Leitsatz
[1] Für Gebührenforderungen aus Anwaltsverträgen besteht in der Regel kein Gerichtsstand des Erfüllungsorts am Kanzleisitz (Anschluß an , z.V.b. in BGHZ).
Gesetze: ZPO § 29 Abs. 1; BGB § 269 Abs. 1; BRAGO § 1; BRAGO §§ 16 ff
Instanzenzug: LG München I AG München
Tatbestand
Die Klägerin, eine in München ansässige Anwaltssozietät, hat gegen den in Zittau/Sachsen wohnhaften Beklagten bei dem für den Sitz der Kanzlei zuständigen Amtsgericht einen Honoraranspruch von 1.068,52 € aus einem Beratungsauftrag geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage durch unechtes Versäumnisurteil mangels örtlicher Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen, das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Diese verfolgt mit der zugelassenen Revision ihren Anspruch weiter.
Gründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
Da der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12, 13 ZPO) nicht im Bezirk des angerufenen Amtsgerichts hat, könnte dessen örtliche Zuständigkeit nur unter den Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 ZPO begründet sein. Die Vorinstanzen haben jedoch die Anwendbarkeit der Vorschrift auf das Streitverhältnis der Parteien rechtsfehlerfrei verneint.
1. Gemäß § 29 Abs. 1 ZPO ist für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Die Vorschrift verweist auf die Regelung des materiellen Rechts. Danach hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte, sofern nicht ein anderer Ort von den Parteien bestimmt oder aus den Umständen, insbesondere der Natur des Rechtsverhältnisses zu entnehmen ist (§ 269 Abs. 1 BGB). Bei gegenseitigen Verträgen besteht danach im allgemeinen kein einheitlicher Leistungsort; dieser muß grundsätzlich für jede Verpflichtung gesondert bestimmt werden (, WM 1995, 833, 834).
2. Im Zweifel ist Leistungsort der jeweilige Wohnsitz des Schuldners. Da die Klägerin eine davon abweichende Vereinbarung nicht behauptet hat, käme ein anderer Ort nur in Betracht, wenn er sich aus der Natur des Schuldverhältnisses herleiten ließe. Das hat der Bundesgerichtshof nach Erlaß des Berufungsurteils in einer Gerichtsstandsbestimmungssache für Anwaltsverträge grundsätzlich verneint (, NJW 2004, 54, 55 f, z.V.b. in BGHZ). Dem schließt sich der erkennende Senat unter Bezugnahme auf diese Entscheidung an.
Bei einem Ladengeschäft des täglichen Lebens, wo die beiderseitigen Leistungspflichten sofort an Ort und Stelle erfüllt werden (vgl. dazu , WM 2003, 1530, 1532), oder einem Bauvertrag, der durch den Ort des zu errichtenden Bauwerks sein besonderes Gepräge erhält (vgl. dazu , NJW 1986, 935), mögen besondere Umstände im Sinne des § 269 Abs. 1 BGB gegeben sein. Diese bestehen jedoch bei einem Anwaltsvertrag nicht. Der Vertrag mit einem rechtlichen Berater hat nicht typischerweise seinen räumlichen oder rechtlichen Schwerpunkt in der Kanzlei. Jeder Auftrag, die Interessen des Mandanten in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren zu vertreten, kann dazu führen, daß der Vertrag hauptsächlich an einem von dem des Kanzleisitzes verschiedenen Ort durchgeführt wird. Für Beratungsaufgaben des Rechtsanwalts gilt im Grundsatz nichts anderes, weil sie die Mitwirkung an auswärtigen Verhandlungen oder Vertragsabschlüssen erfordern können. Fehlt es damit an einem für Verträge mit rechtlichen Beratern typischen örtlichen Bezug, gibt es keinen berechtigten Grund, den Kanzleisitz als Ort der vom Mandanten geschuldeten Geldleistung anzusehen. Damit bleibt es im allgemeinen auch für Anwaltsverträge dabei, daß Leistungsort für das geschuldete Honorar der Wohnsitz des Mandanten ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
JAAAC-00124
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein