BGH Beschluss v. - V ZB 49/04

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 139; ZPO § 238 Abs. 2 Satz 1; ZPO § 522 Abs. 1 Satz 4; ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 574 Abs. 2

Instanzenzug: LG Braunschweig vom

Gründe

I.

Gegen das ihnen am zugestellte Urteil des Amtsgerichts haben die Kläger mit einem am bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Nach einem gerichtlichen Hinweis auf den verspäteten Eingang der Berufungsschrift haben die Kläger gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dazu ausgeführt: Die Berufungsschrift sei am von einer geschulten und stets zuverlässigen Büroangestellten gefertigt worden. Die Angestellte habe auch die Weisung erhalten, den Schriftsatz vorab per Telefax an das Landgericht zu senden. Dieselbe Angestellte habe auch den Postversand der von ihr gefertigten fristgebundenen Schriftsätze zu überwachen gehabt. Die Berufungsschrift sei nach Unterzeichnung durch den zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Kläger mit der Post aus der Postmappe entnommen, eingetütet und zum Postversand gebracht worden.

In ihrer eidesstattlichen Versicherung hat die Angestellte angegeben, sie habe den Auftrag, die Berufungsschrift per Telefax an das Landgericht zu senden, einer Auszubildenden erteilt. Das Original habe sie später zum Postversand fertig machen lassen. Als sie das Büro um 18 Uhr verlassen habe, habe sich in dem Postausgangskasten keine Ausgangspost mehr befunden. Auch am nächsten Tag habe die Berufungsschrift nicht in diesem Kasten gelegen.

Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Kläger, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses verlangen und ihren Wiedereinsetzungsantrag weiterverfolgen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 ZPO) unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Anspruchs der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht erforderlich. Das Berufungsgericht hat - entgegen der Auffassung der Kläger - seine Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO nicht verletzt.

a) Auf die Frage, ob in dem Büro des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Kläger die Versendung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax durch eine Auszubildende üblich oder ob dies im vorliegenden Fall ohne sein Wissen geschehen sei, kommt es für die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag nicht an. Unterstellt man die Richtigkeit dessen, was die Kläger auf den von ihnen vermißten Hinweis des Berufungsgerichts vorgetragen hätten, führte das nicht zu der Begründetheit des Wiedereinsetzungsantrags. Die Kläger haben nämlich nicht dargelegt, daß in dem Büro ihres zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten die notwendige Ausgangskontrolle hinsichtlich der Absendung fristwahrender Schriftsätze, auch bei der Übermittlung per Telefax, organisatorisch gesichert ist (vgl. nur , BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 15; Senat, Beschl. v. , V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 368 f.). Auch ist nicht dargelegt, in welcher Weise die Ausführung mündlich erteilter Anweisungen kontrolliert wird (vgl. , NJW 2003, 435, 436). Somit ist davon auszugehen, daß in dem Büro des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Kläger eine wirksame Ausgangskontrolle fehlte. Das begründet den Vorwurf anwaltlicher Sorgfaltswidrigkeit unabhängig davon, welche Mitarbeiterin mit dem Absenden von fristwahrenden Schriftsätzen beauftragt war.

b) Auch auf die Frage, was mit der in dem Wiedereinsetzungsantrag verwendeten Formulierung "zum Postversand fertig machen lassen" gemeint ist, kommt es für die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag nicht an. Er wäre selbst dann nicht begründet, wenn man von dem ausgeht, was die Kläger auf einen Hinweis des Berufungsgerichts vorgetragen hätten. Denn auch insoweit fehlen Darlegungen zu einer wirksamen Ausgangskontrolle. Es ist nicht ersichtlich, daß der zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte der Kläger durch organisatorische Maßnahmen sichergestellt hatte, daß die Erledigung fristgebundener Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders überprüft wurde. Dazu war er jedoch verpflichtet (siehe nur , BGHR ZPO § 233 Einzelanweisung 6).

c) Nach alledem war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, den Klägern zur Gewährung ihres rechtlichen Gehörs nach § 139 ZPO Hinweise zu erteilen, aufgrund derer sie ihr Wiedereinsetzungsgesuch weiter begründen konnten.

2. Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Rechtsbeschwerde auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen das Versenden einer Berufungsschrift per Telefax einer Auszubildenden übertragen werden darf, stellt sich hier nicht. Denn selbst wenn sie zu bejahen wäre, bliebe der Wiedereinsetzungsantrag wegen der fehlenden Darlegungen zu einer wirksamen Ausgangskontrolle in dem Büro des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Kläger unbegründet.

3. Weitere Zulässigkeitsgründe legen die Kläger nicht dar. Solche sind auch sonst nicht ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
PAAAC-01856

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein