BGH Urteil v. - VII ZR 385/02

Leitsatz

[1] Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu einem Bauvertrag "... Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers wegen bei Abnahme erkennbarer Mängel sind ausgeschlossen, wenn diese Mängel nicht binnen einer Frist von zwei Wochen seit Abnahme der ... (Auftragnehmerin) gegenüber schriftlich vorgebracht werden. Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln, die bei der Abnahme nicht erkennbar waren, sind ausgeschlossen, wenn sie vom Auftraggeber nicht binnen einer Frist von zwei Wochen nach Erkennbarkeit schriftlich gegenüber der ... (Auftragnehmerin) vorgebracht werden" verstößt auch bei Verwendung im kaufmännischen Bereich gegen § 9 AGBG und ist unwirksam.

Gesetze: AGBG § 9 Bf; AGBG § 9 Cf; AGBG § 24

Instanzenzug: OLG Schleswig vom LG Kiel

Tatbestand

Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn für Steinsetz- und Pflasterarbeiten. Sie hat als Subunternehmerin der Beklagten nur einen ersten Bauabschnitt fertiggestellt. Bestandteil des Vertrages der Parteien sind die Leistungs- und Zahlungsbedingungen (LZB) der Klägerin und nachrangig dazu die VOB/B.

Mit Datum vom erklärte die Beklagte die Abnahme der bis dahin erbrachten Leistung mit dem Zusatz: "... ohne sichtbare Mängel". Weiter heißt es in dem Abnahmeschreiben, die Gewährleistungsfrist betrage gemäß § 13 VOB/B zwei Jahre. Die Klägerin hat dieses Schreiben gegengezeichnet, dabei aber die Klausel zur Gewährleistung dahingehend geändert, daß die Gewährleistungsfrist nach ihren Leistungs- und Zahlungsbedingungen zwei Wochen betrage.

§ 7 Abs. 1 LZB bestimmt:

"Werden bei der Abnahme keine Mängelrügen vorgebracht, dann gilt die Abnahme als ohne Beanstandung erfolgt. Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers wegen bei Abnahme erkennbarer Mängel sind ausgeschlossen, wenn diese Mängel nicht binnen einer Frist von zwei Wochen seit Abnahme der ... (Klägerin) gegenüber schriftlich vorgebracht werden. Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln, die bei der Abnahme nicht erkennbar waren, sind ausgeschlossen, wenn sie vom Auftraggeber nicht binnen einer Frist von zwei Wochen nach Erkennbarkeit schriftlich gegenüber der ... (Klägerin) vorgebracht werden".

Die von der Klägerin vorgenommene Änderung der Gewährleistungsklausel im Abnahmeschreiben veranlaßte die Beklagte, sich nicht mehr an ihre Abnahme gebunden zu fühlen und eine erneute Abnahme vorzuschlagen, die nicht stattfand. In der Folgezeit machte die Beklagte Mängel geltend und erklärte nach vergeblicher Fristsetzung zur Mängelbeseitigung mit Schreiben vom , den Auftrag zu entziehen und den Vertrag gemäß § 8 Nr. 3 VOB/B zu kündigen. Daraufhin verlangte die Klägerin neben dem restlichen Werklohn für die erbrachten Leistungen auch das Entgelt abzüglich ersparter Aufwendungen für die nicht erbrachten Leistungen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr dem Grunde nach stattgegeben und wegen der Höhe die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten strebt die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils an.

Gründe

Die Revision ist begründet.

Auf das Schuldverhältnis sowie das Berufungsverfahren finden die bis zum geltenden Gesetze Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB, § 26 Nr. 5 EGZPO).

I.

Nicht zu beanstanden ist, daß das Berufungsgericht vorab über den Grund entschieden und wegen der Höhe die Sache an das Landgericht zurückverwiesen hat (§§ 538 Abs. 1 Nr. 3, 540 ZPO). Die von der Revision hiergegen vorgebrachten Rügen erachtet der Senat nicht für durchgreifend und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab (§ 564 Satz 1 ZPO n.F.).

II.

1. Das Berufungsgericht geht von der Revision unbeanstandet davon aus, dass am das Werk abgenommen worden ist. Es ist der Ansicht, das Schreiben der Beklagten vom enthalte eine ordentliche Kündigung gemäß § 8 Nr. 1 VOB/B. Eine außerordentliche Kündigung wegen während der Bauausführung unterlassener Mängelbeseitigung komme nach der Abnahme nicht mehr in Betracht. Ferner seien die Voraussetzungen einer Kündigung aus wichtigem Grund nicht gegeben.

Die Beklagte könne sich auf Mängel, die sie bei der Abnahme gekannt habe, mangels Vorbehalt nicht mehr berufen. Insbesondere aber könne sie sich nicht mehr auf Mängel berufen, weil sie sie nicht innerhalb der Frist gemäß § 7 Abs. 1 LZB geltend gemacht habe.

§ 7 Abs. 1 LZB sei im Verhältnis zwischen den Parteien wirksam. Bei Verwendung gegenüber Verbrauchern sei die Klausel zwar wegen der Kürze der Fristen gemäß § 11 Nr. 10 e AGBG unwirksam. Im kaufmännischen Verkehr dagegen seien Ausnahmen anerkannt. Hier ergebe sich der Kontrollmaßstab aus § 9 AGBG.

Es sei nicht zu entscheiden, ob § 7 Abs. 1 LZB für den gesamten Bereich der Baubranche einer Inhaltskontrolle gemäß § 9 AGBG standhalte. Jedenfalls bei den besonderen Bauleistungen der Steinsetz- und Pflasterarbeiten seien die in der Klausel vorgesehenen kurzen Fristen zumutbar und benachteiligten die Beklagte nicht unangemessen. Die überregional tätige Beklagte könne vor Ort jemanden mit regelmäßigen Kontrollen beauftragen, etwa die für den fraglichen Straßenabschnitt zuständige Gemeinde, die im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht ohnehin die Straßenstücke regelmäßig überprüfen müsse. Im übrigen bestehe die Gefahr, daß "Nachfolgegewerke", etwa Schwerlastverkehr bei der Bebauung eines Neubaugebietes, Straßenschäden verursachten. Angesichts dieser Gefahr bestehe ein schützenswertes Interesse, zügig innerhalb von 14 Tagen Mängel mitgeteilt zu bekommen, um Verantwortlichkeiten klären zu können.

2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht Stand.

a) Das Berufungsgericht geht allerdings zutreffend davon aus, daß hinsichtlich der abgenommenen Leistung das Stadium der Bauausführung mit den Ansprüchen nach § 4 VOB/B mit der Abnahme endet. Eine Kündigung gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Nr. 7 VOB/B kann dann nicht mehr ausgesprochen werden. In dem mit der Abnahme beginnenden Stadium der Mängelhaftung richten sich die Ansprüche wegen Mängeln nicht mehr nach § 4, sondern nach § 13 VOB/B.

b) Das Berufungsgericht hat entgegen der Revision die Möglichkeit einer Kündigung aus wichtigem Grund nach einer Teilabnahme nicht ausgeschlossen. Es hat jedoch vorliegend die Voraussetzungen für eine solche Kündigung schon deshalb nicht feststellen können, weil es der Auffassung ist, die Beklagte könne sich wegen der Regelung in § 7 Abs. 1 LZB auf Mängel der Teilleistung nicht berufen.

c) Der Beklagten kann eine Berufung auf Mängel nicht mit der Begründung versagt werden, sie habe die in § 7 Abs. 1 LZB vorgesehenen zweiwöchigen Fristen ab Erkennbarkeit nicht eingehalten. § 7 Abs. 1 LZB verstößt gegen § 9 AGBG und ist unwirksam.

aa) Das Berufungsgericht nimmt zutreffend an, daß es sich bei § 7 Abs. 1 LZB um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt und daß diese Klausel bei Verwendung gegenüber einem Verbraucher gemäß § 11 Nr. 10 e AGBG unwirksam ist. Die Klausel setzt dem anderen Vertragsteil für die Anzeige nicht offensichtlicher Mängel eine Ausschlußfrist, die kürzer ist, als die Verjährungsfrist für den gesetzlichen Gewährleistungsanspruch. Die Ausschlußfrist knüpft an die Erkennbarkeit an und umfaßt lediglich zwei Wochen. Die in der Klausel genannten "erkennbaren" Mängel sind "nicht offensichtlich" im Sinne des Gesetzes (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 11 Nr. 10 Rdn. 71).

Richtig ist ferner, daß § 11 AGBG gegenüber der Beklagten, die kein Verbraucher, sondern als GmbH Kaufmann ist, nicht unmittelbar gilt (§ 24 AGBG). Maßgeblich ist vielmehr § 9 AGBG. Dadurch ist das Klauselverbot in § 11 Nr. 10 e AGBG jedoch nicht unbeachtlich. Vielmehr behalten die im kaufmännischen Bereich nicht anzuwendenden Klauselverbote des § 11 AGBG ihre Bedeutung als Indizien für eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners (, BGHZ 90, 273; Urteil vom - X ZR 54/86, BGHZ 103, 316, 328; ständige Rechtsprechung).

bb) Die zweiwöchigen Ausschlußfristen ab Erkennbarkeit in § 7 Abs. 1 LZB benachteiligen den Vertragspartner des Verwenders, mithin die Beklagte, entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 9 AGBG). Gewährleistungsansprüche, die nach der Abnahme in Betracht kommen, können regelmäßig bis zum Ende der Verjährungsfrist und unabhängig davon geltend gemacht werden, ob die Mängel zuvor schon erkennbar waren. Eine im Ergebnis zeitliche Verkürzung kann rechtlich auch im kaufmännischen Bereich nur anerkannt werden, wenn ausreichend Gründe für sie bestehen. § 11 Nr. 10 e AGBG indiziert, daß das im allgemeinen nicht der Fall ist. Der Verlust des Mängelrügerechts mit der Folge des Anspruchsverlustes ist grundsätzlich erst dann zu rechtfertigen, wenn der Auftraggeber zumutbaren, zur redlichen Abwicklung des Vertrages gebotenen Obliegenheiten nicht nachkommt (, NJW 1985, 3016).

Auf dieser Grundlage ist eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die eine "unverzügliche" Anzeige verlangt, sogar bei einem berechtigten Interesse an einer besonders zügigen Schadensabwicklung unwirksam (, NJW 1999, 1031). Demgegenüber setzt § 7 Abs. 1 LZB immerhin eine gewisse, wenn auch kurz bemessene Frist. Auch das bedeutet eine unangemessene Benachteiligung. Die Abwicklung von Gewährleistungsansprüchen im Bauwesen kennt kein herausgehobenes Beschleunigungsinteresse, das es rechtfertigen könnte, laufende Kontrollen während der Gewährleistungsfrist zuzumuten, um innerhalb kurzer Fristen jeweils erkennbare Mängel anzuzeigen. Ein dahingehendes Erfordernis oder ein entsprechender Gebrauch im Bauwesen sind nicht gegeben.

cc) Das Berufungsgericht hat die Frage der Wirksamkeit der Klausel mit Hinblick allgemein auf das Bauwesen offengelassen in der Meinung, Steinsetz- und Pflasterarbeiten böten Besonderheiten, die jedenfalls für diesen Bereich die kurzen, in § 7 Abs. 1 LZB festgesetzten Fristen rechtfertigten. Solche Besonderheiten bestehen nicht. Die vom Berufungsgericht hierfür angeführten Gründe sind nicht tragfähig.

Fundstelle(n):
DB 2005 S. 1057 Nr. 19
XAAAC-03537

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein