BGH Urteil v. - IV ZR 141/04

Leitsatz

[1] Die Regelung in der Satzung einer kirchlichen Zusatzversorgungskasse, wonach die gesetzliche Rente auch insoweit auf die zugesagte Gesamtversorgung angerechnet wird, als die Rente aufgrund einer Pflegetätigkeit des Versicherten durch Beiträge gemäß § 44 SGB XI erworben worden ist, hält einer richterlichen Inhaltskontrolle stand.

Gesetze: GG Art. 3 Abs. 1; BGB § 307 Bk; AGBG § 9 Bk; KZVKS a.F. § 31

Instanzenzug: AG Köln

Tatbestand

Der bei der beklagten Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands versicherte Kläger fordert eine höhere Versorgungsrente. Er war von 1976 bis 1996 vollzeitbeschäftigt beim Caritas-Verband für die Diözese M. . Vom bis zum arbeitete der Kläger in Altersteilzeit nur noch zu 50%, um sich der Pflege seiner schwerkranken Ehefrau widmen zu können.

Deshalb erhielt der Kläger Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung. Zudem zahlte die gesetzliche Pflegekasse gemäß § 44 SGB XI Beiträge an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese Beiträge haben die gesetzliche Rente, die der Kläger seit erhält, um 16,62 € monatlich erhöht. Gemäß § 31 Abs. 1 und 2a der Satzung der Beklagten nach dem Stand vom Januar 1999 (im folgenden: KZVKS a.F.) zahlt diese als monatliche Zusatzversorgungsrente den Betrag, um den die Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung hinter der nach ihrer Satzung näher zu berechnenden Gesamtversorgung zurückbleibt. Da sich die gesetzliche Rente des Klägers wegen seiner Pflegetätigkeit um 16,62 € erhöht hatte, zahlte die Beklagte dem Kläger seit eine entsprechend geringere Zusatzversorgungsrente. Der Kläger meint, die Beklagte dürfe diesen Mehrbetrag nicht auf die von ihr zugesagte Gesamtversorgung anrechnen. Er verlangt deshalb die Nachzahlung dieses Betrages für die Monate August 2000 bis Dezember 2001. Außerdem begehrt er die Feststellung, daß die Beklagte bis zu einer Aufhebung von § 44 SGB XI verpflichtet sei, die aus dieser Vorschrift folgende Erhöhung der gesetzlichen Rente nicht auf die von ihr zu gewährende Gesamtversorgung anzurechnen.

Die Beklagte hat ihre Satzung mit Wirkung zum dahin geändert, daß ein sogenannter fiktiver Arbeitnehmeranteil zur Umlage sowie ein pauschaler Steueranteil an der Umlage eingeführt wurden (§ 32 Abs. 3c Satz 1d und 3 KZVKS in der Fassung der 30. Satzungsänderung). Dadurch verringerte sich die dem Kläger ab August 2000 zustehende Zusatzversorgung um monatlich 65,36 €. Der Kläger hält die 30. Satzungsänderung für unwirksam und verlangt Nachzahlung auch dieser 65,36 € für die Zeit von August 2000 bis Dezember 2001.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche in vollem Umfang weiter.

Gründe

Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hält die 30. Satzungsänderung der Beklagten nicht nur hinsichtlich der formellen Voraussetzungen für wirksam zustande gekommen, sondern sieht auch keinen Verstoß gegen höherrangiges Recht. Auch soweit die Beklagte unabhängig von dieser Satzungsänderung eine aufgrund von Pflegeleistungen erhöhte gesetzliche Rente nicht besonders berücksichtigt, sondern die gesetzliche Rente uneingeschränkt von der unveränderten Höhe der Gesamtversorgung abzieht und eine entsprechend geringere Zusatzversorgungsrente zahlt, sieht das Berufungsgericht keinen Grund zu Beanstandungen. Dieses Ergebnis resultiere aus der gewählten pauschalisierenden Verfahrensweise bei der Berechnung der Zusatzversorgungsrente. Die auf betrieblicher Ebene erfolgte Versorgungszusage gewähre ausschließlich einen Anspruch auf die näher bestimmte Gesamtversorgung. § 31 Abs. 2 KZVKS a.F. könne auch nicht dahin ausgelegt werden, daß Anteile an der gesetzlichen Rente, die auf Pflegeleistungen beruhen, von einer Anrechnung auf die Gesamtversorgung der Beklagten ebenso auszunehmen seien, wie dies in einer nicht analogiefähigen Ausnahmeregelung der Satzung für Rentenanteile auf Grund von Kindererziehungszeiten vorgesehen ist. So weit reichten auch Sinn und Zweck des § 44 SGB XI nicht, die sich auf den Anspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung beschränkten. Der Vortrag des Klägers, Pflegeleistungen würden weit überwiegend von Frauen erbracht, rechtfertige jedenfalls nicht die Annahme, die Satzung der Beklagten verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, wie er insbesondere im Recht der Europäischen Gemeinschaften zum Ausdruck komme. Denn der Kläger werde wie alle behandelt, deren gesetzliche Rente durch Zahlungen der Pflegekasse höher ausfalle als ohne diese Zahlungen. Die vom Kläger beanstandete Satzungsregelung sei vom Geschlecht unabhängig. Ein Anlaß zur Vorlage an den EuGH bestehe daher nicht.

II. Das Berufungsgericht hat im Tenor seiner Entscheidung die Revision zugelassen, ohne insoweit eine Einschränkung auszusprechen. Im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen seines Urteils werden die vom Kläger im Zusammenhang mit seiner Pflegetätigkeit geltend gemachten Ansprüche auf eine höhere Zusatzversorgung der Beklagten nach Grund und Höhe von den Ansprüchen unterschieden, die der Kläger aus einer Unwirksamkeit der 30. Satzungsänderung der Beklagten herleitet. Am Ende des Berufungsurteils begründet das Berufungsgericht die Zulassung der Revision damit, die Rechtssache habe im Hinblick darauf grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, ob und in welcher Weise die aus § 44 SGB XI resultierende Erhöhung des Anspruchs aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Gewährung der betrieblichen Zusatzversorgung zugunsten des Versorgungsberechtigten Berücksichtigung finden müsse. Die Beklagte macht mit Recht geltend, daß die Revision damit nur eingeschränkt zugelassen worden sei.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich die Eingrenzung der Rechtsmittelzulassung auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben. Die Zulassung kann allerdings nicht auf die Klärung einer einzelnen Rechtsfrage beschränkt werden, sondern muß sich auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen, abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs beziehen. Wenn das Berufungsgericht über mehrere prozessuale Ansprüche entschieden hat und die Revision wegen einer Frage zuläßt, die nur für einen von ihnen erheblich ist, ergibt sich daraus regelmäßig eine eindeutige Beschränkung der Revisionszulassung auf diesen Anspruch (vgl. BGHZ 153, 358, 360 ff.; Urteil vom - VII ZR 226/03 - NJW 2004, 3264 unter II 2 und 3). So liegt es hier. Zwar hat der Kläger, soweit er eine Nachzahlung von Rentenbeträgen verlangt, in seinem Zahlungsantrag die Beträge zusammengefaßt, die er auf die Unrechtmäßigkeit einer Verrechnung seiner wegen Pflegeleistungen erhöhten gesetzlichen Rente einerseits und auf die Unwirksamkeit der 30. Satzungsänderung der Beklagten andererseits stützt. Das ändert aber nichts daran, daß es sich um unterschiedliche prozessuale Ansprüche handelt, über die durch Teilurteil hätte entschieden werden können, weil sie nach Grund und Höhe voneinander unabhängig sind. Die 30. Satzungsänderung betrifft die Vorschriften des § 31 Abs. 1 und 2a KZVKS a.F. nicht, um die es bei der Anrechnung der durch Pflegetätigkeit erhöhten gesetzlichen Rente auf die Gesamtversorgung der Beklagten geht. Die Gesichtspunkte, aus denen Bedenken gegen die Satzung hergeleitet werden können, stützen sich für jeden prozessualen Anspruch auf unterschiedliche Sachverhalte, auch soweit die Verletzung desselben Grundrechts (etwa aus Art. 3, 14 GG) gerügt wird.

Damit ist die Revision, soweit die Zahlung einer um 65,36 € höheren Rente für die Monate August 2000 bis Dezember 2001 wegen Unwirksamkeit der 30. Satzungsänderung verlangt wird, mangels Zulassung als unzulässig zu verwerfen.

III. Soweit der Kläger die Anrechnung des durch seine Pflegetätigkeit bedingten Teils der gesetzlichen Rente auf die Gesamtversorgung der Beklagten für rechtswidrig hält, dies festgestellt wissen will und deshalb die Zahlung einer um 16,62 € höheren Rente für die Monate August 2000 bis Dezember 2001 begehrt, ist die Revision unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage insoweit im Ergebnis mit Recht abgewiesen.

1. Gemäß § 31 Abs. 1 KZVKS a.F. wird als monatliche Versorgungsrente der Betrag gezahlt, um den die Summe der in Abs. 2 der Vorschrift genannten Bezüge hinter der nach der Satzung errechneten Gesamtversorgung zurückbleibt. Soweit es - wie hier - um den Bezug einer gesetzlichen Rente wegen Alters geht (§ 31 Abs. 2a KZVKS a.F.), hängt deren anrechenbare Höhe von Einschränkungen und Änderungen ab, die im einzelnen unter § 31 Abs. 2 a aa - nn KZVKS a.F. bestimmt werden; zusätzlich ist vorgesehen, daß Rentenanteile, die ausschließlich auf Kindererziehungszeiten beruhen, grundsätzlich nicht der Anrechnung auf die Gesamtversorgung unterliegen. Rentenanteile, die auf einer Pflegetätigkeit wie der des Klägers im vorliegenden Fall beruhen, werden nicht erwähnt.

Daran hat sich auch dadurch nichts geändert, daß die Beklagte das System der beamtenähnlichen Gesamtversorgung in einer Neufassung ihrer Satzung durch eine Betriebsrente abgelöst hat. Nach § 69 Abs. 1 und 2 Satz 1 KZVKS n.F. werden Versorgungsrenten für die am Versorgungsrentenberechtigten zum festgestellt und als dynamisierte Besitzstandsrenten weitergezahlt. Für die Höhe der Versorgungsrente des Klägers kommt es mithin nach wie vor auf § 31 Abs. 1 und 2a KZVKS a.F. an.

2. Die Satzungsbestimmungen der Beklagten finden als Allgemeine Versicherungsbedingungen auf die Gruppenversicherungsverträge Anwendung, die von den beteiligten Arbeitgebern als Versicherungsnehmern mit der Beklagten als Versicherer zugunsten der bezugsberechtigten Versicherten, der Arbeitnehmer, abgeschlossen sind (vgl. BGHZ 142, 103, 105 ff.; BVerfG VersR 2000, 835 unter 2 a, c; Senatsbeschluß vom - IV ZR 100/02 - VersR 2004, 364 unter II 2 a). Dieser Charakter der Satzung steht einer gesetzesähnlichen Auslegung entgegen (vgl. - VersR 2000, 1090 unter 2a; vom - IV ZR 56/02 - VersR 2003, 719 unter 2 b; vom - IV ZR 327/02 - NJW 2003, 2384 unter 2 a).

Das Berufungsgericht nimmt mit Recht an, der Wortlaut der Satzung lasse eine Auslegung dahin nicht zu, daß der Rentenanteil, den der Kläger wegen seiner Pflegetätigkeit erhält, nicht als Teil der auf die Gesamtversorgung anzurechnenden Bezüge anzusehen sei. Das gilt auch, wenn auf das Verständnis des durchschnittlichen, bei der Beklagten Versicherten abgehoben wird. Soweit Rentenanteile aus Kindererziehungszeiten in der Satzung privilegiert werden, liegt es für den Versicherten fern, diese Regelung auch auf Rentenanteile aufgrund einer Pflegetätigkeit zu beziehen. Dem steht schon der Aufbau des § 31 Abs. 2a KZVKS a.F. entgegen, der zahlreiche eng umschriebene Tatbestände auflistet und damit deutlich werden läßt, daß nur in den im einzelnen aufgeführten Fällen von dem Grundprinzip einer vollen Anrechnung der gesetzlichen Rente auf die von der Beklagten gebotene Gesamtversorgung abgewichen werden soll. Einer über den Wortlaut der Regelung hinausgehenden Auslegung zugunsten des Versicherten steht entgegen, daß für eine Förderung der Kindererziehung über die sozialversicherungsrechtliche Regelung hinaus auch im Rahmen der von der Beklagten gebotenen Gesamtversorgung nicht dieselben Gründe sprechen wie für eine Förderung von Pflegetätigkeiten. Während die Regelung für Kindererziehungszeiten die wirtschaftlichen Belastungen erträglich machen soll, die sich aus einer Einschränkung oder Aufgabe einer Erwerbstätigkeit im Interesse der Erziehung von Kindern ergeben, und damit auch die Bereitschaft, Nachwuchs zu bekommen, überhaupt unterstützen kann, soll die verbesserte soziale Sicherung der pflegerisch tätigen Personen die Pflegebereitschaft insbesondere innerhalb der Familie fördern (vgl. BGHZ 140, 39, 46; Gallon in LPK-SGB XI § 44 Rdn. 5). Beide Förderungszwecke betreffen zwar Aufgaben in der Familie als Alternative zur Erwerbstätigkeit, diese Aufgaben unterscheiden sich aber ihrer Art nach und im Hinblick auf die Zielgruppe, denen die jeweilige familienbezogene Tätigkeit zugute kommt. Dem Umstand, daß Rentenanteile aufgrund von Kindererziehungszeiten in der Satzung der Beklagten von der Anrechnung auf die Gesamtversorgung grundsätzlich ausgenommen werden, läßt sich daher nicht entnehmen, daß etwas Entsprechendes auch für Rentenanteile habe gelten sollen, die auf Pflegetätigkeiten des Versicherten beruhen.

3. Die Regelung des § 31 Abs. 1 und 2a KZVKS a.F. hält, soweit die durch Pflegetätigkeit erworbenen Rentenanteile auf die zugesagte Gesamtversorgung angerechnet werden, auch einer richterlichen Inhaltskontrolle (vgl. § 9 AGBG, § 307 BGB) stand. Im Streit ist nicht das insoweit kontrollfreie Hauptleistungsversprechen der Beklagten als solches, nämlich die gesetzliche Rente mit einer Zusatzversorgung auf die Höhe einer näher bestimmten Gesamtversorgung aufzustocken (vgl. BGHZ 142, 103, 110; Senatsurteil vom - IV ZR 56/03 - VersR 2004, 453 unter I 2 b), sondern die Frage, wie dieses Hauptleistungsversprechen hinsichtlich des auf einer Pflegetätigkeit beruhenden Anteils der gesetzlichen Rente auszugestalten oder zu modifizieren ist. Da die Beklagte eine Anstalt Öffentlichen Rechts ist und öffentliche Aufgaben wahrnimmt, sind bei der gebotenen umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen auch die objektiven Wertentscheidungen des Grundgesetzes und die Grundrechte zu berücksichtigen (BVerfG aaO; Senatsbeschluß vom aaO).

a) Daß die Beklagte in ihrer Satzung die aufgrund einer Pflegetätigkeit erworbenen Anteile an der gesetzlichen Rente auf die Gesamtversorgung anrechnet, hat sachliche Gründe; im Hinblick darauf liegt auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Versicherten weder ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch eine unangemessene, mit Treu und Glauben unvereinbare Benachteiligung im Sinne von §§ 9 AGBG, 307 BGB vor. Nach der Satzung der Beklagten wird die gesetzliche Rente durch eine Zusatzversorgungsrente grundsätzlich nur erhöht, soweit nicht bereits die gesetzliche Rente ausreicht, um die zugesagte Gesamtversorgung zu sichern. Nach diesem Grundgedanken der Satzung wird die von der Beklagten zu deckende Versorgungslücke geringer, wenn die gesetzliche Rente etwa infolge einer Pflegetätigkeit höher ist. Darin liegt kein Verstoß gegen den Wortlaut und gegen Sinn und Zweck der Regelung des § 44 SGB XI. Denn auch dem bei der Beklagten Zusatzversicherten kommt wie jedem Sozialversicherten zunächst einmal die wegen der Pflegetätigkeit erhöhte gesetzliche Rente zugute. Die Beklagte behandelt diese Bezüge nicht anders als die auf einer Erwerbstätigkeit beruhenden Rentenbezüge, die der Kläger hätte erzielen können, wenn er seine Arbeit nicht mit Rücksicht auf die Pflegetätigkeit auf 50% reduziert hätte. Damit vereitelt oder schmälert die Satzung der Beklagten den von § 44 SGB XI beabsichtigten Zweck nicht, die Pflegetätigkeit durch eine verbesserte soziale Absicherung als Alternative zur Erwerbstätigkeit auszugestalten.

b) Andererseits ist die Beklagte nicht verpflichtet, die Pflegetätigkeit ähnlich wie die Kindererziehung im Rahmen der von ihr gewährten Zusatzversorgung ihrerseits zu fördern, indem sie darauf beruhende Anteile der gesetzlichen Rente von der Anrechnung auf die von ihr zugesagte Gesamtversorgung freistellt. Der Satzungsgeber der KZVKS a.F. mußte der Verbesserung der Pflegebereitschaft nicht die gleiche Bedeutung für den Kreis der bei der Beklagten Versicherten beimessen wie dem Anliegen, das hinter der Regelung für Kindererziehungszeiten steht. Darin liegt keine Verletzung des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 GG). Angesichts der Weite und Unbestimmtheit dieses Grundsatzes läßt sich aus ihm regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren. Zwingend ist lediglich, daß der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft (BVerfGE 82, 60, 79 f.). Diese Mindestvoraussetzungen werden durch die Anrechnung der nach § 44 SGB XI erhöhten Sozialversicherungsrente auf die von der Beklagten zugesagte Gesamtversorgung nicht beeinträchtigt. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, daß die Beklagte, obwohl der Kläger nur noch zu 50% in Altersteilzeit gearbeitet hat, gemäß § 34a Abs. 3 Satz 4 KZVKS a.F. zugunsten des Klägers von einem gesamtversorgungsfähigen Entgelt von 90% eines vollbeschäftigten Mitarbeiters in vergleichbarer Stellung ausgeht.

c) Auch eine durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Rechtsposition des Klägers wird nicht verletzt. Zum eigentumsgeschützten Kern eines Rentenanspruchs oder einer Rentenanwartschaft gehören weder eine bestimmte Leistungshöhe oder -art, noch eine bestimmte Festsetzung des Leistungsbeginns; nur die auf Beitragsleistungen gründenden Elemente oder Faktoren der Anspruchskonstituierung sind in den Eigentumsschutz einbezogen ( aaO unter II 1 d a.E. sowie vom - IV ZR 275/92 - VersR 1993, 1505 unter 2 a.E.). Daß dem Kläger hier nicht einmal dieser Anspruchskern verbliebe, ist weder dargetan noch ersichtlich.

4. Endlich verstößt die angegriffene Satzungsregelung auch nicht gegen ein gemeinschaftsrechtliches Diskriminierungsverbot, weil eine Pflegetätigkeit nach der Behauptung des Klägers überwiegend von Frauen ausgeübt werde.

a) In Betracht käme hier insbesondere ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 h der Richtlinie 86/378/EWG vom (ABLEG Nr. L 225 vom S. 40), geändert durch Art. 1 Nr. 3 Richtlinie 96/97/EG vom (ABLEG Nr. L 46 vom S. 20). Danach verletzt eine Bestimmung, die in Systemen der betrieblichen Sicherheit für Männer und Frauen unterschiedliche Leistungsniveaus bewirkt, den Grundsatz der Gleichbehandlung. Eine unmittelbare Diskriminierung liegt hier nicht vor, da nach der Satzung der Beklagten Sozialrentenerhöhungen wegen einer Pflegetätigkeit sowohl bei Frauen als auch bei Männern auf die Zusatzversorgung angerechnet werden. Nach der Behauptung des Klägers werden solche Pflegeleistungen aber ganz überwiegend von Frauen erbracht. Die angegriffene Regelung der Satzung der Beklagten könnte daher auf eine mittelbare Diskriminierung hinauslaufen.

b) Abgesehen davon, ob sich der Kläger als Mann überhaupt auf eine derartige Diskriminierung berufen könnte, wäre die angegriffene Satzungsregelung der Beklagten, selbst wenn sie einen erheblich höheren Prozentsatz von Frauen als von Männern betrifft, jedenfalls objektiv gerechtfertigt, wenn sie auf Gründen beruht, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben. Ob und inwieweit eine Regelung, die zwar unabhängig vom Geschlecht der Arbeitnehmer angewandt wird, im Ergebnis die Frauen jedoch stärker trifft als die Männer, aus objektiven Gründen, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, gerechtfertigt ist, hat das nationale Gericht, das für die Beurteilung des Sachverhalts und die Auslegung des innerstaatlichen Rechts allein zuständig ist, unter Berücksichtigung aller Umstände festzustellen (st. Rspr. vgl. - Seymour-Smith und Perez - Slg. 1999, I - 666 Rdn. 67 und 69; Urteil vom , Rs. C-1/95 - Gerster - Slg. 1997, I - 5274 Rdn. 34 und 35; Urteil vom , Rs. C-278/93 - Freers und Speckmann - Slg. 1996, I - 1182 Rdn. 28).

c) Hier beruht die uneingeschränkte Anrechnung auch der auf einer Pflegetätigkeit beruhenden Anteile der gesetzlichen Rente auf die Gesamtversorgung der Beklagten auf dem Grundgedanken der Zusatzversorgung, die gesetzliche Rente nur insoweit bis zur Höhe einer Gesamtversorgung aufzustocken, wie sie hinter der Gesamtversorgung zurückbleibt; eine Versorgungslücke, deren Deckung die Satzung der Beklagten bezweckt, besteht daher nicht, soweit der Versicherte eine wegen seiner Pflegetätigkeit erhöhte gesetzliche Rente erhält. Diese Gesichtspunkte haben mit einer Diskriminierung wegen des Geschlechts nichts zu tun. Auch die Regelung, daß auf Kindererziehungszeiten beruhende Rentenanteile nach der Satzung der Beklagten von der Anrechnung auf die Gesamtversorgung grundsätzlich ausgenommen werden, nicht aber Rentenanteile, denen Pflegetätigkeiten zugrunde liegen, hat sozialpolitische Gründe, die in keinerlei Zusammenhang mit dem Geschlecht des Versicherten stehen. Vielmehr rechtfertigt sich die unterschiedliche Förderung im Hinblick auf Unterschiede in der Bedeutung, die der jeweiligen familienbezogenen Arbeit und der Personengruppe, der sie zugute kommt, beigemessen wird. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften kommt daher hier nicht in Betracht.

Fundstelle(n):
NJW-RR 2005 S. 1720 Nr. 24
IAAAB-99029

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein