BGH Beschluss v. - 1 StR 502/04

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 465 Abs. 2; GKG § 21 Abs. 1 Satz 1

Instanzenzug: LG Hof vom

Gründe

1. Die Revision ist unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Beweiswürdigung, insbesondere die Würdigung des Geständnisses des Angeklagten, ist rechtsfehlerfrei.

Auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Beurteilung der Aussagefähigkeit des Angeklagten und der Glaubhaftigkeit seiner Aussagen ist rechtsfehlerfrei. Zwar gehört die Beurteilung der Zuverlässigkeit einer Auskunftsperson, zumal des Angeklagten, zum Wesen richterlicher Rechtsfindung. Vom Richter wird erwartet, daß er über die zur Ausübung seines Amtes erforderliche Menschenkenntnis und Fähigkeit verfügt, Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Der Hinzuziehung eines Sachverständigen kann es, und zwar auch hinsichtlich der Aussagen des Angeklagten, aber dann bedürfen, wenn die Eigenart des Einzelfalles eine außergewöhnliche Sachkunde erfordert (vgl. BGH NStZ 1987, 182). Auch soweit hiervon der Angeklagte betroffen ist, stehen der Hinzuziehung eines Sachverständigen, jedenfalls wenn der Angeklagte umfassende Angaben gemacht hat, keine strafverfahrensrechtlichen Hinderungsgründe entgegen. Das Gericht ist jedenfalls nicht gehindert (§ 244 Abs. 2 StPO), sich insoweit sachverständiger Hilfe zu bedienen.

Hier bestand bei dem Angeklagten eine Minderbegabung mit psychosozialer und psychosexueller Retardierung. Seine im Ermittlungsverfahren abgegebenen Geständnisse hat er in der Hauptverhandlung widerrufen. Um die Glaubhaftigkeit der Geständnisse bzw. des Widerrufs und der Angaben in der Hauptverhandlung verläßlich prüfen zu können, war der Einsatz sachverständiger Hilfe sachgerecht.

2. Mit seiner sofortigen Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des vorgenannten Urteils, nach der der Angeklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, soweit er verurteilt sowie die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wurde, und die Staatskasse die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Angeklagten im Umfang des Freispruchs trägt, macht der Angeklagte geltend, die Hauptverhandlung habe vom 7. bis über sechs Verhandlungstage in unvorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts - Einsatz einer Ergänzungsschöffin statt einer Hauptschöffin - stattgefunden und deshalb neu begonnen werden müssen.

Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Die Kostenentscheidung des Landgerichts entspricht der Sach- und Rechtslage (§ 465 Abs. 1 StPO). Die Voraussetzungen des § 465 Abs. 2 StPO, wonach aus Billigkeitserwägungen besondere Auslagen der Staatskasse und besondere notwendige Auslagen des Angeklagten ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegt werden können, wenn Untersuchungen zu Gunsten des Angeklagten ausgegangen sind, liegen hier ersichtlich nicht vor.

Die sechs Verhandlungstage im Oktober 2003 in unvorschriftsmäßiger Besetzung hätten allerdings vermieden werden können. Bei richtiger Behandlung der Sache wären diese Kosten nicht entstanden. Daher ist es sachgerecht, von der Erhebung der insoweit entstandenen Kosten und gerichtlichen Auslagen gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG abzusehen.

Diese Entscheidung kann der Senat - auch für die Vorinstanz (vgl. BGHZ 27, 163, 164, 171) - von Amts wegen treffen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 GKG; vgl. u.a. BGHR GKG § 8 aF Nichterhebung 2). Die dem Angeklagten selbst entstandenen notwendigen Auslagen fallen allerdings nicht unter diese Anordnung (BGH aaO).

Fundstelle(n):
JAAAC-10541

1Nachschlagewerk: nein