Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: VerbrKrG § 9 Abs. 3; VerbrKrG § 9 Abs. 2 Satz 4; VerbrKrG § 9; VerbrKrG § 9 Abs. 4; VerbrKrG § 9 Abs. 1; VerbrKrG § 9 Abs. 2; BGB § 255
Instanzenzug: Frankfurt am Main vom LG Hanau vom
Tatbestand
Die Parteien streiten über die wechselseitigen Ansprüche aus zwei Darlehen, die die Klägerin den Beklagten im November 1993 zur Finanzierung ihres Beitritts zur G.-GbR, W. Straße 146, D., Fonds Nr. 16 (im folgenden: Fonds, Fondsgesellschaft), gewährte.
Die Fondsgesellschaft war von der Do. Gesellschaft mbH (im folgenden: Do. GmbH) und deren Geschäftsführer W. Gr. gegründet worden. Gesellschaftszweck war der Erwerb, die Bebauung, wirtschaftliche Ausnutzung und Verwaltung des Grundstücks W. Straße 146 in D.. Die im August 1993 gezeichnete Einlage der Beklagten betrug 100.000,00 DM und wurde in vollem Umfang durch einen mit einer Tilgungslebensversicherung besicherten Festkredit und einen Tilgungskredit der Klägerin finanziert. Die Klägerin zahlte die Darlehensvaluta, wie nach den Darlehensverträgen vorgesehen, an den Treuhänder des Fonds. Die Fondsbeteiligung und deren Finanzierung waren den Beklagten von dem Mitarbeiter We. der Anlage- und Kreditvermittlungsfirma A., F., vermittelt worden.
Die in dem Fondsprospekt veranschlagten Mieten konnten nicht erwirtschaftet werden. Die Do. GmbH, die für fünf Jahre eine Mietgarantie gegenüber der Fondsgesellschaft übernommen hatte, stellte ihre Garantiezahlungen ab Juni 1996 ein. Ein Konkursantrag wurde mangels Masse abgelehnt. Der Initiator des Fonds, W. Gr., wurde 1999 wegen Kapitalanlagebetrugs, u.a. hinsichtlich des Fonds 16, rechtskräftig verurteilt. Er hatte sich oder der Do. GmbH ohne Wissen der Anleger von der Grundstücksverkäuferin und Bauträgerin einen Teil der für den Erwerb und die Bebauung des Grundstücks vorgesehenen 5,6 Mio. DM, nämlich 2,2 Mio. DM, zurückzahlen lassen, so daß von dem insgesamt aufgebrachten Kapital des Fonds in Höhe von 8,5 Mio. DM nur 3,4 Mio. DM und damit weniger als die Hälfte in das Bauvorhaben geflossen war.
Die Beklagten haben den Darlehensvertrag mit Anwaltsschreiben vom wegen arglistiger Täuschung anfechten lassen und gleichzeitig ihre Zins- und Tilgungszahlungen eingestellt. Während des Rechtsstreits haben sie am die Kündigung ihrer Fondsbeteiligung erklärt und am ihre den Darlehensvertrag und den Fondsbeitritt betreffenden Willenserklärungen nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen.
Mit ihrer am zugestellten Klage verlangt die Klägerin Rückzahlung der noch offenen Darlehensbeträge, insgesamt 116.115,41 DM. Die Beklagten begehren widerklagend Rückgewähr ihrer an die Klägerin erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 31.834,36 DM sowie Rückabtretung der Lebensversicherung an den Beklagten zu 1.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage nur hinsichtlich der Rückabtretung der Lebensversicherung stattgegeben, sie hinsichtlich des Zahlungsantrags jedoch abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage stattgegeben und die Widerklage unter Zurückweisung der den Zahlungsantrag betreffenden Anschlußberufung der Beklagten insgesamt abgewiesen. Mit ihrer vom Senat angenommenen Revision wollen die Beklagten die Abweisung der Klage und die Verurteilung der Klägerin nach den erstinstanzlich gestellten Widerklageanträgen erreichen.
Gründe
Die Revision ist begründet. Sie führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin sowie zu der Feststellung, daß das mit der Anschlußberufung verfolgte Zahlungsbegehren der Beklagten dem Grunde nach gerechtfertigt ist.
I. Die Beklagten brauchen der Klägerin die Darlehen nicht zurückzuzahlen und haben ihrerseits gegen die Klägerin Anspruch auf Rückgewähr bereits erbrachter Leistungen. Das ergibt sich aus § 9 Abs. 3, Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG in seiner bis zum geltenden Fassung.
1. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob § 9 VerbrKrG auf die Beteiligung an Immobilienfonds überhaupt anwendbar ist und ob es sich bei den Darlehensverträgen und der Fondsbeteiligung um ein verbundenes Geschäft handelt. Ein Einwendungsdurchgriff scheitert nach seiner Auffassung daran, daß den Beklagten ein Schadensersatzanspruch gegen die Fondsgesellschaft nicht zusteht, weil sie ihre Mitgliedschaft in der Gesellschaft im August 2000 nicht mehr wirksam kündigen konnten, nachdem sie bereits im Jahre 1996 erfahren hatten, daß sie von dem Fondsinitiator Gr. über die tatsächlichen Kosten des Grundstücks und seiner Bebauung getäuscht worden waren.
Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
2. a) Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom (II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1593 f.; ebenso Urteile vom - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1396 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1405, sowie , WM 2003, 2232, 2233 f.) entschieden hat, finden auf einen Kredit zur Finanzierung einer Beteiligung an einer Anlagegesellschaft gemäß § 9 Abs. 4 VerbrKrG die Vorschriften des § 9 Abs. 1-3 VerbrKrG Anwendung, weil der Beitritt nach seinem wirtschaftlichen Zweck und wegen der Schutzbedürftigkeit des Anlegers einem Vertrag über eine entgeltliche Leistung gleichzustellen ist. Der Beitritt der Beklagten zur Fondsgesellschaft und die zu seiner Finanzierung geschlossenen Darlehensverträge der Parteien sind ein verbundenes Geschäft i.S. von § 9 Abs. 1 VerbrKrG. Dessen Voraussetzungen liegen nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn sich die Fondsgesellschaft und die Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594; v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1396, 1398 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1405). Das war hier der Fall. Die Klägerin hat ihre Vertragsformulare dem von den Fondsinitiatoren eingeschalteten Vermittlungsunternehmen zur Verfügung gestellt.
b) Die Beklagten können sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts, ohne daß es auf die Kündigung ihres Fondsbeitritts und deren vom Berufungsgericht - zu Unrecht - angenommene Unwirksamkeit (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594 f.; v. - II ZR 374/02, ZIP 2004, 1407, 1408 f.) ankäme, gegenüber der Klägerin nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG darauf berufen, daß ihnen gegen die Gründungsgesellschafter des Fonds, die Do. GmbH und W. Gr., Schadensersatzansprüche u.a. aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß zustehen (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851, 1852).
Wie der Senat in seinen Urteilen vom (II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406) entschieden hat, kann der bei seinem Eintritt in eine Fondsgesellschaft getäuschte Anleger bei Vorliegen eines Verbundgeschäfts nicht nur seine Beteiligung kündigen und die daraus folgenden Ansprüche auch der Bank entgegenhalten, sondern darüber hinaus dem Kreditinstitut alle Ansprüche entgegensetzen, die er gegen die Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter des Fonds hat, weil diese in dem Dreiecksverhältnis des Verbundgeschäfts Kunde - Verkäufer - Bank wie ein Verkäufer zu behandeln sind. Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug nimmt, ist W. Gr. wegen Ka-pitalanlagebetrugs, u.a. im Zusammenhang mit dem hier betroffenen Fonds 16, rechtskräftig verurteilt worden. Anhaltspunkte dafür, daß die Verurteilung zu Unrecht erfolgt sein könnte oder gerade die Beklagten nicht zu den Betrugsopfern gehört haben könnten, sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.
c) Die gegenüber den Gründungsgesellschaftern des Fonds bestehenden Schadensersatzansprüche sind darauf gerichtet, den Anleger so zu stellen, als wäre er der Fondsgesellschaft nicht beigetreten und hätte mit dem den Beitritt finanzierenden Institut keinen Darlehensvertrag geschlossen (Sen.Urt v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406).
Danach haben die Beklagten der Klägerin nur die Fondsbeteiligung, die sie ihr bereits sicherungshalber abgetreten und mit Anwaltsschreiben vom zur Verfügung gestellt haben, sowie in entsprechender Anwendung von § 255 BGB ihre Schadensersatzansprüche gegen die Do. GmbH und W. Gr. zu überlassen. Die Darlehensvaluta, die nicht an sie, sondern an den Treuhänder geflossen ist, brauchen die Beklagten der Klägerin nicht zurückzuzahlen. Im Wege des Rückforderungsdurchgriffs entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG (vgl. Sen. Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1595) können sie Rückgewähr der von ihnen auf Grund des Darlehensvertrages an die Klägerin erbrachten Leistungen verlangen, soweit diese aus ihrem eigenen Vermögen und nicht aus den Erträgnissen des Fonds stammen. Nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs müssen sie sich auf einen Rückzahlungsanspruch jedoch die Steuervorteile anrechnen lassen, denen keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamts gegenüberstehen (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1407).
3. Damit erweist sich die Berufung der Klägerin gegen das ihre Klage abweisende und der Widerklage hinsichtlich der Rückabtretung der Lebensversicherung stattgegebene Urteil des Landgerichts als unbegründet: Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens und muß dem Beklagten zu 1 die Lebensversicherung zurück abtreten.
Die auf Rückzahlung unstreitig aus eigenem Vermögen geleisteter Zins- und Tilgungszahlungen von insgesamt 31.834,36 DM gerichtete Anschlußberufung der Beklagten dagegen hat Erfolg: Der Anspruch ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
II. Wegen der Höhe des den Beklagten zustehenden Zahlungsanspruchs muß die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Eine Entscheidung insoweit ist dem Senat nicht möglich, weil das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht festgestellt hat, ob und in welchem Umfang den Beklagten bleibende Steuervorteile zugeflossen sind.
Für den Fall, daß die Beklagten in der neuen Berufungsverhandlung den Widerruf des Darlehensvertrages nach dem Haustürwiderrufsgesetz geltend machen sollten, weist der Senat vorsorglich auf seine Entscheidung vom - II ZR 395/01 aaO, 1403 ff. hin.
Fundstelle(n):
TAAAB-97936
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein