BGH Urteil v. - II ZR 392/02

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: VerbrKrG § 9 Abs. 3; VerbrKrG § 9 Abs. 2 Satz 4; VerbrKrG § 9 Abs. 4; VerbrKrG § 9 Abs. 1; VerbrKrG § 9 Abs. 4; VerbrKrG § 9 Abs. 2; BGB § 255

Instanzenzug:

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch, mit dem die Beklagte ihren Beitritt zur G.-GbR, S. Straße 7 und 9, D., Fonds Nr. 14 [im folgenden: Fonds (-gesellschaft)] finanzierte.

Die Beklagte unterzeichnete am eine "Beitrittserklärung" zu dem Fonds. Darin verpflichtete sie sich zum Beitritt und bot einem Rechtsanwalt M. F. den Abschluß eines auf die Verwendung der einzuzahlenden Gelder bezogenen Treuhandvertrages nebst gesonderter Vollmacht an.

Die Fondsgesellschaft war von der Do. GmbH und deren Geschäftsführer W. Gr. gegründet worden. Gesellschaftszweck war der Erwerb, die Bebauung, wirtschaftliche Ausnutzung und Verwaltung des Grundstücks S. Straße 7 und 9 in D.. Die Einlage der Beklagten sollte 30.000,00 DM betragen und in vollem Umfang durch einen von der Klägerin zu gewährenden Kredit finanziert werden. Dementsprechend unterzeichnete die Beklagte am einen Darlehensantrag. Danach sollte die Darlehensvaluta an den Treuhänder ausgezahlt werden. Der Kredit sollte durch eine Lebensversicherung getilgt werden.

Die Klägerin zahlte die Darlehensvaluta in Höhe der Einlage und eines Agios auf ein Konto des Treuhänders. In der Folgezeit konnten die in dem Fondsprospekt veranschlagten und von der Do. GmbH für die Dauer von fünf Jahren garantierten Mieten nicht erwirtschaftet werden. Die Do. GmbH stellte im Juni 1996 ihre Zahlungen ein. Ein Konkursantrag wurde mangels Masse abgelehnt. Der Initiator des Fonds, W. Gr., wurde 1999 wegen Kapitalanlagebetrugs in vier Fällen, u.a. hinsichtlich des Fonds 14, rechtskräftig verurteilt. Er hatte sich oder der Do. GmbH ohne Wissen der Anleger von der Grundstücksverkäuferin und Bauträgerin, der Dom. GmbH, einen Teil der in dem Fondsprospekt für den Erwerb und die Bebauung des Grundstücks veranschlagten 9,2 Mio. DM, nämlich etwa 4,3 Mio. DM, zurückzahlen lassen. Auf diese Weise war von dem insgesamt aufgebrachten Kapital des Fonds in Höhe von 12,25 Mio. DM weniger als die Hälfte in das Bauvorhaben geflossen.

Nachdem diese Vorgänge bekannt geworden waren, erklärte die Beklagten mit Anwaltsschreiben vom gegenüber der Klägerin die Anfechtung des Darlehensvertrages wegen arglistiger Täuschung. Wegen falscher Beitrittswerbung kündigte sie am ihre Mitgliedschaft in der Fondsgesellschaft. Unter dem erklärte sie den Widerruf des Darlehensvertrages nach dem Haustürwiderrufsgesetz, am widerrief sie auch ihre Beitrittserklärung zur Fondsgesellschaft nach dem Haustürwiderrufsgesetz.

Die Klägerin verlangt mit der Klage Rückzahlung des Darlehens einschließlich eines Disagios und einer Bearbeitungsgebühr, insgesamt 35.080,89 DM. Die Beklagte fordert widerklagend Rückgewähr der an die Klägerin gezahlten Zinsen von 6.988,00 DM sowie Rückabtretung der der Klägerin zur Sicherung abgetretenen Rechte und Ansprüche aus der Lebensversicherung.

Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie die Abweisung der Klage und die Verurteilung der Klägerin auf Grund der Widerklage erreichen will.

Gründe

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Die Beklagte braucht der Klägerin keine weiteren Zahlungen zu leisten und hat umgekehrt gegen sie Anspruch auf Rückgewähr ihrer bereits erbrachten Leistungen. Das ergibt sich aus § 9 Abs. 3, Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG in seiner hier anzuwendenden bis zum geltenden Fassung.

1. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob ein Darlehen zur Finanzierung des Erwerbs eines Anteils an einem geschlossenen Immobilienfonds ein Kredit i.S. von § 9 Abs. 4 VerbrKrG ist, und nicht geprüft, ob ein solches Darlehen mit dem Anteilserwerb ein Verbundgeschäft nach § 9 Abs. 1, 4 VerbrKrG bildet. Nach seiner Auffassung stehen der Beklagten jedenfalls keine Einwendungen i.S. von § 9 Abs. 3 VerbrKrG zu. Das trifft nicht zu.

2. a) Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom (II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1593 f.; ebenso Urteile v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1396 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1405, sowie , WM 2003, 2232, 2233 f.) entschieden hat, finden auf einen Kredit zur Finanzierung einer Beteiligung an einer Anlagegesellschaft gemäß § 9 Abs. 4 VerbrKrG die Vorschriften des § 9 Abs. 1-3 VerbrKrG Anwendung, weil der Beitritt nach seinem wirtschaftlichen Zweck und wegen der Schutzbedürftigkeit des Anlegers einem Vertrag über eine entgeltliche Leistung gleichzustellen ist. Der Beitritt der Beklagten zur Fondsgesellschaft und der zu seiner Finanzierung geschlossene Darlehensvertrag der Parteien sind ein verbundenes Geschäft i.S. von § 9 Abs. 1 VerbrKrG. Der Beitritt zu einer Anlagegesellschaft und das ihn finanzierende Kreditgeschäft erfüllen nach der Rechtsprechung des Senats die Voraussetzungen eines Verbundgeschäftes, wenn sich die Fondsgesellschaft und die Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594; v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1396, 1398 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1405). Das war hier der Fall. Die Klägerin hat ihre Vertragsformulare dem von den Fondsinitiatoren eingeschalteten Vermittlungsunternehmen zur Verfügung gestellt.

b) Die Beklagte kann sich, ohne daß es auf die Kündigung ihres Fondsbeitritts und deren vom Berufungsgericht - zu Unrecht - angenommene Verspätung (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594 f.) ankäme, der Klägerin gegenüber nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG darauf berufen, daß ihr gegen die Gründungsgesellschafter des Fonds, die Do. GmbH und W. Gr., Schadensersatzansprüche u.a. aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß zustehen (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851, 1852).

Wie der Senat in seinen Urteilen vom (II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406) entschieden hat, kann der bei seinem Eintritt in eine Fondsgesellschaft getäuschte Anleger bei Vorliegen eines Verbundgeschäfts nicht nur seine Beteiligung kündigen und die daraus folgenden Ansprüche auch der Bank entgegenhalten, sondern darüber hinaus der Bank alle Ansprüche entgegensetzen, die er gegen die Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter des Fonds hat, weil diese in dem Dreiecksverhältnis des Verbundgeschäfts Kunde - Verkäufer - Bank wie ein Verkäufer zu behandeln sind. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist W. Gr. wegen Kapitalanlagebetrugs, u.a. im Zusammenhang mit dem hier betroffenen Fonds 14, rechtskräftig verurteilt worden. Anhaltspunkte dafür, daß die Verurteilung zu Unrecht erfolgt sein oder gerade die Beklagte nicht zu den Betrugsopfern gehört haben könnte, sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.

c) Die gegenüber den Gründungsgesellschaftern des Fonds bestehenden Schadensersatzansprüche sind darauf gerichtet, den Anleger so zu stellen, als wäre er der Fondsgesellschaft nicht beigetreten und hätte mit dem den Beitritt finanzierenden Institut keinen Darlehensvertrag geschlossen (Sen.Urt. v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406).

Danach hat die Beklagte der Klägerin nur die Fondsbeteiligung und in entsprechender Anwendung von § 255 BGB ihre Schadensersatzansprüche gegen die Do. GmbH und W. Gr. abzutreten. Die Darlehensvaluta, die nicht an sie, sondern an den Treuhänder geflossen ist, braucht sie der Klägerin nicht zurückzuzahlen. Im Wege des Rückforderungsdurchgriffs entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1595) kann die Beklagte Rückgewähr der von ihr auf Grund des Darlehensvertrages an die Klägerin erbrachten Leistungen verlangen, soweit diese aus ihrem von der Gesellschaftsbeteiligung unabhängigen Vermögen erbracht worden sind (Sen.Urt. v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1407); außerdem hat sie Anspruch auf die Rückabtretung ihrer Lebensversicherung.

II. Da nicht festgestellt ist, ob und in welchem Umfang die Beklagte Vermögensvorteile aus der Gesellschaftsbeteiligung erlangt hat, kann der Senat die Sache nicht abschließend entscheiden. Das Berufungsgericht wird dem Vortrag der Klägerin nachzugehen haben, daß der Beklagten während der Bauphase Zwischenfinanzierungszinsen in Höhe von 2.906,61 DM zurückgezahlt worden seien. Es wird dabei - ggf. nach ergänzender Anhörung der Parteien - zu klären haben, in welchem Umfang der Treuhänder Ausschüttungen des Fonds an die Klägerin weitergeleitet hat. Die Zurückverweisung gibt dem Oberlandesgericht auch Gelegenheit, nach Maßgabe der Entscheidungen des Senats vom (II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1407) zu klären, ob die Beklagte, wie die Klägerin behauptet, in den Genuß von Steuervorteilen gekommen ist, denen keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamts gegenüberstehen.

Vorsorglich weist der Senat für den Fall, daß das Berufungsgericht den Widerruf des Darlehensvertrages auch nach dem Haustürwiderrufsgesetz durch die Beklagte prüfen sollte, auf die Senatsentscheidung vom (II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402) hin.

Fundstelle(n):
JAAAB-98103

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein