BFH Urteil v. - I R 63/05

Geschäftsguthaben ehemaliger Mitglieder einer Genossenschaft

Leitsatz

Ansprüche von ausgeschiedenen Mitgliedern einer Genossenschaft auf Auszahlung ihrer Geschäftsguthaben stellen bei dieser "echte Verbindlichkeiten" dar. Die Auflösung des für diese Verbindlichkeiten gebildeten Bilanzpostens ist einkommensneutral zu behandeln. Der Entstehensgrund der Verbindlichkeit ist durch das Mitgliedschaftsverhältnis veranlasst. Denn der Anspruch auf das anteilige (mitgliedschaftliche) Geschäftsguthaben der Genossenschaft entsteht als Auseinandersetzungsguthaben bereits mit der Einzahlung auf den Geschäftsanteil, auch wenn er durch das Ausscheiden des Mitglieds aufschiebend bedingt ist. Der Auflösungsgrund (das Nichtgeltendmachen einer mitgliedschaftlich begründeten Forderung durch die Gläubiger) ist zwar nicht unmittelbar mitgliedschaftlich veranlasst. Jedoch wird jedenfalls die ursprüngliche, unmittelbar mitgliedschaftliche Veranlassung des Entstehens der Verbindlichkeit nicht durch einen anderen Veranlassungszusammenhang überlagert; sie wirkt als solche vielmehr fort .

Gesetze: EStG § 4; KStG § 8; GenG § 73

Instanzenzug: ,F,EW (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Streitig ist, ob ein Posten „sonstige Verbindlichkeit” (Verpflichtung zur Rückzahlung von Geschäftsguthaben an ausgeschlossene Mitglieder einer Genossenschaft) erfolgswirksam aufzulösen ist.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, ist durch Umwandlung aus der X-AG hervorgegangen. Diese wiederum war durch Umwandlung einer eingetragenen Genossenschaft, der Y-e.G., entstanden (Umwandlungsbeschluss vom ; Eintragung im Handelsregister am ).

Zur Vorbereitung der Umwandlung der Y-e.G. in die X-AG beschloss die Vertreterversammlung der Y-e.G. eine Satzungsänderung, nach der postalisch nicht erreichbare Mitglieder aus der Y-e.G. ausgeschlossen werden konnten. Nach dem Wirksamwerden der Satzungsänderung wurden alle 29 023 Mitglieder angeschrieben; diese Aktion führte zu folgenden Ergebnissen:


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 Anzahl
Geschäftsguthaben
postalisch nicht erreichbare Mitglieder
  17 445
    4 014 162 DM
unter 100 DM-Guthaben
 2 840
    103 999 DM
Kündigung der Geschäftsguthaben
 3 486
  1 090 528 DM
verstorbene Mitglieder
   125
     55 962 DM
Zwischensumme
23 896
  5 264 651 DM
verbleibende Mitglieder
 5 127
  2 055 739 DM
gesamt
29 023
  7 320 390 DM

Zum endete die Mitgliedschaft von 23 896 Mitgliedern mit einem Geschäftsguthaben von insgesamt 5 264 651 DM (s. vorstehende Zwischensumme) durch Kündigung/ Ausschluss mit nachfolgender Löschung im Genossenschaftsregister. Im Jahresabschluss zum wurde der auf diese Mitglieder entfallende, noch nicht ausgezahlte Bestand der Geschäftsguthaben erfolgsneutral in eine Verbindlichkeit umgewandelt. Die Ausgabe der Aktien an die verbliebenen Mitglieder im Zuge der Umwandlung der Y-e.G. in die X-AG erfolgte zum Nennwert der Einlage.

Zum war der Posten „sonstige Verbindlichkeit” (Geschäftsguthaben der ehemaligen Mitglieder) mit 4 117 450,34 DM erfasst. In dem Bilanzbericht zum ist ausgeführt: „Der zum Jahresende 1990 verbliebene Guthaben-Restbestand ist unzustellbar. Die Gesellschaft erwartet für die Zukunft keine nennenswerten Abrufe seitens früherer Mitglieder mehr; sie hat daher diesen Posten in die Gruppe der Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren umgegliedert (bisher: bis zu einem Jahr).”

In Tz. 13 eines Außenprüfungsberichts vom (Prüfung der Veranlagungszeiträume 1987 bis 1990) ist die folgende Vereinbarung zwischen dem betriebsprüfenden Finanzamt, dem veranlagenden Finanzamt und der X-AG festgehalten: Der Posten „sonstige Verbindlichkeit” sei im Jahre 1990 in Höhe eines mit 500 000 DM geschätzten Teilbetrages erfolgswirksam aufzulösen; der Restbetrag solle —da die X-AG auf die Einrede der Verjährung verzichten werde— beginnend ab 1991 über 15 Jahre gleichmäßig erfolgswirksam aufgelöst werden, wobei dem jährlichen Auflösungsbetrag bis höchstens zur Höhe dieses Betrages die tatsächlichen Auszahlungen der gleichen Jahre „gegenzurechnen” seien. Die Vereinbarung könne für die Zukunft jedoch nur dann uneingeschränkt gelten, wenn sich hinsichtlich der Höhe der durchschnittlich auszuzahlenden Beträge (z.Zt. 35 000 DM bis 40 000 DM jährlich) sowie des Verzichts auf die Einrede der Verjährung keine wesentlichen Veränderungen ergeben würden.

Nach einem Aktenvermerk vom kam es zwischen dem Vorstand der X-AG und dem veranlagenden Finanzamt betreffend die Angleichung der Folgebilanzen an die Erkenntnisse der Außenprüfung zu folgender Absprache:

- Die gewinnerhöhende Auflösung ab 1991 betrage 241 165 DM p.a. (1/15 des Restbestandes zum nach der Sonder-Auflösung von 500 000 DM); davon seien die tatsächlichen Zahlungen an ausgeschiedene Mitglieder abzuziehen, d.h. für 1991 37 184 DM (ertragswirksamer Auflösungsbetrag daher: 203 981 DM). Unter Berücksichtigung einer Gewerbesteuer ergebe sich für 1991 eine Erhöhung des zu versteuernden Einkommens von 171 481 DM.

- In den Folgejahren (ab 1992) solle ein runder Betrag (240 000 DM) aufgelöst werden; die tatsächlichen Zahlungen an ausgeschiedene Mitglieder sollten dann gegenläufig direkt als Aufwand gebucht werden.

Der Posten „sonstige Verbindlichkeit” (Geschäftsguthaben der ehemaligen Mitglieder) entwickelte sich in den Jahren 1989 bis 1995 wie folgt:


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4 153 886,56 DM
Abruf 1990
36 436,22 DM
 
Auflösung durch Außenprüfung
500 000,— DM
 
lt. Außenprüfung
 
3 617 450,34 DM
Abruf 1991
37 184,04 DM
 
Auflösung
203 981,— DM
 
 
3 376 285,30 DM
Abruf 1992
14 168,15 DM
 
Auflösung
240 000,— DM
 
 
3 122 117,15 DM
Abruf 1993
17 552,50 DM
 
Auflösung
240 000,— DM
 
 
2 864 564,65 DM
Abruf 1994
18 264,85 DM
 
Auflösung
240 000,— DM
 
 
2 606 299,85 DM
Abruf 1995
16 180,01 DM
 
Auflösung
240 000,— DM
 
 
2 350 119,84 DM

In Höhe der „Auflösung” wurde bei der Klägerin eine Einkommenserhöhung erfasst. In den Jahren 1996 und 1997 wurden von ehemaligen Mitgliedern Geschäftsguthaben in Höhe von 14 612,76 DM (1996) bzw. 2 350,94 DM (1997) abgerufen; in den Folgejahren wurden keine Ansprüche auf Auszahlung von Geschäftsguthaben mehr geltend gemacht.

Im Jahre 1997 fand eine Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 1991 bis 1995 —die Streitjahre— statt. Die Prüfung kam zu dem Ergebnis, dass mit Blick auf Abrufe von Geschäftsguthaben früherer Mitglieder in Höhe von 37 184 DM (1991), 14 168 DM (1992), 17 552 DM (1993), 18 264 DM (1994), 16 180 DM (1995) bzw. 14 612 DM (1996) —damit einem durchschnittlichen Wert von 16 500 DM jährlich— Restverbindlichkeiten von 165 000 DM zu berücksichtigen seien; die Differenz zu dem zum mit 2 350 119 DM ausgewiesenen Posten „sonstige Verbindlichkeit” (2 185 119 DM) sei ertragswirksam aufzulösen (Tz. 21 des Außenprüfungsberichts vom ).

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide (in dem der Beklagte und Revisionskläger —das Finanzamt (FA)— zuständig wurde) hat das Finanzgericht (FG) Münster der Klage durch Urteil vom 9 K 4368/00 K,F,EW teilweise stattgegeben (Entscheidungen der Finanzgerichte 2005, 1383). Zwar sei die Auflösung der gesellschaftsrechtlich veranlassten Verbindlichkeiten erfolgsneutral zu behandeln, eine Berücksichtigung im verwendbaren Eigenkapital im sogenannten EK 04 komme aber nicht in Betracht.

Das FA rügt mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben, soweit die Minderung der Verbindlichkeiten aus Auszahlungsverpflichtungen an ausgeschlossene ehemalige Gesellschafter nach Maßgabe der Urteilsbegründung für die Veranlagungszeiträume 1991 in Höhe von 203 981 DM, für 1992 bis 1995 in Höhe von je 240 000 DM einkommensneutral erfasst wird und diese Vorgänge als steuerfreie Vermögensmehrungen dem EK 02 zugeordnet werden.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist zur Festsetzung der Körperschaftsteuer 1992 bis 1995 sowie zur Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den begründet (1. und 2.). Das angefochtene Urteil wird insoweit aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Für eine abschließende Entscheidung des Senats fehlen tatrichterliche Feststellungen zum Umfang der von der Klägerin ertragswirksam berücksichtigten Auszahlungen von Geschäftsguthaben. Im Übrigen ist die Revision hinsichtlich der Körperschaftsteuer 1991 unbegründet (1. und 2.) und hinsichtlich der Bescheide zur Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals unzulässig (3.).

1. Das FG hat die Auflösung des Postens „sonstige Verbindlichkeit” ohne Rechtsfehler einkommensneutral behandelt.

a) Das FG hat die Ansprüche der zum aus der Y-e.G. ausgeschiedenen Mitglieder auf Auszahlung ihrer Geschäftsguthaben (vgl. § 73 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften —GenG—) zu Recht als „echte Verbindlichkeiten” behandelt. Denn mit dem Ausscheiden der Mitglieder sind die vorher (gemäß § 337 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs) als Eigenkapital anzusetzenden Geschäftsguthaben in schuldrechtliche Ansprüche —jeweils in eine Auseinandersetzungsforderung— gegen die Rechtsvorgängerin der Klägerin umgewandelt worden (zu einem bewertungsrechtlichen Ansatz als „echte Fremdverbindlichkeit” s. , BFHE 191, 399, BStBl II 2000, 456; ebenso z.B. Förschle in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 6. Aufl., § 337 Rz 6; Hunger in Bonner Handbuch der Rechnungslegung, § 337 HGB Rz 6; Hüttemann in Canaris/Schilling/Ulmer, Großkommentar zum HGB, 4. Aufl., § 337 Rz 4). Zum war daher das Eigenkapital der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu vermindern. Darüber besteht kein Streit.

b) Es besteht ebenfalls Einigkeit zwischen den Beteiligten, dass der Posten „sonstige Verbindlichkeit” gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre (bzw. gemäß § 103 Abs. 1 i.V.m. § 109 Abs. 1 des BewertungsgesetzesBewG— auf den streitgegenständlichen Stichtag ) nicht mehr in voller Höhe zu erfassen war. Zwar machte die Rechtsvorgängerin der Klägerin nach dem Ablauf der Verjährungsfrist (gemäß § 74 GenG zwei Jahre; Fristbeginn gemäß § 11 Abs. 3 der Satzung der Y-e.G.—in Einklang mit § 73 Abs. 2 Satz 2 GenG— sechs Monate nach dem Ausscheiden der Mitglieder) die Einrede der Verjährung nicht geltend. Da die Wahrscheinlichkeit, aus dieser Schuld tatsächlich in Anspruch genommen zu werden, im Zeitablauf ausweislich des Umfangs der Auszahlungen aber stetig abnahm, stellte die Schuld nur in einem immer geringer werdenden Maße eine wirtschaftliche Belastung dar (zu diesem Kriterium z.B. Senatsurteil vom I R 3/95, BFHE 180, 155, BStBl II 1996, 470, m.w.N.). Über den Umfang der Entlastung der Klägerin konnten die Beteiligten sowie ihre Rechtsvorgänger eine „tatsächliche Verständigung” (nach den Maßgaben des , BFHE 206, 292, BStBl II 2004, 975) treffen, wobei diese Verständigung (ratierliche Teilauflösung über 15 Jahre) nach dem FG-Urteil und dem Revisionsbegehren auch von beiden Beteiligten als bindend angesehen wird.

c) Entgegen der Revision kann aus dem BFH-Urteil in BFHE 191, 399, BStBl II 2000, 456 nicht abgeleitet werden, dass die Auflösung des Postens die Einkommenssphäre der Klägerin berührt. Gegenstand dieser Entscheidung war die Frage, ob die Geschäftsguthaben der gekündigten Mitgliedschaften zum Bewertungsstichtag als Eigenkapital oder als Schuldposten i.S. des § 103 Abs. 1 BewG anzusetzen waren. Indem dort der Ansatz als Schuldposten befürwortet wurde, da nach dem Ausscheiden der Mitglieder von einer Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber Dritten auszugehen sei, ist damit nur eine Zuordnung zum Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft verbunden. Ob aber ertragsteuerrechtlich Wertveränderungen dieses Postens relevant sind, ist nach dem Veranlassungsprinzip zu entscheiden. Dabei sind sowohl der Entstehensgrund der Verbindlichkeit als auch der Auflösungsgrund von Bedeutung.

Der Entstehensgrund der Verbindlichkeit ist durch das Mitgliedschaftsverhältnis veranlasst. Denn der Anspruch auf das anteilige (mitgliedschaftliche) Geschäftsguthaben der Genossenschaft entsteht als Auseinandersetzungsguthaben bereits mit der Einzahlung auf den Geschäftsanteil, auch wenn er durch das Ausscheiden des Mitglieds aufschiebend bedingt ist (vgl. z.B. Pöhlmann in Hettrich/Pöhlmann/Gräser/Röhrich, Genossenschaftsgesetz, 2. Aufl., § 73 Rz 5; K. Müller, Kommentar betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft, § 73 Rz 12, m.w.N.). Insoweit wurde die Verbindlichkeit —vom FA nicht beanstandet— einkommensneutral eingebucht und wurden die tatsächlichen Auszahlungen nach dem Grundansatz der zwischen den Beteiligten getroffenen Verständigung einkommensneutral berücksichtigt. Der Auflösungsgrund (das Nichtgeltendmachen einer mitgliedschaftlich begründeten Forderung durch die Gläubiger) ist zwar nicht unmittelbar mitgliedschaftlich veranlasst. Jedoch wird jedenfalls die ursprüngliche, unmittelbar mitgliedschaftliche Veranlassung des Entstehens der Verbindlichkeit nicht durch einen anderen Veranlassungszusammenhang überlagert; sie wirkt als solche vielmehr fort. Insbesondere ist ein die betriebliche Veranlassung kennzeichnendes Austauschverhältnis im eigenen geschäftlichen Bereich (s. insoweit Senatsurteil vom I R 3/04, BFHE 211, 339) nicht ersichtlich. Dies rechtfertigt die erfolgsneutrale Behandlung der Wertveränderungen des Postens wie bei einer Einlage i.S. des § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG.

Die Situation ist insofern bilanztechnisch vergleichbar mit derjenigen bei (zivilrechtlich wirksamen) Verbindlichkeiten, welche aufgrund ihrer gesellschaftlichen Veranlassung auf einer verdeckten Gewinnausschüttung beruhen und deswegen außerbilanziell hinzuzurechnen waren (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Wertveränderungen eines solchen als Ausschüttungsverbindlichkeit (Fremdverbindlichkeit) fortgeführten Passivpostens sind im Falle ihrer gewinnerhöhenden Auflösung ihrerseits außerhalb des Steuerbilanzgewinns abzuziehen, um sie steuerlich nicht doppelt zu erfassen (vgl. z.B. BStBl I 2002, 603 Tz. 9; Gosch, KStG, § 8 Rz 405, 465). In derjenigen Situation, über die im Streitfall zu befinden ist, verhält es sich hierzu umgekehrt: Die außerbilanzielle Minderung des Steuerbilanzgewinns ist erforderlich, um die mitgliedschaftlich veranlasste und erfolgsneutral von (ursprünglichem) Eigen- in (nunmehriges) Fremdkapital umqualifizierte Verbindlichkeit auf Auszahlung der Geschäftsguthaben nicht infolge ihrer Wertveränderung im Nachhinein erfolgswirksam werden zu lassen.

d) Die im Streitfall von den Beteiligten erzielte „tatsächliche Verständigung” führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Der Inhalt der Verständigung bezog sich auf den Grad der Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme aus der Verbindlichkeit durch ausgeschlossene Mitglieder und den daraus folgenden Umfang der Passivierung der „sonstigen Verbindlichkeit”. Eine Verständigung über den Modus der Auflösung der Verbindlichkeit (als ertragswirksam) ist darin nicht zu sehen. Die Parteien der Vereinbarung mögen eine bestimmte Rechtsmeinung dazu gehabt haben; ihr Bedürfnis, sich tatsächlich zu verständigen, mag auch erst durch die Annahme, die Auflösung der Verbindlichkeit sei steuerpflichtig, verursacht worden sein. Im Unterschied zur Situation im Senatsurteil vom I R 12/97 (BFH/NV 1998, 498) liegt hier aber keine Verständigung über eine tatsächliche (Vor-)Frage vor, die im Sinne eines unlösbaren Zusammenhangs zwischen der Rechtsfrage und der schwer ermittelbaren Tatsachenbasis eine Bindungswirkung für die materiell-rechtliche Rechtsfolge auslösen könnte. Die Einigkeit in dieser Vorfrage war vielmehr nur Ausgangspunkt, nicht aber Gegenstand der getroffenen Verständigung. Dem FG, das von einer Verständigung über eine Rechtsfrage ausgegangen ist, die aber nach Maßgabe der BFH-Rechtsprechung keine Bindungswirkung auslöst, ist damit jedenfalls im Ergebnis beizupflichten.

2. Die Revision ist hiernach, soweit es um den Körperschaftsteuerbescheid 1991 geht, unbegründet. Die Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Körperschaftsteuer 1992 bis 1995 sowie der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den kann vom Senat nicht abschließend beurteilt werden. Das FG hat für diese Streitjahre bzw. diesen Stichtag Einkommenserhöhungen in Höhe von jeweils 240 000 DM rückgängig gemacht. Wenn sich die Klägerin bei ihrer Einkommensermittlung an die Absprache mit dem damals veranlagenden FA (Aktenvermerk vom ) gehalten haben sollte, hat sie möglicherweise im Gegenzug zur Einkommenserhöhung (jeweils 240 000 DM) die in den einzelnen Jahren erfolgten Auszahlungen als Betriebsausgaben einkommensmindernd berücksichtigt. Diese Beträge müssten dann (spiegelbildlich) ebenfalls korrigiert werden. Zu dem Umfang einer etwaigen Einkommensminderung fehlen Feststellungen des FG; diese sind im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

3. Hinsichtlich der Bescheide zur Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals ist die Revision unzulässig. Das FA ist insoweit durch das angefochtene Urteil nicht beschwert. Es erstrebt selbst —auf der Basis seiner Auffassung zur ertragsteuerrechtlichen Lage folgerichtig— einen Ansatz des bei der Klägerin angefallenen Vermögenszuwachses beim tariflich belasteten Eigenkapital (EK 56), während das FG die der Klägerin zugeflossenen Beträge den steuerfreien Vermögensmehrungen (EK 02) zugeordnet hat. Diese Sachbehandlung durch das FG ist für die Klägerin ungünstiger als die vom FA angestrebte Einordnung.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 FGO (zur Anwendung auch bei teilweiser Zurückverweisung z.B. , BFHE 190, 398, BStBl II 2000, 390; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 143 FGO Rz 15, m.w.N.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 763 Nr. 4
HFR 2007 S. 576 Nr. 6
KÖSDI 2007 S. 15418 Nr. 2
KÖSDI 2007 S. 15418 Nr. 2
NWB-Eilnachricht Nr. 13/2007 S. 1037
NWB-Eilnachricht Nr. 18/2007 S. 16
YAAAC-37701