BGH Beschluss v. - VII ZR 373/01

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 91 a; ZPO § 93; AGBG § 9

Gründe

I.

Die Klägerin hat von der Beklagten die Herausgabe der Urkunde über eine von ihr gestellte Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern über 170.000 DM verlangt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Der Senat hat die dagegen gerichtete Revision der Klägerin angenommen. In der Folgezeit hat die Beklagte der Klägerin und der Bürgin gegenüber schriftlich erklärt, daß sie die Bürgschaft nicht auf erstes Anfordern, sondern nur als selbstschuldnerische Bürgschaft geltend machen werde.

Daraufhin haben die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, jeweils der anderen Partei die Kosten aufzuerlegen.

II.

1. Die Beurteilung richtet sich nach den bis zum geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 EGBGB).

2. Gemäß § 91 a ZPO ist über alle bisher entstandenen Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen der Vorinstanzen nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Dabei ist der mutmaßliche Ausgang des Revisionsverfahrens und seine Auswirkungen auf die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen festzustellen (, BauR 2003, 1075, 1076 = ZfBR 2003, 453).

Danach sind die Kosten in vollem Umfang der Klägerin aufzuerlegen. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hätte die Revision der Klägerin im Ergebnis keinen Erfolg gehabt. Die Beklagte hätte die Bürgschaftsurkunde nicht herausgeben müssen, wäre es nicht zur übereinstimmenden Erledigungserklärung gekommen.

Die Verpflichtung der Klägerin, eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, war gemäß § 9 AGBG unwirksam (vgl. , BGHZ 151, 229 und vom - VII ZR 192/01, BGHZ 150, 299). Es handelte sich bei dieser Vertragsbestimmung um eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung und nicht um eine Individualvereinbarung. Die Feststellungen des Berufungsgerichts belegen nicht, daß die Beklagte bei den Vertragsverhandlungen den "gesetzesfremden Kerngehalt" der Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition gestellt und der Klägerin Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen eingeräumt hätte mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Klausel zu beeinflussen (vgl. , BauR 2003, 870, 874 = ZfBR 2003, 447, 449 = NZBau 2003, 321, 323).

Die ergänzende Auslegung des lückenhaften Vertrags ergibt, daß die Klägerin eine unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft ohne das Merkmal "auf erstes Anfordern" schuldete (vgl. , BGHZ 151, 229). Sie konnte von der Beklagten von vornherein nicht die im vorliegenden Rechtsstreit von ihr begehrte Herausgabe der Bürgschaftsurkunde verlangen, sondern nur die Abgabe einer schriftlichen Erklärung der Beklagten, die Bürgschaft nicht auf erstes Anfordern, sondern nur als selbstschuldnerische Bürgschaft geltend zu machen (vgl. , BauR 2003, 1385, 1388 = ZfBR 2003, 672, 674 = NZBau 2003, 493, 494).

3. Eine andere Kostenverteilung ergibt sich auch nicht daraus, daß der Klägerin in den Instanzen keine Gelegenheit gegeben worden ist, den Klageantrag auf Abgabe der Erklärung umzustellen. Denn wie das Verhalten der Beklagten gezeigt hat, hätte diese die geforderte Erklärung unverzüglich abgegeben. Das hätte zur Anwendung des § 93 ZPO geführt.

Fundstelle(n):
OAAAC-03527

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein