BAG Urteil v. - 8 AZR 394/03

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 613a; ZPO § 256

Instanzenzug: ArbG Gelsenkirchen 2 (1) Ca 2401/01 vom LAG Hamm 8 Sa 1259/02 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten auf Grund eines Betriebsübergangs.

Die Klägerin war auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom ab demselben Tag bei der A GmbH (Streithelferin) beschäftigt. Sie erhielt zuletzt ein Bruttomonatsgehalt iHv. 1.636,13 Euro.

Die Beklagte hatte bis 1998 die Lagerung von Gefahrstoffen auf dem Werksgelände des Werkes III (TuZ, Gebäude L 42) in B selbst vorgenommen. Nach einer Auflage im Duldungsbescheid der unteren Wasserbehörde vom entschied sie sich sodann für eine komplette Auslagerung des Gefahrstofflagers. Sie nahm am eine Ausschreibung über die Lagerung und Distribution von Gefahrstoffen für den Bereich Service vor, die ua. lautete:

"3.1.2 Aufgabenstellung Der AN übernimmt von dem AG die Lagerung von Gefahrstoffen unter Einhaltung aller geltenden gesetzlichen Vorschriften und Verordnungen sowie den Richtlinien, Anweisungen der O AG und den Vorschriften der für Omaterialien zuständigen Versicherung (IRI Corporation). Die vom AN gelagerten Gefahrstoffe und evtl. zur Verfügung gestellten Transportgestelle sind/bleiben Eigentum der O AG bzw. des O-Lieferanten. Es muß sichergestellt sein, daß täglich der Eingangs- und Lagerbestand zu ersehen ist. Der AG ist berechtigt, jederzeit innerhalb der Geschäftszeiten das Lager des AN zu betreten und Zu- und Abgänge innerhalb seiner Vorräte nach Bedarf zu prüfen. ...

3.1.2.1 Lagerung von Gefahrstoffreservebeständen ... Der AN faxt nach Eingang vom Lieferanten den Lieferschein, zwecks Verbuchung in das O-eigene DV-System, an den AG. Nach der zusätzlichen Erfassung der Lagereinheiten in das Verwaltungssystem des AG (Lagerverwaltungssystem bzw. Warehouse-Control-System) werden die notwendigen Ospezifischen Etiketten für jede Lagereinheit an den AN schnellstmöglich weitergeleitet (online-Datentransfer). ...

3.1.2.2 Lagerung, Kommissionierung, Distribution von Gefahrstoffen an deutsche und internationale Händler Der AN übernimmt die Vereinnahmung, Lagerung, Kommissionierung und Versendung von Gefahrstoffen sowie optional von pyrotechnischen Gegenständen für den AG. ... Der AN unterhält ein eigenes DV-unterstütztes Lagerverwaltungssystem, aus dem jederzeit der Eingang- und Lagerbestand zu ersehen ist und außerdem die Übertragung der Datenbestände zu einem Lagerverwaltungssystem des AG zwecks Inventur möglich ist. Die Ausgabe der Oaufträge und Kommissionierbelege erfolgt online mittels Datenübertragung direkt beim AN. ...

5. Rahmenbedingungen: ... Für die Lagerflächen sind die Vorschriften und Auflagen der örtlichen Brandschutzbehörden zu beachten. Desweiteren müssen die Richtlinien und Brandschutzstandards von G M und deren Feuerversicherer - IRI - erfüllt werden.

..."

Die Streithelferin erhielt am den Dienstleistungsauftrag über die Lagerung, Vereinnahmung, Kommissionierung und den Transport von Gefahrgut für das Werk III der Beklagten. Erstere errichtete auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück gemäß den in der Ausschreibung genannten Anforderungen eine Lagerhalle nebst Büro- und Sozialräumen. Die Erlaubnis zur Montage, Installation und zum Betrieb einer Anlage zur Lagerung brennbarer Flüssigkeiten wurde der Streithelferin mit Bescheid vom erteilt. Die Lagerhalle wurde als Hochregallager eingerichtet und mit Regalsystemen ausgestattet. Sie hat eine Fläche von 6.000 qm. Die Streithelferin lagerte und kommissionierte dort für die Beklagte ua. Batterien, Bremsflüssigkeit, Öle und Fette, Frostschutz, Lacke, Farben, Härter ua. Die Lagerung und Abwicklung der Distributionsaufträge gestalteten sich im Wesentlichen wie folgt: Die Streithelferin setzte entsprechend der Ausschreibung eine eigene Software zur Verwaltung des Lagerbestandes ein und übermittelte die Bestandszahlen und die Bewegungen an die Beklagte, die ihrerseits parallel die Daten in einem eigenen Warenwirtschaftssystem (Warehouse Control System - WCS) erfasste. Die jeweiligen Aufträge zur Distribution wurden der Streithelferin von der Beklagten unmittelbar über eine eigens dafür eingerichtete Direktleitung aus R übermittelt und die Teile anhand des Auftrags von der Streithelferin kommissioniert und versandt. Eine Software setzte die Streithelferin für die Kommissionierung der Teile nicht ein; der Auftrag wurde entsprechend der Auftragsliste abgearbeitet. Für den Versand war bei der Beklagten ein Labeldrucksystem vorhanden. Dieses enthielt die von der Beklagten übermittelte Adressdatei der Vertragshändler und diente der Etikettierung. Die Streithelferin beschäftigte im Gefahrstofflager zuletzt ca. 20 - 30 Arbeitnehmer.

Ab April 2001 kam es in der Zusammenarbeit zwischen der Streithelferin und der Beklagten hinsichtlich Personaleinsatz und Qualifikation des eingesetzten Personals zu Unstimmigkeiten und darüber hinaus zu Auftragsrückständen. Die Beklagte und die Streithelferin beendeten daraufhin am durch schriftliche Vereinbarung den Dienstvertrag vom einvernehmlich. Ab dem 7./ führte die Beklagte das Gefahrstofflager unter Einsatz eigener Mitarbeiter weiter; Arbeitnehmer der Streithelferin wurden nicht übernommen. Von den bei der Streithelferin eingesetzten Betriebsmitteln nutzte die Beklagte in der Folgezeit zwei Seitenschubmastenstapler, einen Sitzstapler und zwei Handhubwagen und übernahm von der Büroeinrichtung zwei Schreibtische. Weitere Betriebsmittel übernahm die Beklagte von der Streithelferin nicht. In den Vorinstanzen war zwischen den Parteien streitig, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Beklagte die Lagerverwaltungssysteme übernommen hat und in welcher Weise der Transport der Gefahrgüter vom Gefahrstofflager zum Werk III der Beklagten ab dem erfolgt ist.

Die Streithelferin hatte die Klägerin ab dem zunächst von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt und kündigte sodann mit Schreiben vom das zwischen ihr und der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis zum . Im Gütetermin des Kündigungsschutzprozesses am teilte die Streithelferin der Klägerin die Beklagte als mögliche Betriebsübernehmerin mit.

Mit Schriftsatz vom hat die Beklagte der A GmbH den Streit verkündet. Diese ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis sei im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte übergegangen. Es handele sich nicht um eine reine Funktionsnachfolge, die Beklagte habe den Betrieb des Gefahrstofflagers einschließlich aller Betriebsmittel übernommen. Das Gefahrstofflager sei eigens für die Beklagte errichtet worden, und zwar nach deren speziellen Vorgaben. Die gesamte Einrichtung und Logistik des Gefahrstofflagers sei exakt auf die Bedürfnisse der Beklagten zugeschnitten gewesen. Sämtliche Betriebsmittel seien übergeben worden und zur Nutzung überlassen worden. Die Streithelferin habe die Mitarbeiter der Beklagten in der Nutzung der eingesetzten Software schulen müssen. Zudem habe die Beklagte die Telefonanlage sowie eine spezielle Datenleitung übernommen. Darüber hinaus habe die Beklagte auch den Lagerbestand übernommen. Die Ware sei weitgehend nicht Eigentum der Beklagten gewesen, sondern Vorbehaltseigentum der Zulieferfirmen. Die Betriebsabläufe seien nach der Übernahme durch die Beklagte dieselben wie bei der Streithelferin. Die Beklagte habe insoweit die vollständige Logistik der Lagerhaltung fortgeführt.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem ein unbefristetes Arbeitsverhältnis infolge Betriebsübergang gemäß § 613a BGB besteht.

Die Beklagte und die Streithelferin haben Klageabweisung beantragt. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Betriebsübergang iSd. § 613a BGB habe bei Fortführung des Gefahrstofflagers nicht stattgefunden; es handele sich um eine reine Funktionsnachfolge. Allein die Anmietung der Lagerhalle könne keinen Betriebsübergang begründen. Bei der Lagerhalle handele es sich um eine gewöhnliche Gefahrstofflagerhalle, die es auch an anderen Standorten gebe und die angemietet werden könne. Weitere Betriebsmittel habe sie nicht übernommen, insbesondere setze sie eigene Software zur Abwicklung der Aufträge ein. Wesentlich für den Betrieb eines Gefahrstofflagers seien die Arbeitsabläufe und die verwendete Software. Die von der Beklagten im Gefahrstofflager durchgeführte Tätigkeit verlaufe dergestalt, dass die Aufträge des jeweiligen Kunden über ein EDV-System in R aufbereitet und nach B in das Werk III über eine Datenleitung zur Verfügung gestellt würden. In der Auftragssteuerungsstelle in B würden diese Aufträge für das Gefahrstofflager in Bo nach den jeweiligen länderspezifischen Kriterien abgerufen. Durch das Abrufen der im System vorliegenden Aufträge werde mit dem Greiferdatenbank-System das Auftragsdokument und die Greiferkarte erstellt. Diese Auftragsdokumente und die Greiferkarten übergebe man dem Gefahrstofflager zur weiteren Bearbeitung. Die Mitarbeiter der Beklagten im Gefahrstofflager stellten die Positionen nach den jeweiligen Auftragsdokumenten und Greiferkarten zusammen. Sodann werde der Auftrag verpackt und zur Versendung bereitgestellt. Der Finanzabteilung im Bereich Teile und Zubehör B werde zur Rechnungsschreibung das Auftragsdokument übergeben. Im Gegensatz zur Streithelferin benutze die Beklagte das Greiferdatenbank-System sowie das WCS. Die Greiferdatenbank diene der Erstellung der Greiferkarten, die eine wirtschaftlich sinnvolle Abarbeitung des Auftrags erst ermöglichen und des Weiteren der Erfolgskontrolle dienen. Die Artikel müssten nicht mehr der Reihe nach von der Liste abgearbeitet werden. Das WCS sei ein Reserveverwaltungssystem. Als Reserve seien die in den Regalen über den Greiferfächern befindlichen Fächer bezeichnet. Die in diesen Reservefächern befindlichen Waren seien im WCS verbucht. Sei ein Greiferfach leer, werde es mit dem Inhalt eines dazugehörigen Reservefaches aufgefüllt. Das Programm vermittle über die jeweiligen Ein- und Ausbuchungen einen Überblick über den Bestand und sei daher für das ordnungsgemäße Funktionieren des Lagers von großer Bedeutung. Ein Lagerverwaltungssystem sei für das Funktionieren eines Lagers unumgänglich. Diese Systeme seien von der Streithelferin nicht genutzt worden. Diese habe über ein eigenes Lagerverwaltungssystem verfügt, welches sie eigens durch eine Datenverarbeitungsfirma habe erstellen lassen. In der Vergangenheit habe sich gezeigt, dass dieses System und die damit verbundene Arbeitsorganisation der Streithelferin nicht funktionierten und zu den Auftragsrückständen geführt hätten. Vor diesem Hintergrund habe eine Änderung der Arbeitsorganisation durch die Beklagte stattgefunden. Soweit die Beklagte noch kurz das System der Streithelferin genutzt habe, sei dies zur Abarbeitung der angestauten Aufträge erfolgt. Die dauerhafte Nutzung des Systems der Streithelferin sei nie geplant gewesen. Letztlich stehe einem Betriebsübergang entgegen, dass die Beklagte keinerlei Personal übernommen habe. Dieses sei aber für den Betrieb eines Gefahrstofflagers wesentlich. Hilfsweise sei davon auszugehen, dass die Klägerin ihr Fortsetzungsverlangen verspätet geltend gemacht habe.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgen die Beklagte und die Streithelferin den diesbezüglichen Klageabweisungsantrag weiter.

Gründe

Die Revision ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin zu der Streithelferin ist auf die Beklagte übergegangen.

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das Arbeitsverhältnis der Klägerin sei auf die Beklagte infolge eines Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB übergegangen. Auf Grund der vorzunehmenden Gesamtwürdigung sei festzustellen, dass die Beklagte mit der Fortführung des Gefahrstofflagers einen funktionsfähigen Betrieb übernommen habe. Ein Betriebsübergang sei nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte kein Personal der Streithelferin übernommen habe. Denn die Führung des Gefahrstofflagers sei wesentlich an sächliche Betriebsmittel gebunden. Die Beklagte habe die bis dahin eigenwirtschaftlich durch die Streithelferin eingesetzten sächlichen Mittel für eine eigenwirtschaftliche Nutzung weitgehend übernommen. Insbesondere habe die Beklagte die Lagerhalle mit dem dazugehörigen Regalsystem von der Streithelferin angemietet. Ohne dieses sei die Fortführung des Lagers für die Beklagte nicht möglich gewesen. Die weiteren übernommenen sächlichen Betriebsmittel seien hingegen von untergeordneter Bedeutung. Hinzu komme, dass das Gefahrstofflager mit Waren gefüllt gewesen sei. Entscheidend sei es, dass die Beklagte weder die Arbeitsorganisation grundlegend geändert noch eine völlig neue betriebliche Organisation geschaffen habe. Die Arbeitsorganisation sei zwar nicht vollkommen identisch mit der Arbeitsorganisation der Streithelferin, sie folge aber denselben Prinzipien und werde mit weitgehend gleichen Mitteln erreicht. Sie habe zunächst das System der Lagerung 1 : 1 fortgeführt. Die Tatsache, dass das Lagerverwaltungsprogramm der Streithelferin nur kurzfristig zum Einsatz gekommen sei und die Beklagte ihr eigenes WCS- System anwende, spreche nicht gegen das Vorliegen eines Betriebsübergangs. Daran ändere auch ein geänderter Ablauf der Auftragserteilung und der nunmehr erfolgende Einsatz von Greiferkarten bei der Auftragsbearbeitung nichts. Die Beklagte habe das vorhandene System lediglich optimiert. Ferner habe die Beklagte das bei der Streithelferin eingesetzte Labeldrucksystem, das die Adressen der Händler enthalte, ebenfalls übernommen. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagte die Erstetiketten anders als vorher aus dem Werk in B erhalte und auf dem System der Streithelferin lediglich noch die Folgeetiketten ausdrucke. Die Beklagte habe insgesamt den Vorteil einer vorhandenen wirtschaftlichen Einheit genutzt, um im eigenen Interesse eine reibungslose Versorgung der Händler gewährleisten zu können. Schließlich habe die Klägerin den Anspruch gegenüber der Beklagten in angemessener Zeit geltend gemacht.

B. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

Die Klage ist erfolgreich. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin infolge eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB am 7./ auf die Beklagte übergegangen ist.

I. Die seitens der Klägerin erhobene Feststellungsklage ist zulässig, § 46 Abs. 2 ArbGG, § 256 Abs. 1 ZPO. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Als feststellbares Rechtsverhältnis iSd. § 256 Abs. 1 ZPO kommt vorliegend nur das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten infolge eines Betriebsübergangs in Betracht. Eine Klage gegen den Betriebserwerber ist darauf zu richten, dass festgestellt wird, das Arbeitsverhältnis bestehe (zu unveränderten Arbeitsbedingungen) mit dem Betriebserwerber fort (vgl. - AP InsO § 113 Nr. 9; - 2 AZR 507/92 - AP BGB § 613a Nr. 101 = EzA BGB § 613a Nr. 107). Die Klägerin verfügt des Weiteren über das zur Erhebung der Feststellungsklage nach § 46 Abs. 2 ArbGG, § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse, denn die Beklagte stellt sowohl das Vorliegen eines Betriebsübergangs als auch den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Klägerin mit ihr als Arbeitgeberin in Abrede.

II. Die Klage ist begründet, das Arbeitsverhältnis der Klägerin besteht nunmehr zur Beklagten.

1. Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein, § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Vorschrift des § 613a Abs. 1 BGB setzt den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils auf einen anderen Inhaber voraus. Erforderlich ist die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit. Der Begriff wirtschaftliche Einheit bezieht sich auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude oder bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (st. Rspr. des Senats im Anschluss an - [Ayse Süzen] EuGHE I 1997, 1259 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 14 = EzA BGB § 613a Nr. 145; vgl. zB - 8 AZR 159/98 - BAGE 91, 121 = AP BGB § 613a Nr. 189 = EzA BGB § 613a Nr. 177; - 8 AZR 521/99 -; vgl. auch - AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 34 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 13).

In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung ihrer Identität ist anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte. Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen Auftragnehmer (Funktionsnachfolge) keinen Betriebsübergang dar ( - AP BGB § 613a Nr. 190 = EzA BGB § 613a Nr. 178; - 8 AZR 521/99 -). In betriebsmittelgeprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen (so zuletzt - AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 34 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 13).

Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebs ein. Der bisherige Inhaber muss seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb einstellen. Die bloße Möglichkeit zu einer unveränderten Fortsetzung des Betriebs genügt für die Annahme eines Betriebsübergangs nicht. Wesentliches Kriterium für den Übergang ist die tatsächliche Weiterführung oder Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit. Einer besonderen Übertragung einer irgendwie gearteten Leitungsmacht bedarf es wegen des Merkmals der Fortführung des Betriebs nicht ( - BAGE 90, 163 = AP BGB § 613a Nr. 186 = EzA BGB § 613a Nr. 170).

Der Übergang eines Betriebsteils steht für dessen Arbeitnehmer dem Betriebsübergang gleich. Auch bei dem Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt. Betriebsteile sind Teileinheiten (Teilorganisationen) des Betriebs. Bei Übertragungen von sächlichen und immateriellen Betriebsmitteln muss es sich um eine organisatorische Untergliederung handeln, mit der innerhalb des betriebstechnischen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird, auch wenn es sich nur um eine untergeordnete Hilfsfunktion handelt. § 613a BGB setzt für den Teilbetriebsübergang voraus, dass die übernommenen Betriebsmittel bereits bei dem früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten. Es reicht nicht aus, wenn der Erwerber mit einzelnen bislang nicht teilbetrieblich organisierten Betriebsmitteln einen Betrieb oder Betriebsteil gründet ( - AP BGB § 613a Nr. 196 = EzA BGB § 613a Nr. 185; - 8 AZR 335/99 -).

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat - ein (Teil-)Betriebsübergang iSd. § 613a Abs. 1 BGB hinsichtlich des Gefahrstofflagers von der Streithelferin auf die Beklagte vor. Die Beklagte hat diesen Betrieb(-steil) der Streithelferin unter Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit übernommen.

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem Gefahrstofflager um einen übergangsfähigen Betrieb bzw. Betriebsteil der Streithelferin iSd. § 613a Abs. 1 BGB handelt. Die Richtigkeit dieser Annahme kann der Senat nach dem unstreitigen Sachverhalt selbst beurteilen. Das Gefahrstofflager stellt zumindest einen Betriebsteil iSd. § 613a Abs. 1 BGB dar (zur Betriebseigenschaft bei Lagern vgl. auch - AP BGB § 613a Nr. 118 = EzA BGB § 613a Nr. 123; - 2 AZR 55/94 - EzA BGB § 613a Nr. 122).

Es liegt ein übertragungsfähiger, selbständiger und organisatorisch abgrenzbarer Teilbereich des Gesamtbetriebs der Streithelferin vor, die mehrere Betriebsstätten (Spedition, Lager) unterhält. Diesem Betriebsteil fest zugeordnet sind Arbeitnehmer; es besteht eine eigenständige Arbeitsorganisation zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit einer eigenen Zielsetzung, und zwar der Lagerung und Distribution von Gefahrstoffen für den Bereich Service der Beklagten. Dem vorgenannten Zweck waren nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auf Grund des unstreitigen Parteivorbringens und dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme, die in der Revision nicht angegriffen wurden und daher für den Senat bindend sind (§ 559 ZPO), die Lagerhalle auf dem Grundstück einschließlich Hochregallager, Büros und Sozialeinrichtungen nebst Ausstattung (zB Büromöbeln), EDV- und Telekommunikationsanlagen und sonstigen Betriebsmitteln (Staplern, Hubwagen etc.) zugeordnet. Darüber hinaus war eine eigenständige Arbeitsorganisation mit dem der oben genannten Aufgabenstellung fest zugeordneten Personal notwendig, um die Zielsetzung der Lagerung und Distribution der Gefahrstoffe für die Beklagte durch die Streithelferin zu gewährleisten. Nach den weiteren Feststellungen des Landesarbeitsgerichts beschäftigte die Streithelferin im Gefahrstofflager zumindest eine Leitung sowie Lagerarbeiter zur Durchführung der Lager- und Kommissioniertätigkeiten. Die Streithelferin setzte zur Arbeitsorganisation bestimmte Softwareprogramme ein (Lagerverwaltungssystem, Labeldrucksystem). Die Durchführung der Transporte erfolgte durch den Einsatz eines LKW der Streithelferin und einem bei ihr beschäftigten Kraftfahrer.

b) Der Betrieb bzw. Betriebsteil des Gefahrstofflagers ist auf die Beklagte iSd. § 613a BGB übergegangen. Nach Maßgabe der vorangestellten Voraussetzungen führt die vorzunehmende Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzellfalls zur Annahme eines (Teil-)Betriebsübergangs iSd. § 613a BGB; die Fortführung des Gefahrstofflagers G stellt nicht eine bloße Funktionsnachfolge dar.

aa) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass es für die Gesamtbeurteilung, ob ein (Teil-)Betriebsübergang iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben ist, nicht allein maßgeblich auf die Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils der ursprünglich bei der Streithelferin beschäftigten Belegschaft ankommt. Bei der von der Streithelferin zu erbringenden Tätigkeit der Lagerung und Distribution von Gefahrstoffen handelt es sich - entgegen der zunächst vertretenen und im Termin vor dem Senat wieder aufgegebenen Ansicht der Beklagten - nicht um eine rein betriebsmittelarme Dienstleistung, bei der es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt und materielle sowie immaterielle Betriebsmittel eine lediglich untergeordnete Rolle spielen, sondern um einen Betrieb, bei dem den materiellen und immateriellen Betriebsmitteln neben der menschlichen Arbeitskraft für die Identität der wirtschaftlichen Einheit eine entscheidende Bedeutung zukommt (so auch - EzA BGB § 613a Nr. 122 zu einem Material- und Ersatzteillager).

Der Streithelferin oblag eine einheitliche Dienstleistung bestehend aus mehreren Aufgaben, die von der Verwaltung des Gefahrstofflagers über die Distribution bis zum Transport der Gefahrstoffe wahrgenommen werden mussten. Hierzu waren sachliche und immaterielle Betriebsmittel unabdingbar. Denn ohne die Lagerhalle selbst nebst den in ihr befindlichen Hochregalen zur Lagerung der Gefahrstoffe, den erforderlichen Betriebsmitteln zur Ein- und Auslagerung der Waren wie Staplern, Hubwagen, Paletten, Verpackungsmaterialien zum Versand etc. den Büroräumen und Sozialeinrichtungen sowie deren Ausstattung wäre der Betrieb eines Gefahrstofflagers und die Distribution der Gefahrstoffe nicht denkbar. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Wertung hinsichtlich der Bedeutung sachlicher und immaterieller Betriebsmittel für das Gefahrstofflager steht auch nicht - wie die Beklagte meint - im Widerspruch zur Entscheidung des Senats vom (- 8 AZR 520/99 -). Allein aus der Tatsache, dass auch der Streithelferin ua. Kommissionsarbeiten im Gefahrstofflager oblagen, kann nicht der Schluss gezogen werden, es komme bei jedem Betrieb dieser Art wesentlich auf die menschliche Arbeitskraft für dessen Prägung an; entscheidend ist vielmehr die Gesamtbetrachtung des Betriebs und der von ihm zu erfüllenden arbeitstechnischen Zwecke (ebenso - AP EWG- Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 34 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 13). Der Entscheidung vom (- 8 AZR 520/99 -) lag ein anderer Sachverhalt zu Grunde. Entgegen dem nunmehr durch den Senat zu beurteilenden Sachverhalt betrieb die damalige Beklagte zu 2) einen Fruchtgroßhandel, zu dem zwar ebenfalls das Kommissionieren von Ware gehörte. Nur diese Tätigkeit für zwei Großkunden wurde an die damalige Beklagte zu 1) übertragen. Dort war die menschliche Arbeitskraft prägend, da die Wertschöpfung des Betriebs nur durch die Arbeitstätigkeit als solche (Kommissionieren) erfolgte, sächliche Betriebsmittel nur eine unwesentliche Rolle spielten und immaterielle Betriebsmittel praktisch nur aus dem in der Belegschaft verkörperten Wissen bestand, wie die geschuldete Dienstleistung zu erbringen war. Dies ist in Anbetracht der Art und des Umfangs der von der Streithelferin zu erbringenden Dienstleistungen für die Beklagte gerade nicht der Fall. Damit hängt der Betriebsübergang nicht allein von der Übernahme von Personal ab.

bb) Für die Gesamtwürdigung des Vorliegens eines Betriebsübergangs iSd. § 613a Abs. 1 BGB kommt es - wovon auch das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist - vielmehr darauf an, ob anhand der vorangestellten Kriterien insgesamt festgestellt werden kann, dass die Identität der wirtschaftlichen Einheit nach der Fortführung des Betriebs des Gefahrstofflagers durch die Beklagte gewahrt worden ist. Das Landesarbeitsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte mit der Fortführung des Gefahrstofflagers einen funktionsfähigen, wenn auch nicht auf allen Ebenen funktionierenden Betrieb übernommen habe und sie den Vorteil einer vorhandenen wirtschaftlichen Einheit genutzt habe, um ihrerseits möglichst ohne Verzögerungen eine reibungslose Versorgung der Händler zu gewährleisten. Diese rechtliche Würdigung hat das Landesarbeitsgericht anhand der auf Grund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung, des Vortrags der Parteien sowie des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme feststehenden Tatsachen vorgenommen. Diese Feststellungen sind für den Senat gemäß § 559 ZPO bindend, die Beklagte hat insoweit keine formellen Rügen vorgebracht (vgl. -; - 2 AZR 22/92 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 32 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 39).

(1) Für die Beantwortung der Frage, ob die Identität der wirtschaftlichen Einheit im vorliegenden Fall nach Fortführung des Gefahrstofflagers durch die Beklagte gewahrt geblieben ist, kommt es wegen der Art des Betriebs zunächst darauf an, ob die Beklagte die für die Fortführung des Betriebs wesentlichen sächlichen Betriebsmittel übernommen hat. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass zu den essentiellen von der Beklagten übernommenen Betriebsmitteln die Lagerhalle einschließlich des Hochregallagers und des Warenbestands nebst Büros und Sozialeinrichtungen für die Mitarbeiter gehört. Unerheblich ist dagegen, ob es sich bei dem Gefahrstofflager um ein "übliches" Gefahrstofflager mit handelsüblicher Ausstattung (Regalsysteme) handelt. Denn ohne die Übernahme des Gebäudes mit seinen Einrichtungen wäre der Beklagten die Fortführung des Betriebs des Gefahrstofflagers zunächst einmal nicht möglich gewesen. Hinzu kommt, dass das Gefahrstofflager nach den Vorgaben, insbesondere nach den konzerninternen Richtlinien von G M (GM) betreffend den Brandschutz, durch die Streithelferin errichtet worden war.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang des Weiteren, dass die Beklagte nicht Eigentümerin der Lagerhalle mit ihren Einrichtungen geworden ist, sondern diese lediglich von der Streithelferin angemietet hat. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts sind einem Betrieb auch solche Gebäude, Maschinen, Werkzeuge oder Einrichtungsgegenstände als sächliche Betriebsmittel zuzurechnen, die nicht im Eigentum des Betriebsinhabers stehen, sondern die dieser auf Grund einer mit Dritten getroffenen Nutzungsvereinbarung zur Erfüllung seiner Betriebszwecke einsetzen kann, wobei die Nutzungsvereinbarung als Pacht, Nießbrauch oder als untypischer Vertrag ausgestaltet sein kann ( - BAGE 87, 296 = AP BGB § 613a Nr. 171 = EzA BGB § 613a Nr. 160; - 8 AZR 328/96 -; - 8 AZR 337/99 -; - [Carlito Abler] AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 34 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 13; - Rs 287/86 - [Ny Moelle Kro] EuGHE 1987, 5465; - Rs C-209/91 - [Watson Rask und Christensen] EuGHE I 1992, 5755 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 5 = EzA BGB § 613a Nr. 124). Es kann im Streitfall dahinstehen, ob die Betriebsmittel zur eigenwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden müssen (so - aaO; - 8 AZR 328/96 -; - 8 AZR 337/99 -; anders ggf. - [Carlito Abler] aaO). Die Überlassung der Lagerhalle nebst Einrichtungen durch die Streithelferin erfolgt unstreitig zur eigenwirtschaftlichen Nutzung. Sie ist daher in die Gesamtabwägung betreffend das Vorliegen eines Betriebsübergangs maßgeblich einzustellen.

(2) Die Beklagte verfolgt keinen anderen Betriebszweck als die Streithelferin vor ihr. Die Beklagte unterhält am selben Ort in denselben Räumlichkeiten ein Gefahrstofflager für das Werk III in B und die Vertragshändler der Beklagten und betreibt die Distribution der dort gelagerten Gefahrstoffe.

(3) Eine Stilllegung oder Unterbrechung der Betriebstätigkeit hat nicht stattgefunden. Die Beklagte hat nach Beendigung des Dienstleistungsvertrages mit der Streithelferin am ihre Tätigkeit im Gefahrstofflager nahtlos am fortgesetzt. Sie hat - nach Erledigung der nötigen Aufräumarbeiten - ab dem ersten Tag die Auftragsrückstände abgearbeitet.

(4) Zwar ist die "Kundschaft" nicht übergegangen, für die Beibehaltung der Betriebsidentität spricht aber des Weiteren, dass einzige Auftraggeberin der Streithelferin zuvor die Beklagte war, die nunmehr den Betriebszweck des Gefahrstofflagers wieder in eigener Regie verfolgt.

(5) Aus der Übernahme der essentiellen Betriebsmittel, der nahtlosen Fortsetzung des Betriebs und der gleich bleibenden Tätigkeit kann daher noch nicht auf das Vorliegen eines Betriebsübergangs iSd. § 613a Abs. 1 BGB geschlossen werden, da diese Umstände die Identität der streitgegenständlichen wirtschaftlichen Einheit noch nicht ausmachen. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, wenn es davon ausgeht, dass durch das Vorhandensein sachlicher Betriebsmittel noch keine wirtschaftliche Einheit geschaffen wird, sondern diese gerade bei Dienstleistungsbetrieben entscheidend durch die Organisationsstruktur der zu verrichtenden Dienstleistung bestimmt werden kann. Die Beklagte hat jedoch auch die Arbeitsorganisation der Streithelferin im Wesentlichen beibehalten. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass sich an der Art der Lagerhaltung nichts Grundsätzliches geändert hat. Die Kommissionen wurden von der Streithelferin vor dem nach Auftragseingang mittels des Einsatzes von Gabelstaplern von Hand abgearbeitet und zusammengestellt. Hieran hat die Beklagte nichts geändert, es gibt nach wie vor kein elektronisch geführtes Lager mit Lagerrobotern, Fließbändern und ähnlichem. Des Weiteren folgt der Senat dem Landesarbeitsgericht darin, dass die Beklagte das tatsächliche System der Lagerung des Bestands unverändert fortgeführt hat und damit die Ordnung des Lagers unberührt gelassen hat, indem die "Locations" (Standorte) der gelagerten Gefahrstoffe beibehalten wurden. Ebenfalls maßgebliche Bedeutung kommt der Beibehaltung der Arbeitsorganisation und der Betriebsmethoden der Streithelferin zu. Dabei spricht für einen Betriebsübergang im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten gerade auch, dass die tatsächliche Lagerung auf Vorgaben der Beklagten beruhte. Hat die Streithelferin die Standorte nach den Vorgaben der Beklagten gewählt, so konnte die Beklagte mit diesem eigens für ihre Zwecke organisierten Lager gerade nahtlos weiterarbeiten. Die Übernahme einer von ihr selbst vorgegebenen Organisation steht einem Betriebsübergang nicht entgegen.

Soweit nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und dem Ergebnis der Beweisaufnahme das Lagerverwaltungssystem der Streithelferin für einen Zeitraum von bis zu maximal zwei Wochen (die Angaben der Zeugen variieren von 24 - 48 Stunden bis zu zwei Wochen) von der Beklagten eingesetzt wurde und nach § 3 des Aufhebungsvertrags vom zum Zweck der Einweisung in die Systeme der Lagerverwaltung zwei Mitarbeiter von der Streithelferin für die Dauer von zwei Wochen zur Verfügung gestellt werden mussten, folgt daraus zwar keine Identität der Betriebsmethoden, denn aus einer Einweisung in die "alten" Lagersysteme der Streithelferin lässt sich nicht automatisch der Schluss ziehen, dass die Beklagte diese Systeme (unverändert) übernehmen wollte und übernommen hat. Das Landesarbeitsgericht hat vielmehr festgestellt, dass die Beklagte ein eigenes Softwareprogramm zur Verwaltung des Lagers einsetzt. Dem Einsatz eines eigenen Lager- und Reserveverwaltungssystems, dem sogenannten Warehouse Control System (WCS) kommt angesichts der übrigen Kriterien jedoch keine entscheidende Bedeutung zu. Der Senat folgt dem Landesarbeitsgericht darin, dass es allenfalls eine Verbesserung der Arbeitsmethoden darstellt, wenn die Aufträge nicht mehr streng nach Reihenfolge, sondern wegen des Einsatzes von EDV-erstellten so genannten Greiferkarten arbeitsökonomisch nach der Nähe des Standortes der gelagerten Waren abgearbeitet werden. Hierdurch hat sich die Organisation, nämlich die manuelle Kommissionierung und Etikettierung der Aufträge mittels des ebenfalls übernommenen Labeldrucksystems, jedenfalls nicht wesentlich geändert. Dass hierbei die Erstetiketten bei der Beklagten gedruckt wurden und mittels des Labeldruckers der Streithelferin nur noch Folgeetiketten, ist unerheblich. Keine wesentliche Änderung der Arbeitsorganisation stellt es letztlich auch dar, dass die Auftragsübermittlung von R in das Werk III der Beklagten in B statt wie bisher über eine Direktleitung in das Gefahrstofflager erfolgt. Insgesamt blieben die betrieblichen Funktionszusammenhänge erhalten und es wurden allenfalls Organisationsmängel beseitigt.

(6) Der Nichtübernahme des Personals kommt entgegen der Auffassung der Beklagten keine entscheidende Bedeutung zu. Der Senat vermag schon nicht zu erkennen, dass es sich bei dem Personal um solches mit Spezialkenntnissen gehandelt hat und diese Spezialkenntnisse als identitätsprägend angesehen werden können. Die Beklagte behauptet zwar, dass gerade das Fehlen qualifizierten Personals bei der Streitverkündeten für das Scheitern des Auftrags verantwortlich war, hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass nur die Übernahme von sog. "Knowhow" Trägern die Annahme eines Betriebsübergangs gerechtfertigt hätte. Dem steht schon entgegen, dass das Scheitern des Auftrags im Streitfall auch auf anderen Gründen beruht haben mag, beispielsweise weil zu wenig Personal vorhanden war, Maschinen oder die Computerprogramme nicht funktionierten oder zu wenig kontrolliert worden ist. Außerdem konnte die Beklagte die betriebliche Tätigkeit nahtlos mit eigenem Personal fortsetzen. Jedenfalls schließt die Nichtübernahme von Personal noch nicht einen Betriebsübergang aus, da das Personal nur bei betriebsmittelarmen Betrieben identitätsbildend ist. In allen anderen Betrieben ist die Übernahme der Belegschaft nur ein Kriterium unter anderen für die Annahme eines Betriebsübergangs. Insoweit bedarf es entgegen der im Termin vor dem Senat geäußerten Auffassung der Beklagten auch keiner Einführung einer neuen Kategorie von Betrieben, nämlich solche mit betriebsmittel- und personalidentitätsbildender Struktur. Ist ein Fortbestand der betrieblichen Identität bei den nicht betriebsmittelarmen Betrieben schon auf Grund anderer Kriterien zu bejahen, kommt der Nichtübernahme kein Ausschlusscharakter im Hinblick auf den Betriebsübergang zu (ebenso - AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 34 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 13). Steht der Betriebsübergang fest, ist der Übergang der Arbeitsverhältnisse Rechtsfolge, nicht Voraussetzung.

Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten erhobene Verfahrensrüge nach § 286 ZPO ist unbegründet. Eine vom Berufungsgericht gemäß § 286 Abs. 1 ZPO vorgenommene Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme ist durch das Revisionsgericht nur beschränkt nachprüfbar. Dieses kann lediglich überprüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und die Grenzen des § 286 Abs. 1 ZPO gewahrt und eingehalten hat. Revisionsrechtlich von Bedeutung ist deshalb nur, ob das Berufungsgericht tatsächlich den gesamten Inhalt der Verhandlungen berücksichtigt und alle erhobenen Beweise gewürdigt hat, ob die Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei sowie frei von Verstößen gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze ist und ob sie rechtlich möglich ist ( - BAGE 86, 347 = AP MuSchG 1968 § 3 Nr. 11 = EzA MuSchG § 3 Nr. 4 mwN). Das Landesarbeitsgericht hat den Sachverhalt vollständig gewürdigt. Zunächst hat das Landesarbeitsgericht nicht übersehen, dass die Beklagte ein spiegelbildliches Abbild des Lagertatbestandes in ihrem EDV-System hatte, sondern dies wird auf S. 13 des Urteils gewürdigt, was die Beklagte selbst einräumt. Die Beklagte rügt insofern lediglich eine richtige Rechtsanwendung. Das Landesarbeitsgericht hat auch nicht den Vortrag der Beklagten übersehen, dass sie das Lagerverwaltungsprogramm der Streithelferin nicht übernommen hat, sondern diesen Umstand gewürdigt und aus rechtlichen Gründen für unerheblich gehalten. Insofern bedurfte es auch nicht der Vernehmung des von der Beklagten angebotenen Zeugen S. Damit geht es auch hier nicht um eine Frage der Tatsachenfeststellung, sondern der rechtlichen Würdigung. Soweit die Beklagte rügt, das Landesarbeitsgericht habe die Arbeitsorganisation, die eingespielten Arbeitsabläufe als wesentlich für den Betrieb eines Gefahrstofflagers ansehen müssen, handelt es sich ebenfalls nicht um eine Frage der Tatsachenfeststellung, sondern der rechtlichen Würdigung.

Soweit die Beklagte rügt, das Landesarbeitsgericht habe nicht gewürdigt, dass die Beklagte nunmehr die Aufträge mittels der Greiferkarten abwickle, ist die Verfahrensrüge ebenfalls unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat diesen Umstand gewürdigt und als bloße Verbesserung der Auftragsbearbeitung, aber nicht als wesentliche Veränderung der Organisation angesehen. Wenn die Beklagte schließlich geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe den Sachverhalt nicht vollständig gewürdigt, weil kein qualifiziertes Personal übernommen worden sei, so ist auch diese Rüge als Verfahrensrüge unbegründet, da das Landesarbeitsgericht diesen Umstand in den Entscheidungsgründen gewürdigt hat.

Soweit die Revision eine Aufklärungsrüge erhoben hat, ist diese unzulässig. Wird eine Verletzung der dem Landesarbeitsgericht obliegenden Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) gerügt, reicht es nicht aus, pauschal auf die Verletzung der Aufklärungspflicht hinzuweisen. Es muss vielmehr im Einzelnen vorgetragen werden, welchen konkreten Hinweis das Landesarbeitsgericht dem Revisionskläger auf Grund welcher Tatsachen hätte erteilen müssen, und welche weiteren erheblichen Tatsachen der Revisionskläger dann in der Berufungsinstanz vorgebracht hätte (vgl. - EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1; Hauck/Helml ArbGG § 74 Rn. 20). Nur so kann das Revisionsgericht feststellen, ob die gerügte Verletzung möglicherweise für das Urteil kausal war (vgl. - BAGE 32, 56 = AP BGB § 242 Ruhegehalt-Unterstützungskassen Nr. 9). Hieran fehlt es.

cc) Der Betriebsübergang erfolgte auch durch ein Rechtsgeschäft. Der Begriff des Rechtsgeschäfts ist weit zu verstehen. Da es ein Recht am Betrieb oder an einem Betriebsteil nicht gibt, ist der Betrieb als solcher kein Gegenstand, der durch Rechtsgeschäft übertragen werden kann. Rechtsgeschäftlicher Betriebsinhaberwechsel bedeutet, dass die zum Betrieb gehörenden materiellen oder immateriellen Rechte durch besondere Übertragungsakte - und nicht durch Gesamtrechtsnachfolge oder Hoheitsakt - auf den neuen Inhaber übertragen werden und der Erwerber damit neuer Inhaber des Betriebs wird. Dies heißt aber nicht, dass § 613a BGB nur dann anwendbar wäre, wenn der Betrieb oder Betriebsteil als Ganzes, unmittelbar durch ein einheitliches Rechtsgeschäft von dem Veräußerer auf den Erwerber übertragen wird ( - BAGE 48, 376 = AP BGB § 613a Nr. 43 = EzA BGB § 613a Nr. 46; - 5 AZR 160/89 - BAGE 64, 196 = AP BGB § 613a Nr. 85). Vielmehr liegt ein Betriebsübergang durch Rechtsgeschäft auch dann vor, wenn der Übergang von dem alten auf den neuen Betriebsinhaber rechtsgeschäftlich veranlasst wurde, sei es auch durch eine Reihe von verschiedenen Rechtsgeschäften oder durch rechtsgeschäftliche Vereinbarungen mit verschiedenen Dritten, die ihrerseits Teile des Betriebsvermögens oder die Nutzungsbefugnis darüber von dem ehemaligen Inhaber des Betriebs erlangt haben ( - aaO; - 5 AZR 160/89 - aaO). Entscheidend ist nur, ob die unterschiedlichen Rechtsgeschäfte darauf gerichtet sind, eine funktionsfähige betriebliche Einheit zu übernehmen ( - aaO; - 5 AZR 160/89 - aaO). Die Beklagte hat den (Teil-)Betrieb Gefahrstofflager vorliegend zumindest durch mehrere Rechtsgeschäfte übernommen, insbesondere auf Grund der Anmietung der Lagerhalle nebst Hochregallager.

c) Das Landesarbeitsgericht ist des Weiteren zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage gegenüber der Beklagten nicht verwirkt ist (§ 242 BGB). Die Geltendmachung eines Betriebsübergangs durch den Arbeitnehmer kann zwar wie jeder andere Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis verwirkt werden ( - EzA BGB § 613a Nr. 209 mwN). Der Anspruch ist verwirkt, wenn der Anspruchsberechtigte erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums den Anspruch erhebt (Zeitmoment) und dadurch beim Verpflichteten einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, er werde nicht mehr in Anspruch genommen (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist ( - aaO mwN). Vorliegend sind aber weder das Zeitmoment noch das Umstandsmoment erfüllt. Die Klägerin war bereits ab dem von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt, das Arbeitsverhältnis wurde durch die Streithelferin mit Schreiben vom gekündigt. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bereits vor September 2001 Kenntnis von einer etwaigen Betriebsübernahme durch die Beklagte hatte, sind nicht ersichtlich. Die Klägerin hat im Anschluss an den Gütetermin im Kündigungsschutzverfahren am die vorliegende Klage erhoben. Vor diesem Hintergrund konnte die Beklagte auch nicht darauf vertrauen, die Klägerin werde sich ihr gegenüber nicht auf das Vorliegen eines Betriebsübergangs berufen. Die Klägerin war nicht gehalten, ihr Fortsetzungsverlangen unverzüglich nach Kenntniserlangung von den den Betriebsübergang ausmachenden tatsächlichen Umständen geltend zu machen (vgl. hierzu Senat - 8 AZR 265/97 - BAGE 90, 153 = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 5 = EzA BGB § 613a Nr. 171). Dies gilt nur für einen wirksam betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmer. Vorliegend wäre aber das ungekündigte Arbeitsverhältnis nach § 613a BGB rechtswirksam übergegangen. Bei dieser Sachlage kommt eine Verwirkung nicht in Betracht (Senat - 8 AZR 621/02 - ZIP 2004, 1068).

C. Die Kostentscheidung beruht auf den §§ 91, 101 ZPO.

Fundstelle(n):
DAAAB-94823

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