BGH Beschluss v. - IX ZB 285/04

Leitsatz

[1] a) In der Insolvenz des nicht verwaltenden Ehegatten gehört dessen Anteil am Gesamtgut nicht zur Insolvenzmasse.

b) Der verwaltende Ehegatte kann im Insolvenzverfahren des nicht verwaltenden die Gegenstände des Gesamtguts aussondern.

Gesetze: BGB § 1422; InsO § 47; InsO § 37

Instanzenzug: LG Amberg 34 T 66/04 vom AG Amberg 13 IN 74/03 vom

Gründe

I.

Die weitere Beteiligte hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt, die ein Baugeschäft betreibt. Diese lebt im Güterstand der Gütergemeinschaft. Das Gesamtgut wird von ihrem Ehemann allein verwaltet. Das Amtsgericht hat den Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit als nicht glaubhaft gemacht angesehen. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der weiteren Beteiligten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse abgewiesen wird. Hiergegen wendet sich die weitere Beteiligte mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, § 7 InsO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

1. Grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann. Um dies ordnungsgemäß darzutun, ist es erforderlich, die durch die angefochtene Entscheidung aufgeworfenen Rechtsfragen konkret zu benennen sowie ihre Klärungsbedürftigkeit und Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen im Einzelnen aufzuzeigen.

a) Die Rechtsbeschwerde will vorliegend geklärt wissen, ob der Rechtsstandspunkt des Beschwerdegerichts, der Anteil des nicht verwaltenden Ehegatten am Gesamtgut gehöre nicht zu seiner Insolvenzmasse, was zur Folge habe, dass der verwaltende Ehegatte im Insolvenzverfahren des nicht verwaltenden das Gesamtgut aussondern könne (§ 47 InsO, § 1422 BGB), zutrifft.

aa) Diese Rechtsfrage ist geklärt. Die Auffassung des Berufungsgerichts entspricht dem übereinstimmend vertretenen Standpunkt im rechtswissenschaftlichen Schrifttum (vgl. FK-InsO/Schumacher, 4. Aufl. § 37 Rn. 6; Jaeger/Henckel, InsO § 37 Rn. 21; HK-InsO/Eickmann, 4. Aufl. § 37 Rn. 2; Holzer in Kübler/Prütting, InsO § 37 Rn. 10; MünchKomm-InsO/Schumann, § 37 Rn. 28; MünchKomm-InsO/Ganter, § 47 Rn. 445; Nerlich/Römermann/Andres, InsO § 37 Rn. 10; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 37 Rn. 8). Sie kann sich auf den - eindeutigen - Wortlaut des § 37 Abs. 1 Satz 3 InsO stützen. Auch aus § 860 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 36 Abs. 1 InsO folgt, dass der nicht pfändbare Anteil am Gesamtgut nicht massezugehörig ist. Dies gilt auch für den hier gegebenen Fall, dass der nicht verwaltende Ehegatte ein Erwerbsgeschäft betreibt. Denn § 37 Abs. 1 Satz 3 InsO enthält für diesen Fall keine Ausnahme (vgl. Jaeger/Henckel, aaO § 37 Rn. 21).

bb) Es besteht auch kein Raum für eine Rechtsfortbildung. Die Vorschrift des § 37 InsO ist der Vorgängerregelung des § 2 KO nachgebildet worden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 122 f). Schon zur Konkursordnung ist die Problematik, dass der Konkurs des nicht verwaltenden Ehegatten, der selbständig ein Erwerbsgeschäft betreibt, das Gesamtgut nicht berührt, diskutiert worden (vgl. Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 2 Rn. 19 m.w.N.). Der Gesetzgeber der Insolvenzordnung hat gleichwohl keine Veranlassung gesehen, in der Insolvenzordnung eine abweichende Regelung zu treffen. Dies ist aus Gründen des Gläubigerschutzes auch nicht zwingend nötig, weil der verwaltende Ehegatte den Gläubigern des nicht verwaltenden persönlich als Gesamtschuldner für ihre Gesamtgutsansprüche haftet (§ 1437 Abs. 2 Satz 1 BGB; vgl. FK-InsO/ Schumacher, aaO § 37 Rn. 6).

b) Soweit die Rechtsbeschwerde weiter meint, der Schuldnerin stehe aus dem Innenverhältnis gegen ihren Ehemann der Anspruch zu, die Schulden aus dem von ihm verwalteten Gesamtgut zu erfüllen, wird ein Zulassungsgrund nicht hinreichend dargelegt. Ob ein solcher Anspruch im Einzelfall tatsächlich besteht, ob er durchsetzbar ist und ob dies der Annahme der Massearmut entgegensteht, ist eine Frage des Einzelfalls. Dass die Vorinstanz aus diesem Blickwinkel in rechtsgrundsätzlicher Weise § 26 InsO verkannt hat, zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf.

2. Die von der Rechtsbeschwerde schließlich geforderte Überprüfung der Kostenentscheidung scheitert daran, dass ein Rechtsmittel zur Hauptsache nicht zulässig eingelegt ist (§ 4 InsO in Verbindung mit § 99 Abs. 1 ZPO; vgl. Musielak/Wolst, ZPO 4. Aufl. § 99 Rn. 8; Zöller/Herget, ZPO 25. Aufl. § 99 Rn. 4).

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 4.000 EUR festgesetzt.

Fundstelle(n):
WM 2006 S. 1343 Nr. 28
ZIP 2006 S. 1145 Nr. 24
GAAAB-99864

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja