BGH Urteil v. - II ZR 372/02

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: VerbrKrG § 9 Abs. 3; VerbrKrG § 9 Abs. 2 Satz 4; VerbrKrG § 9 Abs. 1; VerbrKrG § 9 Abs. 4; BGB § 255

Instanzenzug:

Tatbestand

Die Klägerin, die zeitweise als A. AG firmierte, nimmt die Beklagten auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch, mit dem die Beklagten ihren Beitritt zur G.-GbR, S. Straße 7 und 9, D., Fonds Nr. 14 [im folgenden: Fonds (-gesellschaft)] finanzierten.

Die Beklagten unterzeichneten am eine auf den datierte "Beitrittserklärung" zu dem Fonds. Darin verpflichteten sie sich zum Beitritt und boten einem Rechtsanwalt M. F. den Abschluß eines auf die Verwendung der einzuzahlenden Gelder bezogenen Treuhandvertrages nebst gesonderter Vollmacht an.

Die Fondsgesellschaft war von der Do. GmbH und deren Geschäftsführer W. Gr. gegründet worden. Gesellschaftszweck war der Erwerb, die Bebauung, wirtschaftliche Ausnutzung und Verwaltung des Grundstücks S. Straße 7 und 9 in D.. Die Einlage der Beklagten sollte 40.000,00 DM betragen und in vollem Umfang durch einen von der Klägerin zu gewährenden Kredit finanziert werden. Dementsprechend unterzeichneten die Beklagten ebenfalls am einen - ebenso wie die Beitrittserklärung auf den datierten - Darlehensantrag. Danach sollte die Darlehensvaluta an den Treuhänder ausgezahlt werden. Der Kredit sollte durch eine Lebensversicherung getilgt werden.

Die Klägerin zahlte die Darlehensvaluta in Höhe der Einlage und eines Agios auf ein Konto des Treuhänders. In der Folgezeit konnten die in dem Fondsprospekt veranschlagten und von der Do. GmbH für die Dauer von fünf Jahren garantierten Mieten nicht erwirtschaftet werden. Die Do. GmbH stellte im Juni 1996 ihre Zahlungen ein. Ein Konkursantrag wurde mangels Masse abgelehnt. Der Initiator des Fonds, W. Gr., wurde 1999 wegen Kapitalanlagebetrugs in vier Fällen, u.a. hinsichtlich des Fonds 14, rechtskräftig verurteilt. Er hatte sich oder der Do. GmbH ohne Wissen der Anleger von der Grundstücksverkäuferin und Bauträgerin, der Dom. GmbH, einen Teil der in dem Fondsprospekt für den Erwerb und die Bebauung des Grundstücks veranschlagten 9,2 Mio. DM, nämlich etwa 4,3 Mio. DM, zurückzahlen lassen. Auf diese Weise war von dem insgesamt aufgebrachten Kapital des Fonds in Höhe von 12,25 Mio. DM weniger als die Hälfte in das Bauvorhaben geflossen.

Nachdem diese Vorgänge bekannt geworden waren, erklärten die Beklagten mit Anwaltsschreiben vom gegenüber der Klägerin die Anfechtung des Darlehensvertrages wegen arglistiger Täuschung. Wegen falscher Beitrittswerbung kündigten sie am ihre Mitgliedschaft in der Fondsgesellschaft, am widerriefen sie gegenüber der Fondsgesellschaft ihre Beitrittserklärung nach dem Haustürwiderrufsgesetz.

Die Klägerin verlangt mit der Klage Rückzahlung des Darlehens einschließlich eines Disagios und einer Bearbeitungsgebühr, insgesamt 47.675,37 DM. Die Beklagten fordern widerklagend Rückgewähr der an die Klägerin gezahlten Zinsen von 8.891,88 DM, der Beklagte zu 2 darüber hinaus die Rückabtretung der der Klägerin sicherungshalber abgetretenen Rechte und Ansprüche aus der Lebensversicherung.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage zur Rückabtretung der Lebensversicherung verurteilt. Das Oberlandesgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage vollen Umfangs abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision wollen die Beklagten die Abweisung der Klage und die Verurteilung der Klägerin auf Grund der Widerklage erreichen.

Gründe

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Die Beklagten brauchen der Klägerin keine weiteren Zahlungen zu leisten und haben umgekehrt gegen sie Anspruch auf Rückgewähr ihrer bereits erbrachten Leistungen. Das ergibt sich aus § 9 Abs. 3, Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG in seiner hier anzuwendenden bis zum geltenden Fassung.

1. Das Berufungsgericht geht mit Recht davon aus, daß der Beitritt der Beklagten zur Fondsgesellschaft und der zu seiner Finanzierung geschlossene Darlehensvertrag der Parteien ein verbundenes Geschäft i.S. von § 9 Abs. 1, 4 VerbrKrG darstellen. Nach der Rechtsprechung des Senats erfüllen der Beitritt zu einer Anlagegesellschaft und das ihn finanzierende Kreditgeschäft die Voraussetzungen eines Verbundgeschäfts, wenn sich die Fondsgesellschaft und die Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594; ebenso Entscheidungen vom in den Sachen II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1396, 1398 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1405). Das war hier der Fall. Die Klägerin hat ihre Vertragsformulare dem von den Fondsinitiatoren eingeschalteten Vermittlungsunternehmen zur Verfügung gestellt.

2. Von Rechtsfehlern beeinflußt ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, ein Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG scheitere daran, daß den Beklagten gegen die Fondsgesellschaft bzw. deren Initiatoren keine Ansprüche zustünden, die sie der Klägerin entgegensetzen könnten.

a) Die Beklagten können sich, ohne daß es auf die Kündigung ihrer Fondsmitgliedschaft und deren vom Berufungsgericht - zu Unrecht - angenommene Verspätung (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 1592, 1594 f.) ankäme, der Klägerin gegenüber darauf berufen, daß ihnen gegen die Gründungsgesellschafter des Fonds, die Do. GmbH und W. Gr., Schadensersatzansprüche u.a. aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß zustehen (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851, 1852).

Wie der Senat in seinen Urteilen vom (II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406) entschieden hat, kann der bei seinem Eintritt in eine Fondsgesellschaft getäuschte Anleger bei Vorliegen eines Verbundgeschäfts nicht nur seine Beteiligung kündigen und die daraus folgenden Ansprüche auch der Bank entgegenhalten, sondern darüber hinaus der Bank alle Ansprüche entgegensetzen, die er gegen die Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter des Fonds hat, weil diese in dem Dreiecksverhältnis des Verbundgeschäfts Kunde - Verkäufer - Bank wie ein Verkäufer zu behandeln sind. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist W. Gr. wegen Kapitalanlagebetrugs, u.a. im Zusammenhang mit dem hier betroffenen Fonds 14, rechtskräftig verurteilt worden. Anhaltspunkte dafür, daß die Verurteilung zu Unrecht erfolgt sein könnte oder gerade die Beklagten nicht zu den Betrugsopfern gehört haben könnten, sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.

b) Die gegenüber den Gründungsgesellschaftern des Fonds bestehenden Schadensersatzansprüche sind darauf gerichtet, den Anleger so zu stellen, als wäre er der Fondsgesellschaft nicht beigetreten und hätte mit dem den Beitritt finanzierenden Institut keinen Darlehensvertrag geschlossen (Sen.Urt. v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406).

Danach haben die Beklagten der Klägerin nur die Fondsbeteiligung und in entsprechender Anwendung von § 255 BGB ihre Schadensersatzansprüche gegen die Do. GmbH und W. Gr. abzutreten. Die Darlehensvaluta, die nicht an sie, sondern an den Treuhänder geflossen ist, brauchen die Beklagten der Klägerin nicht zurückzuzahlen. Sie können im Wege des Rückforderungsdurchgriffs entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1595) Rückgewähr der von ihnen auf Grund des Darlehensvertrages an die Klägerin erbrachten Leistungen verlangen, soweit sie sie aus ihrem eigenen Vermögen und nicht aus Erträgnissen des Fonds erbracht haben (Sen.Urt. v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1407). Der Beklagte zu 2 hat außerdem Anspruch auf die Rückabtretung seiner Lebensversicherung.

II. Da nicht festgestellt ist, ob und in welchem Umfang die Beklagten Vermögensvorteile aus der Gesellschaftsbeteiligung erlangt haben, kann der Senat die Sache nicht abschließend entscheiden. Das Berufungsgericht wird dem Vortrag der Klägerin nachzugehen haben, den Beklagten seien bereits während der Bauphase Zwischenfinanzierungszinsen in Höhe von 4.363,65 DM zurückgezahlt worden. Es wird dabei - ggf. nach ergänzendem Vorbringen der Parteien - zu klären haben, in welchem Umfang der Treuhänder Ausschüttungen des Fonds an die Klägerin weitergeleitet hat. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit, nach Maßgabe der Entscheidungen des Senats vom (II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1407) zu klären, ob die Beklagten in den Genuß von Steuervorteilen gekommen sind, denen keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamts gegenüberstehen und die deshalb im Rahmen des Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen sind.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
DAAAB-98063

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein