BFH Beschluss v. - V B 92/05

Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens

Gesetze: FGO § 65; FGO § 115

Instanzenzug:

Gründe

I. Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) gegen den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) am geänderte Umsatzsteuerbescheide 1998, 1999, 2001, 2002 erlassen. Hiergegen hatte der Kläger Einsprüche eingelegt, diese aber nicht begründet. Gegen die Einspruchsentscheidung vom , in der die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen wurden, erhob der Kläger am Klage mit dem Antrag, die geänderten Steuerbescheide aufzuheben und dem Versprechen, eine Klagebegründung nachzureichen.

Das Finanzgericht (FG) forderte den Kläger mit Schreiben vom auf, die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel bis zum anzugeben; dieser Aufforderung kam der Kläger nicht nach. Durch gerichtliche Verfügung vom wurde der Kläger nach § 65 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgefordert, bis zum (Ausschlussfrist) den Gegenstand des Klagebegehrens zu benennen und ferner gemäß § 79b FGO bis zum selben Termin Tatsachen und Beweismittel zu bezeichnen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren der Kläger sich in seinen Rechten verletzt fühle. Die gesetzten Fristen liefen ergebnislos ab.

Mit Schreiben vom —dem Prozessvertreter des Klägers zugegangen am — lud das FG zum Termin zur mündlichen Verhandlung auf den und wies auf die fruchtlos verstrichene Ausschlussfrist hin. Den Antrag des Prozessvertreters vom , die mündliche Verhandlung um einen Monat zu verlegen, wies das FG mit Schreiben vom zurück. Gleichzeitig hatte der Kläger durch seinen Prozessvertreter beantragt, wegen unverschuldeter Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und seine in Scheidung getrennt von ihm, dem Kläger, lebende Ehefrau zu dem neuen Termin als Zeugin zu laden; seine Ehefrau habe ihm seit dem Tag der Trennung am den Zugang zu seinen persönlichen Unterlagen verwehrt und erst am habe er zwei Ordner erhalten, die teilweise steuerrelevant seien. Erst am habe der Prozessvertreter die Ehescheidungsakte erhalten. Die Vernehmung der Ehefrau als Zeugin sei erforderlich, weil ein Teil der ihm, dem Kläger, vom FA zugerechneten Einnahmen der Ehefrau zuzurechnen seien.

Das FG wies die Klage auf Grund mündlicher Verhandlung am ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass die Klage unzulässig sei, weil die nach § 65 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 FGO gesetzte Ausschlussfrist zur Benennung des Gegenstands des Klagebegehrens ergebnislos verstrichen sei und eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht komme. Darüber hinaus sei die Klage aber auch unbegründet, weil der Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen habe, welche der im Prüfungsbericht enumerativ aufgeführten Umsätze nicht ihm zuzurechnen seien und hierzu auch keine Tatsachen vorgetragen habe. Die Revision hat das FG nicht zugelassen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde und macht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage zur Auslegung von § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO —Benennung des Gegenstands des Klagebegehrens— sowie des Verhältnisses zu § 79b FGO geltend; hierzu sei gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erforderlich. Außerdem macht der Kläger einen Verfahrensmangel gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO insofern geltend, als das FG vor Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag den Prüfungsbericht nicht beigezogen habe.

Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO; denn es ist durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt, was unter dem „Gegenstand des Klagebegehrens” i.S. des § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO zu verstehen ist. Wesentlich für die Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO ist, dass das Gericht in die Lage versetzt wird, zu erkennen, worin die vom Kläger geltend gemachte Verletzung eigener Rechte liegt; das erfordert ein substantiiertes, in sich schlüssiges Vorbringen in dem Sinne, dass —Richtigkeit unterstellt— der Rechtsuchende mit seinem Begehren Erfolg hat (vgl. Gräber/von Groll, FGO, § 65 Rz. 35 und 46, mit Nachweisen der BFH-Rechtsprechung). Eine in diesem Sinn schlüssige Bezeichnung des Klagebegehrens liegt deshalb in der Regel nicht vor, wenn der Kläger —wie im Streitfall— lediglich die Aufhebung der Bescheide beantragt, ohne zu substantiieren, worauf sich das Begehren im Wesentlichen stützt (vgl. , BFH/NV 2006, 1129).

b) Zu Unrecht rügt der Kläger Verfahrensfehler des FG. Zwar stellt es nach ständiger Rechtsprechung einen Verfahrensmangel dar, wenn über eine zulässige Klage nicht in der Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 1129, mit Nachweisen); das FG hat nach Ablauf der nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO gesetzten Ausschlussfrist aber zu Recht entschieden, dass die Klage unzulässig ist.

Ein Verfahrensmangel in Gestalt der Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) kann zwar auch darin liegen, dass über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO ohne Berücksichtigung entsprechenden Vorbringens des Klägers entschieden wurde (vgl. , BFH/NV 2005, 1591); ob dies vom FG auch erfordern würde, über die Berücksichtigung des klägerischen Vortrags hinaus weitere Ermittlungen anzustellen, kann hier schon deshalb dahinstehen, weil vorliegend schon die Voraussetzung des § 56 Abs. 2 Satz 3 FGO nicht erfüllt ist: Danach hätte der Kläger innerhalb der Antragsfrist für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die versäumte Rechtshandlung nachholen müssen. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung hat der Kläger aber nicht dargelegt, worauf sich sein Klagebegehren stützt.

c) Im Übrigen sind die vorgetragenen, weiteren Gründe für die Zulassung der Revision nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Form dargelegt: Für die Voraussetzungen einer Zulassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist weder dargelegt, welche bislang ungeklärte, abstrakte Rechtsfrage zu klären wäre, noch, welches Allgemeininteresse hieran bestünde, noch ist dargelegt, weshalb eine einheitliche Rechtsprechung gesichert werden müsste (vgl. zu diesen Voraussetzungen Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 38 ff., mit Nachweisen).

Beim geltend gemachten Verfahrensmangel ist weder dargelegt noch ersichtlich, gegen welche Verfahrensvorschriften das FG verstoßen haben sollte; soweit gerügt wird, das FG habe über das Nichtvorliegen von Wiedereinsetzungsgründen entschieden, ohne den Umsatzsteuersonderprüfungsbericht beigezogen zu haben, ist nicht dargelegt, was aus dem Bericht an für die Wiedereinsetzung relevanten Erkenntnissen hätte folgen sollen. Abgesehen davon liegen die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 Abs. 2 Satz 3 FGO nicht vor (s.o. unter b).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 462 Nr. 3
OAAAC-35649