BGH Urteil v. - 4 StR 41/04

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 301; BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2; BtMG § 30 a Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Sie beanstandet, daß das Landgericht den Angeklagten nicht wegen bandenmäßiger Begehungsweise (§ 30 a Abs. 1 BtMG) verurteilt und ihm nicht - strafschärfend - gewerbsmäßiges Handeln zur Last gelegt hat. Das - vom Generalbundesanwalt nicht vertretene - Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts befand sich der Angeklagte im Frühjahr des Jahres 2002 in einem aktuellen finanziellen Engpaß. Er wandte sich deshalb telefonisch hilfesuchend an seinen ehemaligen Schulkameraden Hatem B. , der in Brasilien lebt und mit Abu K. zu einer Tätergruppe gehörte, die über Kuriere aus Brasilien Kokain in die Bundesrepublik Deutschland einführte. Die Kuriere übergaben das Rauschgift u.a. an Jamal A. und Mohamad Kassem Ah. , die es hier verkauften. Der Angeklagte selbst war nicht in die Tätergruppe eingebunden. Er beabsichtigte, einmal ein größeres Geschäft mit Abu K. als "Direktabnehmer" zu tätigen, um so einen größeren Gewinn zu erzielen und damit seinen finanziellen Engpaß zu beenden. Danach wollte er sogleich seine Rauschgiftgeschäfte beenden. Hatem B. leitete die Telefonnummer des Angeklagten an Abu K. weiter, der den Angeklagten Mitte Juni 2002 anrief. Der Angeklagte teilte ihm seine finanziellen Probleme mit und erbat von ihm 2.000 US-Dollar. Abu K. sagte dem Angeklagten jedoch das Geld nicht zu, sondern bat ihn seinerseits um Mithilfe, den Diebstahl von ihm in Deutschland gestohlenen sechs bis neun Kilogramm Kokain aufzuklären. Das tat der Angeklagte auch. Als er Abu K. dann bat, ihm finanziell zu helfen, versprach dieser, sich wieder bei ihm zu melden. Etwa zwei Wochen später erhielt der Angeklagte einen Anruf von Jamal A. . Er verabredete sich mit ihm, und es kam zu drei Verkaufsgeschäften von Kokain zwischen Jamal A. und dem Angeklagten. Es folgten - bis zum - zwei weitere solche Geschäfte zwischen Mohamad Kassem Ah. und dem Angeklagten. Sie betrafen insgesamt Handelsmengen zwischen 1/2 und 2 kg Kokaingemisch (Wirkstoffgehalt: mindestens 60 % Kokainhydrochlorid). Das Rauschgift verkaufte der Angeklagte im wesentlichen jeweils mit Gewinnerzielungsabsicht weiter.

2. Das Landgericht hat das Tatgeschehen als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) in fünf Fällen gewürdigt und ausgeführt, daß bandenmäßiges Handeltreiben (§ 30 a Abs. 1 BtMG) nicht vorliege, weil nicht habe festgestellt werden können, daß der Angeklagte als Mitglied der brasilianischen Täterbande agiert habe bzw. er in eine andere bandenmäßige Organisation eingebunden gewesen sei. Ein willentlicher Zusammenschluß des Angeklagten mit einer Person oder mehreren Personen nach entsprechender ausdrücklicher oder stillschweigender Abrede sei nicht ersichtlich. Es fehle auch an einem übergeordneten Bandeninteresse sowie dem Willen, sich für eine gewisse Dauer zur Begehung von Straftaten zusammenzuschließen. Der Angeklagte habe sich möglichst mit nur einem einzigen größeren "Kokaindeal" sanieren wollen, um dann sogleich wieder aus dem Drogenmilieu auszusteigen. Es fehlten jegliche Erkenntnisse über eine irgendwie geartete bandenmäßige Organisationsstruktur. Für den Angeklagten habe bei sämtlichen nachfolgenden Drogengeschäften vielmehr allein sein eigenes wirtschaftliches Interesse im Vordergrund gestanden.

3. Diese Wertung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar hat das Landgericht einen nicht mehr zutreffenden rechtlichen Maßstab angelegt; denn nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des (= BGHSt 46, 321 ff.) ist für den Bandenbegriff u. a. ein Tätigwerden in einem "übergeordneten Bandeninteresse" nicht mehr erforderlich. Dies gilt auch für das bandenmäßige Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (vgl. BGH NStZ 2002, 375, 376; ). Die Strafkammer hat jedoch rechtsfehlerfrei dargelegt, daß dem Angeklagten eine auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung zu (mindestens zwei) anderen Personen zu künftiger gemeinsamer Deliktsbegehung nicht nachgewiesen werden kann. Diese Voraussetzung zur Annahme einer Bande ist auch nach der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlich (vgl. BGHSt 46, 321, 329; BGH StV 2001, 407; ). Soweit die Staatsanwaltschaft aufgrund einer eigenen Würdigung zu dem Ergebnis kommt, der Angeklagte sei Mitglied der Bande um Abu K. gewesen, kann sie damit im Revisionsverfahren nicht gehört werden. Das gleiche gilt für ihre Vermutung, der Angeklagte könne mit seinem Geschäftspartner Ali Z. und anderen eine Bande gebildet haben.

4. Auch soweit die Staatsanwaltschaft rügt, die Strafkammer habe Veranlassung gehabt, bei der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten zu erörtern, ob er gewerbsmäßig gehandelt hat, hat sie keinen Erfolg. Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen will (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1, gewerbsmäßig 1, 5; Weber BtMG 2. Aufl. § 29 Rdn. 1362 m.w.N.). Nach den Feststellungen beabsichtigte der Angeklagte, einmal ein größeres Geschäft mit erheblichem Gewinn zu tätigen (UA 7, 15). Daß er - etwa später - einen auf Wiederholung gerichteten Tatwillen hatte und sich eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer verschaffen wollte, hat das Landgericht nicht feststellen können. Mit ihrem Argument, der Angeklagte habe sich in einem akuten "finanziellen Engpaß" befunden und aus "wirtschaftlichem Interesse" gehandelt, kann die Beschwerdeführerin ein gewerbsmäßiges Handeln nicht belegen.

Da die Revision der Staatsanwaltschaft weder zu Lasten noch zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) einen durchgreifenden Rechtsfehler hat erkennen lassen, ist sie als unbegründet zu verwerfen.

Fundstelle(n):
XAAAC-08284

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