Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ZPO § 238 Abs. 2 Satz 1; ZPO § 522 Abs. 1 Satz 4; ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 574 Abs. 2; ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 1; ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2
Instanzenzug: LG Baden-Baden vom
Gründe
I.
Die Kläger haben die Beklagte auf Bewilligung der Eintragung einer Grunddienstbarkeit in das Grundbuch und Beseitigung einer Aufschüttung in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen dieses Urteil haben die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten mit einem an dem letzten Tag der Berufungsfrist bei dem Landgericht per Telefax eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Darin ist nur der Kläger zu 1, nicht jedoch die Klägerin zu 2, aufgeführt und als Berufungsbeklagter benannt. Das angefochtene amtsgerichtliche Urteil ist der Berufungsschrift nicht beigefügt worden.
In der rechtzeitig bei dem Landgericht eingegangenen Berufungsbegründung sind beide Kläger als Berufungsbeklagte bezeichnet.
In dem Termin zur mündlichen Verhandlung hat das Landgericht auf Zweifel an der Zulässigkeit der gegen die Klägerin zu 2 gerichteten Berufung hingewiesen. Darauf hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist hinsichtlich der Klägerin zu 2 beantragt, Berufung gegen das zugunsten der Klägerin zu 2 ergangene amtsgerichtliche Urteil eingelegt und auf die bereits vorliegende Berufungsbegründung verwiesen. Er hat dazu vorgetragen, daß die fehlerhafte Parteibezeichnung von einer ansonsten zuverlässigen Rechtsanwaltsfachangestellten entgegen seiner allgemeinen Weisung, in Berufungssachen u.a. das Rubrum gemäß dem erstinstanzlichen Urteil abzuändern und der Berufungsschrift immer eine Abschrift des angefochtenen Urteils beizufügen, in die Berufungsschrift aufgenommen worden sei.
Mit Beschluß vom hat das Landgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie ihren Antrag weiterverfolgt. Die Klägerin zu 2 beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
Das Berufungsgericht hält den Antrag für unbegründet. Eine Rechtsmittelschrift müsse von dem Prozeßbevollmächtigten selbst vor ihrer Unterzeichnung auf Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit überprüft werden. Dazu gehöre insbesondere die Prüfung, inwieweit gegen das Urteil ein Rechtsmittel eingelegt werden solle. Diese Aufgabe dürfe nicht auf das Büropersonal übertragen werden. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten seine Angestellten generell darauf hingewiesen habe, einer Berufungsschrift die Abschrift der angefochtenen Entscheidung beizufügen. Denn er habe nicht behauptet bzw. nicht glaubhaft gemacht, daß er diese Anweisung auch für den Fall der Berufungseinlegung per Telefax erteilt und seine Angestellte auf die in diesem Fall aus Zulässigkeitsgründen besonders wichtige Übersendung der Urteilsabschrift hingewiesen habe. Falls sich der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten trotz des unzureichenden Wortlauts der Berufungsschrift darauf verlassen habe, daß sich der Umfang der Anfechtung aus dem amtsgerichtlichen Urteil ergebe, habe er seine Angestellte darauf hinweisen oder sich selbst darüber vergewissern müssen, daß gleichzeitig mit der Berufungsschrift eine Abschrift der angefochtenen Entscheidung an das Berufungsgericht übermittelt werde.
III.
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO in Verbindung mit §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft (BGHZ 152, 195, 197 f.; , NJW-RR 2004, 1150). Sie ist jedoch unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
1. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO; eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 ZPO) ist nicht erforderlich. Das sieht die Beklagte nicht anders.
2. Die Beschwerde ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 ZPO) zulässig.
a) Soweit die Beklagte diese Zulässigkeitsvoraussetzung im Hinblick auf eine vermeintliche Divergenz zwischen dem angefochtenen Beschluß und der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der Auslegung einer Berufungsschrift und auf - ebenfalls vermeintlich - von dem Berufungsgericht nicht formulierte unrichtige Obersätze, die eine Nachahmungs- und Wiederholungsgefahr begründen, als erfüllt ansieht, ist ihr insoweit zuzustimmen, als beim Vorliegen dieser Umstände die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 ZPO zu bejahen sind (Senat, BGHZ 154, 288, 292 f. und Beschluß vom , V ZR 222/03, NJW 2004, 1960 - jeweils zu dem inhaltsgleichen § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 ZPO). Hier ist jedoch weder ein Fall der Divergenz gegeben, noch hat das Berufungsgericht unrichtige Obersätze aufgestellt. Es hat vielmehr die Berufungsschrift anhand der ihm bei Ablauf der Berufungsbegründung zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zutreffend als lediglich gegen den Kläger zu 1 gerichtet angesehen. Im übrigen verkennt die Beklagte auch, daß es für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde nicht darauf ankommt, ob das Berufungsgericht die gegen die Klägerin zu 2 gerichtete Berufung zu Recht als unzulässig angesehen hat. Diese Frage stellt sich in erster Linie im Rahmen einer Rechtsbeschwerde, mit der ein die Berufung verwerfender Beschluß angefochten wird. Darum geht es hier nicht. Da sich diese Rechtsbeschwerde gegen den die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagenden Beschluß richtet, kommt es für die Zulässigkeit des Rechtsmittels darauf an, ob eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hinsichtlich der Erwägungen erforderlich ist, mit denen das Berufungsgericht die Wiedereinsetzung abgelehnt hat. Das ist jedoch nicht der Fall.
b) Das Berufungsgericht hat - entgegen der Meinung der Beklagten - deren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzt. Der angefochtene Beschluß stellt keine Überraschungsentscheidung dar, denn das Berufungsgericht hat die Parteien mit Beschluß vom darauf hingewiesen, daß es die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für nicht gegeben hält, weil der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten selbst die Berufungsschrift auf Vollständigkeit habe prüfen und sich habe vergewissern müssen, daß gleichzeitig mit der Berufungsschrift eine Abschrift des erstinstanzlichen Urteils an das Landgericht übersandt werde. Dazu hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten Stellung genommen. Da der angefochtene Beschluß dieselbe Begründung für die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags enthält wie der Hinweisbeschluß, scheidet eine Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus. Das gilt auch hinsichtlich der Feststellung des Berufungsgerichts, der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe nicht behauptet bzw. nicht glaubhaft gemacht, daß es in seinem Büro die generelle Anweisung an die Angestellten gegeben habe, auch bei der Einlegung der Berufung per Telefax eine Abschrift der angefochtenen Entscheidung beizufügen. Es ist ausgeschlossen, daß die Entscheidung des Berufungsgerichts anders ausgefallen wäre, wenn es das Bestehen einer solchen Anweisung zugrunde gelegt hätte. Denn die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags beruht nicht auf der Feststellung des fehlenden Vortrags. Vielmehr geht das Berufungsgericht zu Recht (vgl. , NJW 2001, 1070, 1701) davon aus, daß eine solche generelle Anweisung den Prozeßbevollmächtigten nicht von seiner Überprüfungs- und Kontrollpflicht entbindet.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstelle(n):
JAAAC-01819
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein