BGH Beschluss v. - XII ZR 27/00

Leitsatz

[1] Zur Bewertung einer gesellschaftsrechtlich ausgestalteten Mitarbeiterbeteiligung im Zugewinnausgleich, wenn die Parteien die daraus künftig zu erwartenden laufenden Erträge in einem Unterhaltsvergleich bereits als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen berücksichtigt haben (Abgrenzung zum Senatsurteil BGHZ 75, 195).

Gesetze: BGB § 1376

Instanzenzug: AG Hamburg

Tatbestand

Die Parteien, deren am geschlossenen Ehe durch insoweit rechtskräftiges Verbundurteil vom geschieden wurde, streiten im Rahmen des Zugewinnausgleichs im Revisionsverfahren noch um die Bewertung einer stillen Beteiligung des Antragsgegners.

Die Parteien waren zu Beginn ihrer Ehe vermögenslos. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts belief sich das Endvermögen der Antragstellerin zum Stichtag auf 9.756,96 DM, das des Antragsgegners - ohne die stille Beteiligung - auf 52.437,47 DM (unstreitige Vermögenswerte von 19.503,88 DM zuzüglich einer Darlehensforderung von 35.054,00 DM und eines Kautionsrückzahlungsanspruchs von 3.000 DM abzüglich Bankverbindlichkeiten von 5.120,41 DM.

Mit der stillen Beteiligung hat es folgende Bewandtnis:

Der 1944 geborene Antragsgegner ist seit vielen Jahren beim S. -V. in Hamburg beschäftigt, der seinen Mitarbeitern unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit bietet, sich als stille Gesellschafter an einer Mitarbeiter-Kommanditgesellschaft zu beteiligen, die ihrerseits an den Verlagsgesellschaften beteiligt ist und 49,5 % der von diesen ausgeschütteten Gewinne erhält sowie eigene Gewinne aus der Anlage flüssiger Mittel erzielt. Der Nominalwert der stillen Beteiligung, der auf maximal 7.250 DM begrenzt ist, bemißt sich nach einem Punktesystem, mit dessen Hilfe der für den jeweiligen stillen Gesellschafter maßgebliche Werte aus dessen Jahreseinkommen und dessen Dienstjahren errechnet wird. Der Antragsgegner hatte von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und war am Stichtag mit der Höchsteinlage von 7.250 DM, die bedingungsgemäß weder verpfändbar noch abtretbar ist, beteiligt.

Der Gesellschaftsvertrag sieht vor, daß der verteilungsfähige Gewinn der KG bis zur Gesamthöhe von 1 Mio. DM nach Kopfteilen und im übrigen - ebenso wie ein eventueller Verlust, der indes keine Nachschußpflicht auslöst - entsprechend der jeweiligen Höhe der Beteiligung unter den stillen Gesellschaftern (am : 740 Gesellschafter mit Einlagen zwischen 250 und 7.250 DM) verteilt wird, die ihren Gewinnanteil zu 60 % für die persönlichen Steuern, zu 10 % als langfristiges Darlehen an die KG und - bis zum Erreichen des 55. Lebensjahres - zu 30 % für die individuelle Altersversorgung und Vermögensbildung einzusetzen haben. Die der KG gewährten Darlehen haben eine Laufzeit von 18 Jahren und erbringen 4 % Zinsen p.a., die jährlich mit dem Gewinnanteil ausgeschüttet werden. Bei Beendigung der stillen Beteiligung, die unter anderem mit dem Ende des Dienstverhältnisses zum Verlag endet, erhält der Gesellschafter lediglich den Nennwert seiner Einlage zurück.

An Gewinnanteilen aus dieser Beteiligung erhielt der Antragsgegner 1993 67.000 DM, 1994 rund 32.000 DM, 1995 rund 21.000 DM, 1996 18.000 DM und 1997 knapp 27.000 DM. Seine Darlehensforderung gegenüber der KG war zum Stichtag auf den vorstehend bereits berücksichtigten Betrag von 35.054 DM angewachsen.

Im Scheidungsverfahren haben die Parteien am einen Unterhaltsvergleich geschlossen und dabei ausdrücklich zur Vergleichsgrundlage gemacht, daß 70 % der Nettobeträge der dort als "Tantiemen" bezeichneten Gewinnanteile als unterhaltsrelevantes Einkommen des Antragsgegners angesetzt werden.

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, die stille Beteiligung sei auf der Grundlage des voraussichtlichen Ertrags bei einer vom Stichtag an gerechneten Betriebszugehörigkeit des Antragsgegners von 15 Jahren und 7 Monaten bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres mit mindestens 200.000 DM anzusetzen, während der Antragsgegner nur den Nennwert von 7.250 DM für maßgeblich hält, da er bei seinem Ausscheiden nur diesen zurückerhalte.

Das Amtsgericht hat die Beteiligung auf der Grundlage eines eingeholten Sachverständigengutachtens mit 168.480 DM bewertet und der Antragstellerin insgesamt 66.540,34 DM Zugewinnausgleich zugesprochen.

Auf die Berufung des Antragsgegners hat das Berufungsgericht, das die Beteiligung nur mit dem Nennwert bewertet, dem Zahlungsantrag in Höhe von (52.437,47 DM + 7.250,00 DM - 9.756,96 DM) : 2 = 24.965,26 DM stattgegeben und den weitergehenden Zahlungsanspruch, auch soweit er mit der Anschlußberufung der Antragstellerin geltend gemacht wurde, abgewiesen. Dagegen richtet sich die (zugelassene) Revision der Antragstellerin, mit der sie ihr zweitinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Gründe

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

Zutreffend weist das Berufungsgericht auf die Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile BGHZ 75, 195 = FamRZ 1980, 37 ff. sowie vom - XII ZR 84/97 - FamRZ 1999, 361) zur Bewertung unveräußerlicher Unternehmensbeteiligungen im Zugewinnausgleich hin. Danach ist in Fällen, in denen der Gesellschafter bei seinem Ausscheiden nur eine geringere Abfindung erhält, als sie dem anteiligen Unternehmenswert entspricht, grundsätzlich nicht nur dieser Abfindungswert zugrunde zu legen, sondern auch der in der Vergangenheit aufgebaute und am Stichtag vorhandene Nutzungswert zu bemessen, den die Beteiligung für den Inhaber hat (vgl. ferner Senatsurteil vom - IVb ZR 69/85 - FamRZ 1986, 1196, 1197). Die eingeschränkte Verfügbarkeit der Beteiligung ist insoweit allenfalls wertmindernd zu berücksichtigen.

Das Berufungsgericht legt indes mit umfangreicher Begründung dar, diese Bewertung werde den Besonderheiten der hier zu beurteilenden Mitarbeiterbeteiligung nicht gerecht. Deren Bestand und Höhe sei nämlich untrennbar mit dem Arbeitsverhältnis des Antragsgegners verknüpft; zudem seien die Gewinnanteile bis 1975 als Gehaltsbestandteile und erst danach als Kapitalerträge zu versteuern gewesen. Die geänderte steuerliche Behandlung der Erträge rechtfertige es nicht, diese zivilrechtlich anders zu beurteilen als zuvor, nämlich - bezogen auf den Stichtag - als künftiges Arbeitseinkommen, welches nicht dem Zugewinn unterliege.

Für diese Beurteilung spricht, daß der im Zugewinnausgleich zu berücksichtigende Nutzungswert sich auf die am Stichtag vorhandenen Nutzungsmöglichkeiten beschränkt - so etwa bei einer Beteiligung an einer freiberuflichen Praxis die Nutzung eines Mandantenstammes - und nicht etwa künftig zu erzielende Gewinne zu kapitalisieren und hinzuzurechnen sind (vgl. Senatsurteil vom aaO 363), während sich im vorliegenden Fall ein den Abfindungsbetrag übersteigender objektiver Wert der stillen Beteiligung des Antragsgegners allein aus der Aussicht ergibt, auch künftig am Gewinn der Mitarbeiter-KG beteiligt zu werden. Anders als in dem Fall, der dem Senatsurteil BGHZ 75 aaO zugrundelag, wird die durch die Abfindungsklausel bedingte Wertminderung der stillen Beteiligung auch nicht durch die Chance kompensiert, beim Ausscheiden eines anderen Gesellschafters davon zu profitieren, daß auch dieser nur den Abfindungsbetrag erhält und der darüber hinausgehende wirkliche Wert seiner Beteiligung den verbleibenden Gesellschaftern zugute kommt. Denn das Ausscheiden von Gesellschaftern aus der Mitarbeiter-KG wird nach dem Beteiligungskonzept dadurch kompensiert, daß jüngere Mitarbeiter als neue Gesellschafter in die KG eintreten, ohne hierfür ein Entgelt an die Gesellschaft zu entrichten.

Es bedarf jedoch letztlich keiner Entscheidung, ob die tatrichterliche Bewertung der stillen Beteiligung an der fraglichen Mitarbeiter-KG durch das Berufungsgericht der revisionsrechtlichen Prüfung generell standhält. Ihre Bewertung mit dem Abfindungsbetrag erweist sich nämlich im vorliegenden Fall schon deshalb als gerechtfertigt, weil die Parteien die nach dem Stichtag anfallenden Gewinnanteile des Antragsgegners als zusätzliches unterhaltsrelevantes Arbeitseinkommen ("Tantiemen") in ihren Unterhaltsvergleich einbezogen haben. Dies ist im Rahmen der Privatautonomie der Parteien (§§ 1408 Abs. 1, 127a BGB) zu respektieren und erscheint angesichts der im vorliegenden Rechtsstreit zutage getretenen Bewertungsschwierigkeiten jedenfalls sachgerecht, da der Unterhaltsbetrag, zu dessen Zahlung sich der Antragsgegner verpflichtet hat, einer unerwarteten Entwicklung der Gewinnanteile in den Folgejahren angepaßt werden kann, während eine Bewertung im Zugewinnausgleich, die auf einer Prognose der künftigen Gewinnentwicklung beruht, nach Durchführung des Zugewinnausgleichs auch dann nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, wenn sich diese Prognose in der Folgezeit als verfehlt erweist.

Der von den Parteien vereinbarte unterhaltsrechtliche Ausgleich der künftigen Gewinnanteile steht jedenfalls dem von der Antragstellerin begehrten Ausgleich eines den Abfindungswert der Beteiligung übersteigenden Zugewinns entgegen. Zu Recht wendet die Revisionserwiderung ein, andernfalls partizipiere die Antragstellerin an der Beteiligung des Antragsgegners in zweifacher Weise, nämlich vorab im Zugewinnausgleich an dem durch die künftigen Gewinnerwartungen geprägten Vermögenswert der Beteiligung und sodann im Wege des Unterhalts nochmals an jenen nunmehr als Einkommen des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigenden Gewinnanteilen.

Eine solche zweifache Teilhabe widerspräche dem Grundsatz, daß ein güterrechtlicher Ausgleich nicht stattzufinden hat, soweit eine Vermögensposition bereits auf andere Weise, sei es unterhaltsrechtlich oder im Wege des Versorgungsausgleichs, ausgeglichen wird. Für das Verhältnis zwischen Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich ergibt sich dies bereits aus § 1587 Abs. 3 BGB. Für das Verhältnis zwischen Unterhalt und Zugewinnausgleich kann nichts anderes gelten, auch wenn es insoweit an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung fehlt.

So wäre es beispielsweise unbillig, einen Ehegatten auch güterrechtlich an einer dem anderen Ehegatten vor dem Stichtag ausgezahlten Arbeitnehmerabfindung teilhaben zu lassen, soweit er daran bereits durch die Gewährung des unter Einbeziehung dieser insoweit als Einkommen behandelten Abfindung bemessenen Unterhalts partizipiert (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2000, 611, 612; Klingelhöffer BB 1997, 2216, 2217). Auf dem gleichen Gedanken beruht auch die Erwägung, daß der Ehegatte, der im Anwaltshaftungsprozeß Schadensersatz wegen einer aufgrund falscher Beratung im Zugewinnausgleich nicht geltend gemachten Vermögensposition des anderen Ehegatten verlangt, sich darauf gegebenenfalls den Vorteil anrechnen lassen muß, der sich aus einer Berücksichtigung dieser Position in einem Unterhaltsvergleich ergibt (vgl. - FamRZ 1998, 362, 364). Auch außerhalb des Güterrechts ist eine doppelte Teilhabe eines Ehegatten an geldwerten Positionen des anderen nicht gerechtfertigt; so kann etwa neben einem rechtskräftig titulierten Trennungsunterhalt, bei dem der Nutzungsvorteil mietfreien Wohnens in der bisherigen Ehewohnung dem unterhaltspflichtigen Ehegatten bereits als Einkommen zugerechnet worden ist, nicht für den gleichen Zeitraum ein Nutzungsentgelt verlangt werden (vgl. Senatsurteil vom - IVb ZR 83/84 - FamRZ 1986, 436, 437; Hahne FF 1999, 99, 103).

Fundstelle(n):
DB 2003 S. 603 Nr. 11
OAAAC-06573

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein