BGH Beschluss v. - 1 StR 406/03

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StGB § 21

Instanzenzug: LG Landshut vom

Gründe

Ergänzend bemerkt der Senat:

1. Die Strafkammer hat ohne Rechtsfehler eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten zu den Tatzeiten verneint. Der Angeklagte, der mit Haschisch im Kilogrammbereich Handel trieb (zweimal 5 kg, einmal 10 kg), hat zwar wegen seines langjährigen Konsums von Kokain insoweit ein Abhängigkeitssyndrom entwickelt. Gleichwohl liegt eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit bei der hier gegebenen Konstellation - Handeltreiben mit großen Mengen eines anderen Rauschgiftes - eher fern. Die Strafkammer hat deshalb zutreffend darauf abgestellt, daß der Angeklagte immer wieder Jobs fand und zuletzt als Essensausfahrer tätig war. Er hatte eine Freundin kennen gelernt, zu dieser eine Beziehung aufgebaut und derentwegen auch seinen Kokainkonsum gedrosselt. Schwere oder gar schwerste Persönlichkeitsveränderungen oder starke Entzugserscheinungen lagen ebensowenig vor wie eine bestimmende Furcht vor solchen. Unter diesen Umständen hat das Landgericht zu Recht die Frage einer etwaigen Erheblichkeit verminderten Steuerungsvermögens verneint und ist insoweit von der Bewertung des Sachverständigen abgewichen.

Letzteres ist ebenfalls rechtens: Der Senat hat wiederholt hervorgehoben, daß es sich bei der Frage, ob eine Verminderung der Steuerungsfähigkeit "erheblich" im Sinne des § 21 StGB ist, um eine Rechtsfrage handelt. Diese hat der Tatrichter ohne Bindung an Äußerungen von Sachverständigen zu beantworten. Dabei fließen normative Erwägungen mit ein. Die rechtliche Erheblichkeit der Verminderung des Hemmungsvermögens hängt überdies von den Anforderungen ab, die die Rechtsordnung an das Verhalten des einzelnen zu stellen hat. Dies zu bewerten und zu entscheiden ist Sache des Richters. Allein zur Beurteilung der Vorfrage nach den medizinisch-psychiatrischen Anknüpfungstatsachen bedarf er sachverständiger Hilfe, sofern er hierzu nicht aufgrund eigener Sachkunde befinden kann (BGHSt 43, 66, 77; BGH StV 1999, 309, 310; ).

2. Von Rechts wegen ist schließlich nichts dagegen zu erinnern, daß die Strafkammer davon abgesehen hat, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen (§ 64 StGB). Voraussetzung für eine solche Unterbringung ist unter anderem ein Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Von einem Hang ist auszugehen, wenn eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung besteht, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad physischer Abhängigkeit erreicht haben muß (vgl. nur BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 5; Körner BtMG 5. Aufl. § 35 Rdn. 297; Hanack in LK 11. Aufl. § 64 Rdn. 40, jeweils m.w.N.). "Im Übermaß" bedeutet, daß der Täter berauschende Mittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, daß seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt wird (BGH NStZ-RR 2003, 106; Körner aaO.; Hanack aaO. Rdn. 44 m.w.N. in Fußn. 12). Solches ist den Urteilsgründen hier nicht zu entnehmen. Zudem ist auch die Verneinung des symptomatischen Zusammenhanges zwischen dem Hang des Angeklagten, Kokain zu sich zu nehmen und den abgeurteilten Fällen des Handeltreibens mit Haschisch in nicht geringen Mengen rechtsfehlerfrei (vgl. dazu nur BGH NStZ 2003, 86).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
XAAAC-11890

1Nachschlagewerk: nein