BGH Beschluss v. - III ZR 144/05

Leitsatz

[1] Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art. 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

a) Verleihen die Bestimmungen des Art. 5 Abs. 1 Buchst. o und des Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii der Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit frischem Fleisch in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom (ABl.EG 1991 Nr. L 268 S. 69) in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1, Art. 7 und Art. 8 der Richtlinie 89/662/EWG des Rates vom zur Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt (ABl.EG 1989 Nr. L 395 S. 13) den Produzenten und Vermarktern von Schweinefleisch eine Rechtsposition, die bei Umsetzungs- oder Anwendungsfehlern einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch auslösen kann?

b) Können sich die Produzenten und Vermarkter von Schweinefleisch - unabhängig von der Beantwortung der ersten Frage - zur Begründung eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs bei einer gegen das europäische Gemeinschaftsrecht verstoßenden Umsetzung und Anwendung der genannten Richtlinien auf eine Verletzung von Art. 30 EGV (= Art. 28 EG) berufen?

c) Verlangt das Gemeinschaftsrecht, dass die Verjährung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs im Hinblick auf ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG unterbrochen oder ihr Lauf bis zu dessen Beendigung jedenfalls dann gehemmt wird, wenn es an einem effektiven innerstaatlichen Rechtsbehelf fehlt, den Mitgliedstaat zur Umsetzung einer Richtlinie zu zwingen?

d) Beginnt die Verjährungsfrist für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch, der auf die unzureichende Umsetzung einer Richtlinie und ein damit einhergehendes (faktisches) Importverbot gegründet ist, unabhängig von dem anwendbaren nationalen Recht erst mit deren vollständiger Umsetzung oder kann die Verjährungsfrist in Übereinstimmung mit dem nationalen Recht schon dann zu laufen beginnen, wenn erste Schadensfolgen bereits eingetreten und weitere Schadensfolgen absehbar sind? Sollte die vollständige Umsetzung den Verjährungsbeginn beeinflussen, gilt dies dann allgemein oder nur, wenn die Richtlinie dem Einzelnen ein Recht verleiht?

e) Bestehen unter dem Gesichtspunkt, dass die Mitgliedstaaten die schadensersatzrechtlichen Voraussetzungen für den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht ungünstiger ausgestalten dürfen als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen, und dass die Erlangung einer Entschädigung nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden darf, allgemein Bedenken gegen eine nationale Regelung, nach der die Ersatzpflicht nicht eintritt, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden? Bestehen auch dann Bedenken gegen diesen "Vorrang des Primärrechtsschutzes", wenn er unter dem Vorbehalt steht, dass er dem Betroffenen zumutbar sein muss? Ist er bereits dann im Sinne des europäischen Gemeinschaftsrechts unzumutbar, wenn das angegangene Gericht die in Rede stehenden gemeinschaftsrechtlichen Fragen voraussichtlich nicht ohne Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften beantworten könnte oder wenn bereits ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG anhängig ist?

Gesetze: Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom (ABl.EG 1991 Nr. L 268 S. 69) Art. 5 Abs. 1 Buchst. o; Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom (ABl.EG 1991 Nr. L 268 S. 69) Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii; Richtlinie 89/662/EWG des Rates vom (ABl.EG 1989 Nr. L 395 S. 13) Art. 5 Abs. 1; Richtlinie 89/662/EWG des Rates vom (ABl.EG 1989 Nr. L 395 S. 13) Art. 7; Richtlinie 89/662/EWG des Rates vom (ABl.EG 1989 Nr. L 395 S. 13) Art. 8; BGB § 839 (H); BGB § 852 Abs. 1 (a.F.)

Instanzenzug: LG Bonn 1 O 459/00 vom OLG Köln 7 U 29/04 vom

Gründe

I.

Die Klägerin - ein Branchenverband genossenschaftlich organisierter dänischer Schlachthofgesellschaften und Schweinezüchter - begehrt aus abgetretenem Recht ihrer Mitglieder von der beklagten Bundesrepublik Deutschland Schadensersatz wegen der Verletzung europäischen Gemeinschaftsrechts. Gegenstand des Verfahrens ist der von der Klägerin erhobene Vorwurf, die Beklagte habe von Anfang 1993 bis 1999 entgegen dem geltenden Gemeinschaftsrecht faktisch ein Importverbot verhängt, das sich auf Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen aus Dänemark bezogen habe. Hierdurch sei den Schweinezüchtern und Schlachthofgesellschaften in der genannten Zeit ein Schaden von mindestens 280.000.000 DM entstanden.

Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde. In Dänemark wurde Anfang der neunziger Jahre das "Male-Pig-Projekt" zur Aufzucht nicht kastrierter männlicher Schweine ins Leben gerufen. Diese - nach der Behauptung der Klägerin wirtschaftlich vorteilhaftere - Aufzucht birgt die Gefahr, dass das Fleisch beim Erhitzen einen strengen Geruch bzw. Geschmack, den sogenannten Geschlechtsgeruch, aufweisen kann, wobei diese Gefahr mit zunehmendem Alter und Gewicht der Schweine zum Schlachtzeitpunkt zunimmt. Nach Auffassung der dänischen Forschung lässt sich diese Geruchsbelastung bereits beim Schlachtvorgang durch Prüfung des Skatolgehalts, eines im Darm gebildeten Abbauprodukts, feststellen. Dementsprechend wurden in Dänemark im Rahmen des Male-Pig-Projekts unter zentraler Steuerung durch die Klägerin und die Schlachthofgesellschaften in sämtlichen Schlachtlinien der Schlachthöfe Skatolmesseinrichtungen installiert, um geruchsbelastetes Fleisch feststellen und aussortieren zu können. Nach Auffassung der deutschen Seite geht die Geruchsbelastung auf das Hormon Androstenon zurück, dessen Bildung durch eine frühe Kastration ausgeschaltet werden könne; der Skatolgehalt sei für sich allein betrachtet kein Maß für den Geschlechtsgeruch und seine Prüfung führe daher zu keinen zuverlässigen Ergebnissen.

Der gemeinschaftsrechtliche Rahmen sah wie folgt aus: Durch die Richtlinie 89/622/EWG des Rates vom zur Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt (ABl.EG 1989 Nr. L 395 S. 13) wurde das bisherige System der Grenzkontrollen zugunsten einer durch den Versandmitgliedstaat durchzuführenden veterinärrechtlichen Kontrolle abgelöst; der zuständigen Behörde an den Bestimmungsorten sollte nur eine nicht diskriminierende veterinärrechtliche Kontrolle im Stichprobenverfahren vorbehalten bleiben. In Art. 8 dieser Richtlinie ist ein Verfahren zur Regelung des Falls vorgesehen, dass die Übereinstimmung des Fleisches mit den geltenden gesundheitlichen Vorschriften von den zuständigen Behörden des Bestimmungs- und des Ursprungslands unterschiedlich beurteilt wird. In der Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom über die gesundheitlichen Bedingungen für die Gewinnung und das Inverkehrbringen von frischem Fleisch, die durch die bis zum umzusetzende Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom (ABl.EG 1991 Nr. L 268 S. 69) geändert und neu gefasst worden ist, heißt es in Art. 5 Abs. 1 Buchst. o, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass der amtliche Tierarzt Fleisch, das einen starken Geschlechtsgeruch aufweist, für genussuntauglich erklärt. Nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii tragen die Mitgliedstaaten Sorge dafür, dass Fleisch - unbeschadet der in Art. 5 Abs. 1 Buchst. o vorgesehenen Fälle - von nicht kastrierten männlichen Schweinen mit einem Tierkörpergewicht von mehr als 80 kg ein besonderes Kennzeichen trägt und einer Hitzebehandlung unterzogen wird, außer wenn der Betrieb durch eine nach dem Verfahren des Art. 16 anerkannte bzw. - wenn kein entsprechender Beschluss gefasst worden ist - durch eine von den zuständigen Behörden anerkannte Methode sicherstellen kann, dass Schlachtkörper mit einem starken Geschlechtsgeruch festgestellt werden können.

Die Beklagte teilte den obersten Veterinärbehörden der Mitgliedstaaten durch den Bundesminister für Gesundheit mit Schreiben vom 18. und , die nachrichtlich an die obersten Landesveterinärbehörden und die obersten Lebensmittelüberwachungsbehörden gerichtet waren, mit, die Regelung in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 64/433/EWG werde in der Weise in nationales deutsches Recht umgesetzt, dass unabhängig von der Gewichtsgrenze ein Wert von 0,5 µg/g Androstenon festgesetzt werde. Bei Überschreitung dieses Wertes weise das Fleisch einen starken Geschlechtsgeruch auf und sei nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. o untauglich zum Genuss für Menschen. Als Methode zum Nachweis des Androstenons werde nur der modifizierte Immunoenzymtest nach Prof. Claus als spezifisch anerkannt. Das Fleisch männlicher, nicht kastrierter Schweine, bei dem dieser Wert überschritten werde, dürfe nicht als frisches Fleisch in die Bundesrepublik Deutschland verbracht werden. Weiter heißt es in den Schreiben, im Einvernehmen mit der EG-Kommission und dem Rat (s. Protokollerklärung zu Art. 6 Abs. 1 Buchst. b) bei Beschluss der Richtlinie 91/497/EWG werde für alle Sendungen von Schweinefleisch aus anderen Mitgliedstaaten Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/622/EWG angewandt. Schweinefleischsendungen würden am Bestimmungsort, unabhängig von ihrer Genusstauglichkeitskennzeichnung, auf die Einhaltung des Grenzwertes überprüft und bei Überschreitung des Wertes beanstandet. Dementsprechend wurden in der Folgezeit zahlreiche Lieferungen von Schweinefleisch aus Dänemark von den zuständigen deutschen Behörden geprüft und bei Überschreitung des Androstenongrenzwertes beanstandet und zurückgewiesen.

Nachdem die Beklagte und die Kommission keine Einigung über die Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Normen finden konnten, stellte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften auf die von der Kommission im Jahr 1996 erhobene Vertragsverletzungsklage durch Urteil vom (Rs. C-102/96, Slg. 1998, I-6890) einen Verstoß der Beklagten gegen die genannten Richtlinienbestimmungen fest.

Die Klägerin hat den geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf die Behauptung gestützt, die dänischen Schweinezüchter und Schlachthofgesellschaften hätten im Hinblick auf das gemeinschaftswidrige Verhalten der Beklagten zunächst die Produktion nicht kastrierter männlicher Schweine vermindert und im Oktober 1993 nahezu vollständig eingestellt. Um den Export von Schweinefleisch nach Deutschland nicht zu gefährden, seien männliche Schweine in dem notwendigen Umfang kastriert aufgezogen worden. In der Zeit zwischen 1993 und 1999 seien etwa 39 Millionen kastriert aufgezogene Schweine für die Vermarktung in Deutschland geschlachtet worden. Bei der Vermarktung einer entsprechenden Menge unkastrierter männlicher Schweine hätten sich für sie Kosteneinsparungen von mindestens 280.000.000 DM ergeben.

Das Landgericht (LRE 48, 207) hat die Klage im Hinblick auf die Beantragung eines Mahnbescheids am für die Zeit ab dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und sie insoweit als verjährt abgewiesen, als es um Ersatzansprüche für Schäden geht, die bis zum entstanden sind. Das Berufungsgericht (LRE 51, 370) hat die Klage insgesamt dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

II.

Die allgemeinen Voraussetzungen für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften geklärt. Danach kommt eine Haftung des Mitgliedstaats in Betracht, wenn die verletzte Gemeinschaftsrechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem Verstoß und dem dem Einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (vgl. - Köbler - Slg. 2003, I-10290, 10305 zu Rn. 30, 31 mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Der vorliegende Fall wirft die Frage auf, inwieweit sich die betroffenen Produzenten und Vermarkter von Schweinefleisch bei der Verletzung harmonisierender Richtlinien gegebenenfalls auf Rechte beziehen können, die ihnen das Primärrecht verleiht. Darüber hinaus sieht der Senat einen Klärungsbedarf hinsichtlich der Einflussnahme von Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts auf die prinzipiell dem nationalen Recht überlassene Regelung der näheren Ausgestaltung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs, insbesondere in Bezug auf seine Verjährung und auf den Vorrang des Primärrechtsschutzes.

1. a) Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften war mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt, insbesondere was die Verlautbarung der Beklagten durch das Schreiben des Bundesministers für Gesundheit vom angeht, bereits in dem auf Klage der Kommission eingeleiteten Verfahren gemäß Art. 169 EGV (= Art. 226 EG) in der Rechtssache C-102/96 befasst. Er hat hierbei die für das anhängige Verfahren zu übernehmende Feststellung getroffen, dass die Beklagte mit der im Schreiben vom angekündigten Praxis, Schlachtkörper von nicht kastrierten männlichen Schweinen der Kennzeichnung und Hitzebehandlung bereits dann zu unterwerfen, wenn das Fleisch unabhängig vom Körpergewicht der Tiere einen Androstenongehalt von mehr 0,5 µg/g - festgestellt unter Anwendung des modifizierten Immunoenzymtests nach Prof. Claus - aufweist, und dass sie das Fleisch bei Überschreitung dieses Grenzwertes als mit einem starken Geschlechtsgeruch belastet betrachtet, der die Genussuntauglichkeit des Fleisches für den menschlichen Verzehr nach sich zieht, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. o und Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG sowie aus Art. 5 Abs. 1, Art. 7 und Art. 8 der Richtlinie 89/662/EWG verstoßen hat.

b) Dem ist hinzuzufügen, dass die Beklagte die Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG über mehrere Jahre nicht in das nationale Recht umgesetzt hat, so dass die für den Vollzug zuständigen innerstaatlichen Behörden der Länder ihre Kontrollen - deren Umfang im Einzelnen streitig ist - auf einer mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbaren Grundlage wahrnahmen. So sah § 17 Abs. 1 der Fleischhygieneverordnung (FlHV) in der Fassung vom (BGBl. I S. 2066) über den - das Datum der in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 91/497/EWG geforderten Umsetzung - hinaus vor, dass frisches Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen mit einem Schlachtgewicht über 40 kg weder eingeführt noch sonst in den Geltungsbereich der Verordnung verbracht werden durfte. Hiervon waren nach § 17 Abs. 2 FlHV nur Schlachtkörper über 40 kg aus Mitgliedstaaten ausgenommen, die unter besonderer Kennzeichnung unmittelbar aus Schlachtbetrieben in Freibankbetriebe oder nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 FlHV zugelassene Verarbeitungsbetriebe verbracht wurden. Die Ausnahme nach § 17 Abs. 2 FlHV wurde durch Art. 82 des EWR-Ausführungsgesetzes vom (BGBl. I S. 512), gültig ab , nur dahin erweitert, dass auch Schlachtkörper über 40 kg aus anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum mit Ausnahme von Island und Norwegen unter besonderer Kennzeichnung in Freibankbetriebe oder nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 FlHV zugelassene Verarbeitungsbetriebe verbracht werden durften.

In § 17 Abs. 1 FlHV in der Fassung vom (BGBl. I S. 327) blieb das Einfuhrverbot von frischem Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen (unter Wegfall der Gewichtsgrenze, also grundsätzlich in einem weiteren Umfang) aufrecht erhalten. Abweichend durfte jedoch nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 FlHV das frische Fleisch aus anderen Mitgliedstaaten oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum mit Ausnahme von Island verbracht werden, wenn es mit einem geeigneten Immunoenzymtest oder einer gaschromatographischen Methode auf 5-alpha-Androstenon untersucht und die Höchstmenge von 0,5 µg/g Fett dabei nicht überschritten worden war. Diese Ausnahmeregelung entsprach im Wesentlichen der Verlautbarung der Beklagten vom . In der seit dem gültigen Fassung vom (BGBl. I S. 2120; vgl. auch Bekanntmachung der Neufassung vom , BGBl. I S. 1138) wurde die Ausnahmeregelung dahin gelockert, dass nicht mehr eine bestimmte Untersuchungsmethode, sondern lediglich ein geeigneter Test verlangt wurde, wobei es aber weiterhin auf den gleichen Grenzwert ankam. Die Änderungsverordnungen vom (BGBl. I S. 2665) und (BGBl. I S. 2786) beließen es bei diesem Rechtszustand. Erst durch die Änderungsverordnung vom (BGBl. I S. 498), gültig ab , wurde das Importverbot für frisches Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen auf Tiere mit einem Gewicht des Tierkörpers von über 80 kg aus anderen Mitgliedstaaten oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beschränkt (§ 17 Abs. 1 Nr. 1d FlHV) und als Ausnahme hierzu die Einfuhr gestattet, wenn der Herkunftsschlachtbetrieb durch Anwendung einer von der zuständigen Behörde anerkannten Methode sicherstellt, dass Tierkörper mit starkem Geschlechtsgeruch festgestellt werden können (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 FlHV). Dies entsprach den Anforderungen in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii der Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG.

c) Der Senat hält es für zweifelhaft, ob sich aus den genannten Richtlinien Rechte der Produzenten und Vermarkter von Schweinefleisch ergeben. Die auf Art. 43 EGV (= Art. 37 EG) gestützte Richtlinie 89/662/EWG bezweckt zur Verwirklichung des Binnenmarkts eine Verlagerung der grundsätzlich dem Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier dienenden Kontrollen im Veterinärbereich von den Binnengrenzen in den Versandmitgliedstaat. Das führt zwar - auch mit Rücksicht auf die Harmonisierung der Anforderungen - zu einer gewollten Förderung der Entfaltung von Grundfreiheiten. Über diese den Warenverkehr begünstigende Wirkung hinaus lässt sich nach Auffassung des Senats nicht feststellen, dass den Produzenten und Vermarktern von landwirtschaftlichen Erzeugnissen durch die Richtlinie Rechte verliehen würden, die darüber hinausgehen, sich nach Maßgabe innerstaatlicher Rechtsbehelfe gegen eine gemeinschaftsrechtswidrige Kontrolle zur Wehr zu setzen.

Auch soweit es um die ebenfalls auf Art. 43 EGV gestützte Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der allgemein auf den Gründungsvertrag gestützten Richtlinie 91/497/EWG geht, steht die Einführung eines harmonisierten Systems gesundheitsbehördlicher Kontrollen im Vordergrund, das neben dem Schutz der Gesundheit unter Einbeziehung der Richtlinie 89/662/EWG auch die Gleichbehandlung der Waren gewährleistet (vgl. Slg. 1998, I-6890, 6901 Rn. 26). Dass sich aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. o der Richtlinie 64/433/EWG, der genussuntaugliches Fleisch vom Markt fernhalten will, ein Recht des Produzenten oder Vermarkters ergeben könnte, erscheint dem Senat ausgeschlossen. Mittelbar kann man allerdings Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii entnehmen, dass das Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen unter den dort genannten Voraussetzungen als frisches Fleisch vertrieben werden darf und weder einer Kennzeichnung bedarf noch einer Hitzebehandlung zu unterziehen ist. Der Gesamtzusammenhang der Vorschriften, die sich auf die Ausgestaltung der Kontrollen beziehen, spricht aus der Sicht des Senats jedoch eher gegen eine Verleihung von Rechten an Erzeuger und Vermarkter landwirtschaftlicher Produkte.

Der näheren Klärung der angesprochenen Gesichtspunkte dient die erste Vorlagefrage.

d) Auch wenn die genannten Richtlinien den Schweinezüchtern und Schlachthofgesellschaften keine Rechte verleihen sollten, hält es der Senat in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen für möglich, dass sie sich zur Begründung eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf die Verletzung der Warenverkehrsfreiheit (Art. 30 EGV = Art. 28 EG) berufen können. Die Revision hält zwar eine Heranziehung von Vorschriften des Primärrechts für unzulässig, wenn - wie hier - für einen bestimmten Rechtsbereich das Gemeinschaftsrecht durch Sekundärrecht harmonisiert ist. Richtig ist, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften verschiedentlich ausgesprochen hat, für die Frage, ob ein Mitgliedstaat seine Verpflichtungen aus Art. 189 Abs. 3 EGV (= Art. 249 Abs. 3 EG) erfüllt habe, komme es ausschließlich auf den Gehalt der Richtlinie an und nicht auf das Primärrecht (vgl. nur - Vanacker und Lesage - Slg. 1993, I-4975, 4978 Rn. 9; vom - Rs. C 427/93 u.a. - Bristol-Myers Squibb u.a. - Slg. 1996, I-3514, 3527 Rn. 25; allgemein zur Prüfung am Maßstab des harmonisierenden Rechts Urteil vom - Rs. C 324/99 - DaimlerChrysler - Slg. 2001, I-9918, 9930, 9933 Rn. 32, 44). Daraus folgt nach Auffassung des Senats indes nicht, dass man sich nicht auf eine Verletzung von Art. 30 EGV berufen dürfe, wenn das harmonisierende Recht nicht richtig umgesetzt wird. Erfüllt der Mitgliedstaat das harmonisierende und damit mögliche Grundfreiheiten näher konkretisierende und ausgestaltende Gemeinschaftsrecht, ist er seinen Verpflichtungen nachgekommen. Ihm kann dann nicht vorgeworfen werden, er habe die Grundfreiheiten nicht ausreichend beachtet. Lässt er es jedoch - wie hier - gerade an einer Umsetzung fehlen, so dass die die Grundfreiheiten fördernden harmonisierenden Schritte nicht verwirklicht werden, verletzt er zugleich die betroffene Grundfreiheit, mögen sich aus den Richtlinien auch keine Rechte Einzelner ergeben. Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, bei Fehlen einer harmonisierenden Regelung hätte sie sich mit ihren Maßnahmen im Rahmen des Art. 36 EGV (= Art. 30 EG) gehalten. Mit diesen Überlegungen wird der die Warenverkehrsfreiheit fördernde und Maßnahmen nach Art. 36 EGV begrenzende Inhalt der hier in Rede stehenden Richtlinien verkannt.

Soweit der Senat sieht, hält auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Kommission und des Generalanwalts (vgl. Slg. 1998, I-6873, 6878, 6886 ff Rn. 5, 14, 16) - eine Überprüfung am Maßstab des Art. 30 EGV für zulässig (vgl. aaO S. 6902 Rn. 30). Um letzte Zweifel zu beseitigen, die sich daraus ergeben, dass der Gerichtshof insoweit keine Vertragsverletzung festgestellt hat, wird die zweite Vorlagefrage gestellt. An ihrer Beantwortung besteht aus Sicht des Senats wegen ihrer weiterreichenden allgemeinen Bedeutung auch dann ein erhebliches Interesse, wenn der Gerichtshof die Verleihung von Rechten aufgrund der genannten Richtlinien annehmen sollte.

2. Ist davon auszugehen, dass durch die Schreiben der Beklagten vom 18. und und die verspätete Umsetzung der Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG verliehene Rechte der Produzenten und Vermarkter verletzt worden sind, kommt dem Grunde nach eine Haftung der Beklagten aus dem gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch in Betracht. Denn der Senat hätte keine Zweifel, dass es sich insoweit um einen qualifizierten Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht handeln würde, auf dem der von der Klägerin behauptete Schaden beruht.

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat entschieden, die Mitgliedstaaten hätten die Folgen eines verursachten Schadens, für den sie nach dem Gemeinschaftsrecht einzustehen hätten, im Rahmen ihres nationalen Haftungsrechts zu beheben. Mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung sei es Sache der nationalen Rechtsordnung, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und das Verfahren für die Klagen auszugestalten, die den vollen Schutz der dem Einzelnen aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenen Rechte gewährleisten sollen. Dabei dürften die im Schadensersatzrecht der einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger sein als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen (Grundsatz der Gleichwertigkeit), und nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Erlangung einer Entschädigung praktisch unmöglich machten oder übermäßig erschwerten (Grundsatz der Effektivität; vgl. und C-9/90 - Francovich - Slg. 1991, I-5403, 5415 f Rn. 42, 43; vom - Rs. C-46/93 und C-48/93 - Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996, I-1131, 1153, 1155, 1157 Rn. 67, 74, 83; vom - Rs. C-261/95 - Palmisani - Slg. 1997, I-4037, 4046 Rn. 27). Da es an einer unmittelbar anzuwendenden Verjährungsvorschrift im Gemeinschaftsrecht fehlt - die Regelung des Art. 46 (= Art. 43 a.F.) der Satzung der Gerichtshofs betrifft die aus außervertraglicher Haftung der Gemeinschaften hergeleiteten Ansprüche -, ist die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede nach nationalem Recht zu prüfen.

a) Nach der zum in Kraft getretenen Neuregelung des Verjährungsrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom (BGBl. I S. 3138) beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre (§ 195 BGB). Einer längeren Verjährungsfrist unterliegen Rechte an einem Grundstück (§ 196 BGB) und sonstige, in § 197 BGB aufgeführte Ansprüche, um die es vorliegend nicht geht. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Dieser regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen z.B. Amtshaftungsansprüche nach nationalem Recht wegen amtspflichtwidrigen Verhaltens eines Beamten im haftungsrechtlichen Sinn (§ 839 BGB), für die die öffentliche Hand nach Art. 34 GG zu haften hat, und Entschädigungsansprüche aus dem richterrechtlich entwickelten Institut des enteignungsgleichen Eingriffs; auch der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch verjährt nach dieser Regelung. Der Senat hat keine Bedenken, dass diese Regelung den oben (vor a) wiedergegebenen Anforderungen gerecht wird, die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Ausgestaltung der Folgen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs an das nationale Recht gerichtet hat. Dies gilt insbesondere auch für die Dauer der Verjährungsfrist, die zwar hinter der in Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs zurückzubleiben scheint, aber angesichts ihres kenntnisabhängigen Laufs dem Geschädigten eine ausreichende Zeit gibt, seine Ansprüche geltend zu machen.

b) Für die Frage, ob die Ansprüche der Klägerin im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits verjährt waren, ist nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 EGBGB jedoch das frühere Recht anzuwenden. Nach diesem Recht betrug die regelmäßige Verjährungsfrist 30 Jahre (§ 195 BGB a.F.). Diese Regelung war gesetzlich durch eine Reihe von Ausnahmetatbeständen zwei- und vierjähriger Fristen durchbrochen. Für Amtshaftungsansprüche richtete sich die Verjährung nach § 852 Abs. 1 BGB a.F., einer verjährungsrechtlichen Sondervorschrift aus dem Recht der unerlaubten Handlungen, an der sich im Wesentlichen die Regelverjährung nach neuem Recht orientiert hat. Denn diese Ansprüche verjährten grundsätzlich in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangte. Demgegenüber verjährten Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff - von landesrechtlichen Besonderheiten abgesehen - in der regelmäßigen Frist von 30 Jahren (vgl. Senatsurteil BGHZ 117, 287, 294).

aa) In welcher Frist der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch verjährt, ist bisher höchstrichterlich nicht entschieden worden. Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, nach der Entwicklung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hierfür besondere Regelungen vorzusehen, und hat die Frage der Rechtspraxis überlassen. Probleme sind deswegen - soweit ersichtlich - noch nicht aufgetreten. So wird es etwa als selbstverständlich angesehen, dass die Spruchkörper, die mit Amtshaftungssachen befasst sind, auch über den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch befinden.

bb) Die Klägerin meint, mangels einer speziellen Verjährungsregelung für den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch unterliege dieser unmittelbar der Regelverjährung von 30 Jahren. Dies sei im Übrigen auch deshalb sachgerecht, weil er sich von der Amtshaftung, bei der das schuldhafte Fehlverhalten eines einzelnen Beamten im Mittelpunkt der Beurteilung stehe und die Haftung auf den Staat nur übergeleitet werde, grundlegend unterscheide und eine größere Nähe zu den Ansprüchen aus enteignungsgleichem Eingriff aufweise, bei denen es um eine Entschädigung für rechtswidrige Eingriffe in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition gehe.

cc) Nach Auffassung des Senats ist die Verjährungsregelung des § 852 Abs. 1 BGB a.F. auch auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch anzuwenden. Das entspricht auch der überwiegenden Meinung in der Fachliteratur (vgl. Maurer, in: Festschrift für Boujong, 1996, S. 591, 606; Streinz/Leible, ZIP 1996, 1931, 1938; Huff, NJW 1996, 3190, 3191; Deckert, EuR 1997, 203, 233; Hidien, Die gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung der EU-Mitgliedstaaten, 1999, S. 71; Berg, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2000, Art. 288 EGV Rn. 94; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 288 EG-Vertrag Rn. 58; Gellermann, in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 288 EGV Rn. 56; Mankowski, in: Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 2. Aufl. 2003, § 37 Rn. 131; Schulze, in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2005, Kapitel 16 Rn. 47; für eine analoge Anwendung des Art. 46 [= Art. 43 a.F]. der Satzung des Gerichtshofs Prieß, NVwZ 1993, 118, 124; Detterbeck, VerwArch 85 [1994], 159, 190 f; Detterbeck/Windthorst/Sproll, Staatshaftungsrecht, 2000, § 6 Rn. 79; vom Stein, in: Anwaltkommentar BGB, 2005, § 839 Rn. 37; wohl auch Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. 1998, S. 520). Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, wie man das dogmatische Verhältnis beider Ansprüche zueinander betrachtet, ob etwa der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch nur gemeinschaftsrechtlich geforderte Mindestvoraussetzungen in einem einheitlichen Haftungssystem bestimmt oder ob es sich um zwei Ansprüche handelt, die in ihren Voraussetzungen und Folgen unabhängig voneinander sind (zu Unterschieden und Gemeinsamkeiten der Ansprüche in der Rechtsprechung des Senats vgl. Dörr, DVBl. 2006, 598 ff). Aus der Sicht des Senats spricht für eine Anwendung der Verjährungsregelung für Amtshaftungsansprüche zum einen das Rechtsschutzziel: der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch zielt - anders als der enteignungsgleiche Eingriff - auf einen vollständigen Schadensausgleich. Zum anderen bestehen, insbesondere wenn es - wie im Regelfall - um die Beurteilung behördlichen Verhaltens geht, weitgehende Parallelen, da es zu den Amtspflichten der nationalen Behörden gehört, das Gemeinschaftsrecht zu beachten. Ginge es daher vorliegend um die Rechtmäßigkeit von konkreten Kontrollmaßnahmen, könnten ohne weiteres die Haftungsvoraussetzungen sowohl für den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch als auch den nationalen Amtshaftungsanspruch erfüllt sein. Der Senat hält es deshalb für nicht sachgerecht, in Fällen legislativen Unrechts, in denen es an der für Amtshaftungsansprüche erforderlichen Verletzung einer gegenüber einem Dritten bestehenden Amtspflicht fehlt, und deshalb lediglich eine Haftung unter den Voraussetzungen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs in Betracht kommt, eine vom Amtshaftungsrecht abweichende Verjährungsfrist anzuwenden.

Der Senat verkennt nicht, dass das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften es in ständiger Rechtsprechung abgelehnt hat, wegen der Verjährung im Gemeinschaftsrecht wurzelnder Ansprüche auf Rückzahlung rechtswidrig gewährter Beihilfen oder Zuschüsse im Wege der Analogie Vorschriften des nationalen Rechts oder für andere Sachverhalte einschlägige gemeinschaftsrechtliche Vorschriften heranzuziehen, weil eine Verjährungsfrist vom Gemeinschaftsgesetzgeber grundsätzlich im voraus festgelegt werden müsse, um ihre Aufgabe, die Rechtssicherheit zu gewährleisten, erfüllen zu können (vgl. und T-127/96, Slg. 1998, II-3442, 3462 f Rn. 67, 68; vom - Rs. T-137/01, Slg. 2003, II-3106, 3140 f Rn. 122, 123). Diese Rechtsprechung, die die Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Normen betrifft, kann jedoch nach Auffassung des Senats nicht auf die Verjährung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs übertragen werden, den der Gerichtshof in seinen Voraussetzungen entwickelt und für dessen Folgen er auf das nationale Recht verwiesen hat. Der Senat sieht daher - vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - keine Rechtssätze des Gemeinschaftsrechts, die die Befugnis der nationalen Gerichte beschränken könnten, im Wege der Auslegung, die die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Gleichwertigkeit und der Effektivität beachtet, zur entsprechenden Anwendung der für die Amtshaftung geltenden Verjährungsvorschriften zu gelangen.

c) Geht man von der dreijährigen Frist des § 852 Abs. 1 BGB a.F. für die Verjährung der Ansprüche der Klägerin aus, kommt es im Weiteren auf deren Beginn und etwaige Hemmungs- oder Unterbrechungstatbestände an.

aa) Grundsätzlich beginnt die Verjährungsfrist mit der Kenntnis des Geschädigten vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen. Soweit es um den hier geltend gemachten Schaden geht, der sich daraus ergeben soll, dass die Vermarktung nicht kastrierter männlicher Schweine höhere Erlöse erbracht hätte als die tatsächliche Vermarktung kastrierter Schweine, ergibt sich aus dem gesamten Vorbringen der Klägerin über das Male-Pig-Projekt und dessen alsbaldige Drosselung und nahezu vollständige Einstellung, dass die Beteiligten bereits im Jahr 1993 Kenntnis von den Schäden erlangten, die ihnen entstanden waren bzw. entstehen würden, wenn sie, um Verluste auf einem bedeutsamen Markt zu vermeiden, zur Vermarktung kastrierter Schweine zurückkehrten. Prinzipiell war ihnen auch bekannt, dass dies auf den Verlautbarungen der Beklagten beruhte, die angekündigt hatte, die Richtlinie 64/433/EWG nicht in der vorgeschriebenen Form umsetzen zu wollen. Sie hatten auch von entsprechenden Kontrollmaßnahmen der Landesbehörden Kenntnis.

Für den Bereich der Amtshaftung genügt es im Allgemeinen, dass der Geschädigte die tatsächlichen Umstände kennt, die eine schuldhafte Amtspflichtverletzung als nahe liegend, eine Amtshaftungsklage - sei es auch nur als Feststellungsklage - mithin als so aussichtsreich erscheinen lassen, dass dem Verletzten die Erhebung der Klage zugemutet werden kann (vgl. Senatsurteil BGHZ 122, 317, 325). Dagegen setzt § 852 Abs. 1 BGB a.F. aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich nicht voraus, dass der Geschädigte aus den ihm bekannten Tatsachen auch die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Allerdings kann Rechtsunkenntnis im Einzelfall bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage den Verjährungsbeginn hinausschieben (vgl. Senatsurteil BGHZ 150, 172, 186 m.w.N.).

So liegt es hier. Der Senat hält für das Jahr 1993, als die Klägerin Kenntnis vom eingetretenen und absehbaren Schaden erlangte, mit dem Berufungsgericht die Rechtslage, soweit es um den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch geht, noch für so unsicher und zweifelhaft, dass der Klägerin die Erhebung einer Klage nicht zumutbar war. Zwar hätten sich mit dem Export befasste Unternehmen im Wege des Primärrechtsschutzes gegen ungerechtfertigte Kontrollmaßnahmen und Zurückweisungen von Lieferungen bereits damals zur Wehr setzen können. Die Voraussetzungen, unter denen gegen im Kern legislatives Unrecht, wie es in den Verlautbarungen des Bundesministers für Gesundheit angekündigt wurde, Schadensersatz zu erlangen war, waren indes zu diesem Zeitpunkt noch nicht hinreichend geklärt. Zwar hatte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bereits in seinem Urteil vom (Rs. C-6/90 und C-9/90 - Francovich - Slg. 1991, I-5403, 5413 ff Rn. 31 bis 40) die Grundlagen und Voraussetzungen für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch näher umschrieben. Das Urteil, das den Fall einer nicht umgesetzten Richtlinie betraf, mit der Einzelnen Rechte verliehen wurden, ließ jedoch noch einige Fragen offen, die Gegenstand des Vorlagebeschlusses des Senats vom gewesen sind und den Klärungsbedarf auch für die hier vorliegende Fallkonstellation belegten (III ZR 127/91 - NVwZ 1993, 601; vgl. auch die Wiedergabe im Senatsurteil BGHZ 134, 30, 34). Der Senat ist daher der Auffassung, dass es der Klägerin erst im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom (Rs. C-46/93 und C-48/93 - Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996, I-1131) zumutbar war, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Denn durch dieses Urteil wurde geklärt, dass auch in Fällen legislativen Unrechts eine Ersatzpflicht eintritt, die nicht auf Schäden an bestimmten individuellen Rechtsgütern beschränkt ist, den entgangenen Gewinn mit einschließt und Zeiträume erfassen kann, die vor Erlass eines Urteils liegen, mit dem der Gerichtshof einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht feststellt. Billigt man der Klägerin eine Frist von drei Monaten zu, um die Auswirkungen der genannten Entscheidung auf ihre Situation zu überprüfen, wäre ihr daher Mitte des Jahres 1996 die Erhebung einer Schadensersatzklage zuzumuten gewesen.

bb) Demgegenüber teilt der Senat nicht die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin hätte, nachdem zwischenzeitlich die Klage der Kommission gegen die Beklagte beim Gerichtshof anhängig gewesen sei, den Ausgang dieses Verfahrens abwarten dürfen, ohne Auswirkungen auf die Verjährung ihres Anspruchs gewärtigen zu müssen.

Der Beginn des Laufs der Verjährungsfrist hängt nach § 852 Abs. 1 BGB a.F. allein von der Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen ab. Dann ist er in der Regel in der Lage, eine - die Verjährung unterbrechende (oder nach neuem Recht hemmende) - hinreichend aussichtsreiche und ihm daher zumutbare Klage zu erheben (vgl. BGHZ 102, 246, 248; Senatsurteile BGHZ 122, 317, 324 f; BGHZ 138, 247, 252). Risikolos muss eine solche Klage nicht sein, um dem Geschädigten zugemutet werden zu können. Deswegen hat es auf den Lauf der Verjährungsfrist grundsätzlich keinen Einfluss, wenn bestimmte Fragen in einem Parallelverfahren - dort vielleicht schon in der Revisionsinstanz - ebenfalls zu beantworten sind und der Geschädigte den Ausgang eines solchen Verfahrens abwarten möchte. Will er unter solchen Umständen den Ablauf der Verjährung vermeiden, muss er einen Verzicht des Gegners auf die Einrede der Verjährung herbeiführen oder mit ihm ein "pactum de non petendo" schließen (vgl. etwa Senatsurteil vom - III ZR 7/97 - NJW 1998, 2274, 2276 f).

Unberührt hiervon bleibt freilich eine Klage des Geschädigten, mit der er sich im Wege des Primärrechtsschutzes gegen die rechtswidrigen staatlichen Maßnahmen selbst wendet. Insoweit kommt der Inanspruchnahme fachgerichtlichen Primärrechtsschutzes im Sinn des § 839 Abs. 3 BGB verjährungsunterbrechende Wirkung analog § 209 Abs. 1, § 211 BGB a.F. auch für den Amtshaftungsprozess zu (vgl. Senatsurteile BGHZ 95, 238, 242; BGHZ 122, 317, 323 f). Dem Vertragsverletzungsverfahren kann indes eine solche Bedeutung nicht beigemessen werden. Auch wenn die Kommission vielfach - wie hier - auf die Beschwerde eines von einem Gemeinschaftsrechtsverstoß Betroffenen hin tätig wird, bleibt es ihrem Ermessen überlassen, ob sie nach der Einleitung der in Art. 226 EG vorgesehenen Schritte Klage vor dem Gerichtshof erhebt. Auch wenn das Rechtsschutzinteresse für ein Vertragsverletzungsverfahren, dessen Streitgegenstand durch die mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission bestimmt wird, nicht dadurch wegfällt, dass der Mitgliedstaat nach Ablauf der gemäß Art. 226 Abs. 2 EG gesetzten Frist den gerügten Mangel behebt, sondern fortbesteht, weil die Grundlage für eine Haftung des Mitgliedstaates geschaffen werden kann (vgl. hierzu - Slg. 1991, I-2596, 2605 Rn. 31), handelt es sich doch um ein objektives Verfahren, das der Einflussnahme möglicher Betroffener entzogen ist und anders als eine vom Betroffenen im Primärrechtsschutz erhobene Klage dem Schädiger nicht vermittelt, mit welchen Schadensersatzansprüchen er nach Abschluss dieses Verfahrens noch zu rechnen hat. Wollte man, wie dies von der Klägerin vertreten wird, einem Vertragsverletzungsverfahren grundsätzlich verjährungsunterbrechende Bedeutung beimessen oder jedenfalls in Fällen, in denen nach nationalem Recht zumutbare Rechtsmittel des Primärrechtsschutzes nicht zur Verfügung stehen, würde dies auf eine Sonderbehandlung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs hinauslaufen, die für vergleichbare Verfahren nach nationalem Recht ohne Parallele wäre und den aus der Sicht des Senats wünschenswerten Gleichlauf der Folgen bei Verstößen gegen das nationale Recht und das Gemeinschaftsrecht stören würde. Nach dem Verständnis des Senats werden ähnliche Fragen auch im Anwendungsbereich des Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs entsprechend gesehen. Denn das Gericht erster Instanz hat in einem Fall außervertraglicher Haftung (Art. 288 Abs. 2 EG) wegen Ungültigkeit einer Norm entschieden, weder den Schwierigkeiten, die mit einer solchen Klage verbunden seien, noch dem Zeitpunkt der Feststellung der Ungültigkeit der Verordnung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften komme für die Klagefrist Bedeutung zu. Vielmehr sei es Sache eines jeden Geschädigten, von den Organen der Gemeinschaft Ersatz zu verlangen oder innerhalb der Frist Klage zu erheben (vgl. - Hartmann - Slg. 1997, II-598, 628 f Rn. 115 f, 118).

Da der Senat jedoch nicht auszuschließen vermag, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften es zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts für erforderlich hält, dass der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch nicht verjähren darf, solange ein Vertragsverletzungsverfahren anhängig ist, bittet er um nähere Klärung im Sinne der dritten Vorlagefrage.

d) Bestehen gegen die Anwendbarkeit des § 852 Abs. 1 BGB a.F. und die Auffassung des Senats, das Vertragsverletzungsverfahren habe auf die Verjährung keinen Einfluss, keine gemeinschaftsrechtlichen Bedenken, kommt in Betracht, dass die an die Klägerin abgetretenen Ansprüche der drei Schlachthofgesellschaften und der mehr als 15.000 Schweinezüchter ganz oder teilweise verjährt sind. Denn im Zeitpunkt der Zustellung des am beantragten Mahnbescheids, die der Erhebung der Klage nach § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. gleichsteht, waren seit Mitte 1996, als der Klägerin die Erhebung einer Schadensersatzklage zumutbar war, mehr als drei Jahre verstrichen.

aa) Wie bereits ausgeführt, knüpft der Lauf der Verjährungsfrist an die Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen an. Dabei genügt es für die Kenntnis des Schadens, dass dem Geschädigten das Vorliegen eines Schadens und das Schadensgeschehen in seinen Grundzügen bekannt sind. Deshalb stellt sich der gesamte aus einer unerlaubten Handlung entstehende Schaden hinsichtlich der Erlangung der Kenntnis als eine Einheit dar und nicht als Summe einzelner selbständiger Schadensfolgen (vgl. BGHZ 67, 372, 373; - NJW 1991, 2833, 2835). Die Kenntnis eines bereits entstandenen Schadens umfasst daher auch die Kenntnis der weiteren nachteiligen Folgen, die im Zeitpunkt der Erlangung der Kenntnis noch nicht eingetreten, aber bei verständiger Würdigung voraussehbar sind (vgl. aaO). Aufgrund dieses Grundsatzes der "Schadenseinheit", der auch in das seit dem geltende Verjährungsrecht übernommen wurde (vgl. BT-Drucks. 14/7052 S. 180 zur Fassung des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB: Anspruch "entstanden" statt "fällig"), spielt es für die Verjährung grundsätzlich keine Rolle, dass sich der hier geltend gemachte Schaden mit jedem der 39 Millionen kastriert aufgezogenen Schweine in der Zeit von 1993 bis 1999 nach und nach verwirklicht und in dem gesamten Zeitraum auf den eingeklagten Betrag summiert haben soll. Insoweit bestehen Unterschiede zum Lauf der Frist des Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs, die ab Eintritt des den Ansprüchen zugrunde liegenden Ereignisses und nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht eher läuft, als die Voraussetzungen der Ersatzpflicht erfüllt sind und sich insbesondere der zu ersetzende Schaden konkretisiert hat (vgl. u.a. - Birra Wührer SpA u.a. - Slg. 1982, 85, 106 Rn. 8, 10; - Hartmann - Slg. 1997, II-598, 626 Rn. 107), so dass bei fortlaufenden Schädigungen, etwa aufgrund einer rechtswidrigen Verordnung, die Verjährungsfrist für jeden kontinuierlich eingetretenen, täglich neu entstandenen Schaden gesondert zu berechnen ist ( aaO S. 631 Rn. 132; vom - Rs. T-222/97 - Steffens - Slg. 1998, II-4177, 4186 Rn. 34).

Vor dem Hintergrund der nationalen Rechtslage vertritt die Beklagte den Standpunkt, die Ansprüche seien insgesamt verjährt, da nach dem Vortrag der Klägerin alle Schadensfolgen auf ihre Verlautbarungen im Januar 1993 und auf die Beanstandungen von dänischem Schweinefleisch im weiteren Verlauf dieses Jahres zurückzuführen seien. Dabei handelt es sich zwar um mehrfache Handlungen, die jede für sich - auch in Bezug auf jeden Zedenten - verjährungsrechtlich gesondert zu betrachten wären. Geht man jedoch davon aus, dass alle Zedenten bereits durch die der Beklagten vorgeworfenen Handlungen betroffen waren, hätte in der Tat prozessual kein Hindernis bestanden, im Jahr 1996 den bereits eingetretenen Schaden einzuklagen und bezüglich des absehbaren künftigen Schadens die Ersatzpflicht der Beklagten feststellen zu lassen.

bb) Das Landgericht hat demgegenüber angenommen, ungeachtet des Grundsatzes der Schadenseinheit sei hier zu berücksichtigen, dass der geltend gemachte Schaden nicht allein auf eine abgeschlossene Handlung im Jahr 1993 zurückzuführen sei, sondern auch auf das weitere Verhalten der Beklagten, die es über mehrere Jahre schuldhaft unterlassen habe, den gemeinschaftswidrigen Zustand, den sie mit den Verlautbarungen im Januar 1993 und der Nichtumsetzung der Richtlinie 64/433/EWG geschaffen habe, wieder zu beseitigen.

Daran ist richtig, dass mehrere unerlaubte Handlungen, auch soweit sie sich in gleichartiger Weise wiederholen, zu einer gesonderten verjährungsrechtlichen Betrachtung führen, weil jede Verletzungshandlung eine neue Schädigung und einen neuen Schadensersatzanspruch erzeugt (vgl. BGHZ 71, 86, 94; Senatsurteile BGHZ 97, 97, 110; BGHZ 98, 77, 83; vom - III ZR 224/01 - NJW 2003, 1308, 1313). Dabei bewirkt der Umstand, dass die wiederholten schadenstiftenden Handlungen möglicherweise Ausfluss eines einheitlichen Entschlusses sind, nicht, dass die Verjährung erst mit der letzten unerlaubten Handlung für alle beginnt. Denn strafrechtliche Begriffe, wie der der natürlichen Handlungseinheit oder der fortgesetzten Handlung, sind für die Verjährung deliktischer Ansprüche nicht maßgebend (vgl. BGHZ 71, 86, 94; Senatsurteil vom aaO).

Geht man daher davon aus, dass auch die weitere Unterlassung der Umsetzung der Richtlinie 64/433/EWG, zu der die Beklagte gemeinschaftsrechtlich verpflichtet war (Art. 249 Abs. 3 EG), einer Handlung gleichzustellen ist und der Verzicht der dänischen Schlachthofgesellschaften und Schweinezüchter auf die Vermarktung unkastrierter männlicher Schweine unmittelbar im Sinn des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf diesen Unterlassungen beruht, wurden auch in der Folgezeit bis 1999 Schadensersatzansprüche begründet, die einer eigenen Verjährung unterliegen konnten. Danach wäre die Auffassung des Landgerichts, bei Annahme einer dreijährigen Verjährungsfrist seien alle Ansprüche verjährt, die bis zum entstanden seien, nicht zu beanstanden. Das stünde auch - im praktischen Ergebnis - mit der Auslegung und Anwendung des Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs im Einklang.

cc) Das Berufungsgericht sieht in dem Verhalten der Beklagten eine bis zur Herstellung einer gemeinschaftsrechtskonformen innerstaatlichen Rechtslage andauernde Dauerhandlung, für deren Folgen die Verjährung erst mit dem Ende der Verletzungshandlung beginne.

Im Ausgangspunkt wird in Rechtsprechung und Literatur angenommen, dass bei einer (einheitlichen) Dauerhandlung die Verjährung erst mit deren Beendigung beginnt (vgl. - NJW 1973, 2285; RG JW 1932, 938, 939; OLG Frankfurt, VersR 1989, 260, 261 bei einer auf falscher Anschuldigung beruhenden Inhaftierung; Stein, in: MünchKomm-BGB, 3. Aufl. 1997, § 852 Rn. 23; Grothe, in: MünchKomm-BGB, 4. Aufl. 2001, § 198 Rn. 4; Staudinger/Peters, BGB, Neubearb. 2004, § 199 Rn. 21; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. 2006, § 199 Rn. 21), wobei insoweit darauf abgestellt wird, dass der deliktische Eingriff bis zur Beendigung der Handlung fortdauere. Die Abgrenzung zu einer wiederholten Handlung, deren Verjährung sich nach den zu bb) genannten Maßstäben richtet, ist jedoch praktisch kaum möglich (in diesem Sinn auch Grothe, in: MünchKomm-BGB, aaO und Bd. 1a, 4. Aufl. 2003, § 199 Rn. 13; Staudinger/Peters aaO). Weil eine Dauerhandlung sich häufig aus sie unterstützenden Einzelakten zusammensetzt, aus denen jeweils Ansprüche hergeleitet werden können, hat sie in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine eher theoretische Bedeutung erlangt: Im Allgemeinen ist in den zugrunde liegenden Fällen ein wiederholtes, selbständige verjährungsrechtliche Folgen auslösendes Verhalten angenommen und eine Dauerhandlung abgelehnt (vgl. - NJW 1985, 1023, 1024; vom - I ZR 203/96 - GRUR 1999, 751, 754; in der Sache - GRUR 1972, 558, 560 ging es um einen Beseitigungsanspruch; vgl. auch RGZ 106, 283, 286; RGZ 134, 335, 340 f) oder deren Vorliegen offen gelassen worden (vgl. - NJW-RR 2002, 1256, 1257).

Diese Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen auch in der vorliegenden Sache. Es ist eine Frage des Blickwinkels, ob man in der Fortdauer einer Rechtslage, die seit Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie 64/433/EWG nicht mehr mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stand, eine - in einer Unterlassung bestehende - Dauerhandlung sieht oder ob man die verschiedenen Versuche einer Änderung der Fleischhygieneverordnung (s. oben 1 b), die allerdings über mehrere Jahre unzureichend blieben, als selbständige Handlungen bewertet, die zu einer Wiederholung oder Fortdauer weiterer gleichartiger Schäden führten.

Für die Auslegung des nationalen Rechts geht der Senat wie das Landgericht von mehrfachen, wiederholten Handlungen aus. Hierfür spricht nicht nur eine natürliche Betrachtungsweise, sondern auch der Umstand, dass die gedankliche Konstruktion einer Dauerhandlung mit der Nichtumsetzung der Richtlinie nur ein - wenngleich wichtiges - Element des Geschehens herausgreift, zu dem auch die - im Einzelnen streitige - Kontrollpraxis der Landesbehörden im Vollzug der Rechtslage nach der Fleischhygieneverordnung gehört. Ein Bedürfnis für eine andere Betrachtungsweise ist nicht geboten. Vielmehr sprechen Sinn und Zweck der dem materiellen Recht zugeordneten Regeln über die Verjährung, die durch den Gedanken des Schuldnerschutzes sowie des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit gekennzeichnet sind, gegen ein Hinausschieben des Verjährungsbeginns, weil die Voraussetzungen, gegen den Ersatzpflichtigen klageweise vorzugehen, schon zu einem früheren Zeitpunkt gegeben sind.

Ob das Gemeinschaftsrecht eine andere Beurteilung erfordert, ist dem Senat nicht gewiss. Die Klägerin vertritt diese Auffassung unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom (Rs. C-208/90 - Emmott - Slg. 1991, I-4292). In dieser Rechtssache hat der Gerichtshof entschieden, ein Mitgliedstaat könne sich bis zum Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Umsetzung einer Richtlinie nicht auf die Verspätung einer Klage berufen, die ein Einzelner zum Schutz der ihm durch die Bestimmungen dieser Richtlinie verliehenen Rechte gegen ihn erhoben habe; die Klagefrist des nationalen Rechts könne erst zu diesem Zeitpunkt beginnen (vgl. EuGH aaO S. 4299 Rn. 21 bis 23). Ob die Grundsätze dieser Entscheidung auf die Verjährung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs zu übertragen sind, erscheint dem Senat nicht selbstverständlich. Zum einen würde dies generell wohl schon voraussetzen, dass die hier in Rede stehenden Richtlinien den Produzenten und Vermarktern von Schweinefleisch Rechte verleihen (s. oben 1 c und die erste Vorlagefrage). Zum anderen betrifft das Urteil in der Rechtssache Emmott unmittelbar die Gewährung der durch die Richtlinie verliehenen Rechte. Dass für die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichtumsetzung der Richtlinie dasselbe gelten müsste, hält der Senat nicht für zwingend, zumal die Voraussetzungen für einen gemeinschaftsrechtlichen Schadensersatzanspruch durch das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Brasserie du Pêcheur allgemein geklärt waren und die Vertragsverletzung der Beklagten durch das Urteil vom (Rs. C-102/96 - Slg. 1998, I-6890) feststand. Zur Durchsetzung der sekundärrechtlichen Ansprüche der Klägerin bedurfte es - anders als für die Wahrnehmung verliehener Rechte - einer Umsetzung der Richtlinie also nicht.

Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ein Hinausschieben des Verjährungsbeginns bis zur Umsetzung der Richtlinie 64/433/EWG gebieten. Die Klägerin hat zwar auf die Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano vom in der Rechtssache C-226/03 P (Slg. 2004, I-11423) hingewiesen, in denen dieser im Zusammenhang mit verschiedenen unzutreffenden Angaben im Rahmen einer Zuschussgewährung ausgeführt habe, der Grundsatz, dass die Verjährungsfrist Rechtssicherheit gewährleiste, schütze diejenigen, die gegen eine Verpflichtung aus dem Gemeinschaftsrecht verstoßen hätten, nur dann, wenn der Verstoß beendet werde, nicht aber, wenn sie sich in einer Position fortdauernder Rechtswidrigkeit befänden (vgl. aaO S. 11435 Rn. 51 bis 53). Dem hat sich der Gerichtshof in seinem Urteil vom (Slg. 2004, I-11440, 11458 Rn. 17 f) angeschlossen. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die Klägerin sich auf diese Rechtsausführungen deshalb nicht unmittelbar beziehen kann, weil es in der angeführten Sache um die Auslegung und Anwendung einer Gemeinschaftsverordnung ging, nach deren ausdrücklicher Bestimmung der Beginn der Verjährungsfrist sowohl bei andauernden als auch bei wiederholten Unregelmäßigkeiten auf den Tag hinausgeschoben wird, an dem die Unregelmäßigkeit beendet wird (vgl. Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung [EG, Euratom] Nr. 2988/95 des Rates vom über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften - ABl.EG Nr. L 312 S. 1). Hier geht es indes um eine prinzipiell den nationalen Gerichten vorbehaltene Auslegung nationaler Verjährungsvorschriften, die auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch anzuwenden sind.

Aus der Sicht des Senats spricht gegen eine Übernahme der Grundsätze aus dem Urteil in der Rechtssache Emmott auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch, dass auch der Gerichtshof in späteren Urteilen hervorgehoben hat, die Entscheidung in der Rechtssache Emmott sei durch die besonderen Umstände dieses Falls gerechtfertigt gewesen, weil der Klägerin durch den Ablauf der Klagefrist jede Möglichkeit genommen worden sei, ihren auf die Richtlinie gestützten Anspruch auf Gleichbehandlung geltend zu machen (vgl. - Stehenhorst-Neerings - Slg. 1993, I-5497, 5503 Rn. 19; vom - Rs. C-410/92 - Johnson - Slg. 1994, I-5501, 5510 Rn. 25 f; vom - Rs. C-114/95 und C-115/95 - Texaco und Olieselskabet Danmark - Slg. 1997, I-4267, 4287 Rn. 47, 48; vom - Rs. C-188/95 - Fantask - Slg. 1997, I-6820, 6839 Rn. 51). So hat es der Gerichtshof in der Rechtssache Fantask ausdrücklich gebilligt, dass sich die dänische Regierung, die auf Erstattung richtlinienwidriger Abgaben in Anspruch genommen wurde, auf die vom Zeitpunkt der Fälligkeit an laufende fünfjährige nationale Verjährungsfrist berief (Urteil Fantask aaO S. 6839 Rn. 52). Auch in der Rechtssache Texaco hat er entschieden, dass das Gemeinschaftsrecht es nicht verbietet, dass die nationale Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Erstattung gemeinschaftswidriger Abgaben zu einem früheren Zeitpunkt als dem der Abschaffung dieser Abgaben beginnt (Urteil Texaco aaO S. 4287 Rn. 49).

Da der Senat nicht mit hinreichender Sicherheit einzuschätzen vermag, ob der Gerichtshof ein Hinausschieben des Beginns der Verjährungsfrist bis zur Umsetzung der Richtlinie für geboten hält, bittet er um Beantwortung der vierten Vorlagefrage. An ihrer Beantwortung besteht, da sie sich in allen Fällen von Umsetzungsfehlern bei Richtlinien stellen kann, ein allgemeines Interesse.

3. Die Parteien streiten schließlich noch darüber, ob Ansprüche der Klägerin nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen sind. Nach dieser Bestimmung tritt die Ersatzpflicht bei einer Amtspflichtverletzung nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Die Beklagte meint in diesem Zusammenhang, es komme nicht allein auf das Verhalten der Klägerin bzw. der dänischen Schweinezüchter und Schlachthofgesellschaften an, sondern auch auf das der mit dem Import und Export befassten Unternehmen wie der mit der Klägerin verbundenen Firma E. -F. , die jeweils gegen Beanstandungen Rechtsschutz hätten in Anspruch nehmen können. Demgegenüber ist die Klägerin unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofs vom (Rs. C-397/98 und C-410/98 - Metallgesellschaft - Slg. 2001, I-1760, 1792 Rn. 106) der Auffassung, § 839 Abs. 3 BGB sei im Hinblick auf den Effektivitätsgrundsatz überhaupt nicht auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch anwendbar. Allenfalls könne beachtlich sein, ob der Anspruch durch ein Mitverschulden gemindert wäre.

Der Senat ist der Auffassung, dass der Effektivitätsgrundsatz bei sachgerechter Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht beeinträchtigt wird. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom (Rs. C-46/93 und C-48/93 - Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996, I-1131, 1157 Rn. 84) entschieden, das nationale Gericht dürfe bei der Bestimmung des ersatzfähigen Schadens prüfen, ob sich der Geschädigte in angemessener Form um die Verhinderung des Schadenseintritts oder um die Begrenzung des Schadensumfangs bemüht und ob er insbesondere rechtzeitig von allen ihm zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch gemacht habe. Dabei hat er auch den Fall eines vollständigen Anspruchsverlusts erwogen (aaO Rn. 85). Deswegen hält der Senat § 839 Abs. 3 BGB auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch grundsätzlich für anwendbar (vgl. BGHZ 156, 294, 297 f m.w.N.). Er hält dies auch für geboten, weil eine andere Handhabung in Fällen eines gemeinschaftswidrigen Verwaltungsvollzugs, der Amtshaftungsansprüche und den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch auslösen kann, das nationale Recht ohne hinreichenden Grund unterlaufen würde. Dies könnte auch die Gefahr auslösen, Fragen der Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu stark in den Schadensersatzprozess zu verlagern, und damit den Einfluss des Gemeinschaftsrechts insgesamt schwächen. Nach dem Verständnis des Senats hat der Gerichtshof seine Rechtsprechung im Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-397/98 und C-410/98 nicht geändert, sondern - im Kern - ausgesprochen, dass der Geschädigte nur auf eine zumutbare Rechtsschutzmöglichkeit verwiesen werden darf, an der es in dem ihm zur Entscheidung stehenden Fall im nationalen Recht fehlte. In der vorliegenden Sache neigt der Senat ebenfalls dazu, dass der Klägerin nicht vorgehalten werden kann, die Exportunternehmen hätten sich nicht gegen etwaige Einfuhrbeschränkungen zur Wehr gesetzt.

Gleichwohl möchte der Senat dem Gerichtshof mit der fünften Vorlagefrage Gelegenheit geben, seine Position im Hinblick auf die wiedergegebene Rechtsprechung zu verdeutlichen. Nach Auffassung des Senats ist es von besonderer Bedeutung, sich im Rahmen einer bestehenden und zumutbaren Möglichkeit des Primärrechtsschutzes auf die Wirkungen des Gemeinschaftsrechts zu berufen, ohne dass die Zumutbarkeit schon deshalb zu verneinen wäre, weil der nationale Richter, was nicht von vornherein zu übersehen ist, die gemeinschaftsrechtlichen Fragen nicht ohne Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften beantworten kann oder weil bereits ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG anhängig ist. Im Übrigen ist dem Senat aus seiner Rechtspraxis bekannt, dass die nationalen Gerichte gerade in Fällen der fehlenden Umsetzung von Richtlinien vielfach in der Lage sind, auch ohne Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Verletzung des Gemeinschaftsrechts festzustellen und Rechtsschutz zu gewähren.

Fundstelle(n):
DB 2008 S. 2111 Nr. 39
XAAAC-19553

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja