BVerwG Urteil v. - 2 C 32.04

Leitsatz

Die Regelungen gemäß § 7 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 7 i HRiG, wonach Richtern die Nebentätigkeitsgenehmigung zu versagen ist, wenn die Vergütungsgrenze von 30 v.H. eines Richtergrundgehalts der Besoldungsgruppe R 2 im Kalenderjahr überschritten wird, ist dann, wenn sie mit einer Härte- oder Billigkeitsregelung einhergeht, mit Bundesrahmenrecht (§ 71 Abs. 1 DRiG, § 42 Abs. 2 BRRG) und mit den Grundrechten gemäß Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.

Gesetze: GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 12 Abs. 1; GG Art. 75; GG Art. 98 Abs. 3; DRiG § 40; DRiG § 71 Abs. 1; BRRG § 42 Abs. 2; HRiG § 7 h Abs. 1; HRiG § 7 i

Instanzenzug: VG Frankfurt am Main VG 9 E 5148/00 (1) vom VGH Kassel VGH 1 UE 2541/02 vom

Gründe

I.

Der Kläger ist Vorsitzender Richter am Landgericht. Er nimmt regelmäßig Nebentätigkeiten als Schiedsrichter und Schlichter wahr. Seinen Anträgen, ihm zwei Nebentätigkeiten als Vorsitzender eines Schiedsgerichts und eine Nebentätigkeit als Schlichter zu genehmigen, gab die Präsidentin des Oberlandesgerichts im Jahr 2000 jeweils mit der "Auflage und Bedingung" statt, dass der Gesamtbetrag der Vergütungen aus genehmigungspflichtigen Nebentätigkeiten den im Hessischen Richtergesetz festgelegten Höchstbetrag für ein Kalenderjahr nicht überschreiten würde. Dieser Betrag belief sich im Jahr 2000 auf 35 658 DM, im Jahr 2001 auf 36 300 DM.

Der Kläger übte die drei Nebentätigkeiten aus. Die dadurch erzielten Vergütungen führten in den Jahren 2000 und 2001 zur Überschreitung des Höchstbetrages.

Die in erster Instanz erfolgreiche Klage auf Erteilung inhaltlich uneingeschränkter Nebentätigkeitsgenehmigungen wies der Verwaltungsgerichtshof auf die Berufung des Beklagten ab. In den Gründen des Berufungsurteils heißt es, durch die den Genehmigungen beigefügte "Auflage und Bedingung" habe die Erfüllung der gesetzlichen Genehmigungsvoraussetzungen sichergestellt werden sollen. Die Überschreitung des in § 7 i Satz 1 des Hessischen Richtergesetzes - HRiG - festgelegten Höchstbetrages stelle gemäß § 7 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HRiG einen Versagungsgrund dar. Ausnahmen könnten gemäß § 7 i Satz 2 HRiG nur in begründeten Einzelfällen zugelassen werden. Hierfür habe der Kläger nichts vorgetragen. Diese gesetzlichen Regelungen hielten sich in dem durch § 71 Abs. 1 DRiG, § 42 Abs. 2 BRRG abgesteckten Rahmen. Nach der Rahmenvorschrift des § 42 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 BRRG seien Nebentätigkeiten wegen Beeinträchtigung dienstlicher Interessen zu untersagen, wenn sie dem Ansehen der Justiz abträglich sein könnten. Dieses Ansehen könne auch beschädigt werden, wenn Richter hohe Einnahmen aus Nebentätigkeiten erzielten. Richter würden durch ihre Dienstbezüge so gestellt, dass sie auf Nebeneinkünfte wirtschaftlich nicht angewiesen seien. Daher könne aus hohen Nebentätigkeitsvergütungen der Schluss gezogen werden, der Vorrang des Hauptamtes sei nicht mehr gewährleistet. Die gesetzliche Vergütungsgrenze verstoße auch nicht gegen Grundrechte. Das grundrechtlich geschützte Interesse von Richtern, ihre Arbeitskraft in der Freizeit gegen Entgelt zu verwerten, werde durch den hergebrachten Grundsatz eingeschränkt, die volle Arbeitskraft für das Hauptamt einzusetzen. Nebentätigkeiten seien geeignet, die Leistungen im Hauptamt zu gefährden. Daher könne der Gesetzgeber Maßnahmen ergreifen, um den Anreiz zur Übernahme von Nebentätigkeiten zu mindern. Hierzu gehöre die Festlegung einer Vergütungsgrenze.

Mit der Revision macht der Kläger geltend, die Vorschriften des Hessischen Richtergesetzes über die Vergütungsgrenze verstießen gegen Bundesverfassungs- und Bundesrahmenrecht. Er beantragt,

das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich am Verfahren.

II.

Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger hat keine Ansprüche auf Erteilung unbedingter Nebentätigkeitsgenehmigungen.

Gemäß § 7 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HRiG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom (GVBl I S. 445) ist die Genehmigung für eine Nebentätigkeit zu versagen, wenn davon auszugehen ist, dass der Gesamtbetrag der Vergütungen für genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten die Höchstgrenze nach § 7 i HRiG übersteigt. Nach Satz 1 dieser Vorschrift darf der Gesamtbetrag dreißig vom Hundert des jährlichen Grundgehalts eines Richters der Besoldungsgruppe R 2, letzte Lebensaltersstufe, nicht übersteigen. Gemäß § 7 i Satz 2 HRiG kann die Dienstbehörde in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zulassen, wenn die Wahrnehmung der Nebentätigkeit auch im öffentlichen Interesse liegt (Nr. 1) oder die Begrenzung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht angemessen wäre (Nr. 2); dabei ist zu berücksichtigen, ob ein anderer Richter für die Übernahme der Tätigkeit zur Verfügung steht.

Der Beklagte hat die Wirksamkeit der Nebentätigkeitsgenehmigungen im Grundsatz zu Recht an die Bedingung geknüpft, dass die jeweilige Nebentätigkeitsvergütung nicht zu einer Überschreitung der gesetzlichen Vergütungsgrenze führte. Die Bedingung war erforderlich, um der Genehmigungsvoraussetzung gemäß § 7 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 7 i Satz 1 HRiG Rechnung zu tragen (§ 36 Abs. 1 2. Alt., Abs. 2 Nr. 2 HVwVfG). Damit wurde dem Kläger aufgegeben, die Einhaltung der gesetzlichen Vergütungsgrenze zu prüfen, bevor er sich zur Ausübung der bedingt genehmigten Nebentätigkeiten verpflichtete. Er durfte grundsätzlich nicht tätig werden, wenn er dadurch eine über der Grenze liegende Vergütung erzielte. Nebentätigkeiten, deren Vergütung darunter lag, durfte er wahrnehmen, solange der Gesamtbetrag der in einem Kalenderjahr fälligen Vergütungen die Grenze nicht überstieg.

Das durch den Versagungsgrund gemäß § 7 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 7 i HRiG begründete Nebentätigkeitsverbot verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Die landesgesetzlichen Regelungen sind sowohl mit den Vorgaben des Bundesrahmenrechts als auch mit den Grundrechten vereinbar:

1. Gemäß Art. 98 Abs. 3 Satz 1 GG ist die Rechtsstellung der Richter in den Ländern durch besondere Landesgesetze zu regeln. Der Bund ist gemäß Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG zum Erlass von Rahmenvorschriften ermächtigt. Demnach teilen sich Bund und Länder die Gesetzgebungskompetenz für das Dienstrecht der Richter im Landesdienst. Die Gesetzgebung des Bundes auf Grund einer Rahmenkompetenz muss auf inhaltliche Konkretisierung und Gestaltung durch die Länder angelegt sein. Auch Rahmengesetze, die vor dem Inkrafttreten des Art. 75 Abs. 2 GG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom (BGBl I S. 3146) erlassen wurden, müssen der ergänzenden Gesetzgebung der Länder substanzielle Freiräume lassen, damit diese mit eigenem politischem Gestaltungswillen Recht setzen können. Die Landesgesetzgeber dürfen nicht darauf beschränkt werden, zwischen vorgegebenen rechtlichen Möglichkeiten zu wählen oder gar rahmengesetzliche Vorgaben inhaltlich in das Landesrecht zu übernehmen. Die Kompetenz zur Rahmengesetzgebung für eine Materie ermöglicht es dem Bund nur dann, einen Teilbereich abschließend zu regeln, wenn insoweit ein besonders starkes und legitimes Interesse an einer bundeseinheitlichen Regelung besteht und das rahmenrechtliche Regelungswerk insgesamt noch ausreichenden Gestaltungsspielraum lässt (BVerfGE 111, 226 <248 ff.>). Aus dem Charakter der Rahmengesetzgebung folgt der Auslegungsgrundsatz, dass rahmenrechtliche Regelungen im Zweifel auf Ausfüllung angelegt sind und inhaltlich nicht weiterreichen als dies ihr Wortlaut zwingend erfordert (BVerfGE 93, 319 <341>).

In Ausübung der Rahmenkompetenz gemäß Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG hat der Bundesgesetzgeber die Länder durch § 71 Abs. 1 DRiG verpflichtet, die Rechtsverhältnisse der Richter im Landesdienst auf der Grundlage des Kapitels I des Beamtenrechtsrahmengesetzes, d.h. gemäß §§ 1 bis 120 BRRG zu regeln, soweit das Bundesgesetz nichts anderes bestimmt. Hierbei handelt es sich ihrerseits um rahmenrechtliche Vorschriften, die der Bundesgesetzgeber auf Grund der Rahmenkompetenz gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GG erlassen hat. Durch die gesetzliche Formulierung "auf der Grundlage" in § 71 Abs. 1 Satz 1 DRiG kommt zum Ausdruck, dass die auf das Beamtenverhältnis zugeschnittenen Regelungen des Beamtenrechtsrahmengesetzes keine Bindungswirkung für die Regelung des Dienstrechts der Richter entfalten, wenn sie sich mit der besonderen Rechtsstellung der Richter nicht vereinbaren lassen. Zudem folgt daraus, dass die Landesgesetzgeber dieser Rechtsstellung bei der Ausfüllung des bundesrechtlichen Rahmens Rechnung tragen können.

Für das Nebentätigkeitsrecht der Richter im Landesdienst fordert die rahmenrechtliche Regelung in § 71 Abs. 1 Satz 1 DRiG die Beachtung der rahmenrechtlichen Bindungen des § 42 BRRG. Insoweit ergeben sich aus der Rechtsstellung der Richter keine Besonderheiten.

Als Maßstab für die Versagung von Nebentätigkeitsgenehmigungen und damit für Nebentätigkeitsverbote gibt § 42 Abs. 2 Satz 1 BRRG die Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen vor. Dies setzt voraus, dass bei verständiger Würdigung der Umstände des Einzelfalls Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Nebentätigkeit Erfordernisse von einigem Gewicht beeinträchtigt werden, die unmittelbar die dienstlichen Aufgaben betreffen oder mit den gesetzlichen Pflichten von Beamten oder Richtern in Zusammenhang stehen ( BVerwG 2 C 37.78 - BVerwGE 60, 254 <257> und vom - BVerwG 2 C 57.82 - BVerwGE 67, 287 <293>). Die Generalklausel des § 42 Abs. 2 Satz 1 BRRG wird durch die nicht abschließende Aufzählung von Beispielsfällen in § 42 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 6 BRRG konkretisiert. Liegen die Voraussetzungen eines besonderen Versagungsgrundes gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 BRRG vor, so sind regelmäßig die Voraussetzungen des Satzes 1 gegeben.

Gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 BRRG beeinträchtigt eine Nebentätigkeit dienstliche Interessen, wenn sie dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung bzw. der Rechtspflege abträglich sein kann. Nach dem Wortlaut soll bereits die Möglichkeit einer Ansehensbeeinträchtigung ausreichen, um ein Nebentätigkeitsverbot zu begründen. Damit wird die Begrifflichkeit der "Besorgnis" im Sinne von § 42 Abs. 2 Satz 1 BRRG aufgegriffen. Es kommt darauf an, ob es bei verständiger Würdigung ernsthaft möglich ist, dass die Nebentätigkeit ansehensmindernde Auswirkungen hat. Dies ist der Fall, wenn sie geeignet ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des öffentlichen Dienstes zu beeinträchtigen. Das uneingeschränkte Vertrauen der Öffentlichkeit, dass die hoheitlichen Aufgaben gesetzmäßig wahrgenommen und hierbei die sich aus dem Beamten- und Richterstatus ergebenden besonderen Pflichten beachtet werden, trägt entscheidend zur Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens bei ( BVerwG 6 C 52.87 - BVerwGE 84, 194 <201>, vom - BVerwG 2 C 37.95 - BVerwGE 102, 326 <328> und vom - BVerwG 1 D 23.97 - BVerwGE 113, 229 <232>). Dies gilt in besonderer Weise für die Richter, weil ihnen die rechtsprechende Gewalt nach dem Grundgesetz "anvertraut" ist (vgl. Art. 92 1. Halbs. GG).

Mit diesem Bedeutungsgehalt gibt der Beispielsfall gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 BRRG einen Rahmen vor, der den Landesgesetzgebern Raum für eine inhaltliche Konkretisierung gibt. Nach ihrem Wortlaut ist die Vorschrift auslegungsfähig und damit für den Landesgesetzgeber in unterschiedlicher Weise konkretisierbar. Der Bundesgesetzgeber hat sich auf die grundlegende Wertung beschränkt, dass jede Möglichkeit der Ansehensbeeinträchtigung für ein Nebentätigkeitsverbot ausreichen soll. Die Offenheit hinsichtlich des Wahrscheinlichkeitsgrades einer möglichen Ansehensbeeinträchtigung gibt dem Landesgesetzgeber einen begrenzten Gestaltungsspielraum. Er kann die rahmenrechtliche Vorgabe unverändert übernehmen und ihre Konkretisierung im Einzelfall der Rechtsanwendung und Rechtsfortbildung durch Konkretisierung anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes überlassen. Er kann aber auch den Wahrscheinlichkeitsgrad der Möglichkeit einer Ansehensbeeinträchtigung durch weitere Versagungsgründe inhaltlich umschreiben und auf diese Weise der Vorschrift des § 42 Abs. 2 Satz 1 BRRG konkrete Konturen geben.

Der Spielraum des Landesgesetzgebers ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeit durch die Zielsetzung begrenzt, die Beeinträchtigung dienstlicher Interessen zu vermeiden. Zu diesem Zweck kann er gesetzliche Versagungsgründe schaffen, die an die Art der Nebentätigkeit, deren Umfang oder an die Höhe der Nebentätigkeitsvergütung anknüpfen. Die Möglichkeit, die Vergütungshöhe aus Gründen der Ansehenswahrung selbst zu einem Versagungsgrund zu machen, wird dem Landesgesetzgeber auch nicht durch § 42 Abs. 5 Satz 2 BRRG verschlossen. Diese Rahmenvorschrift gibt nach ihrem Wortlaut lediglich die Verpflichtung vor, bei Beantragung einer Nebentätigkeitsgenehmigung Nachweise über die voraussichtlichen Entgelte vorzuschreiben. Sie dient der Prüfung, ob mit der Vergütung versteckte Vorteile in Bezug auf das Amt des Antragstellers verbunden sind, die dessen Unbefangenheit und Uneigennützigkeit bei Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben gefährden können (BTDrucks 13/6424, S. 12).

Schließlich beschränkt § 42 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 BRRG den Landesgesetzgeber nicht darauf, nur die Auswirkungen einer konkreten Nebentätigkeit zu erfassen. Vielmehr kann er in dem Bestreben, einer Ansehensbeeinträchtigung entgegenzuwirken, auch über den Einzelfall hinausreichende Bezüge und Zusammenhänge in den Blick nehmen.

Dieser Bedeutungsgehalt des § 42 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 BRRG wird auch dadurch nahe gelegt, dass ein besonders starkes und legitimes Interesse, wie es für eine erschöpfende bundesgesetzliche Regelung von Nebentätigkeitsverboten zur Ansehenswahrung auf Grund der Rahmenkompetenz des Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG erforderlich ist, nicht ersichtlich ist. Das gilt erst recht angesichts der doppelt gelockerten Bindung des Richterrahmenrechts mit seinem Verweis auf das Beamtenrahmenrecht und mehr noch angesichts der besonderen Stellung der Richter (Art. 92 Halbs. 1 GG).

Auch die Spezialregelung in § 40 DRiG schließt ein Nebentätigkeitsverbot wegen Überschreitung einer jährlichen Vergütungsgrenze nicht aus. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 DRiG ist einem Richter die Genehmigung einer Nebentätigkeit als Schiedsrichter oder Schlichter zu versagen, wenn er zur Zeit der Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung mit der Sache befasst ist oder nach der Geschäftsverteilung befasst werden kann. Dieser Regelung, die auch für Richter im Landesdienst unmittelbar Geltung beansprucht, lässt sich die grundlegende Entscheidung des Bundesgesetzgebers entnehmen, dass Nebentätigkeiten als Schiedsrichter und Schlichter grundsätzlich mit dem Richteramt vereinbar sind. Darüber hinaus soll sie der richterlichen Unabhängigkeit und Unbefangenheit Rechnung tragen und verhindern, dass Richter durch eine frühere Nebentätigkeit später an der Ausübung ihres Amtes gehindert werden. Sie enthält jedoch keine erschöpfende Regelung für die Ausübung von Nebentätigkeiten als Schiedsrichter oder Schlichter (Urteil vom a.a.O. <290, 292>).

2. Das durch § 7 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 7 i Satz 1 HRiG begründete Nebentätigkeitsverbot stellt einen Eingriff in das jedenfalls durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Recht von Richtern dar, ihre Arbeitskraft in der Freizeit gegen Entgelt zu verwerten (Urteile vom a.a.O. <255> und vom a.a.O. <294>). Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Eingriff in das Grundrecht auf freie Berufsausübung gemäß Art. 12 Abs. 1 GG anzunehmen ist, wenn ein Richter mit einer gewissen Regelmäßigkeit bestimmte Nebentätigkeiten ausübt. Denn sowohl die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG als auch die Freiheit der Berufsausübung gemäß Art. 12 Abs. 1 GG können auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden, das durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Dies bedeutet, dass der gesetzliche Eingriff zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sein sowie bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt sein muss (BVerfGE 30, 292 <316>; 65, 116 <125>; 94, 372 <390>; a.a.O. <199>).

Der Eingriff ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe die ihn tragenden Gemeinwohlbelange gefördert werden können. Er ist erforderlich, wenn kein anderes gleich wirksames Mittel zur Verfügung steht, bei dessen Einsatz das Grundrecht nicht oder doch weniger fühlbar eingeschränkt wird (BVerfGE 30, 292 <316>; 39, 210 <230>; 77, 308 <332>). Eignung und Erforderlichkeit können nur auf Grund prognostischer Einschätzungen beurteilt werden. Hierfür ist dem Gesetzgeber ein Bewertungsspielraum eröffnet, dessen Reichweite von der Eigenart des jeweiligen Regelungsbereichs und der Bedeutung der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter abhängt (BVerfGE 50, 290 <332>; 57, 139 <159>). Für Berufsausübungsregelungen besteht regelmäßig ein weiter Spielraum bei der Bestimmung der Zielsetzungen und der zu ihrer Förderung eingesetzten Mittel. Hier darf der Gesetzgeber Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit in den Vordergrund stellen (BVerfGE 7, 377 <406>; 30, 292 <316>; 77, 308 <332>).

Dieser weite Einschätzungsspielraum gilt auch für die Regelung von Nebentätigkeitsverboten für Richter: Zum einen unterliegen sie ebenso wie Beamte einer besonderen Pflichtenbindung, aus der sich Beeinträchtigungen der Grundrechtsausübung aus Rücksicht auf dienstliche Belange ergeben (BVerfGE 7, 155 <162>; 39, 334 <366>; - NJW 1991, 1477). Zum anderen kommt Nebentätigkeitsverboten keine existenzielle Bedeutung zu, weil der Lebensunterhalt von Richtern und ihren Familien durch die Alimentation sichergestellt wird. Zwischen den hergebrachten Grundsätzen der amts-angemessenen Alimentation und der Pflicht, dem Dienstherrn die gesamte Persönlichkeit und volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, besteht ein enger sachlicher Zusammenhang. Die Alimentation wird gewährt, um es Richtern zu ermöglichen, sich in wirtschaftlicher Unabhängigkeit mit vollem Einsatz dem Hauptamt zu widmen. Die Wahrnehmung des Hauptamts soll nicht darunter leiden, dass Richter sich durch anderweitige Beschäftigungen etwas hinzuverdienen müssen (BVerfGE 21, 329 <345>; 37, 167 <179>; 44, 249 <265>).

Mit der Einführung von § 7 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 7 i HRiG wollte der Landesgesetzgeber dem Eindruck entgegenwirken, Richter könnten Nebentätigkeiten einen dem Hauptamt vergleichbaren Stellenwert einräumen oder in wirtschaftliche Abhängigkeit von hohen Nebeneinkünften geraten (LTDrucks 14/3037, S. 9, 16). Der Landesgesetzgeber hat die jährliche Vergütungsgrenze als geeignetes und erforderliches Mittel angesehen, um den Anschein zu vermeiden, Richter könnten ihr Hauptamt wegen der Möglichkeiten vernachlässigen, durch Nebentätigkeiten hohe Zusatzeinkünfte zu erzielen. Auf diese Weise soll das Ansehen der Justiz und somit das Vertrauen der Öffentlichkeit in deren Integrität und Funktionsfähigkeit gewährleistet werden (vgl. LTDrucks 14/3037, S. 9, 16).

Diese Erwägungen werden von dem weiten gesetzgeberischen Einschätzungsspielraum für die Beurteilung von Eignung und Erforderlichkeit der Vergütungsgrenze gedeckt. Es liegt nicht fern, dass die uneingeschränkte Möglichkeit, Nebentätigkeiten auszuüben und dadurch neben der ungekürzten Besoldung in nicht limitiertem Maße Vergütungen zu beziehen, geeignet ist, die dienstlichen Leistungen im Hauptamt und damit das Interesse des Staates und seiner Bürger ernsthaft zu gefährden. Daher kann der Gesetzgeber mit Blick auf Art. 33 Abs. 5 GG allgemein den Anreiz zur Übernahme von Nebentätigkeiten verringern (BVerfGE 55, 207 <237 ff.>). Davon ausgehend ist die Bewertung, aus hohen Nebeneinkünften könnten nachteilige Schlüsse auf die Wahrnehmung des Richteramtes gezogen werden, jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es die sachliche Unabhängigkeit der Richter gemäß Art. 97 Abs. 1 GG im Gegensatz zu Beamten weitgehend ausschließt, die Art und Weise der Wahrnehmung des Hauptamtes zu beeinflussen: Die richterliche Tätigkeit unterliegt der Dienstaufsicht nur hinsichtlich der äußeren Ordnung, d.h. der dem Kernbereich der Rechtsprechungstätigkeit weit entrückten Bereiche (BGHZ 51, 280 <287>; 102, 369 <371>). Richter sind davon entbunden, ihre Dienstgeschäfte innerhalb bestimmter Dienstzeiten und in der Dienststelle zu erledigen ( BVerwG 2 C 57.86 - BVerwGE 78, 211 <213>).

Die Vergütungsgrenze von 30 v.H. eines Richtergrundgehalts der Besoldungsgruppe R 2 im Kalenderjahr erweist sich bei einer Gesamtabwägung aus folgenden Gründen als im Grundsatz noch zumutbar:

Nicht nur wird der amtsangemessene Lebensunterhalt durch die Alimentation sichergestellt. Zudem ist der mögliche Hinzuverdienst in Höhe eines Bruchteils eines Richterjahresgehalts nicht unerheblich. Dies gilt umso mehr, als gemäß § 7 i Satz 1 HRiG nur Vergütungen aus genehmigungspflichtigen Nebentätigkeiten berücksichtigt werden. Vergütungen aus schriftstellerischen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder Vortragstätigkeiten, aus Tätigkeiten als Prüfer oder in der Aus- und Fortbildung des öffentlichen Dienstes werden nicht erfasst, weil diese Nebentätigkeiten teils einen besonderen Grundrechtsschutz genießen, teils in einem dringenden öffentlichen Interesse liegen, sodass daher dienstliche Interessen grundsätzlich durch sie als nicht beeinträchtigt gelten und sie deshalb gemäß § 7 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 HRiG nur anzeigepflichtig sind. Daher bleibt bei generalisierender Betrachtungsweise genügend Raum für die entgeltliche Verwertung der Arbeitskraft in der Freizeit.

Schließlich wird die Verhältnismäßigkeit wegen der in § 7 i Satz 2 HRiG vorgesehenen Möglichkeiten gewahrt, in begründeten Einzelfällen die Überschreitung der Vergütungsgrenze zuzulassen. So kommt eine Ausnahme aus Billigkeitsgründen gemäß § 7 i Satz 2 Nr. 2 HRiG etwa in Betracht, wenn sich die Überschreitung der Vergütungsgrenze erst nach Übernahme einer Nebentätigkeit absehen lässt oder wenn die konkrete Nebentätigkeit nach Art und Umfang offensichtlich nur eine geringe Belastung für den jeweiligen Richter darstellt. Ebenso kann zu berücksichtigen sein, ob ein öffentliches Interesse daran besteht, dass die Tätigkeit, die nebenberuflich angestrebt wird, überhaupt in kompetenter Weise ausgeübt wird, und ob gegebenenfalls bei einer strikten Reglementierung nach Maßgabe der Einkommensobergrenze des Nebentätigkeitsrechts zahlenmäßig noch genügend andere versierte Richter oder andere unabhängige Juristen zur Deckung des im öffentlichen Interesse bestehenden Bedarfs zur Verfügung stehen. In derartigen Fällen muss eine sachgerechte Abwägung der einander widerstreitenden öffentlichen und sodann auch der privaten Interessen möglich bleiben. Allerdings ist es wegen des Erfordernisses des begründeten Einzelfalles gemäß § 7 i Satz 2 HRiG nicht möglich, bestimmte Arten von Nebentätigkeiten, etwa als Schiedsrichter oder Schlichter durch Zulassung von Ausnahmen generell von der Einhaltung der gesetzlichen Vergütungsgrenze freizustellen. Eine Ausnahme kann immer nur auf die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls gestützt werden.

Im vorliegenden Verfahren besteht kein Anlass, sich mit den gesetzlichen Voraussetzungen des § 7 i Satz 2 HRiG näher auseinander zu setzen. Das Berufungsgericht hat festgestellt, der Kläger habe in Bezug auf die drei bedingt genehmigten Nebentätigkeiten keine einzelfallbezogenen Umstände vorgetragen. Daran ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 50 651,23 € festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. i.V.m. § 71 Abs. 1, § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. von Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom , BGBl I S. 718). Der Streitwert beläuft sich auf die Summe der Vergütungen für die drei bedingt genehmigten Nebentätigkeiten (Ziffer 10.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./). Mit seinem Klagebegehren will der Kläger in der Sache seine Berechtigung zur Ausübung der Nebentätigkeiten festgestellt wissen.

Fundstelle(n):
NJW 2006 S. 1538 Nr. 21
NWB-Eilnachricht Nr. 51/2005 S. 4338
KAAAC-12259