BFH Beschluss v. - V B 163/04

Bezeichnung des Inhaltsadressaten und Bekanntgabe des Verwaltungsakts; Darlegung der Divergenz

Gesetze: AO § 119; AO § 122; FGO § 115

Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg Urteil vom 1 K 2514/02

Gründe

I. Am errichtete die Klägerin und Beschwerdeführerin zu 1 (Klägerin zu 1) mit dem Schweizer Kaufmann X die Klägerin und Beschwerdeführerin zu 2 (Klägerin zu 2), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Zu gemeinsam vertretungsberechtigten Geschäftsführern wurden die Klägerin zu 1 und X bestellt. Die Klägerin zu 2 wurde beim Gewerbeamt des Landkreises Z sowie beim Beklagten und Beschwerdegegner (dem damals zuständigen Finanzamt Z —FA—) angemeldet.

Durch Beschluss vom wies das Amtsgericht die Anmeldung der Klägerin zu 2 zur Eintragung in das Handelsregister rechtskräftig ab, weil sie trotz Beanstandung ihrer Firma diese nicht geändert hatte.

Die Klägerin zu 2 war in den Streitjahren 1992 und 1993 werbend tätig, gab aber keine Umsatzsteuererklärungen ab. Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung erließ das FA auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Prüfung Umsatzsteuerbescheide für 1992 und 1993. Diese Steuerbescheide gab das FA X und der Klägerin zu 1 jeweils mit dem Zusatz „für Firma B-GmbH i.G.” bekannt.

Gegen die Bescheide legte „im Namen unseres Mandanten, Herrn X” ein von ihm bevollmächtigter Rechtsanwalt Einspruch ein.

Diesen Einspruch verwarf das FA mit Einspruchsentscheidung vom als unzulässig, weil X nicht befugt gewesen sei, im eigenen Namen Einspruch einzulegen. Er sei nicht beschwert, weil sich die Bescheide nicht an ihn, sondern an die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) geltende Klägerin zu 2 richteten.

Die Klägerin zu 1 erhob ebenfalls Einspruch. In der Einspruchsschrift führten die Bevollmächtigten aus, der Einspruch werde „namens und in Vollmacht unserer Mandantin, Frau A” eingelegt. Diesen Einspruch wies das FA mit derselben Begründung ab wie den des X.

Hiergegen richtete sich die im Namen der Klägerin zu 1 und der Klägerin zu 2 erhobene Klage. X hat durch Vollmacht vom erklärt, dass er mit der Klageerhebung einverstanden sei und die Prozessbevollmächtigten bevollmächtige, ihn in dieser Angelegenheit zu vertreten, soweit er an dem Verfahren beteiligt sei.

Die Klage blieb ohne Erfolg. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, die Klage der Klägerin zu 1 sei unbegründet. Das FA habe ihren Einspruch zu Recht als unzulässig verworfen, weil die Klägerin zu 1 von den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden nicht beschwert gewesen sei. Diese seien an die B-GmbH i.G. und damit an ein anderes eigenständiges Umsatzsteuersubjekt gerichtet gewesen.

Die Klage der Klägerin zu 2 sei unzulässig, weil es insoweit an dem gemäß § 44 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlichen Vorverfahren fehle.

Mit der Beschwerde machen die Klägerinnen geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderten eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH).

Der vom FA verwendeten Adresse „Frau A…für Fa. B-GmbH i.G. ...” sei nicht eindeutig zu entnehmen, wer Inhaltsadressat der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide gewesen sei. Da die unklaren Bezeichnungen regelmäßig von der Finanzverwaltung benutzt würden, sei es von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Finanzverwaltung verpflichtet sei, eindeutige Bezeichnungen zu verwenden.

Eine Entscheidung des BFH sei zur Fortbildung des Rechts notwendig, weil noch nicht entschieden sei, ob die Finanzverwaltung eindeutige Bezeichnungen bei der Adressierung verwenden müsse und welche Rechtsfolgen sich ggf. aus der fehlenden Eindeutigkeit ergäben.

Das Urteil des FG stehe schließlich im Widerspruch zum (BFHE 206, 211, BStBl II 2004, 964), der entschieden habe, dass auch von Rechtsanwälten verfasste Rechtsbehelfsschreiben auslegungsfähig seien.

II. Die Beschwerden haben keinen Erfolg.

Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Beschwerde der Klägerin zu 2 schon deshalb nicht erfüllt, weil gegen das Urteil des FG insoweit keine Gründe für die Zulassung der Revision dargelegt werden. Das FG hat die Klage der Klägerin zu 2 abgewiesen, weil es an der gemäß § 44 Abs. 1 FGO erforderlichen Durchführung eines Vorverfahrens gefehlt habe. Die mit der Beschwerde dargelegten Einwände richten sich nicht gegen diese Begründung.

2. Auch die Beschwerde der Klägerin zu 1 hat keinen Erfolg. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 2003, 60, mit Nachweisen). Die grundsätzliche Bedeutung muss im Hinblick auf eine klärungsbedürftige Rechtsfrage, deren Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt, gegeben sein (BFH-Beschlüsse vom IX B 81/99, BFHE 189, 401, BStBl II 1999, 760; vom I B 99/98, BFHE 188, 372, BStBl II 2000, 254). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es dagegen, wenn sich die Antwort ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (BFH-Beschlüsse vom VII B 269/99, BFHE 191, 179; vom I B 163/98, BFH/NV 2000, 692). So ist es hier. Die Notwendigkeit einer eindeutigen Bezeichnung des Inhaltsadressaten eines Steuerbescheides ergibt sich schon aus dem Gesetz. § 119 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) verlangt, dass ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein muss. Das erfordert gemäß § 122 Abs. 1 AO 1977 u.a., dass er demjenigen Beteiligten bekannt zu geben ist, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Auch der BFH hat bereits mehrfach entschieden, dass sich aus dem Verwaltungsakt eindeutig ergeben muss, gegen wen er sich richtet (, BFH/NV 1988, 682; , BFH/NV 1995, 576). Die Bedeutung der Sache erschöpft sich damit vorliegend in der Entscheidung des konkreten Einzelfalls. Das reicht für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht aus (, BFH/NV 2002, 1350).

3. Aus denselben Gründen fehlt es an der Notwendigkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative FGO).

4. Auch eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung liegt nicht vor. Eine derartige Divergenz setzt voraus, dass das FG bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der , BFH/NV 2000, 1239). Das FG muss seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt (BFH-Beschlüsse vom III B 43/98, BFH/NV 1999, 1477; vom I B 121/99, BFH/NV 2000, 1477; vom VIII B 78/99, BFH/NV 2000, 1201). Der Beschwerdeführer muss deshalb tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung des BFH andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (). Hieran fehlt es. Die Klägerin zu 1 hat keine Rechtssätze des FG-Urteils herausgearbeitet, die Rechtssätzen, die dem BFH-Urteil in BFHE 206, 211, BStBl II 2004, 964 zugrunde liegen, widersprechen würden. Dass im Streifall ggf. auch eine andere Entscheidung denkbar gewesen wäre, ergibt keinen Zulassungsgrund.

Fundstelle(n):
AAAAC-19484