BGH Beschluss v. - IX ZB 101/04

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; InsO § 7; InsO § 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2; InsO § 159; InsO §§ 165 f; InsVV § 2 a.F.

Instanzenzug: AG Braunschweig 272 IN 393/02 vom LG Braunschweig 6 T 521/03 vom

Gründe

I.

Der Rechtsbeschwerdeführer (i.F. Beschwerdeführer) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts - vom zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO) bestellt. Die Bestellung endete am mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Bestellung des Beschwerdeführers zum endgültigen Insolvenzverwalter.

Der Beschwerdeführer hat ursprünglich beantragt, seine Bruttovergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter auf 164.013,04 € zuzüglich Auslagen nebst hierauf zu entrichtender Umsatzsteuer festzusetzen; hierbei ist er von einer Berechnungsmasse von 3.203.102,51 € ausgegangen. Diesen Antrag abändernd hat er sodann eine Bruttovergütung in Höhe von 184.720,21 € nebst Auslagen und Umsatzsteuer beantragt; hierbei hat er die Berechnungsgrundlage auf 3.683.887,31 € durch die Einbeziehung des Jahresmietzinses für das von der Schuldnerin angemietete Geschäftshaus erhöht. Mit Beschluss vom hat das Amtsgericht Vergütung und Auslagen auf insgesamt 107.371,98 € (Bruttovergütung 106.501,98 €) festgesetzt. Mit der sofortigen Beschwerde hat der Beschwerdeführer zuletzt eine Bruttovergütung in Höhe von 391.774,52 € beansprucht, wobei er den Verkehrswert der Betriebsimmobilie mit 5.769.417,60 € angesetzt und in die Berechnungsgrundlage (insgesamt 8.972.520,11 €) aufgenommen hat. Ferner hat er den für die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes in erster Instanz beantragten und so auch festgesetzten Zuschlag von 6,25 % auf 25 % heraufgesetzt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der er eine Bruttovergütung in Höhe von 390.572,75 € erstrebt.

II.

Das Rechtsmittel ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, § 7 InsO statthaft und auch im Übrigen zulässig; es führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache.

1. In erster Linie macht der Beschwerdeführer geltend, das Landgericht habe verkannt, dass er sich in nennenswertem Umfang mit der mit einem Aussonderungsrecht belasteten Betriebsimmobilie befasst habe. Darauf kommt es jedoch nicht an; der Senat hat mit Beschluss vom (IX ZB 256/04, z.V.b. in BGHZ) entschieden, dass - abweichend von seiner in BGHZ 146, 165 abgedruckten Entscheidung - die Bearbeitung von Aussonderungsrechten durch den vorläufigen Insolvenzverwalter für dessen Vergütung nur relevant ist, wenn ihn diese Aufgabe erheblich, nämlich über das gewöhnliche Maß hinaus in Anspruch genommen hat. Dies macht der Beschwerdeführer, obwohl dem Erheblichkeitskriterium auch nach der Entscheidung BGHZ 146, 165 Bedeutung zukam, selbst nicht geltend. Bereits damit erledigt sich auch die Rüge einer Divergenz zu dem in BGHZ 105, 230, 237 abgedruckten Urteil des Senats, soweit das Landgericht es nicht für erforderlich gehalten hat, dass der Beschwerdeführer den Versicherungsschutz für das Geschäftshaus überprüfte. Denn auch hierauf hat sich der Beschwerdeführer bezogen, um darzulegen, dass er sich in nennenswertem Umfang mit der Betriebsimmobilie befasst hatte.

2. Zu Unrecht ist die Rechtsbeschwerde auf den in erster Instanz beantragten, dann aber mit der sofortigen Beschwerde nicht weiterverfolgten Ausgangssatz von 35 % der Staffelvergütung gemäß § 2 InsVV a.F. zurückgekommen. Die Vorinstanzen haben zu Recht einen Vergütungssatz von 25 % festgesetzt (vgl. , WM 2003, 1869, 1870). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigt die Anordnung des Zustimmungsvorbehalts gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO bei der gesonderten Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Verwalters keinen generellen Zuschlag von 10 % auf den Ausgangssatz von 25 % der Vergütung des endgültigen Verwalters (, ZIP 2003, 1612). Soweit der Beschwerdeführer sich in diesem Zusammenhang auf die Verwertung von Sicherheiten bezieht, ist hierauf gesondert zurückzukommen (s.u. Nr. 3).

3. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Festsetzung eines Zuschlags von 6,25 % für die Verwertung von Sicherungsgut.

Mit Recht beanstandet er allerdings, dass das Landgericht einen Zuschlag von 25 % für angemessen hielt, diesen sodann aber allein im Blick auf seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter auf 1/4 reduziert hat. Belasten erschwerende Umstände den vorläufigen Insolvenzverwalter in gleicher Weise wie den endgültigen Verwalter, sind die deswegen zu gewährenden Zuschläge zum Regelsatz der Vergütung grundsätzlich für beide mit dem gleichen Hundertsatz zu bemessen (, WM 2005, 45, 46).

Auf diesem Rechtsfehler beruht die angefochtene Entscheidung jedoch nicht: Der Beschwerdeführer begehrt den Zuschlag für die Verwertung von Sicherungsgut. Es ist grundsätzlich nicht gerechtfertigt, Verwertungsmaßnahmen dem vorläufigen Insolvenzverwalter besonders zu vergüten. Dem vorläufigen Insolvenzverwalter obliegt es regelmäßig nicht, Schuldnervermögen im Sinne der §§ 159, 165 f InsO zu verwerten (BGHZ 146, 165, 172 f). Ein Zuschlag kommt nur in Betracht, wenn die Verwertung schon im Insolvenzeröffnungsverfahren notwendig war. Keinesfalls darf dies allgemein zur Masseanreicherung geschehen (, NZI 2004, 381, 382). Zu diesen Voraussetzungen hat der Beschwerdeführer nichts Erhebliches vorgetragen. Seine Ausführungen legen vielmehr nahe, dass es sich insoweit um Tätigkeiten gehandelt hat, die untrennbarer Bestandteil der - gesondert vergüteten - Geschäftsfortführung waren.

4. Mit Recht beanstandet der Beschwerdeführer die Begründung, mit der das Beschwerdegericht es abgelehnt hat, ihm einen gegenüber dem amtsgerichtlichen Beschluss erhöhten Zuschlag für die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes zu bewilligen (§ 3 Abs. 1 Buchst. d InsVV). Das Landgericht hat gemeint, der Beschwerdeführer sei insoweit nicht beschwert, weil die Festsetzung im amtsgerichtlichen Beschluss seinem Antrag entsprochen habe. Daran ist richtig, dass der Beschwerdeführer einen Zuschlag in Höhe von 6,25 % beantragt und in dieser Höhe auch zugesprochen erhalten hat. Gleichwohl durfte das LG einen höheren Zuschlag nicht allein mit der Begründung versagen, der Beschwerdeführer sei insoweit nicht beschwert. Denn er hat im Beschwerdeverfahren beantragt, insoweit einen Zuschlag von 25 % festzusetzen. Dies war verfahrensrechtlich zulässig: Der Beschwerdeführer hat die Erstbeschwerde nicht allein zu dem Zweck eingelegt, den erhöhten Zuschlag für die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes zu erhalten. Der amtsgerichtliche Beschluss beschwerte ihn vielmehr in anderer Weise, weil er hinter seinem Vergütungsantrag zurückblieb. In einem solchen Fall ist es dem Rechtsmittelführer aber unbenommen, neben der Beseitigung der erstinstanzlichen Beschwer auch im Blick auf einen antragsgemäß festgesetzten Zuschlag eine noch weiter gehende Erhöhung zu verlangen. Insoweit verhält es sich bei der Erstbeschwerde nicht anders als bei dem Rechtsmittel der Berufung (vgl. dazu Saenger/Wöstmann, ZPO § 520 Rn. 21 m.w.N.; Saenger/Kayser, aaO § 571 Rn. 5).

5. Der aufgezeigte Rechtsfehler nötigt dazu, den angefochtenen Beschluss insgesamt aufzuheben, weil die Festsetzung der Vergütung nur einheitlich erfolgen kann (, NZI 2004, 251, 253; v. , aaO S. 47).

III.

Für die erneute Behandlung der Sache weist der Senat darauf hin, dass das Verschlechterungsverbot das Beschwerdegericht nicht hindert, bei der Feststellung der angemessenen Vergütung Zu- und Abschläge zum Nachteil des Beschwerdeführers anders zu bemessen als das Insolvenzgericht, soweit es den Vergütungssatz insgesamt nicht zu seinem Nachteil ändert (vgl. , ZIP 2005, 1371).

Fundstelle(n):
EAAAB-99561

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein