Leitsatz
[1] Der Anspruch nach § 635 BGB ist auf den zur Mangelbeseitigung notwendigen Betrag gerichtet. Der Besteller kann auch dann nicht auf den Ersatz der objektiven Minderung des Verkehrswerts des Werks verwiesen werden, wenn diese erheblich geringer ist als die Kosten der Mangelbeseitigung.
Gesetze: BGB § 634; BGB § 635 a.F.
Instanzenzug: OLG Frankfurt vom LG Darmstadt vom
Tatbestand
Die Klägerin fordert vom Beklagten Minderung und Schadensersatz.
Sie erwarb 1994 vom Beklagten eine fast fertiggestellte Doppelhaushälfte als Wohnungseigentum; zu ihren Gunsten ist im Grundbuch eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Ausweislich des notariellen Vertrages hatte sie auf den Erwerbspreis von 210.000 DM bereits 30.000 DM gezahlt; ferner durfte sie 25.000 DM wegen bei Beurkundung vorhandener und vom Beklagten zu beseitigender Mängel zurückbehalten. Den restlichen Erwerbspreis in Höhe von 155.000 DM zahlte sie vereinbarungsgemäß auf ein Treuhandkonto des beurkundenden Notars. Die zweite Doppelhaushälfte bezog der Beklagte, der das gesamte Bauwerk überwiegend in Eigenleistung errichtete.
Nach ihrem Einzug teilte die Klägerin dem Beklagten ab 1994 in mehr als 50 Schreiben fortlaufend Mängel mit. Wie inzwischen unstreitig ist, liegen Mängel vor, die zu einer Minderung von 31.250 DM und zu einem Mangelbeseitigungsaufwand von 153.391,06 DM führen. Die Klägerin hat den Erwerbspreis gemindert und im übrigen die Aufrechnung erklärt.
Sie hat vom Beklagten u.a. begehrt, den Notar anzuweisen, die auf das Treuhandkonto gezahlten 155.000 DM an sie auszuzahlen. Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Das Berufungsgericht hat aufgrund einer anderen Berechnung der Minderung und des Schadensersatzanspruches lediglich einen auszuzahlenden Betrag in Höhe von 40.029 € (= 78.289,92 DM) zuerkannt und die Klage im übrigen abgewiesen. Mit ihrer zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Schlußurteils.
Gründe
Die Revision ist begründet. Die Klägerin beansprucht zu Recht die Auszahlung ihres auf das Treuhandkonto des beurkundenden Notars gezahlten Teils des Erwerbspreises in Höhe von 155.000 DM und Zinsen.
Das für das Schuldverhältnis maßgebende Recht richtet sich nach den bis zum geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
I.
Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stünden wegen Mängeln der Wohnung dem Grunde nach sowohl Ansprüche auf Minderung nach § 634 Abs. 1 BGB als auch auf Schadensersatz gemäß § 635 BGB zu. Die Klägerin könne jedoch nicht die Kosten, die zur Mängelbeseitigung erforderlich seien, in voller Höhe ersetzt verlangen. Vielmehr ergebe sich die Höhe der Minderung und des Schadensersatzes aus der Differenz zwischen dem tatsächlichen Verkehrswert des Objekts einerseits und seinem hypothetischen Wert in mangelfreiem Zustand andererseits. Es komme allein auf den wirtschaftlichen Nachteil der Klägerin an, der in der tatsächlichen Wertdifferenz zwischen mangelhaftem und mangelfreiem Zustand liege, nicht aber auf die Kosten, mit denen das Objekt in einen mangelfreien Zustand versetzt werden könnte. Andernfalls stünde der Klägerin ein höherer Betrag zu als sie ihn tatsächlich geleistet habe.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Klägerin wegen festgestellter Mängel an ihrer Wohnung Gewährleistungsansprüche nach den §§ 634, 635 BGB mit der Folge zustehen, daß sie für einen Teil der Mängel Minderung und für einen anderen Teil der Mängel Schadensersatz verlangen kann. Das läßt Rechtsfehler nicht erkennen und wird vom Revisionsbeklagten hingenommen. Desgleichen trifft die Ausführung des Berufungsgerichts zu, die Klägerin könne vom Beklagten verlangen, den amtierenden Notar anzuweisen, an sie den ihr zustehenden Betrag aus dem Treuhandkonto zu zahlen.
2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne als Ausgleich für alle Mängel allein die Differenz zwischen dem Verkehrswert des Objektes in mangelfreiem und in mangelbehaftetem Zustand fordern, trifft nicht zu.
a) Der Besteller kann, sofern er für bestimmte Mängel keine Minderung fordert, im Rahmen des kleinen Schadensersatzanspruchs nach § 635 BGB entweder den mangelbedingten Minderwert des Werkes oder den Betrag geltend machen, der für die Beseitigung des Mangels erforderlich ist (st. Rspr.; , BauR 1991, 744 = ZfBR 1991, 265 und vom - VII ZR 181/71, BGHZ 59, 365, 366). Der Anspruch nach § 635 BGB ist auf Geld gerichtet, und zwar auf den zur Mangelbeseitigung notwendigen Betrag (, BGHZ 99, 81, 84). Er soll die Nachteile des Bestellers ausgleichen, die ihm durch die mangelhafte Werkleistung entstanden sind. Er tritt an die Stelle des auf mangelfreie Herstellung gerichteten Erfüllungsanspruchs. Wie jener zielt er auf die Herbeiführung des vom Unternehmer geschuldeten werkvertraglichen Erfolgs (vgl. , BGHZ 141, 63, 66 f.). Dieser Zweck würde unterlaufen, wenn der Unternehmer als Ausgleich für das mangelhafte Werk nur Ersatz der objektiven Minderung des Verkehrswerts schuldete, sofern diese geringer ist als die Kosten für die Mangelbeseitigung.
Danach wird die wirtschaftliche Betrachtung des Berufungsgerichts der Rechtsnatur des Schadensersatzanspruches aus § 635 BGB nicht gerecht. Seine Auffassung würde zudem der Rechtsprechung zuwiderlaufen, nach der ein Nachbesserungsanspruch auch nach Abnahme des Werkes auf Neuherstellung gerichtet sein kann, wenn nur auf diese Weise die Mängel nachhaltig zu beseitigen sind (, BGHZ 96, 111, 117 f.). Der Senat hat in diesem Zusammenhang betont, daß es keine Rolle spielt, welche Kosten die Neuherstellung als Mangelbeseitigung verursache; selbst die Nachbesserung nur einzelner Teile könne sehr aufwendig sein und die hierfür notwendigen Kosten den geschuldeten Werklohn bei weitem übersteigen. Gleiches gilt für den Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB, mit dem der Besteller in die Lage versetzt werden soll, den Zustand herzustellen, den der Unternehmer durch seine Leistung hätte herbeiführen sollen.
b) Allerdings besteht die Möglichkeit des Bestellers, seinen Schadensersatzanspruch anhand der Mängelbeseitigungskosten zu berechnen, nicht uneingeschränkt. So kann der Unternehmer in entsprechender Anwendung des § 251 Abs. 2 BGB die Erfüllung eines nach den Mangelbeseitigungskosten berechneten Schadensersatzanspruches verweigern, wenn es für ihn unzumutbar wäre, die vom Besteller in nicht sinnvoller Weise geforderten Aufwendungen tragen zu müssen. Im Grundsatz und in der Regel muß es jedoch bei den Folgen aus § 635 BGB verbleiben, so daß der Besteller im Wege des Schadensersatzes die Aufwendungen fordern kann, die erforderlich sind, um das geschuldete Werk in einen mangelfreien Zustand zu versetzen (, BGHZ 154, 301, 305 und Urteil vom - VII ZR 181/71, BGHZ 59, 365, 367 f.).
Das Berufungsgericht trifft von seinem Standpunkt aus folgerichtig hierzu keine gesonderten Feststellungen. Nach seinen im übrigen getroffenen Feststellungen kann sich der Beklagte jedoch nicht auf § 251 Abs. 2 BGB berufen. Die von ihm zu zahlenden Mängelbeseitigungskosten sind in Bezug auf den mit der Beseitigung der Mängel zu erzielenden Erfolg nicht unverhältnismäßig. Das Berufungsgericht stellt dazu fest, daß das Bauwerk geradezu elementar geschädigt ist. Zudem lassen die zahlreichen Mängel die Annahme eines gravierenden Verschuldens des Beklagten zu. Der Beklagte hat sich ferner beharrlich geweigert, die Mängel zu beseitigen.
c) Die Hilfserwägung des Berufungsgerichts, die Ansprüche der Klägerin seien nach § 254 BGB beschränkt, da es wirtschaftlich unvernünftig wäre, ein elementar geschädigtes Bauwerk mit einem Aufwand herzustellen, der dem Neuwert gleichkomme, überzeugt nicht. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. Die Klägerin ist nicht wegen ihrer Schadensminderungspflicht gehalten, sich mit den Mängeln des Bauwerks abzufinden.
III.
Danach kann das Urteil im angefochtenen Umfang nicht bestehen bleiben. Es ist insoweit aufzuheben. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, ist die Sache endentscheidungsreif, § 563 Abs. 3 ZPO. Daher ist die Berufung des Beklagten gegen das Schlußurteil des Landgerichts mit der Klarstellung zurückzuweisen, daß der Miteigentumsanteil der Klägerin 492,06/1000 beträgt.
IV.
Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelzüge beruht auf §§ 91, 97 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2005 S. 1517 Nr. 28
NJW-RR 2005 S. 1039 Nr. 15
OAAAC-03485
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja