Abzug von Rentenbeiträgen bis 2004 nur als Sonderausgaben; Gutschrift des Schuldners als Zufluss; Verletzung der Sachaufklärungspflicht
Gesetze: EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2a; EStG § 9; EStG § 11; EStG § 22
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Senat sieht von einer Darstellung des Tatbestandes gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.
II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die innerhalb der Begründungsfrist (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Soweit die Kläger Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend machen, wird damit kein Zulassungsgrund dargetan. Von vornherein unbeachtlich sind Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die nur im Rahmen einer Revisionsbegründung erheblich sein können; denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten.
Gleiches gilt hinsichtlich der von den Klägern behaupteten unzulänglichen Beweiswürdigung, die revisionsrechtlich ebenfalls dem materiellen Recht zuzuordnen ist (vgl. , BFH/NV 2006, 799, m.w.N.).
Einen sog. qualifizierten Rechtsanwendungsfehler, der ausnahmsweise die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO erfordert, haben die Kläger weder schlüssig dargetan, noch sind angesichts der Würdigung des Sachverhalts Anhaltspunkte hierfür ersichtlich.
Für einen derartigen Mangel eines angefochtenen Urteils kommen nur offensichtliche materielle oder formelle Fehler des Finanzgerichts (FG) im Sinne einer willkürlichen Entscheidung in Betracht. Dazu reicht indes nicht eine bloß fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles aus (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 799, m.w.N.).
2. a) Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache verlangt substantiierte Ausführungen insbesondere zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH, den Äußerungen im Schrifttum sowie mit den ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen.
Ist über die Rechtsfrage bereits entschieden worden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinandergesetzt hat. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen. Allein das Fehlen einer Entscheidung des BFH zu der konkreten Fallgestaltung begründet weder einen Klärungsbedarf noch erst recht das erforderliche Allgemeininteresse (, BFH/NV 2006, 709, m.w.N.).
Ebenso fehlt es an einer grundsätzlichen Bedeutung bei einer lediglich einzelfallbezogenen Beurteilung eines Streitfalles (vgl. , BFH/NV 2006, 1121).
b) Ob bereits Gutschriften des Schuldners oder erst der tatsächliche Eingang eines Geldbetrages beim Gläubiger für die Erfassung der Zinsen als Einnahmen aus Kapitalvermögen im Rahmen des Zuflusses gemäß § 11 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) maßgebend ist, hat die Rechtsprechung geklärt (vgl. , BFHE 196, 112, BStBl II 2001, 646). Auch im Schrifttum wird die Rechtsfrage nicht abweichend beurteilt (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 25. Aufl., § 11 Rz. 30 „Gutschrift”, m.w.N.).
Die Beschwerde lässt jegliche inhaltliche Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung und der Literatur vermissen.
c) Die Kläger haben mit der allein den konkreten Streitfall betreffenden Frage, ob der wirkliche Parteiwille bei der Auslegung schriftlicher Vereinbarungen zu ermitteln und ob zu diesem Zweck unterbreiteten Beweisanträgen nachzugehen sei, bereits keinen im Allgemeininteresse erneuten oder weiteren Klärungsbedarf dargetan.
Es fehlt auch insoweit jegliche inhaltliche Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. dazu , BFHE 205, 451, BStBl II 2004, 722, und dem einschlägigen Fachschrifttum, vgl. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 24, m.umf.N.).
3. Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO ist insbesondere in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so beispielsweise, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen. Erforderlich ist eine Entscheidung des BFH nur dann, wenn die Rechtsfortbildung über den Einzelfall hinaus im allgemeinen Interesse liegt und wenn die Frage nach dem „ob” und ggf. „wie” der Rechtsfortbildung klärungsbedürftig ist. Es gelten insoweit die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO höchstrichterlich entwickelten strengen Darlegungsanforderungen.
Darüber hinaus ist auch im Rahmen dieses Zulassungsgrundes auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen. Es reicht weder —für sich allein— aus, dass die Rechtsfrage bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden worden ist, noch genügt die Behauptung, das FG habe sachlich unrichtig entschieden (vgl. , BFH/NV 2006, 1256).
4. Verfahrensmängel
Die Kläger haben ebenso wenig Verfahrensverstöße des FG i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO schlüssig bezeichnet.
a) Wird geltend gemacht, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO dadurch verletzt, dass es einen Beweisantrag übergangen habe, so muss nach ständiger Rechtsprechung des BFH u.a. substantiiert dargelegt werden, wo die als übergangen gerügten Beweiserhebungen beantragt wurden (genaue Bezeichnung des Sitzungsprotokolls oder des Schriftsatzes mit Datum und Seitenzahl) und inwiefern das angefochtene Urteil —ausgehend von der ggf. auch unrichtigen materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts— auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann und was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre.
Darüber hinaus muss auch dargelegt werden, warum die Kläger, obwohl sie sachkundig vertreten gewesen sind, in der mündlichen Verhandlung nicht auf eine solche Vernehmung bestanden bzw. es unterlassen haben, in der mündlichen Verhandlung den Verfahrensverstoß zu rügen. Bei dem Verfahrensmangel der unzureichenden Sachverhaltsaufklärung handelt es sich um einen solchen, auf dessen Rüge verzichtet werden kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung —ZPO—). Das Rügerecht geht nicht nur durch eine ausdrückliche Verzichtserklärung, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge endgültig verloren. Ein Verzichtswille ist insoweit nicht erforderlich.
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Vortrag der Kläger entbehrt jedweder genauen Angabe darüber, welche konkreten Aussagen die Zeugin zu dem Beweisthema voraussichtlich gemacht hätte und dass diese Aussage —auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG— zu einer anderen Entscheidung hätte führen können.
Schließlich haben die Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift vom , obwohl sie in der mündlichen Verhandlung fachkundig vertreten gewesen sind, keine Beweisanträge gestellt. Die Kläger haben auch nicht dargetan, warum ihnen das ggf. nicht möglich gewesen sein sollte.
b) Nichts anderes gilt für die nur angedeutete Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das FG (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Die schlüssige Rüge, das FG habe den Sachverhalt auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen näher aufklären müssen, setzt u.a. den substantiierten Vortrag darüber voraus, aus welchen —genau bezeichneten— Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung (Beweiserhebung) auch ohne entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen, welche (entscheidungserheblichen) Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des —ggf. auch unrichtigen— materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können und warum die fachkundig vertretenen Kläger nicht von sich aus entsprechende Anträge gestellt haben (vgl. § 295 ZPO i.V.m. § 155 FGO; , BFH/NV 2006, 803).
Die fachkundig vertretenen Kläger haben bereits nicht hinreichend dargetan, warum sie nicht von sich aus entsprechende Beweismittel ordnungsgemäß spätestens in der mündlichen Verhandlung vom angeboten haben oder weshalb ihnen das nicht möglich gewesen sein sollte.
c) Das FG hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des , BFH/NV 2005, 513), wonach das (BVerfGE 105, 73, BStBl II 2002, 618) den Gesetzgeber erst mit Wirkung ab zur Neuregelung der Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung verpflichtet habe und hieraus weiterhin zu folgern sei, dass er für davorliegende Veranlagungszeiträume auch nicht zur Nachbesserung des die Altersvorsorge betreffenden Sonderausgabenabzugs verpflichtet sei, auch im Streitfall den Abzug der im Streitjahr 2002 vom Kläger gezahlten Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 5 157 € an die BfA als vorab entstandene, in vollem Umfang abzugsfähige Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 EStG abgelehnt. Inwieweit vor diesem Hintergrund die angefochtene Entscheidung des FG nicht nachvollziehbar begründet worden sein soll, erschließt sich nicht.
Jedenfalls liegt ein Verfahrensmangel i.S. von § 119 Nr. 6 FGO offensichtlich nicht vor. Dafür reicht insbesondere nicht die Behauptung aus, die angefochtene Entscheidung sei rechtsfehlerhaft oder nicht überzeugend (, BFH/NV 2004, 52).
Vielmehr ist die Entscheidung aufgrund der gegebenen sachlichen Begründung auf ihre Richtigkeit und Rechtmäßigkeit hin überprüfbar (vgl. dazu auch , BFHE 199, 124, BStBl II 2002, 527).
d) Ebenso wenig schlüssig ist die Behauptung, das Klageverfahren sei verfahrensfehlerhaft nicht gemäß § 74 FGO wegen der nichtberücksichtigten Werbungskosten ausgesetzt worden. Die Entscheidung über eine Aussetzung des Klageverfahrens nach § 74 FGO unterliegt dem gerichtlichen Verfahrensermessen (, BFH/NV 1999, 318, m.w.N.). Nicht erkennbar ist, weshalb das FG jedoch aufgrund seiner, in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung vorgenommenen rechtlichen Würdigung des Abzugs der Rentenversicherungsbeiträge nur als begrenzt berücksichtigungsfähige Sonderausgaben und nicht als sofort, in vollem Umfang abzugsfähige vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 EStG zu einer Aussetzung des Klageverfahrens verpflichtet gewesen sein sollte.
Fundstelle(n):
KAAAC-38212