BGH Urteil v. - II ZR 320/03

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: VerbrKrG § 9 Abs. 1; VerbrKrG § 9 Abs. 2; VerbrKrG § 9 Abs. 2 Satz 4; VerbrKrG § 9 Abs. 3; VerbrKrG § 9 Abs. 4; BGB § 255

Instanzenzug:

Tatbestand

Die Kläger verlangen von der beklagten Bank die Erstattung von Zinsen, die sie auf ein Darlehen gezahlt haben, mit dem sie ihren Beitritt zur G.-GbR, S. Straße 7 und 9, D., Fonds Nr. 14 (im folgenden: Fonds, Fondsgesellschaft) finanzierten. Außerdem begehren sie die Feststellung, daß sie der Beklagten auf Grund des Kreditvertrages keine weiteren Leistungen mehr schulden.

Die Kläger unterzeichneten am eine "Beitrittserklärung" zu dem Fonds. Darin verpflichteten sie sich zum Beitritt und boten einem Rechtsanwalt M. F. den Abschluß eines auf die Verwendung der einzuzahlenden Gelder bezogenen Treuhandvertrages "mit darin enthaltener Vollmacht/Auftrag" an.

Die Fondsgesellschaft war von der Do. GmbH und deren Geschäftsführer W. Gr. gegründet worden. Gesellschaftszweck war der Erwerb, die Bebauung, wirtschaftliche Ausnutzung und Verwaltung des Grundstücks S. Straße 7 und 9 in D.. Die Einlage der Kläger sollte 60.000,00 DM betragen und in vollem Umfang mit einem von der Beklagten zu gewährenden, durch Abtretung zweier Lebensversicherungen gesicherten Kredit finanziert werden. Die Kläger schlossen am mit der Beklagten zur Finanzierung des Fondsbeitritts sowie zur Ablösung eines Darlehens der Sp.bank O. einen Darlehensvertrag über 75.000,00 DM. Im Februar 1998 schlossen die Parteien unter Beibehaltung der der Beklagten gewährten Sicherheiten einen für die Kläger zinsgünstigeren Folgevertrag, durch den das ursprüngliche Darlehen abgelöst wurde.

In der Folgezeit konnten die in dem Fondsprospekt veranschlagten und von der Do. GmbH für die Dauer von fünf Jahren garantierten Mieten nicht erwirtschaftet werden. Die Do. GmbH stellte im Juni 1996 ihre Zahlungen ein. Ein Konkursantrag wurde mangels Masse abgelehnt. Der Initiator des Fonds, W. Gr., wurde 1999 wegen Kapitalanlagebetrugs in vier Fällen, u.a. hinsichtlich des Fonds 14, rechtskräftig verurteilt. Er hatte sich oder der Do. GmbH ohne Wissen der Anleger von der Grundstücksverkäuferin und Bauträgerin, der Dom. GmbH, einen Teil der in dem Fondsprospekt für den Erwerb und die Bebauung des Grundstücks veranschlagten 9,2 Mio. DM, nämlich etwa 4,3 Mio. DM, zurückzahlen lassen. Auf diese Weise war von dem insgesamt aufgebrachten Kapital des Fonds in Höhe von 12,25 Mio. DM weniger als die Hälfte in das Bauvorhaben geflossen.

Die Kläger verlangen mit ihrer im Februar 2000 zugestellten Klage von der Beklagten Rückzahlung gezahlter Zinsen von 32.345,05 DM Zug um Zug gegen Abtretung ihres Fondsanteils, hilfsweise ihres Abfindungsanspruchs.

Außerdem wollen sie die Feststellung erwirken, der Beklagten keine weiteren Darlehensrückzahlungen mehr leisten zu müssen. Während des Rechtsstreits haben sie mit Schreiben vom die Kündigung ihrer Mitgliedschaft in der Fondsgesellschaft erklärt.

Das Landgericht hat dem Feststellungsbegehren stattgegeben und die Zahlungsklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Kläger insgesamt abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Klageforderungen weiter.

Gründe

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Die Kläger brauchen der Beklagten aus den zur Finanzierung des Fondsbeitritts aufgenommenen Kreditmitteln keine weiteren Zahlungen zu leisten und haben umgekehrt gegen sie einen Anspruch auf Rückgewähr ihrer bereits erbrachten Zinszahlungen. Das ergibt sich aus § 9 Abs. 3, Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG in seiner hier anzuwendenden bis zum geltenden Fassung.

1. Das Berufungsgericht hat gemeint, den Klägern sei ein Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG jedenfalls deshalb versagt, weil ein Schadensersatzanspruch der Kläger aus Verschulden bei Vertragsschluß wegen Täuschung durch den Initiator bei ihrem Fondsbeitritt mangels wirksamer, weil verspätet geltend gemachter außerordentlicher Kündigung der Fondsmitgliedschaft nicht mehr durchsetzbar sei. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.

2. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom (II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1593 f.; ebenso Urteile v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1396 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1405, sowie , WM 2003, 2232, 2233 f.) entschieden hat, finden auf einen Kredit zur Finanzierung einer Beteiligung an einer Anlagegesellschaft gemäß § 9 Abs. 4 VerbrKrG die Vorschriften des § 9 Abs. 1-3 VerbrKrG Anwendung, weil der Beitritt nach seinem wirtschaftlichen Zweck und wegen der Schutzbedürftigkeit des Anlegers einem Vertrag über eine entgeltliche Leistung gleichzustellen ist. Der Beitritt der Kläger zur Fondsgesellschaft und der zu seiner Finanzierung geschlossene Darlehensvertrag der Parteien sind ein verbundenes Geschäft i.S. von § 9 Abs. 1 VerbrKrG. Dessen Voraussetzungen liegen nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn sich die Fondsgesellschaft und die Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594; v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1396, 1398 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1405). Das war hier der Fall. Die Beklagte hat ihre Vertragsformulare dem von den Fondsinitiatoren eingeschalteten Vermittlungsunternehmen zur Verfügung gestellt.

Der Annahme eines Verbundgeschäftes steht, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, nicht entgegen, daß die Parteien am einen Folgevertrag zu dem Darlehensvertrag vom - zu für die Kläger günstigeren Konditionen - geschlossen hatten. Mit dem "neuen" Kredit wurde zwar das Darlehen von 1992 abgelöst. Der Sache nach handelte es sich jedoch nur um eine Anschlußfinanzierung, die den von Anfang an bestehenden Verbund zwischen Beitritt und Kreditgewährung nicht entfallen ließ.

3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts können die Kläger sich, ohne daß es auf die Kündigung ihrer Fondsmitgliedschaft und deren vom Berufungsgericht - zu Unrecht - angenommene Verspätung (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594 f.; wegen des Verwirkungseinwands vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 374/02, ZIP 2004, 1407, 1408 f.) ankäme, der Beklagten gegenüber nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG darauf berufen, daß ihnen gegen die Gründungsgesellschafter des Fonds, die Do. GmbH und W. Gr., Schadensersatzansprüche u.a. aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß zustehen (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851, 1852). Die Verjährungseinrede greift - abgesehen von der verspäteten Geltendmachung (BGHZ 1, 234, 239) - nicht durch, weil die Verjährungsfrist in diesem Fall dreißig Jahre beträgt (§ 195 BGB a.F.).

a) Wie der Senat in seinen Urteilen vom (II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406) entschieden hat, kann der bei seinem Eintritt in eine Fondsgesellschaft getäuschte Anleger bei Vorliegen eines Verbundgeschäfts nicht nur seine Beteiligung kündigen und die daraus folgenden Ansprüche auch der Bank entgegenhalten, sondern darüber hinaus dem Kreditinstitut alle Ansprüche entgegensetzen, die er gegen die Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter des Fonds hat, weil diese in dem Dreiecksverhältnis des Verbundgeschäfts Kunde - Verkäufer - Bank wie ein Verkäufer zu behandeln sind. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist W. Gr. wegen Kapitalanlagebetrugs, u.a. im Zusammenhang mit dem hier betroffenen Fonds 14, rechtskräftig verurteilt worden. Anhaltspunkte dafür, daß die Verurteilung zu Unrecht erfolgt sein könnte oder gerade die Kläger nicht zu den Betrugsopfern gehört haben könnten, sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.

b) Die gegenüber den Gründungsgesellschaftern des Fonds bestehenden Schadensersatzansprüche sind darauf gerichtet, den Anleger so zu stellen, als wäre er der Fondsgesellschaft nicht beigetreten und hätte mit dem den Beitritt finanzierenden Institut keinen Darlehensvertrag geschlossen (Sen.Urt. v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406).

Danach brauchen die Kläger der Beklagten nur die Fondsbeteiligung, die sie ihr bereits sicherungshalber abgetreten haben, bzw. ihren Abfindungsanspruch sowie in entsprechender Anwendung von § 255 BGB ihre Schadensersatzansprüche gegen die Do. GmbH und W. Gr. zu überlassen. Die Darlehensvaluta, soweit sie dem Anteilserwerb diente, brauchen sie der Beklagten dagegen nicht zurückzuzahlen. Im Wege des Rückforderungsdurchgriffs entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1595) können sie von der Beklagten Rückgewähr der Zinszahlungen verlangen, die auf den zur Finanzierung ihres Fondsbeitritts dienenden Teil des Kredits entfielen. Dies gilt jedoch nur für Zahlungen, die sie aus ihrem eigenen Vermögen und nicht aus Erträgnissen des Fonds erbracht haben. Außerdem haben die Kläger Anspruch auf Rückgewähr der der Beklagten überlassenen Sicherheiten.

II. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, wie hoch der den Anteilserwerb betreffende Kreditteil war und wie hoch die auf diesen Kreditteil entfallenden Zinszahlungen der Kläger sind. Die Zurückverweisung gibt ihm Gelegenheit, dies nach ergänzender Anhörung der Parteien nachzuholen.

Fundstelle(n):
XAAAB-97991

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein