Berufliche Veranlassung eines geldwerten Vorteils; Bewertung des geldwerten Vorteils aus der Übertragung nicht börsennotierter Aktien gemäß § 19a EStG
Leitsatz
Der für die Bewertung des geldwerten Vorteils aus der Übertragung nicht börsennotierter Aktien gemäß § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG maßgebliche gemeine Wert ist gemäß § 11 Abs. 2 BewG zu ermitteln. Die Bewertungsregel in § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG verdrängt als Sonderregelung insoweit den sonst für die Bewertung von Sachbezügen gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG regelmäßig anzusetzenden üblichen Endpreis am Abgabeort.
Gesetze: EStG § 8 Abs. 2, EStG § 19, EStG § 19a
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Streitig ist, ob dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) durch einen Erwerb von Aktien im Streitjahr 1998 ein geldwerter Vorteil im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zugeflossen ist.
Der Kläger war Vorstandsmitglied und zugleich Aktionär der Z-AG. Diese wurde 1998 durch Verschmelzung auf eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der J-AG in den J-Konzern eingegliedert. Nach der Verschmelzung war der Kläger weiter im Vorstand nunmehr der neuen Gesellschaft tätig.
Im Vorfeld der im September 1998 ins Handelsregister eingetragenen Fusion wurde dem Kläger sowie weiteren sog. Führungskräfte-Aktionären der Z-AG das Angebot unterbreitet, ihre Z-Aktien entweder gegen Barabfindung an die J-AG zu übertragen oder in einen wertgleichen Anteilsbesitz an dem fusionierten Gesamtunternehmen umzutauschen. Der Kläger veräußerte im März 1998 seine Z-Aktien zum Preis von ... DM an die J-AG.
Den erwähnten Führungskräfte-Aktionären der Z-AG wurden Inhaberaktien der J-AG angeboten, die einem Kontingent von 380 000 neuen Aktien aus einer Kapitalerhöhung um 1,9 Mio. DM im Rahmen des sog. Beteiligungsprogramms II entstammten. Daneben hatte die J-AG in den Jahren 1997 und 1998 andere Beteiligungsprogramme in die Wege geleitet, durch welche die Mitarbeiter und das Management der J-AG und der verbundenen Unternehmen die Möglichkeit erhielten, Aktien der J-AG zu erwerben. Der Kläger erwarb 120 000 Inhaberaktien der J-AG im Nennbetrag von 5 DM zu einem Preis von ... DM je Aktie. Die Einbuchung der Aktien in das Depot des Klägers erfolgte am . Die Aktien der J-AG wurden im Juni 1998 erstmalig im amtlichen Handel an der Frankfurter Wertpapierbörse notiert. Der Ausgabepreis je Aktie im Nennbetrag von 5 DM betrug für Privat-Anleger ... DM. Die Erstnotierung der Aktien am ersten Handelstag ergab einen Kurswert von ... DM je Aktie.
Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der Rechtsnachfolgerin der Z-AG vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) die Auffassung, dem Kläger sei durch die Überlassung der 120 000 J-Aktien ein geldwerter Vorteil in Höhe von ... DM zugeflossen, der sich aus dem Unterschied zwischen dem Wert der Aktien und dem Kaufpreis ergebe. Dieser Vorteil sei als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren. Das FA erließ deshalb am gegen die Kläger einen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, mit dem es die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um ... DM erhöhte.
Die dagegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, die Überlassung fremder oder eigener Aktien an Arbeitnehmer zu einem Vorzugspreis könne zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führen, wenn sie durch das Dienstverhältnis veranlasst sei. Das treffe im Streitfall zu. Der Kläger habe die ihm eingeräumte Möglichkeit, verbilligt Aktien der J-AG zu erwerben, als Gegenleistung im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit ansehen müssen. Ungeachtet einer Äußerung der J-AG, wonach es sich bei dem Angebot an die Aktionäre der Z-AG zum Erwerb von J-Aktien um eine Kaufpreismodalität für die Übertragung der Z-Aktien gehandelt habe, sei der Kläger Teilnehmer des sog. Beteiligungsprogramms II zum begünstigten Aktienerwerb gewesen, an dem ausschließlich Mitarbeiter der Führungsebene teilgenommen hätten. Somit bestehe ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und dem angebotenen Vorzugspreis. Das FA habe den geldwerten Vorteil auch zutreffend mit ... DM je Aktie angesetzt, indem es den nach § 19a Abs. 8 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 9 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) maßgeblichen gemeinen Wert der J-Aktien nach dem Ausgabepreis von ... DM bemessen habe.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Übertragung der J-Aktien auf den Kläger sei nicht durch sein Dienstverhältnis veranlasst, sondern durch die Arrondierung der Beteiligung der J-AG an der Z-AG. Das FG habe die von ihm festgestellte Tatsache außer Acht gelassen, dass auch dem bereits ausgeschiedenen Vorstandsmitglied V J-Aktien angeboten worden seien, obwohl dieser niemals etwas mit einem Unternehmen der J-Gruppe zu tun gehabt habe. Ferner habe das FG die übertragene Vermögensbeteiligung fehlerhaft nach § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG i.V.m. § 9 Abs. 2 BewG statt nach § 11 Abs. 2 BewG bewertet, da die J-Aktien im Zeitpunkt ihrer Übertragung an den Kläger noch nicht börsennotiert gewesen seien.
Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1998 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahin zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um ... DM (... €) herabgesetzt werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Der Senat hat die von den Klägern erhobene Verfahrensrüge geprüft. Er erachtet sie nicht für durchgreifend und sieht insoweit von einer Begründung ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).
Die Revision ist jedoch mit der Sachrüge begründet. Die Entscheidung des FG, dem Kläger sei durch die Übertragung der J-Aktien ein geldwerter Vorteil in Höhe von ... DM zugeflossen, ist nicht in jeder Hinsicht frei von Rechtsfehlern.
1. Ohne Erfolg machen die Kläger allerdings geltend, die Übertragung der J-Aktien sei nicht durch das Dienstverhältnis des Klägers veranlasst.
a) Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Die verbilligte Überlassung von Aktien kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) einen geldwerten Vorteil darstellen und zu Arbeitslohn führen, wenn der Vorteil dem Arbeitnehmer „für” seine Arbeitsleistung gewährt wird (vgl. , BFHE 209, 549, BStBl II 2005, 766, m.w.N.). Vorteile werden „für” eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Demgegenüber sind solche Vorteile kein Arbeitsohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen (ständige Rechtsprechung: z.B. , BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30; vom VI R 29/00, BFHE 208, 104, BStBl II 2005, 367; vom VI R 177/99, BFHE 195, 373, BStBl II 2001, 671; vom VI R 55-56/92, BFHE 174, 425, BStBl II 1994, 771, und vom VI R 95/92, BFHE 171, 74, BStBl II 1993, 687).
Arbeitslohn liegt auch dann nicht vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (, BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; vom I R 100/98, BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509, und vom VI R 33/97, BFHE 207, 230, BStBl II 2004, 1076). Dagegen steht es der Annahme von Arbeitslohn nicht entgegen, wenn die Zuwendung durch einen Dritten erfolgt, sofern sie ein Entgelt „für” eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist, dass die Zuwendung des Dritten sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht (, BFHE 180, 441, BStBl II 1996, 545; in BFHE 207, 230, BStBl II 2004, 1076, und vom IX R 82/98, BFH/NV 2006, 1569).
b) Nach diesen Maßstäben ist das FG rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Übertragung der J-Aktien auf den Kläger durch sein Dienstverhältnis veranlasst war. Die Beantwortung der Frage, ob eine Zuwendung durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG (vgl. , BFHE 208, 572, BStBl II 2005, 349, und , BFH/NV 2004, 1406, jeweils zur beruflichen Veranlassung von Aufwendungen). Die Tatsachenwürdigung des FG ist revisionsrechtlich bindend, soweit sie verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und nicht durch Denkfehler oder durch die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst ist (§ 118 Abs. 2 FGO). Davon ist hier auszugehen.
Das FG hat bei seiner Würdigung der Umstände des Streitfalls insbesondere darauf abgestellt, dass die Beschäftigung des Klägers bei einem Unternehmen, das (später) zur J-Unternehmensgruppe gehörte, Voraussetzung für den Aktienbezug war. Damit sei erkennbar, dass die Übertragung der Aktien aufgrund der früheren Berufstätigkeit des Klägers bei der Z-AG gewährt worden sei. Wesentlich sei, dass der Kläger aufgrund seines Arbeitsverhältnisses überhaupt in den Besitz der Belegschaftsaktien habe kommen können, und dass diese Möglichkeit anderen Personen nicht zugänglich gewesen sei. Das eigenbetriebliche Interesse der J-AG, ihrer Arbeitnehmerschaft einen möglichst hohen Aktienbestand zu sichern, habe dabei keine so entscheidende Rolle gespielt, dass das Interesse des Klägers am Bezug der Aktien in den Hintergrund getreten sei.
Diese Würdigung der Vorinstanz hält den Angriffen der Revision stand. Der Umstand, dass der Kläger die Aktien nicht von seinem Arbeitgeber, sondern von einem Dritten erhielt, steht der Annahme von Arbeitslohn nicht entgegen. Vielmehr ist —wie das FG zu Recht entschieden hat— davon auszugehen, dass sich die Zuwendung des Dritten für den Kläger als Frucht seiner Arbeit darstellte und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stand. Denn nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt konnte der Kläger die Aktien (nur) aufgrund seines Arbeitsverhältnisses mit der Z-AG erwerben. Personen, die nicht Arbeitnehmer der Z-AG (oder eines Unternehmens der J-Gruppe) waren, hatten hiernach keine Möglichkeit, die betreffenden Aktien zu erwerben.
Für die dienstliche Veranlassung der Aktienübertragung kommt es auch nicht darauf an, ob im Zeitpunkt des Erwerbs der Aktien durch den Kläger bereits feststand, ob und in welchem Umfang der von ihm zu zahlende Kaufpreis unter dem Wert der Aktien lag. Soweit die Kläger geltend machen, der maßgebliche Grund für den Aktienerwerb sei die Arrondierung der Beteiligung der J-AG an der Z-AG gewesen, setzen sie lediglich ihre eigene Wertung an die Stelle der Würdigung der Vorinstanz. Dies vermag der Revision indessen nicht zum Erfolg zu verhelfen. Das FG hat sich mit der betreffenden Argumentation der Kläger auseinander gesetzt und ist ihr aus revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Gründen nicht gefolgt. Das FG hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kaufvertrag zwischen dem Kläger und der J-AG über den Verkauf der Z-Aktien bereits abgeschlossen war, bevor dem Kläger das Angebot zum Erwerb der J-Aktien unterbreitet wurde. Der Verkauf der Z-Aktien hatte nach den Feststellungen des FG nur Einfluss auf den Umfang des späteren Erwerbs der J-Aktien.
Entgegen der Ansicht der Revision ist es für die dienstliche Veranlassung der Aktienübertragung an den Kläger auch nicht von entscheidender Bedeutung, wodurch die Übertragung von J-Aktien an ein anderes, im Streitjahr bereits ausgeschiedenes Vorstandsmitglied der Z-AG veranlasst war. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass auch das ausgeschiedene Vorstandsmitglied Arbeitnehmer der Z-AG war. Damit kann auch bei diesem Vorstandsmitglied angenommen werden, dass ihm der Preisvorteil aufgrund seiner früheren Tätigkeit für die Z-AG gewährt wurde.
2. Die Vorentscheidung ist indessen aufzuheben, weil das FG den geldwerten Vorteil zu Unrecht aus der Differenz zwischen dem Ausgabepreis der J-Aktien bei Börsenersteinführung in Höhe von ... DM je Aktie und dem vom Kläger gezahlten Kaufpreis von ...DM je Aktie abgeleitet hat.
Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Sachbezüge, zu denen auch (verbilligt abgegebene) Aktien gehören, mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Maßgebend ist der Endpreis im Zeitpunkt des Zuflusses. Zuflusszeitpunkt ist der Tag der Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien. Der geldwerte Vorteil ist hiernach die Differenz zwischen dem Endpreis der Aktien am Verschaffungstag und den diesbezüglichen Erwerbsaufwendungen (vgl. , BFHE 195, 395, BStBl II 2001, 689, und vom VI R 10/03, BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770).
Das FG hat demgegenüber angenommen, für den geldwerten Vorteil sei gemäß § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG i.V.m. § 9 Abs. 2 BewG der gemeine Wert der Aktien maßgeblich. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die nicht mit Revisionsrügen angefochten worden sind und die den Senat daher gemäß § 118 Abs. 2 FGO binden, waren die J-Aktien an dem Tag (), an dem der Kläger über die Aktien mit deren Einbuchung auf seinem Depot die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangte, noch nicht börsennotiert. Hiernach würde es sich bei den J-Aktien nur dann um eine gemäß § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG zu bewertende Vermögensbeteiligung i.S. von § 19a Abs. 3 Nr. 1, Abs. 3a Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung (jetzt § 19a Abs. 1 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 des Fünften Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer —5. VermBG—) handeln, wenn die Aktien vom Arbeitgeber des Klägers oder von einem Unternehmen, das i.S. von § 18 Abs. 1 des Aktiengesetzes (AktG) als herrschendes Unternehmen mit dem Unternehmen des Arbeitgebers verbunden ist, ausgegeben worden wären. Hierfür hat das FG indessen nichts festgestellt. Insbesondere steht nicht fest, ob die Z-AG als damaliger Arbeitgeber des Klägers von der J-AG bereits am gemäß § 18 Abs. 1 AktG beherrscht wurde.
b) Sollte sich im zweiten Rechtsgang erweisen, dass es sich bei den J-Aktien um eine Vermögensbeteiligung i.S. von § 19a Abs. 3 Nr. 1, Abs. 3a Satz 1 EStG handelte, richtet sich der Wert dieser Vermögensbeteiligung gemäß § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG nach den Grundsätzen des BewG (Schmidt/Drenseck, EStG, 25. Aufl., § 19a Rz 26). Die Bewertungsregel in § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG verdrängt als Sonderregelung insoweit den sonst für die Bewertung von Sachbezügen gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG regelmäßig anzusetzenden üblichen Endpreis am Abgabeort (Blümich/ von Twickel, § 19a EStG Rz 35; Herrmann/Heuer/Raupach/Pflüger, § 19a EStG Rz 35; Breinersdorfer, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 19a Rz C 34; Herrmann in Frotscher, EStG § 19a Rz 42; R 77 Abs. 6 der Lohnsteuer-Richtlinien —LStR— 2005, und Abschn. 77 Abs. 15 LStR 1996; vgl. für einen Sonderfall aber , BFHE 195, 540, BStBl II 2001, 813). Dem Wortlaut von § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG ist nicht zu entnehmen, dass die Vorschrift nur für die Berechnung des Freibetrags nach § 19a Abs. 1 EStG maßgeblich sein soll. Darüber hinaus wäre es auch systematisch nicht gerechtfertigt, den Freibetrag gemäß § 19a Abs. 1 EStG nach anderen Grundsätzen zu berechnen als den Sachbezug selbst. Dessen Bewertung kann wiederum nicht davon abhängen, ob der Freibetrag nach § 19a Abs. 1 EStG zu gewähren ist oder nicht.
Im Streitfall ist der gemäß § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG maßgebliche gemeine Wert der Beteiligung —entgegen der Auffassung der Vorinstanz— indessen nicht § 9 Abs. 2 BewG zu entnehmen. Für die im Zeitpunkt der Übertragung auf den Kläger nicht börsennotierten J-Aktien bestand kein offener Markt in dem Sinne, dass Angebot und Nachfrage laufend festgestellt werden konnten. Deshalb wird der gemeine Wert dieser Aktien auch nicht durch den Preis bestimmt, der bei einer Veräußerung „zu erzielen wäre” (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BewG). Vielmehr ist der gemeine Wert der noch nicht börsennotierten J-Aktien gemäß § 11 Abs. 2 BewG zu ermitteln (vgl. , BFHE 146, 460, BStBl II 1986, 591, und vom II R 39/90, BFHE 173, 561, BStBl II 1994, 394; , Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2004, 334). Nach dieser Vorschrift ist der gemeine Wert von Aktien, die nicht an einer deutschen Börse zum amtlichen Handel zugelassen sind, grundsätzlich aus Verkäufen abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen. Erst wenn sich aufgrund dieser vorrangig durchzuführenden Wertermittlung der gemeine Wert der Aktien nicht feststellen lässt, ist der gemeine Wert „unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen” (vgl. BFH-Urteil in BFHE 146, 460, BStBl II 1986, 591).
3. Die nicht spruchreife Sache geht an das FG zurück. Im zweiten Rechtsgang wird des FG den Wert der auf den Kläger übertragenen J-Aktien im Zuflusszeitpunkt unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze festzustellen haben. Von dieser Feststellung hängt es sodann ab, ob der Kläger die J-Aktien verbilligt erwarb und wie hoch der in diesem Fall als Arbeitslohn zu erfassende geldwerte Vorteil anzusetzen ist. Das FG wird außerdem zu prüfen haben, ob auf den geldwerten Vorteil die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung anzuwenden ist (vgl. u.a. Senatsurteil vom VI R 136/01, zur Veröffentlichung bestimmt).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
DStRE 2007 S. 674 Nr. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 18/2007 S. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 9/2008 S. 743
DAAAC-39837