BGH Urteil v. - 2 StR 402/04

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 357; StGB § 73 c Abs. 1 Satz 1; StGB § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt.

Instanzenzug: LG Meiningen vom

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gemeinschaftlich begangenen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Es hat den Verfall eines Geldbetrags von 25.000 € angeordnet und ausgesprochen, daß die sichergestellten Cannabisprodukte sowie alle bei der Aufzucht der Pflanzen benutzten Gegenstände, soweit sie von der Polizei sichergestellt wurden, insbesondere der VW-Transporter und das Handy des Mitangeklagten B. und die Stromerzeugungsgeräte des Angeklagten eingezogen werden. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist zum Schuld- und zum Strafausspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Auch die Anordnung des Verfalls hält rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Der Senat teilt nicht die Bedenken des Generalbundesanwalts gegen die Schätzung der Einnahmen aus dem Verkauf der Marihuanaprodukte durch die Angeklagten. Die der Schätzung zugrunde gelegte Annahme, es handele sich bei einer Ernte von jeweils 600 bis 700 Cannabispflanzen mit einer Wuchshöhe von mindestens 80 cm um einen Ertrag zwischen 10 und 12 kg, beruht ersichtlich auf der geständigen Einlassung des Mitangeklagten B. , der sämtliche Umstände hinsichtlich der Anzahl, des Umfangs und des Ertrages der Ernten freimütig geschildert hat (UA S. 6 unten/S. 7 oben). Dieses Geständnis ist auch glaubhaft. Bei einer Erntemenge von 10 kg Cannabis und 600 bzw. 700 Pflanzen ergibt sich ein Gewicht von 16,67 g bzw. 14,29 g pro Pflanze. Ein solches Gewicht für eine einzelne mindesten 80 cm große Cannabispflanze erscheint durchaus plausibel. Gegen die Annahme eines THC-Gehaltes von 8 bis 9 % ist nichts zu erinnern; die größten untersuchten, aber noch nicht erntereifen Cannabispflanzen hatten einen THC-Gehalt von bereits 8 bis 8,4 % und ein Cannabis-Trockenstrauß aus einer früheren Ernte wies 9,7 % THC-Gehalt auf (UA S. 9). Auch der von der Kammer zugrunde gelegte Verkaufspreis 2,50 €/Gramm ist angesichts der guten Qualität der Cannabisprodukte nicht überhöht (vgl. Körner BtMG 5. Aufl. Anhang C 1 Rdn. 225). Diese Schätzungsgrundlagen sind ausreichend sicher, um einen Verkaufserlös von insgesamt 50.000 € zu belegen.

b) Zwar hat die Strafkammer bei der Anordnung des Wertersatzverfalls nicht ausdrücklich erörtert, ob die Voraussetzungen des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB oder des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB vorliegen. Das Fehlen von Ausführungen zu § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB vermag den Bestand des Maßnahmeausspruchs nicht in Frage zu stellen, weil nach den Feststellungen keine Umstände dafür ersichtlich sind, daß der Verfall des gesamten Erlöses für den Angeklagten eine unbillige Härte wäre (vgl. BGHSt 33, 37, 39). Aber auch das Unterlassen einer Ermessensentscheidung nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB führt hier nicht zur Aufhebung des Maßregelausspruchs.

Eine Entscheidung nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB setzt voraus, daß der Angeklagte entreichert ist; sie kommt nicht in Betracht, soweit der Angeklagte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem anzuordnenden Verfallbetrag zurückbleibt (vgl. BGHR StGB § 73 c Wert 2). Da der nachträgliche Wegfall der Bereicherung den Verfall des erlangten Tatvorteils bzw. seines Wertes an sich unberührt läßt, muß der Tatrichter neben den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen in seine Billigkeitsentscheidung insbesondere einbeziehen, aus welchem Grunde das Erlangte bzw. dessen Wert nicht mehr im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist. Hierbei ist maßgebend, ob und inwieweit es unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles unangemessen erscheint, den Verfall anzuordnen (vgl. m.w.N.). Zwar fehlen im vorliegenden Fall bereits Feststellungen zu den Vermögensverhältnissen des Angeklagten. Da der Angeklagte zum Zeitpunkt der Aburteilung aber offenbar ein gutbürgerliches Leben geführt hat und auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die für einen völligen oder teilweisen Wegfall der Verfallsanordnung sprechen könnten, drängte sich eine Erörterung des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB hier nicht auf.

2. Hingegen ist die Anordnung der Einziehung teilweise rechtsfehlerhaft.

a) Die Einziehungsanordnung gegenüber dem Angeklagten S. hat keinen Bestand, soweit außer den Dieselgeneratoren weitere zur Aufzucht benutzte Gegenstände erfaßt werden sollen. Die weiteren einzuziehenden Gegenstände werden weder im Tenor noch in den Urteilsgründen aufgeführt. Dies wäre jedoch notwendig gewesen, um dem Senat eine Überprüfung der rechtlichen Voraussetzungen einer Einziehung zu ermöglichen (vgl. BGHSt 8, 205, 211 f.; 9, 88 f.). Die Bezugnahme auf die polizeiliche Sicherstellung reicht nicht (vgl. BGHR StGB § 74 Abs. 1 Urteilsformel 1). So ist hinsichtlich des Sattelaufliegers des Angeklagten, der bei den Pflanzenaufzucht benutzt worden ist (UA S. 5), dessen Sicherstellung nicht aus den Urteilsgründen erkennbar, desgleichen nicht, ob weitere bei der Pflanzenaufzucht benutzte Gegenstände dem Angeklagten gehören und sichergestellt wurden.

b) Eine Erstreckung der Aufhebung auf den Mitangeklagten B. gemäß § 357 StPO kommt nicht in Betracht, weil die Einziehungsanordnung bezüglich dieses Angeklagten nicht von demselben Rechtsfehler betroffen ist. Der Angeklagte B. hat sich mit der Einziehung der sichergestellten Gegenstände einverstanden erklärt, soweit er nicht ausdrücklich die Herausgabe verlangt hat. Von den herausverlangten Gegenständen hat die Strafkammer den VW-Transporter und das Handy eingezogen. Damit sind die eingezogenen Gegenstände bei diesem Angeklagten im einzelnen bestimmt. Daß die Einziehungsanordnung aus anderen Gründen rechtlich bedenklich ist - das Urteil läßt nicht erkennen, inwieweit die eingezogenen Gegenstände bei der Anzucht der Marihuanapflanzen und dem Verkauf der Marihuanaprodukte eingesetzt worden sind - hätte nur dann zur Aufhebung führen können, wenn dieser Angeklagte selbst Revision eingelegt hätte.

3. Im übrigen waren entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts aus dem Tenor die Worte "gemeinschaftlich begangenen" zu streichen, da Tatmodalitäten die - wie die mittäterschaftliche Begehung - keinen eigenen Unrechtsgehalt wiedergeben, nicht in den Urteilstenor aufzunehmen sind (BGHSt 27, 287, 289). Von einer Kennzeichnung der sichergestellten Cannabisprodukte konnte hingegen abgesehen werden, weil sich Art und Menge - 1491 Cannabispflanzen und ein Cannabis-Trockenstrauß - im einzelnen aus den Urteilsgründen ergeben.

Fundstelle(n):
JAAAC-09910

1Nachschlagewerk: nein