BFH Beschluss v. - VII B 43/06

Ordnungsgemäße Darlegung des Zulassungsgrundes der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und des Verfahrensmangels

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes) durch den Bescheid der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Steuerberaterkammer) als unbegründet abgewiesen. Das FG hat die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung als Steuerberater als gegeben angesehen, da über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet und die daraus folgende Vermutung des Vermögensverfalls vom Kläger nicht widerlegt worden sei. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers belegten überdies, dass der gesetzlich vermutete Vermögensverfall auch tatsächlich gegeben sei. Es habe sich auch nicht feststellen lassen, dass eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall des Klägers ausgeschlossen sei. Vielmehr sei von einer solchen Gefährdung wegen vom Kläger nicht abgeführter Umsatz- und Lohnsteuer sowie in erheblichem Umfang nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge auszugehen. An dem Vermögensverfall habe sich auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nichts geändert; der Kläger lebe nach wie vor in ungeordneten wirtschaftlichen Verhältnissen. Die vom Kläger aufgenommene Tätigkeit als freier Mitarbeiter einer Anwalts- und Steuerberatergemeinschaft führe nicht zu der Annahme, dass Interessen der Auftraggeber nicht mehr gefährdet seien.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf sämtliche Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, da die Voraussetzungen für die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert.

1. Die Beschwerde bezeichnet keine klärungsbedürftige Rechtsfrage, wie es für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) sowie der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) erforderlich ist, sondern macht lediglich geltend, dass die Ausführungen des FG, wonach der Kläger zu einer nicht bestehenden Gefährdung von Auftraggeberinteressen nichts vorgetragen habe, nicht den Tatsachen entsprächen.

2. Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO erfasst die Fälle der sog. Divergenzrevision. Die ordnungsgemäße Erhebung einer Divergenzrüge setzt voraus, dass der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeitet und gegenüberstellt, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom II B 33/01, BFH/NV 2002, 1482, und vom X B 103/02, BFH/NV 2004, 180). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde allein mit der Behauptung, dass der Streitfall mit dem vom AnwZ (B) 43/03 (Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 2005, 511) entschiedenen Fall vergleichbar sei, nicht gerecht.

Darüber hinaus erfordert der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch dann eine Entscheidung des BFH, wenn die einheitliche Beantwortung einer Rechtsfrage nur durch eine Entscheidung des BFH gesichert werden kann. Hierzu ist der schlüssige Vortrag erforderlich, dass die angestrebte BFH-Entscheidung geeignet und notwendig ist, künftige unterschiedliche gerichtliche Entscheidungen über die betreffende Rechtsfrage zu verhindern (vgl. , BFH/NV 2002, 1479, m.w.N.). Zur Darlegung dieser Voraussetzungen ist es mindestens erforderlich, dass das Urteil, von dem die Vorinstanz abgewichen ist, und der Rechtssatz, den sie falsch angewandt oder ausgelegt hat, bezeichnet werden (, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837).

Auch diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Es ist nicht ersichtlich, welchen der vorstehend genannten Entscheidung des BGH zu entnehmenden Rechtssatz das FG im Streitfall falsch angewandt hat. Der Beschluss des BGH in NJW 2005, 511 ist eine Einzelfallentscheidung, in der das Gericht die Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verneint hat. Dass die jener Entscheidung zugrunde liegenden Umstände und diejenigen des Streitfalls gleich liegen, ist nicht erkennbar. Das FG hat vielmehr eine aufgrund des Vermögensverfalls mögliche Gefährdung der Interessen der Auftraggeber in Anbetracht der in der Vergangenheit vom Kläger nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge sowie nicht abgeführter Umsatz- und Lohnsteuer bejaht, was der Rechtsprechung des beschließenden Senats entspricht (vgl. , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2000, 741; vom VII R 103/99, BFH/NV 2001, 69). Die Ansicht, dass die Gefährdung von Auftraggeberinteressen ausnahmslos aus der Insolvenz des Steuerberaters folge, hat das FG in der angefochtenen Entscheidung nicht vertreten.

3. Zur schlüssigen Darlegung des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) eines vom FG übergangenen Beweisantrags gehört nach ständiger Rechtsprechung (u.a.) auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, und , BFH/NV 1998, 608). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter —ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge— verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust, so z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde, zur Folge (Senatsbeschluss vom VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597). An entsprechenden Darlegungen der Beschwerde fehlt es im Streitfall; auch aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG ergibt sich kein Hinweis, dass der Kläger Beweisanträge gestellt oder das Übergehen zuvor schriftsätzlich gestellter Beweisanträge gerügt hat.

Dass sich dem FG weitere Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung auch ohne Beweisantrag hätten aufdrängen müssen, ist nicht dargelegt und ist in Anbetracht der Auffassung des FG, dass die mögliche Gefährdung von Auftraggeberinteressen bereits aus dem früheren pflichtwidrigen Verhalten des Klägers in eigenen Abgabenangelegenheiten folge, auch nicht ersichtlich.

Fundstelle(n):
IAAAC-39844