BGH Urteil v. - IX ZR 147/04

Leitsatz

[1] a) Die Verjährung des Anspruchs aus § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO beginnt, sobald die Partei Kenntnis von dem aufhebenden Urteil erlangt hat.

b) Ist der Anspruch aus § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO verjährt, kann die zur Abwendung der Vollstreckung erbrachte Zahlung nicht aus § 852 Abs. 3 a.F. (§ 852 Satz 1 n.F.) BGB zurückverlangt werden; jedoch kommt ein Bereicherungsanspruch aus § 812 BGB in Betracht.

c) Eine Prozessbürgschaft, die der Kläger als Sicherheit für die Vollstreckung aus einem erstinstanzlichen Urteil beigebracht hat, deckt die Verpflichtung, die zur Abwendung der Vollstreckung geleistete Zahlung zurückzugewähren, auch dann, wenn Ansprüche aus § 717 Abs. 2 ZPO verjährt sind, die Klage jedoch rechtskräftig abgewiesen ist.

Gesetze: ZPO § 108; ZPO § 717 Abs. 2 Satz 1; BGB § 765; BGB § 812; BGB § 852 a.F.

Instanzenzug: LG Frankfurt/Main 2/7 O 354/02 vom OLG Frankfurt/Main 23 U 233/03 vom

Tatbestand

Die C. GmbH & Co. KG (nachfolgend: C. ) nahm die jetzigen Kläger und die G. oHG in einem Vorprozess auf Zahlung sowie die G. oHG in einem weiteren Rechtsstreit auf Herausgabe von Gegenständen in Anspruch. Die Kläger sind Gesellschafter der G. oHG. Beide Klagen hatten in erster Instanz Erfolg; die Kläger und die G. oHG wurden gesamtschuldnerisch zur Zahlung von rund 1,6 Mio. DM verurteilt. Das Urteil auf Herausgabe wurde rechtskräftig.

Die Kläger und die G. oHG legten gegen das Zahlungsurteil Berufung ein. Die C. leistete Sicherheit durch eine Bürgschaft der Beklagten. Diese übernahm die Haftung für alle Schadensersatzansprüche, die den Beklagten jenes Rechtsstreits gegen die C. im Falle der Aufhebung oder Abänderung des erstinstanzlichen Urteils durch die Vollstreckung oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung erbrachte Leistung etwa entstehen sollten, bis zum Höchstbetrag von 2 Mio. DM. Zur Abwendung der Vollstreckung erhielt die C. eine Zahlung von 200.000 DM. Am änderte das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil und wies die Klage ab. Die Revision wurde mit nicht angenommen.

Auf der Grundlage des Berufungsurteils hatte C. gemäß dem am ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss an die damaligen Beklagten als Gesamtgläubiger Kosten in Höhe von 54.291,83 DM nebst Zinsen zu erstatten. Für sämtliche Ansprüche aus diesem Kostenfestsetzungsbeschluss übernahm die Beklagte eine weitere Bürgschaft bis zum Betrag von 55.000 DM.

Mit der am bei Gericht eingereichten Klage nehmen die Kläger die Beklagte aus beiden Bürgschaften in Anspruch. Sie verlangen die zur Abwendung der Vollstreckung geleisteten 200.000 DM (102.258,37 €) erstattet sowie Zahlung der zu Lasten der C. festgesetzten Kosten, insgesamt 130.017,34 €. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat die Klage in Höhe von 102.258,37 € wegen Verjährung abgewiesen und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehren die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte erstrebt mit der Anschlussrevision die Abweisung der Klage auch wegen ihrer für die Prozesskosten übernommenen Bürgschaft.

Gründe

Revision und Anschlussrevision führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

A. Zur Revision

I.

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in OLGR Frankfurt 2004, 368 abgedruckt ist, hat die Abweisung des Bürgschaftsanspruchs in Höhe des zur Abwehr der Zwangsvollstreckung geleisteten Betrages wie folgt begründet:

Die Kläger seien im Hinblick auf den Anspruch aus § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO als Gesamtgläubiger aktivlegitimiert. Die insoweit erstmals in der Berufungsinstanz erhobenen Einwände der Beklagten seien nicht zuzulassen, weil die in § 531 Abs. 2 ZPO normierten Ausnahmetatbestände nicht gegeben seien. Die Beklagte berufe sich jedoch gemäß § 768 Abs. 1 BGB zu Recht auf die der Hauptschuldnerin zustehende Verjährungseinrede. Der gegen diese geltend gemachte Anspruch aus § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO sei gemäß § 852 BGB a.F. bereits bei Klageeinreichung verjährt gewesen, weil die dreijährige Verjährungsfrist mit Erlass des die erstinstanzliche Entscheidung aufhebenden Urteils begonnen habe.

II.

Diese Erwägungen tragen die angefochtene Entscheidung nicht.

Gemäß § 768 Abs. 1 BGB ist der Bürge berechtigt, die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend zu machen. Daher kann er der Inanspruchnahme entgegenhalten, dass die Hauptschuld verjährt ist (BGHZ 76, 222, 224 f; 139, 214, 216; 153, 337, 339; Urt. v. - IX ZR 48/98, WM 1998, 2540, 2541). Im Streitfall vermag die Beklagte jedoch die Durchsetzung des Anspruchs, den ihre Bürgschaft sichert, nicht mit der Verjährungseinrede abzuwehren.

1. Allerdings geht das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend davon aus, dass ein Schadensersatzanspruch der Kläger aus § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO verjährt ist.

a) Dieser Anspruch war bei Inkrafttreten der Vorschriften der Schuldrechtsreform am entstanden und zu diesem Zeitpunkt keinesfalls verjährt, weil er sich auf das die erstinstanzliche Entscheidung aufhebende Berufungsurteil vom gründete. Daher bestimmt sich der Beginn der Verjährung nach dem für den Zeitraum vor dem geltenden Recht (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB). Insoweit ist allgemein anerkannt, dass sich die Verjährung der Ansprüche aus § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO nach § 852 BGB a.F. richtete (BGHZ 75, 1, 5; , NJW 1957, 1926 m.w.N. zur älteren Rechtsprechung; OLG Karlsruhe OLGZ 1979, 370, 374; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO 21. Aufl. § 717 Rn. 24; MünchKomm-ZPO/Krüger, 2. Aufl. § 717 Rn. 9; Zöller/Herget, ZPO 22. Aufl. § 717 Rn. 14; Musielak/Lackmann, ZPO 3. Aufl. § 717 Rn. 13; Wieczorek/Schütze/Heß, ZPO 3. Aufl. § 717 Rn. 25).

b) Die Verjährung des Anspruchs beginnt nach ganz überwiegender Meinung bereits mit Erlass des die Vorentscheidung aufhebenden Berufungsurteils (OLG Karlsruhe OLGZ 1979, 370, 374 f; MünchKomm-ZPO/Krüger, aaO; Stein/Jonas/Münzberg, aaO; Wieczorek/Schütze/Heß, aaO). Dem ist mit der Maßgabe zuzustimmen, dass die Verjährung einsetzt, sobald die Partei von dem aufhebenden Urteil Kenntnis erlangt hat (vgl. auch , NJW 1957, 1926); denn § 852 Abs. 1 BGB a.F. verlangt die Kenntnis des Betroffenen vom Schaden und dem Schädiger. Dagegen kommt es nicht auf den Zeitpunkt an, zu dem das aufhebende Berufungsurteil rechtskräftig wird (a.A. OLG Breslau JW 1926, 1603; Schlosser, Festschrift für Nakamura, S. 515, 519).

aa) § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO setzt allein voraus, dass das für vorläufig vollstreckbare Urteil aufgehoben oder abgeändert worden ist. Die Norm nimmt damit ausschließlich Bezug auf die Entscheidung, die das Berufungsgericht erlassen hat. Zur Auslösung der Schadensersatzpflicht genügt die Aufhebung des vorläufig vollstreckbaren Urteils (BGHZ 136, 199, 201). Entscheidend ist allein, dass aus dem erstinstanzlichen Urteil nicht mehr vollstreckt werden darf (vgl. § 775 Nr. 1 ZPO). Dagegen hängt der Anspruch aus § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht davon ab, dass das Berufungsurteil endgültig Bestand hat. Vielmehr soll die Vorschrift gewährleisten, dass derjenige, der aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils in Anspruch genommen worden ist, die zur Abwehr der Vollstreckung erbrachte Leistung nach Aufhebung des Titels sogleich zurückerhält (BGHZ 136, 199, 204). Die in der Literatur teilweise vertretene Ansicht, ein Urteil könne vor Eintritt seiner Rechtskraft keine Wirkungen entfalten (Schlosser, aaO S. 519), trifft daher nicht zu.

bb) Der Verletzte hat in der Regel hinreichende Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen eine Schadensersatzklage erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht besitzt, dass sie ihm zugemutet werden kann (BGHZ 122, 317, 325; 138, 247, 252; , WM 2005, 1328, 1329 f). Die Rechtsverfolgung muss also nicht risikolos sein. Nicht vorausgesetzt wird auch die zutreffende rechtliche Einordnung des der Partei bekannten Sachverhalts (, NJW 1993, 648, 653; vom - IX ZR 30/98, WM 1999, 974, 975; vom , aaO). Wer Leistungen zur Abwehr der Vollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil erbracht hat, kennt, sobald er von der Aufhebung dieser Entscheidung erfahren hat, alle Tatsachen, von denen die erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs aus § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO abhängig ist. Die Vorschrift ermöglicht gerade eine beschleunigte Durchsetzung des Begehrens, indem der Anspruch schon im anhängigen Rechtsstreit geltend gemacht werden kann und materielle Einwendungen weitgehend ausgeschlossen sind (BGHZ 136, 199, 204 ff). Damit hat das Gesetz zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, dass mit Kenntnis von der Aufhebung des vollstreckbaren Urteils die Klageerhebung im Sinne von § 852 Abs. 1 BGB a.F. zumutbar ist.

cc) Der Senat setzt sich mit dieser Auffassung nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung, die den Verjährungsbeginn des Anspruchs aus § 945 ZPO betrifft. Insoweit hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass dem Vollstreckungsschuldner die Schadensersatzklage im Regelfall erst nach Abschluss des Verfahrens betreffend den Erlass eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung zuzumuten ist (BGHZ 75, 1, 6; , WM 1992, 1191, 1192; v. - IX ZR 8/92, WM 1993, 517, 518; v. - IX ZR 283/02, WM 2003, 1343, 1344 f). Dies beruht darauf, dass der Anspruch aus § 945 ZPO von weitergehenden Voraussetzungen als derjenige gemäß § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO abhängig ist. § 945 ZPO verlangt in der Regel, dass die Anordnung des Arrests oder der einstweiligen Verfügung von Anfang an ungerechtfertigt war. Dies steht grundsätzlich erst nach einer rechtskräftigen Sachentscheidung im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes oder im Hauptsacheverfahren fest. Den von § 945 ZPO außerdem erfassten Aufhebungen der angeordneten Maßregeln nach § 926 Abs. 2, § 942 Abs. 3 ZPO kommt ebenfalls eine abschließende, prozessbeendigende Wirkung zu. Darüber hinaus spricht dort für den späteren Beginn der Verjährung auch der Gesichtspunkt der Prozessökonomie. Da der Ausgang des vorläufigen Verfahrens für den Anspruch aus § 945 ZPO von entscheidender Bedeutung ist, wäre es wenig sinnvoll, dem Verfügungsbeklagten bereits vorher eine Feststellungsklage auf Schadensersatz zuzumuten (BGHZ 75, 1, 3 f; aaO).

c) Das Urteil des OLG Hamm ist dem Prozessbevollmächtigten der Kläger spätestens am zugestellt worden; denn an diesem Tag haben sie die Kostenfestsetzung beantragt. Da die Kläger sich die Kenntnis der Rechtsanwälte, von denen sie im Vorprozess vertreten wurden, als Wissensvertreter zurechnen lassen müssen, hat die Verjährung jedenfalls an diesem Tage begonnen und war demzufolge bei Klageeinreichung am bereits abgelaufen.

2. Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des auf unerlaubte Handlung gestützten Schadensersatzanspruchs verpflichtet, dies nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben (§ 852 Abs. 3 BGB a.F.). Der verjährte Deliktsanspruch bleibt bestehen; er wird nur in seinem Umfang auf das durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Geschädigten Erlangte beschränkt (BGHZ 71, 86, 99; 130, 288, 297). Auf diese Vorschrift können die Kläger den Hauptanspruch jedoch nicht stützen.

a) Die Bestimmung des § 717 Abs. 2 ZPO beruht auf dem allgemeinen Rechtsgedanken, dass die Vollstreckung aus einem noch nicht rechtskräftigen Urteil auf Gefahr des Gläubigers erfolgt. Die Vorschrift begründet eine gesetzliche Risikohaftung. Der Gläubiger hat die Gefahr zu tragen, dass der Titel nicht bestehen bleibt, aus dem er die Vollstreckung betrieben hat (BGHZ 54, 76, 80 f; 69, 373, 378; 95, 10, 14 f; MünchKomm-ZPO/Krüger, aaO Rn. 2, 7; Stein/Jonas/Münzberg, aaO Rn. 9). Die Haftungsfolge knüpft an ein ausdrücklich vom Gesetz erlaubtes Verhalten an. Der Schadensersatzanspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO setzt daher weder ein schuldhaftes noch auch nur ein rechtswidriges Handeln des Gläubigers voraus. Die Verjährungsvorschrift des § 852 Abs. 1 BGB a.F. findet nur deshalb Anwendung, weil sie nach ständiger Rechtsprechung einen die Ansprüche aus Gefährdungshaftung allgemein umfassenden Rechtssatz enthält (vgl. BGHZ 57, 170, 176 f; 98, 235, 237; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO 22. Aufl. § 717 Rn. 24).

Demgegenüber soll § 852 Abs. 3 BGB a.F. (ebenso § 852 Satz 1 BGB n.F.; vgl. BT-Drucks. 14/640, S. 270 zu Nr. 60) verhindern, dass derjenige, der einen anderen durch unerlaubte Handlung geschädigt und dadurch sein Vermögen vermehrt hat, im Besitz des auf diese Weise erlangten Vorteils verbleibt (BGHZ 71, 86, 99; vgl. auch BGHZ 130, 288, 297). Der Deliktsschuldner darf nicht besserstehen als der Empfänger einer Nichtschuld vom Zeitpunkt seiner Bösgläubigkeit an (Motive zum Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Bd. II S. 743). § 852 Abs. 3 BGB a.F. erfasst danach keine Tatbestände, die an eine rechtlich erlaubte Handlung eine Risikohaftung knüpfen (Vieweg in Staudinger, Kommentar zum BGB 13. Bearb. § 852 Rn. 6 f; Büning, Die Verjährung der Ansprüche aus unerlaubten Handlungen, S. 101).

b) Eine entsprechende Anwendung des § 852 Abs. 3 BGB a.F. auf den verjährten Anspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO scheidet auch deshalb aus, weil die Rückgewähr der zur Abwendung der Vollstreckung erbrachten Leistung schon wegen Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung verlangt werden kann, unabhängig davon, mit welchem Ergebnis der Rechtsstreit letztlich endet. § 852 Abs. 3 BGB a.F. gewährt demgegenüber nur einen Anspruch auf Herausgabe dessen, was dem Gläubiger im Verhältnis zum Ersatzpflichtigen endgültig gebührt.

3. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht beachtet, dass die Kläger von der C. auch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB die Rückgewähr der zur Abwehr der Vollstreckung geleisteten Summe verlangen können, seitdem das den vollstreckbaren Titel aufhebende Berufungsurteil durch den Nichtannahmebeschluss des rechtskräftig geworden ist.

a) Die Anwendung der Bereicherungsvorschriften des Bürgerlichen Rechts nach Abschluss des Rechtsstreits wird durch § 717 Abs. 2 ZPO nicht ausgeschlossen. Diese Vorschrift dient dem besonderen Schutz der Prozesspartei, die die Vollstreckung aus einem erstinstanzlichen Urteil hingenommen oder zur Abwendung der Vollstreckung geleistet hat, indem der Rückforderungsanspruch bereits nach Aufhebung jenes Urteils durchgesetzt werden kann. Diese als Instrument innerprozessualer Waffengleichheit ausgestaltete Norm (BGHZ 136, 199, 207) verwehrt es der Partei jedoch nicht, bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung abzuwarten und sodann die daraus folgenden Bereicherungsansprüche geltend zu machen.

b) Im Verhältnis der Prozessparteien steht mit der Wirkung des § 322 Abs. 1 ZPO fest, dass der von C. eingeklagte Zahlungsanspruch unbegründet ist. Folglich hat sie den zur Abwendung der Vollstreckung geleisteten Betrag von 200.000 DM rechtsgrundlos erhalten. Die bürgschaftsrechtliche Haftung der Beklagten erstreckt sich auch auf diesen Bereicherungsanspruch gegen die Hauptschuldnerin.

Der Umfang der Haftung des Prozessbürgen richtet sich grundsätzlich nach dem Zweck der Sicherheitsleistung, der in der Regel der gerichtlichen Anordnung entnommen werden kann (BGHZ 69, 270, 272; 158, 286, 294; , WM 1979, 15, 16; v. - IX ZR 47/87, WM 1988, 1883, 1885). Eine Prozessbürgschaft zur Abwendung der Zwangsvollstreckung soll einen angemessenen Ausgleich für den Verzicht des Gläubigers auf die Vollstreckung darstellen und deshalb die Realisierbarkeit der titulierten Ansprüche sichern (vgl. BGHZ 69, 270, 272; 86, 267, 272; 163, 59, 64). Wird die Prozessbürgschaft, wie im Streitfall, als Sicherheitsleistung erteilt, von deren Erbringung die Zulässigkeit der Vollstreckung abhängig ist (vgl. §§ 709, 108 ZPO), so dient sie dem Zweck, den Gegner des Auftraggebers umfassend davor zu schützen, dass er durch die Vollstreckung oder Leistungen zu deren Abwehr finanzielle Nachteile erleidet, sofern der gerichtliche Titel keinen Bestand hat. Dieses Ziel der Bürgschaft ist in der Urkunde vom dadurch zum Ausdruck gebracht worden, dass die Beklagte die Bürgschaft für alle Schadensersatzansprüche, die den Klägern im Falle der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils durch die Vollstreckung oder eine zur Abwendung der Vollstreckung erbrachte Leistung entstehen, übernommen hat. Der Gläubiger soll danach in gleicher Weise geschützt sein wie bei einer Sicherheitsleistung durch Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren, die nach § 234 Abs. 1 und 3 BGB zur Sicherheitsleistung geeignet sind (§ 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Aus der maßgeblichen Sicht der Kläger als Gläubiger hatte die Erklärung der Bank, die Bürgschaften geschäftsmäßig erteilt, danach eine den gesetzlichen Vorschriften über die Sicherheitsleistung im Prozess entsprechenden Inhalt.

Durch die Zahlung von 200.000 DM, auf die der Prozessgegner - wie nunmehr rechtskräftig feststeht - keinen Anspruch hatte, ist den Klägern ein entsprechender Schaden entstanden. Dass sie die Rückgewähr dieser Leistung nunmehr wegen der Verjährung des Anspruchs aus § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur noch nach Bereicherungsrecht verlangen können, ändert nichts am Bestehen eines finanziellen Nachteils, dessen Ausgleich nach dem Inhalt der gerichtlichen Anordnung des Landgerichts sichergestellt sein sollte. Die Haftung aus einer solchen Bürgschaft erfasst daher auch dann den durch die Abwehr der Vollstreckung des Gegners dem Gläubiger entstandenen Nachteil, wenn dieser von der Hauptpartei nur noch nach §§ 812, 818 BGB auszugleichen ist.

c) Zwar wirkt die Rechtskraft des zwischen den Prozessparteien ergangenen Urteils in der Rechtsbeziehung zwischen Gläubiger und Bürgen nicht zu dessen Lasten (BGHZ 76, 222, 230; 107, 92, 96). Aus dem für die Beklagte erkennbaren Schutzzweck der Prozessbürgschaft folgt indes, dass der Bürge mit seiner Haftungsübernahme zugleich die Verpflichtung erklärt hat, die Feststellungen des zu Ungunsten seines Auftraggebers ergangenen Urteils anzuerkennen, soweit auch dem Hauptschuldner Einwendungen oder Einreden nach Rechtskraft des im Prozess ergangenen Urteils verwehrt sind (vgl. BGHZ 163, 59, 65; , WM 1975, 424, 425 f).

III.

Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben, soweit es die Klage abgewiesen hat. Die Sache ist jedoch nicht zugunsten der Kläger entscheidungsreif.

1. Die Beklagte greift mit Erfolg die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Aktivlegitimation der Kläger als rechts- und verfahrensfehlerhaft an.

a) Das Berufungsgericht hat den Einwand fehlender Aktivlegitimation zu Unrecht als neues Vorbringen nach § 531 Abs. 2 ZPO behandelt. Die Beklagte hat schon in der Klageerwiderung zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten, dass die Kläger Zahlungen zur Abwehr der Vollstreckung erbracht haben.

b) Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht der Revision lässt sich aus § 422 Abs. 1 BGB, wonach die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner auch für die übrigen Schuldner wirkt, nicht entnehmen, dass der Rückforderungsanspruch den Gesamtschuldnern als Gesamtgläubigern zusteht. Kann die erbrachte Leistung einem Gesamtschuldner allein zugeordnet werden, so ist grundsätzlich nur dieser Gläubiger des bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch. Über die Zuordnung entscheidet letztlich das Innenverhältnis zwischen den Gesamtschuldnern (, NJW 2004, 1169, 1171).

Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Die Auffassung, weil die Kläger und die OHG in der den Kostenerstattungsanspruch sichernden Bürgschaft der Beklagten als Gesamtgläubiger bezeichnet werden, könne für die als Sicherheitsleistung dienende erste Bürgschaft nichts anderes gelten, ist rechtlich nicht haltbar. Dieser Umstand beruhte darauf, dass die Kläger und die OHG im Kostenfestsetzungsbeschluss als Gesamtgläubiger bezeichnet worden waren. Zur Klärung der Aktivlegitimation muss das Vorbringen der Kläger dazu, wer die Zahlung geleistet hat, umfassend gewürdigt werden.

2. Die Hauptschuldnerin haftet gemäß § 818 Abs. 4 BGB nach den allgemeinen Vorschriften, weil die Kläger nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, also unter Vorbehalt, geleistet haben (vgl. BGHZ 86, 267, 270 f; OLG Hamburg NJW-RR 1999, 1568, 1569) und daher § 820 BGB entsprechende Anwendung findet (vgl. IVb ZR 51/87, WM 1988, 1494, 1496). Im Übrigen ist ein Wegfall der Bereicherung auch nicht schlüssig dargelegt worden.

a) Anders als gegenüber einem entsprechenden Anspruch aus § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO (vgl. dazu BGHZ 136, 199, 204 ff) darf der Hauptschuldner jedoch unbegrenzt mit fälligen Gegenansprüchen aufrechnen, was gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB einen selbständigen Einwand des Bürgen begründet. Der Bürge hat zudem die gleiche Befugnis, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann (§ 770 Abs. 2 BGB). Den entsprechenden Einwand der Beklagten hat das Berufungsgericht zu Unrecht nicht in der Sache beschieden.

b) Mit Schreiben vom - nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils - hat der Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der C. die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch erklärt, den er daraus herleitet, dass die Kläger die Erfüllung des rechtskräftig auf Herausgabe von Maschinen und Werkzeugen gerichteten Urteils vereitelt hätten. Dieses Vorbringen konnte nicht nach § 533 ZPO zurückgewiesen werden. Die Vorschrift betrifft - ebenso wie § 530 Abs. 2 ZPO a.F. - nur die Aufrechnung des Beklagten selbst, nicht seine Rechtsverteidigung mit der Aufrechnung eines Dritten oder der Aufrechenbarkeit gegenseitiger Ansprüche. Indem die Aufrechnungserklärung ebenso wie Klageänderung und Widerklage behandelt wird, bringt schon der Wortlaut zum Ausdruck, dass die Regelung nur eine Aufrechnung des Beklagten als Prozesspartei erfasst. Dies gilt im Übrigen auch deshalb, weil allein die Entscheidung über eine vom Beklagten selbst erklärte Aufrechnung ebenso wie ein Sachurteil zu Klageänderung und Widerklage in Rechtskraft erwachsen kann (vgl. , NJW 1992, 2575, 2576; Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 35 Rn. 11; Saenger/Woestmann, ZPO § 533 Rn. 5; Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 64. Aufl. § 533 Rn. 5; a.A. MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, 2. Aufl. § 533 Rn. 19).

c) Die Kläger meinen, die vom Insolvenzverwalter erklärte Aufrechnung scheitere am Erfordernis der Gegenseitigkeit der Forderungen, weil sie die bürgende Bank und nicht die Hauptschuldnerin in Anspruch nehmen. Auf die Auslegung der Aufrechnungserklärung kommt es indes nicht an. Hier hat die Beklagte geltend gemacht, der C. stehe gegenüber der Hauptforderung ein fälliger Gegenanspruch in mindestens gleicher Höhe zu. Trifft dies zu, kann die Beklagte die Befriedigung der Kläger verweigern, weil diese sich durch Aufrechnung befriedigen können (§ 770 Abs. 2 BGB).

d) Das Berufungsgericht wird daher, wenn es die Aktivlegitimation der Kläger nach erneuter Prüfung weiterhin bejaht, auch Feststellungen zu Grund und Höhe dieses Gegenanspruchs treffen müssen.

B. Zur Anschlussrevision

Das Berufungsgericht hat der Klage aus der die Kostenerstattungsansprüche sichernden Bürgschaft mit der Begründung stattgegeben, materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch seien nicht zu berücksichtigen. Dies hält rechtlicher Nachprüfung ebenfalls nicht stand.

1. Die Rechtsverteidigung des Bürgen ist nicht dadurch eingeschränkt, dass ein Kostenerstattungsanspruch des Gläubigers gegen den Hauptschuldner gerichtlich festgesetzt worden ist. Zwar ist der Hauptschuldner im Kostenfestsetzungsverfahren mit Einwendungen und Einreden ausgeschlossen. Dies beruht jedoch allein darauf, dass das Kostenfestsetzungsverfahren in die Zuständigkeit des Rechtspflegers fällt (§ 21 Nr. 1 RpflG) und kein Erkenntnisverfahren im Sinne der §§ 128 ff ZPO ist. Für materiell-rechtliche Einwendungen steht dem Kostenschuldner deshalb die Vollstreckungsabwehrklage ohne die Einschränkung des § 767 Abs. 2 ZPO zur Verfügung (BGHZ 3, 381, 383; Zöller/Herget, ZPO 25. Aufl. § 104 Rn. 21 Stichwort "materiell-rechtliche Einwendungen"). Auf die Rechtsstellung des Bürgen hat diese Zweiteilung des Verfahrens keine Auswirkung. Der Gläubiger muss die Bürgschaftsforderung ohnehin in einem gewöhnlichen Erkenntnisverfahren geltend machen. In diesem stehen dem Bürgen die Einwände aus §§ 767, 768, 770 BGB uneingeschränkt zur Verfügung. Die Art und Weise, in der der Hauptschuldner selbst den Einwand der Aufrechnung erheben kann, ist danach bedeutungslos. Die Beklagte darf sich daher auch gegenüber dem Anspruch aus der zweiten Bürgschaft auf § 770 Abs. 2 BGB berufen, soweit die C. als Hauptschuldnerin eine fällige Gegenforderung gegen die Kläger hat.

2. Die Sache ist folglich insgesamt zur Prüfung eines fälligen Gegenanspruchs der C. an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Fundstelle(n):
WM 2007 S. 27 Nr. 1
ZIP 2007 S. 43 Nr. 1
NAAAC-31290

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: ja