BGH Urteil v. - XII ZR 352/00

Leitsatz

[1] Besteht bei einem gewerblichen Miet- oder Pachtverhältnis ein auffälliges Mißverhältnis zwischen der vereinbarten und der marktüblichen Miete oder Pacht, kann hieraus allein noch nicht auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten geschlossen werden. Vielmehr bedarf es angesichts der häufig auftretenden Bewertungsschwierigkeiten der tatrichterlichen Prüfung, ob dieses Mißverhältnis für den Begünstigten subjektiv erkennbar war (im Anschluß an Senatsurteil vom - XII ZR 49/99 - NJW 2002, 55).

Gesetze: BGB § 138; BGB § 535; BGB § 581 a.F.

Instanzenzug: LG Heidelberg

Tatbestand

Die Parteien streiten im wesentlichen darum, ob ein zwischen ihnen geschlossener Gaststättenpachtvertrag wegen eines auffällig überhöhten Pachtzinses sittenwidrig und deswegen ein Kaufvertrag über das Inventar der Gaststätte ebenfalls nichtig ist.

Der Beklagte verpachtete dem Kläger mit schriftlichem Vertrag vom die Gaststätte T. in H. für monatlich 6.000 DM einschließlich Mehrwertsteuer zuzüglich Nebenkosten. Der Kläger hat dem Beklagten gemäß § 6 des Pachtvertrags eine Kaution in Höhe von 24.000 DM in Form einer schriftlichen Bankbürgschaft gestellt, über die beide Parteien nur gemeinsam verfügen können. Der Kläger und der Widerbeklagte zu 3 (M. B. ) kauften ebenfalls am das Inventar der Gaststätte zum Preis von 110.000 DM vom Beklagten. Einen Teilbetrag von 70.000 DM zahlten der Kläger und der Widerbeklagte zu 3, die in dieser Höhe ein Darlehen ihrer Brauerei erhalten hatten, vereinbarungsgemäß sofort. Den Restbetrag von 40.000 DM sollten sie in monatlichen Raten von 1.000 DM ab leisten. Hiervon haben sie insgesamt 14.000 DM bezahlt, so daß noch 26.000 DM offen sind. Mit Vertrag vom verpachtete der Beklagte die Gaststätte an die Widerbeklagte zu 2 (Z. T. Gaststättenbetriebs GmbH) für eine monatliche Pacht von 6.000 DM zuzüglich 450 DM Nebenkosten einschließlich Mehrwertsteuer, wobei streitig ist, ob der Widerbeklagte zu 3, der für die Widerbeklagte zu 2 handelte, auch Pächter werden sollte.

Im Januar 1995 kündigte die Widerbeklagte zu 2 das Pachtverhältnis fristlos mit der Begründung, die Pacht sei auffällig überhöht. Anfang März 1995 kündigte auch der Beklagte das Pachtverhältnis fristlos wegen rückständiger Pachtzinsen. Die Gaststätte wurde am geräumt, wobei streitig ist, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das Inventar in der Gaststätte verblieben oder mitgenommen worden ist. Im Zeitpunkt der Räumung der Gaststätte waren die Nebenkosten für die Monate November 1994 bis Februar 1995 in Höhe von monatlich 450 DM und die Pacht für Dezember 1994 bis Februar 1995 von monatlich 6.000 DM sowie der Anteil für März 1995 in Höhe von 2.000 DM, insgesamt somit 21.800 DM, nicht bezahlt.

Der Kläger, der geltend macht, das Pachtverhältnis zwischen ihm und dem Beklagten sei bereits im Oktober 1993 beendet worden, verlangt vom Beklagten mit der Klage die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde. Der Beklagte verlangt vom Kläger und den Widerbeklagten zu 2 und 3 im Wege der Widerklage die Zahlung der - rechnerisch unstreitigen - Pacht- und Nebenkostenrückstände von insgesamt 21.800 DM nebst Zinsen sowie vom Kläger zusätzlich die Zustimmung zur Auszahlung dieses Betrages aus der Bankbürgschaft. Die Widerbeklagten zu 2 und 3 machen geltend, der Widerbeklagte zu 3 sei nie Pächter geworden. Außerdem sei der Pachtvertrag wegen eines auffällig überhöhten Pachtzinses sittenwidrig. Deswegen sei auch der Kaufvertrag nichtig. Sie haben daher gegen den Beklagten Wider-Widerklage auf Rückzahlung überzahlter Pacht in Höhe von 46.908 DM und des gezahlten Kaufpreises in Höhe von 84.000 DM erhoben.

Das Landgericht hat Pacht- und Kaufvertrag als wirksam angesehen. Es hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger die Bürgschaftsurkunde Zug um Zug gegen Zahlung des Restkaufpreises von 26.000 DM für das Gaststätteninventar zurückzugeben. Die Widerklage des Beklagten gegen den Kläger auf Zahlung der restlichen Pacht in Höhe von 21.800 DM nebst Zinsen und auf seine Zustimmung zur Auszahlung dieses Betrages aus der Bürgschaft hat es abgewiesen, weil der Kläger spätestens mit Abschluß des neuen Pachtvertrages vom aus dem Pachtverhältnis ausgeschieden sei. Auch gegen den Widerbeklagten zu 3 blieb die Widerklage mangels Passivlegitimation erfolglos. Dagegen hat es die Widerbeklagte zu 2 zur Zahlung des genannten Betrages verurteilt. Die Wider-Widerklage der Widerbeklagten zu 2 und 3 gegen den Beklagten auf Rückzahlung überzahlter Pacht (46.908 DM) und des Kaufpreises für das Inventar (84.000 DM) hat es mangels Sittenwidrigkeit des Pachtvertrags abgewiesen.

Auf die Berufungen des Klägers und der Widerbeklagten zu 2 und 3 hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung der Anschlußberufung des Beklagten den Pachtvertrag als sittenwidrig und den Kaufvertrag deswegen als nichtig angesehen. Es hat den Beklagten zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an den Kläger verurteilt. Die Widerklage des Beklagten auf rückständige Pacht hat es abgewiesen. Auf die von den Widerbeklagten zu 2 und 3 ihrerseits erhobenen (Wider-)Widerklagen hat es den Beklagten zur Rückzahlung überhöhter Pacht von 16.894,62 DM an die Widerbeklagte zu 2 und zur Rückzahlung des Kaufpreises für das Inventar in Höhe von 71.000 DM an den Widerbeklagten zu 3 verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat angenommene Revision des Beklagten, mit der er seine zweitinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.

Gründe

Da der Kläger und die Widerbeklagte zu 2 trotz ordnungsgemäßer Ladung in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten waren, ist über die Revision des Beklagten auf dessen Antrag in bezug auf den Kläger und die Widerbeklagte zu 2 durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht jedoch auch insoweit nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81).

Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Widerklage des Beklagten auf rückständige Pacht und Nebenkosten (21.800 DM) gegen den Widerbeklagten zu 3 richtet. Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Widerklage damit begründet, daß der Widerbeklagte zu 3 nach dem Pachtvertrag vom nicht Pächter wurde. Gegen diese Auslegung des Pachtvertrages wendet sich die Revision nicht. Revisionsrechtlich erhebliche Fehler des Berufungsgerichts sind insoweit auch sonst nicht ersichtlich.

Im übrigen ist die Revision des Beklagten begründet. Sie führt in diesem Umfang zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Kläger habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde und schulde den Widerbeklagten zu 2 und 3 die Rückzahlung überhöhter Pacht bzw. Rückzahlung des Kaufpreises für das Inventar, weil der Pachtvertrag nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und deswegen der Kaufpreis über das Inventar gemäß § 139 BGB ebenfalls nichtig sei. Der Pachtvertrag sei sittenwidrig, weil zwischen Leistung und Gegenleistung ein besonders auffälliges Mißverhältnis bestehe. Denn nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen S. betrage die ortsübliche Pacht für vergleichbare Gaststätten 3.122,82 DM einschließlich 15 % MWSt. Die vereinbarte Pacht von 6.000 DM liege damit um 92 % über der ortsüblichen Pacht. Dieses besonders auffällige, grobe Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung rechtfertige den Schluß auf eine verwerfliche Gesinnung des Beklagten. Der Widerbeklagten zu 2 stehe daher für die Monate Februar 1994 bis November 1994, in denen sie die Pacht bezahlt habe, gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 2 BGB ein Bereicherungsanspruch in Höhe von 28.771,80 DM (6.000 DM - 3.122,82 DM = 2.877,18 DM x 10) zu. Von diesem Betrag seien 12.209,40 DM abzuziehen. Dies sei der Wertersatz, den die Widerbeklagte zu 2 dem Beklagten für die Überlassung der Gaststätte von Dezember 1994 bis schulde (3.122,82 DM x 3 zuzüglich 1.040,94 DM für März 1995 zuzüglich 1.800 DM Nebenkosten).

Dem Widerbeklagten zu 3 stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises für das Inventar in Höhe von 71.000 DM zu. Der Widerbeklagte zu 3 sei vom Kläger ermächtigt worden, diesen Anspruch, der materiell auch dem Kläger zustehe, im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft alleine geltend zu machen. Die Nichtigkeit des Pachtvertrages führe gemäß § 139 BGB auch zur Nichtigkeit des Kaufvertrags. Zwar hätten die Kläger insgesamt 84.000 DM auf den Kaufpreis bezahlt. Von diesem Betrag sei jedoch der Wert der Nutzung des Inventars für 13 Monate in Höhe von insgesamt 13.000 DM abzuziehen, so daß ein Anspruch von 71.000 DM verbleibe.

Dem Kläger stehe, auch wenn er nicht bewiesen habe, mit Abschluß des Pachtvertrags vom aus dem Pachtvertrag vom entlassen worden zu sein, ein uneingeschränkter Anspruch auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde zu; der Beklagte habe nämlich keinen Anspruch auf Zahlung des restlichen Kaufpreises in Höhe von 26.000 DM. Ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten an der Bürgschaftsurkunde nach § 273 BGB entfalle daher schon aus diesem Grunde.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ansatz des Oberlandesgerichts, daß bei der Prüfung, ob ein Gaststättenpachtvertrag ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung aufweist und der Vertrag bei Hinzutreten subjektiver Umstände deshalb als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, der angemessene orts- bzw. marktübliche Pachtzins für die Gebrauchsüberlassung der Gaststätte der tatsächlich vereinbarten Pacht gegenüberzustellen ist. Die sogenannte EOP-Methode (an der Ertragskraft orientierte Pachtwertfindung) und die von ihr abgeleitete sogenannte indirekte Vergleichsmethode sind hingegen nicht geeignet, den zum Vergleich heranzuziehenden marktüblichen Pachtzins zu bestimmen (BGHZ 141, 257; Senatsurteil vom - XII ZR 49/99 - NJW 2002, 55).

2. Die Revision rügt auch ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe das Gutachten des Sachverständigen S. nicht verwerten dürfen.

a) Entgegen den Ausführungen der Revision ist nicht zu beanstanden, daß das Oberlandesgericht in den Rügen des Beklagten, der Sachverständige habe gegen seine Pflicht zur Neutralität verstoßen, kein Ablehnungsgesuch gesehen hat. Das Berufungsgericht hat sich außerdem im Rahmen der Beweiswürdigung, wie erforderlich (vgl. Senatsurteil vom - IVa ZR 108/80 - NJW 1981, 209), mit den Vorwürfen des Beklagten zur angeblichen Befangenheit des Sachverständigen auseinandergesetzt. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, daß der Sachverständige nicht befangen ist und sein Gutachten deshalb verwertet werden kann. Der Senat hat die hiergegen erhobenen Rügen der Revision geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO a.F.).

b) Nach Meinung der Revision ist das Gutachten auch deswegen nicht verwertbar, weil die Ausführungen des Sachverständigen gegen die Denkgesetze und allgemeinen Erfahrungssätze verstoßen würden. Hierzu rügt die Revision, der Gutachter hätte bei der Berechnung der ortsüblichen Pacht die Tatsache berücksichtigen müssen, daß die streitgegenständliche Gaststätte im Gegensatz zu den vom Sachverständigen herangezogenen Vergleichsgaststätten mehr Außen- als Innenplätze habe. Die Ausführungen des Sachverständigen, die gegenüber den Innenplätzen erhöhte Anzahl von Außenplätzen sei ohne Einfluß auf die Bewertung der Pachtsache, sei schlichtweg nicht nachvollziehbar. Damit dringt die Revision nicht durch.

Das Oberlandesgericht konnte den Ausführungen des Sachverständigen auch darin folgen, daß die Sitzplätze im Gastraum als Basis anzusetzen seien und daß der Umstand, daß die Gaststätte mehr Außen- als Innenplätze aufweise, nicht zu einer höheren Pacht führe, weil die Außenplätze lediglich als Sitzplatzausgleich an warmen Tagen dienten und die Gaststätte im übrigen relativ abgelegen außerhalb der Fußgänger- und Touristenzone liege.

3. Das Oberlandesgericht ist auch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß wegen der von ihm festgestellten Überteuerung der Pacht um rund 92 % ein besonders auffälliges, grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Dieses besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nämlich schon dann, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (vgl. BGHZ 141, 257, 262; 146, 248, 302). Rechtsfehlerhaft war es jedoch, daß das Berufungsgericht keine tatrichterliche Würdigung vorgenommen hat, ob dieses Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung für den Beklagten erkennbar war, sondern allein aus dem Vorliegen des groben Mißverhältnisses auf eine verwerfliche Gesinnung des Beklagten geschlossen hat. Im einzelnen:

a) Ein Vertrag ist als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Mißverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten, z.B. eine verwerfliche Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten (BGHZ 141, 257, 263). Ein besonders auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung legt im allgemeinen den Schluß auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten nahe (st.Rspr. vgl. - NJW 2000, 2669, 2670). Für bestimmte Vertragstypen hat der Bundesgerichtshof allein wegen eines auffälligen Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten geschlossen, auch wenn im konkreten Fall keine weiteren, für ein sittenwidriges Verhalten des Begünstigten sprechende Umstände hinzukamen. Dies gilt insbesondere für Teilzahlungs- oder Ratenkreditverträge mit privaten Kunden (BGHZ 80, 153, 161; 98, 174, 178 m.N.) und für Grundstückskaufverträge (BGHZ 146, 248, 302 m.N.).

b) Wie der Senat indes zwischenzeitlich entschieden hat (Senatsurteil vom aaO, 57), sind auf die Prüfung, ob ein gewerblicher Miet- oder Pachtvertrag als wucherähnlich nichtig ist, nicht ohne weiteres die Grundsätze zu übertragen, die im Rahmen von Teilzahlungs- oder Ratenkreditverträgen sowie Grundstückskaufverträgen in bezug auf die Feststellung der verwerflichen Gesinnung des Begünstigten gelten. Auch in diesen Fällen verzichtet die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings nicht auf das subjektive Element der Sittenwidrigkeit. Sie geht lediglich davon aus, daß das vorliegende auffällige Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung einen hinreichend sicheren Rückschluß darauf zuläßt, daß auch dieses subjektive Element - die verwerfliche Gesinnung des Begünstigten - gegeben ist. Ein solcher Rückschluß setzt aber voraus, daß sich der Begünstigte nach der allgemeinen Lebenserfahrung zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat, es liege ein auffälliges Mißverhältnis vor (vgl. BGHZ 146 aaO 303, 304). Davon kann nur dann ausgegangen werden, wenn der Marktwert der Leistung für ihn in etwa erkennbar war. Dies ist bei Darlehensverträgen von Kreditbanken mit Privatpersonen stets und bei Grundstücksgeschäften Privater regelmäßig der Fall (vgl. BGHZ 146 aaO 303, 304). Im Gegensatz dazu kommt es jedoch, wie der Senat in seinem Urteil vom aaO 57 im einzelnen dargelegt hat, beim Abschluß von gewerblichen Miet- und Pachtverträgen nicht nur in Ausnahmefällen zu Bewertungsschwierigkeiten. Deshalb ist bei gewerblichen Mietverträgen regelmäßig eine tatrichterliche Würdigung erforderlich, ob das auffällige Mißverhältnis für den Begünstigten erkennbar war.

4. Das Berufungsurteil ist demnach im vorbezeichneten Umfang aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen hat, ob neben dem Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung weitere Umstände oder weitere Regelungen in dem Vertrag für eine verwerfliche Gesinnung des Beklagten sprechen (vgl. dazu Senatsurteil vom aaO, 57) oder ob für den Beklagten das grobe Mißverhältnis nicht erkennbar war.

5. Für das weitere Verfahren dürfte folgendes zu beachten sein:

Sollte das Berufungsgericht zum Ergebnis kommen, der Kaufvertrag sei gültig, dürfte zu prüfen sein, ob im Verhältnis der Parteien das Verbraucherkreditgesetz anzuwenden ist und ob der Beklagte vom Kaufvertrag zurückgetreten ist, weil er, was von ihm jedoch bestritten wird, das Inventar an sich genommen hat (§ 13 Abs. 3 VerbrKrG i.V. mit § 346 ff. BGB a.F.). Klärungsbedürftig wäre in diesem Zusammenhang auch, ob der Beklagte beim Verkauf des Inventars in Ausübung seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit (§ 1 Abs. 1 VerbrKrG) handelte und ob der Kaufvertrag mit dem Kreditvertrag der Brauerei ein verbundenes Geschäft i.S. von § 9 Abs. 1 VerbrKrG bildet.

Zweifelhaft erscheint weiterhin, ob, wovon die Parteien aber anscheinend ausgehen, der Kläger, selbst wenn Pacht- und Kaufvertrag nichtig sein sollten, die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an sich verlangen kann. Denn bei Wegfall des Sicherungszwecks steht, wenn sich nicht aus den jeweiligen vertraglichen Beziehungen etwas anderes ergibt, der Anspruch auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde entsprechend § 371 BGB dem Bürgen und nicht dem Pächter zu (vgl. OLG Celle ZMR 2002, 812; OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 668). Der Kläger könnte daher vom Beklagten allenfalls die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die bürgende Bank verlangen.

Fundstelle(n):
HAAAC-06665

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja