. Das Finanzgericht (FG) ist dem in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1450 veröffentlichten Urteil vom 1 K 1100/03 gefolgt und hat die Klage abgewiesen.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG).

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuer 2001 auf 59 398 DM = 30 370 € unter Berücksichtigung negativer Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 16 687,17 DM neu festzusetzen.

Hilfsweise hatte der Kläger beantragt, das Verfahren an das FG zurückzuverweisen, da der Verlust in Höhe von 16 687,17 DM gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG festgestellt werden müsse. Insoweit ist der Rechtsstreit jedoch erledigt.

Das FA hat —entsprechend dem Hilfsantrag des Klägers— am einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der vortragsfähigen Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften zum erlassen. Dieser Bescheid ist nicht angefochten worden, vielmehr formell bestandskräftig.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist nicht begründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Es kann dahinstehen, ob der streitige Veräußerungsverlust zu negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG führt.

Die im Feststellungsbescheid vom vorgenommene Zuordnung des streitigen Verlusts zu den Einkünften i.S. von § 23 EStG ist für den Einkommensteuerbescheid 2001 bindend (§ 182 Abs. 1 der AbgabenordnungAO 1977—). Dies gilt unabhängig davon, dass § 23 EStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung kein gesondertes Feststellungsverfahren für negative Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften vorsieht (, BFHE 212, 41). Die Bindungswirkung besteht auch dann, wenn eine Besteuerungsgrundlage zu Unrecht durch Grundlagenbescheid festgestellt wurde (, BFHE 172, 290, BStBl II 1994, 77; Klein/Brockmeyer, AO, 9. Aufl., § 182 Rz. 3, m.w.N.).

Gemäß § 182 Abs. 1 AO 1977 sind Feststellungsbescheide für Steuerbescheide als Folgebescheide bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind.

Nach § 10d Abs. 4 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung ist der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag getrennt nach Einkunftsarten gesondert festzustellen. Die Zuordnung des streitigen Verlusts zu den Einkünften i.S. des § 23 EStG ist somit Gegenstand der gesonderten Feststellungen vom . Dies entspricht der Maßgeblichkeit des Begriffs der Einkünfte in § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG; dieser ist —ebenso wie in § 2 Abs. 1 EStG— an die einzelnen Einkunftsarten geknüpft.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
SJ 2007 S. 18 Nr. 6
WPg 2007 S. 235 Nr. 6
WAAAC-39848