BGH Beschluss v. - VI ZB 26/02

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 97 Abs. 1; ZPO § 574 Abs. 2; ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2

Instanzenzug:

Gründe

I.

Die Klägerin hatte von der Beklagen aus Anlaß eines Verkehrsunfalls die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes von mindestens 2.500 DM begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom abgewiesen. Gegen das ihren Prozeßbevollmächtigten am zugestellte Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt; die Berufungsschrift ihrer Prozeßbevollmächtigten ist am per Telefax und am im Original beim Landgericht eingegangen. Mit einem am per Telefax und am im Original eingegangenen Schriftsatz ist die Berufung begründet worden. Mit Verfügung vom , den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am , teilte der Kammervorsitzende mit, die Berufungsbegründung sei am 19. Februar und damit einen Tag nach Ablauf der Berufungsbegründung bei Gericht eingegangen. Mit Schriftsatz vom hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und vorgetragen, die im Büro ihrer Prozeßbevollmächtigten tätige Rechtsanwaltsgehilfin G. habe bei der von ihr vorgenommenen Berechnung der Frist übersehen, daß der Berufungsschriftsatz vorab schon per Telefax übermittelt worden sei.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die begehrte Wiedereinsetzung versagt und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde, die sie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für zulässig erachtet (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts sei erforderlich, weil der angefochtene Beschluß fehlerhaft sei und von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ( - VersR 1994, 575) und des Bundesarbeitsgerichts ( - NJW 1999, 2989) abweiche.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 i.V.m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) ist entgegen der Ansicht der Klägerin eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erforderlich.

1. Der Zulassungsgrund des § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist nur erfüllt, wenn der Beschwerdeführer darlegt, daß die angefochtene Entscheidung von der Entscheidung eines höherrangigen Gerichts, von einer gleichrangigen Entscheidung eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts oder von der Entscheidung eines anderen gleichgeordneten Gerichts abweicht. Eine solche Abweichung liegt nur vor, wenn die angefochtene Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, also einen Rechtssatz aufstellt, der von einem die Entscheidung tragenden Rechtssatz der Vergleichsentscheidung abweicht ( - NJW 2002, 2473 f. m.w.N., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Allerdings beruft sich die Klägerin auf Entscheidungen des - aaO) und des - aaO), die sich mit der Frage befassen, wann die Frist zur Berufungsbegründung abläuft, wenn - wie hier - die Berufung vorab per Telefax und anschließend noch innerhalb der Berufungsfrist im Original beim Berufungsgericht eingeht. Die Klägerin verweist aber schon nicht auf einen von diesen Entscheidungen abweichenden Rechtssatz in der angefochtenen Entscheidung. Daß diese die höchstrichterliche Rechtsprechung, wie die Klägerin meint, nicht berücksichtigt, stellt keine zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde führende Abweichung dar (vgl. -, aaO, S. 2474).

2. Zwar kann die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch auf materiell-rechtliche oder verfahrensrechtliche Fehler gestützt werden. Voraussetzung ist aber, daß der Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berührt (BT-Drucks. 14/4722 S. 104). So ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn vermieden werden soll, daß schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, wobei es darauf ankommt, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rechtsprechung im ganzen hat ( - aaO, S. 2474). Diese Voraussetzungen sind beispielsweise dann gegeben, wenn ein Gericht in einer bestimmten Rechtsfrage in ständiger Praxis eine höchstrichterliche Rechtsprechung nicht berücksichtigt, der Rechtsfehler also "symptomatische Bedeutung" hat (Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 543 Rdn. 13), nicht aber schon dann, wenn in einem Einzelfall eine Fehlentscheidung getroffen worden ist, selbst wenn der Rechtsfehler offensichtlich ist (BGHSt 24, 15, 22). Anders verhält es sich nur dann, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu besorgen ist, daß dem Rechtsfehler ohne eine Korrektur durch das Rechtsbeschwerdegericht ein Nachahmungseffekt zukommen könnte, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung insgesamt zu erschüttern, und deswegen eine höchstrichterliche Leitentscheidung erfordert (vgl. - aaO, S. 2474 m.w.N.). Dafür ist hier nichts ersichtlich.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
QAAAC-02511

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein