Leitsatz
[1] Erwirkt der Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht die Verurteilung des Arbeitgebers zur vorläufigen Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsrechtsstreits, so ist ihm mangels besonderer, von ihm darzulegender Umstände nicht unzumutbar (§ 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG), der Aufforderung des Arbeitgebers nachzukommen, die Beschäftigung entsprechend der arbeitsgerichtlichen Entscheidung vorläufig wieder aufzunehmen.
Gesetze: KSchG § 11 Satz 1 Nr. 2
Instanzenzug: ArbG Trier 4 Ca 1992/00 vom LAG Rheinland-Pfalz 4 Sa 311/02 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche aus Annahmeverzug.
Der im Februar 1940 geborene Kläger war bei der Beklagten seit 1979 als Versandarbeiter beschäftigt. Am kam es anläßlich einer Arbeitsanweisung an den Kläger zu einem Wortwechsel zwischen dem Kläger und dem ihm vorgesetzten Prokuristen S. Hierbei schrie der Kläger diesen im Beisein einer Arbeitskollegin an, er sei "das größte Arschloch, was im Betrieb rumlaufe". Die Beklagte kündigte deswegen das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom fristlos, hilfsweise fristgerecht zum .
Mit Teilurteil vom gab das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage des Klägers sowohl hinsichtlich der außerordentlichen als auch hinsichtlich der ordentlichen Kündigung statt und verurteilte die Beklagte antragsgemäß zur Weiterbeschäftigung des Klägers. Dieses Teilurteil wurde der Beklagten am und dem Kläger am zugestellt. Unter dem schrieb die Beklagte an den Kläger:
"Aufgrund des ergangenen Teilurteils des Arbeitsgerichtes Trier fordern wir Sie hiermit auf, Ihre Beschäftigung mit sofortiger Wirkung wieder aufzunehmen. Verstehen Sie diese Beschäftigung nicht als normale Weiterbeschäftigung, sondern als Prozeßbeschäftigung geltend bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens."
Die Prozeßbevollmächtigte des Klägers antwortete am Montag, dem :
"Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom teilen wir Ihnen mit, daß unser Mandant an einem Prozeßrechtsarbeitsverhältnis nicht interessiert ist. Sie haben unserem Mandanten verhaltensbedingt gekündigt. Zu der Annahme eines Prozeßrechtsarbeitsverhältnisses ist er damit auch nicht verpflichtet."
Die Beklagte legte gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts am Berufung ein, die mit Urteil des Landesarbeitsgerichts vom zurückgewiesen wurde. Vom 20. August bis zum war der Kläger arbeitsunfähig krank. Am nahm er seine Arbeit bei der Beklagten wieder auf.
Der Kläger verlangt nunmehr - soweit für die Revision noch von Interesse - Vergütung für die Zeit vom 1. April bis . Dabei legt er einen unstreitigen Monatslohn von 4.505,89 DM brutto zugrunde zuzüglich eines Betrags von 109,96 DM brutto, um den die Beklagte die bisherige Monatsvergütung in Anwendung einer Betriebsvereinbarung kürzt.
Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte habe sich im gesamten Anspruchszeitraum in Annahmeverzug befunden. Auf die geschuldete Arbeitsvergütung sei nur das gezahlte Arbeitslosengeld in unstreitiger Höhe, aber nichts unter dem Gesichtspunkt des böswilligen Unterlassens eines anderweitigen Erwerbs anzurechnen. Ihm sei es nicht zumutbar gewesen, das Angebot auf Weiterbeschäftigung in einem "Prozeßrechtsarbeitsverhältnis" anzunehmen; denn die Beklagte habe eine verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung auf Grund einer persönlichen Auseinandersetzung ausgesprochen und an dieser Kündigung festgehalten. Sie sei nach ihrem Schreiben vom offenbar nicht gewillt gewesen, eine Beschäftigung zu vertragsgemäßen Bedingungen durchzuführen. Er habe bei einer derartigen Aufforderung befürchten müssen, daß sich die Auseinandersetzungen weiterhin negativ auf das Arbeitsverhältnis auswirken würden. Aus dem Weiterbeschäftigungsantrag dürften keine Rückschlüsse auf die Zumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung gezogen werden.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 10.887,06 Euro brutto abzüglich des gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 5.002,58 Euro zu verurteilen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.360,04 Euro abzüglich 1.079,69 Euro seit dem , aus 2.360,04 Euro abzüglich 1.115,68 Euro seit dem , aus 2.360,04 Euro abzüglich 1.079,69 Euro seit dem , aus 2.360,04 Euro abzüglich 1.115,68 Euro seit dem und aus 1.446,87 Euro abzüglich 611,82 Euro seit dem .
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger müsse sich den unterlassenen Verdienst anrechnen lassen. Ihm sei die Annahme des Angebots vom zumutbar gewesen, zumal er selbst die vorläufige Weiterbeschäftigung nach obsiegendem erstinstanzlichen Urteil beantragt und erwirkt habe. Ihm sei auch die gleiche Arbeit wie früher angeboten worden. Mit der Beschäftigung verbundene Unzuträglichkeiten seien nicht zu befürchten gewesen. Der Kläger habe ab dem wieder gearbeitet, ohne daß das Arbeitsverhältnis durch persönliche Auseinandersetzungen belastet worden sei.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Gründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Beklagte befand sich im Streitzeitraum zwar im Annahmeverzug mit der Rechtsfolge des § 615 Satz 1 BGB. Der Kläger muß sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er bei der Beklagten zu erwerben unterlassen hat (§ 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG). Die Anrechnung entspricht der vereinbarten Vergütung, so daß der Kläger nichts mehr verlangen kann.
I. Die Beklagte kam durch den Ausspruch der unwirksamen fristlosen Kündigung vom mit der Annahme der Arbeitsleistung des Klägers in Verzug. Da in der Kündigung zugleich die Erklärung der Beklagten lag, sie werde die Leistung nicht annehmen, bedurfte es keines Angebots des Klägers, §§ 295, 296 Satz 1 BGB (vgl. - BAGE 46, 234, 244; - 2 AZR 179/94 - BAGE 78, 333; - 9 AZR 679/97 - BAGE 90, 329; - 9 AZR 932/98 - BAGE 93, 179, 183; - 2 AZR 650/00 - AP BGB § 615 Nr. 98).
Der Annahmeverzug endete nicht vor dem . Beide Vorinstanzen haben zutreffend angenommen, ein Annahmeverzug ende nicht dadurch, daß der Arbeitgeber vorsorglich einen für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits befristeten neuen Arbeitsvertrag zu den bisherigen Bedingungen oder eine durch die rechtskräftige Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung auflösend bedingte Fortsetzung des Vertrags anbiete ( - BAGE 50, 164, 169 ff.; - 2 AZR 650/00 - aaO, zu B I 1 b der Gründe mwN). Die Beklagte hat zu einer bloßen Prozeßbeschäftigung unter Aufrechterhaltung der fristlosen Kündigung aufgefordert und damit die Leistung des Klägers nicht als Erfüllung des bestehenden Arbeitsvertrags annehmen wollen. Das Berufungsurteil vom ist erst im Dezember 2001 rechtskräftig geworden und schon deshalb nicht geeignet gewesen, den Annahmeverzug im Streitzeitraum zu beenden.
Nach § 615 Satz 1 BGB kann der Kläger die vereinbarte Vergütung (§ 611 BGB) verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Ob der Kläger ab dem einen Entgeltfortzahlungsanspruch gemäß den §§ 3, 4 EFZG erworben hat oder ob dem etwa ein fehlender Arbeitswille bzw. Treu und Glauben entgegenstehen (vgl. - AP EntgeltFG § 3 Nr. 17, zu II der Gründe), ist auf Grund des Teilvergleichs vor dem Landesarbeitsgericht nicht mehr zu entscheiden.
II. Die Vorinstanzen haben auch die Frage der Anrechnung richtig beurteilt.
1. Das Landesarbeitsgericht hat § 615 Satz 2 BGB angewendet. Demgegenüber findet gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 2. Halbs. KSchG jedenfalls auf die außerordentliche Kündigung, die wegen des Fehlens eines wichtigen Grundes unwirksam ist, § 11 KSchG Anwendung (vgl. - BAGE 35, 200, 202 f.; KR/Friedrich 6. Aufl. § 13 KSchG Rn. 72; APS/Biebl § 13 KSchG Rn. 32). Die Kündigung vom scheiterte gemäß dem Urteil vom allein an § 626 BGB, § 1 KSchG.
Dieser Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts ist jedoch unschädlich. Nach § 615 Satz 2 BGB muß sich der Arbeitnehmer auf den Annahmeverzugslohn den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er durch anderweitige Verwendung seiner Dienste zu erwerben böswillig unterläßt. Auch nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG unterliegt das Arbeitsentgelt, das der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Zeit nach der Entlassung schuldet, der Anrechnung im Umfang des Verdienstes, den der Arbeitnehmer hätte erzielen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen. Die Vorschriften unterscheiden sich insoweit zwar in ihrem Wortlaut, sind aber inhaltlich deckungsgleich ( - BAGE 94, 343, 345). Gesetzliche Folge ist die Anrechnung des hypothetischen Verdienstes. Der Arbeitgeber wird von seiner Zahlungspflicht befreit, ohne daß es einer Anrechnungserklärung bedarf.
2. a) Der Arbeitnehmer unterläßt böswillig anderweitigen Verdienst, wenn er vorsätzlich ohne ausreichenden Grund Arbeit ablehnt oder vorsätzlich verhindert, daß ihm Arbeit angeboten wird. Böswilligkeit setzt nicht voraus, daß der Arbeitnehmer in der Absicht handelt, den Arbeitgeber zu schädigen. Es genügt das vorsätzliche Außerachtlassen einer dem Arbeitnehmer bekannten Gelegenheit zur Erwerbsarbeit. Fahrlässiges, auch grob fahrlässiges Verhalten genügt nicht. Die vorsätzliche Untätigkeit muß vorwerfbar sein. Das ist nicht der Fall, wenn eine angebotene oder sonst mögliche Arbeit nach den konkreten Umständen für den Arbeitnehmer unzumutbar ist. Die Unzumutbarkeit kann sich etwa aus der Art der Arbeit, den sonstigen Arbeitsbedingungen oder der Person des Arbeitgebers ergeben. Die Frage der Zumutbarkeit ist unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben zu bestimmen (st. Rspr. des Bundesarbeitsgerichts, vgl. nur - 8 AZR 139/97 - BAGE 88, 196, 204; - 9 AZR 194/99 - AP KSchG 1969 § 11 Nr. 2 = EzA BGB § 615 Nr. 97, zu II 1 der Gründe; - 9 AZR 203/99 - BAGE 94, 343, 346, jeweils mwN).
b) Eine Anrechnung nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG kommt auch in Betracht, wenn der Arbeitgeber, der sich mit der Annahme der Dienste in Verzug befindet, Arbeit anbietet. Dies gilt insbesondere für den Fall einer bis zur endgültigen Entscheidung des Kündigungsrechtsstreits befristeten Weiterbeschäftigung zu denselben Arbeitsbedingungen. Allein darauf abzustellen, daß der Arbeitgeber das Arbeitsangebot nicht in Erfüllung des bisherigen Arbeitsvertrags abgibt, würde dem flexiblen Maßstab der Zumutbarkeit nicht gerecht. Die Zumutbarkeit für den Arbeitnehmer wird hier vornehmlich von der Art der Kündigung und ihrer Begründung sowie dem Verhalten des Arbeitgebers im Kündigungsprozeß abhängen. Bei einer betriebsbedingten oder personenbedingten Kündigung ist die vorläufige Weiterbeschäftigung dem Arbeitnehmer im Gegensatz zu einer verhaltensbedingten, insbesondere außerordentlichen Kündigung in der Regel zumutbar. Art und Schwere der gegenüber dem Arbeitnehmer erhobenen Vorwürfe können die Unzumutbarkeit der Weiterarbeit begründen, wobei die außerordentliche Kündigung regelmäßig das Ansehen des Arbeitnehmers beeinträchtigt (st. Rspr. des Bundesarbeitsgerichts, vgl. - 2 AZR 98/84 - BAGE 50, 164, 176 ff. mwN; - 9 AZR 194/99 - AP KSchG 1969 § 11 Nr. 2 = EzA BGB § 615 Nr. 97, zu II 2 der Gründe; - 2 AZR 650/00 - AP BGB § 615 Nr. 98 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 1, zu B I 2 b der Gründe).
3. Das Landesarbeitsgericht hat diese Grundsätze zutreffend zugrunde gelegt. Seine Würdigung, der Kläger hätte der Arbeitsaufforderung der Beklagten nachkommen müssen, um den Vorwurf des böswilligen Unterlassens anderweitigen Verdienstes zu vermeiden, trifft zu. Die Revision hat Rechtsfehler nicht aufzuzeigen vermocht.
a) Das Landesarbeitsgericht hat in Anwendung der dargestellten Grundsätze ausgeführt, zwar liege eine außerordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen vor. Diese sei aber zum einen auf unstreitige Tatsachen gestützt worden. Der Kläger habe die beleidigende Äußerung gegenüber dem Prokuristen S tatsächlich abgegeben. Die Beklagte habe den Kläger nicht etwa mit einem unzutreffenden Vorwurf belegt. Vielmehr habe allein eine Interessenabwägung zugunsten des langjährig beschäftigten Klägers, also die rechtliche Bewertung, zur Rechtsunwirksamkeit der Kündigung geführt. Zum anderen habe der Kläger einen Weiterbeschäftigungsantrag gestellt. Einem Arbeitnehmer, der mit seiner Kündigungsschutzklage nicht nur die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung begehre, sondern darüber hinaus einen Leistungsantrag auf Weiterbeschäftigung stelle, sei es auch bei verhaltensbedingter Kündigung regelmäßig zumutbar, auf seinem früheren Arbeitsplatz vorläufig weiterzuarbeiten. Er gebe zu erkennen, daß er die bisherige Arbeit auch vor dem rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsschutzprozesses weiterhin verrichten möchte, und stelle sein Weiterbeschäftigungsinteresse über das Interesse an Rehabilitation. Bei einem Arbeitsangebot des bisherigen Arbeitgebers führe der Gedanke des § 615 Satz 2 BGB, der Arbeitnehmer solle aus dem Annahmeverzug keinen Gewinn ziehen, nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu einer Konkretisierung der weiteren Erwerbspflicht auf dem bisherigen Arbeitsplatz. Eine Ablehnung dieses Arbeitsangebots widerspreche dem vom Arbeitnehmer selbst geltend gemachten Anspruch auf Weiterbeschäftigung und stelle ein böswilliges Verhalten dar. Der Arbeitnehmer könne nicht einerseits die vorläufige Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen verlangen, andererseits aber das entsprechende Angebot des Arbeitgebers ablehnen.
b) Dem folgt der Senat im Ergebnis und in der wesentlichen Begründung.
aa) Die Beklagte hat dem Kläger mit ihrem Schreiben vom kein Angebot unterbreitet, ein Arbeitsverhältnis entsprechend den bisherigen beiderseitigen Leistungspflichten auflösend bedingt oder befristet bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsrechtsstreits einzugehen. Vielmehr hat sie den Kläger lediglich aufgefordert, seine Beschäftigung entsprechend der arbeitsgerichtlichen Entscheidung wieder aufzunehmen. Sie hat sich bereit erklärt, das - vorläufig vollstreckbare - Urteil zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch ohne Vollstreckungsmaßnahmen des Klägers zu befolgen und dem Kläger seinen bisherigen Arbeitsplatz bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsrechtsstreits wieder zur Verfügung zu stellen. Eine besondere vertragliche Grundlage hierfür hat sie mit der Aufforderung zur "Prozeßbeschäftigung" auf Grund des Teilurteils nicht angeboten (vgl. demgegenüber - BAGE 53, 17, 19 ff.; ferner auch - 8 AZR 483/89 - BAGE 67, 88, 92 f.), aber doch die Zusage der Weiterbeschäftigung während des gesamten Prozesses gemacht. Weder die Arbeit noch die Vergütung sollten sich ändern. Diese Auslegung, die auch den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zugrunde liegt, ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Schreibens vom im Zusammenhang mit der damaligen Prozeßsituation. Soweit der Kläger dem Schreiben in den Vorinstanzen eine andere, mindere Bedeutung ("keine normale Beschäftigung") geben wollte, hat er das in der Revision nicht aufrechterhalten.
bb) Zumutbarkeitsbedenken ergeben sich nicht aus den mit einer bloßen Prozeßbeschäftigung verbundenen Unsicherheiten. Die Beklagte durfte nach ihrem Schreiben vom eine Beschäftigung jedenfalls nicht jederzeit wieder verweigern. Der Kläger konnte davon ausgehen, er werde ordnungsgemäß bis zur endgültigen Klärung der Kündigung weiterbeschäftigt. Die fehlende Vertragsgrundlage und die damit verbundene Rückabwicklung nach Bereicherungsgrundsätzen bei wirksamer Kündigung (vgl. - BAGE 54, 232, 235 ff.; - 8 AZR 483/89 - BAGE 67, 88, 90 ff.; kritisch ua. Löwisch KSchG 8. Aufl. § 4 Rn. 110 ff.) sind nicht für sich genommen unzumutbar. Sie ändern nichts daran, daß der Kläger Vergütung erzielen konnte. Nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG ist der Arbeitnehmer gehalten, "zumutbare Arbeit", nicht notwendig ein Arbeitsverhältnis anzunehmen. Arbeit bei einem anderen Arbeitgeber wurde dem Kläger nicht angeboten. Deshalb stellt sich die Frage nicht, ob es böswillig gewesen wäre, eine schlechter bezahlte Arbeit auf sicherer Vertragsgrundlage vorzuziehen. Im übrigen hatte der Kläger bereits erstinstanzlich obsiegt und ging von einem endgültigen Prozeßgewinn aus.
cc) Der Kläger mußte die etwa noch bestehende Gefahr von Unzuträglichkeiten einer Beschäftigung vor einer abschließenden gerichtlichen Entscheidung schon deswegen aushalten, weil er in Kenntnis aller Umstände die Verurteilung der Beklagten zur vorläufigen Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsrechtsstreits beantragt und erwirkt hatte. Mit seiner Antragstellung im Termin vom hat er bekundet, daß ihm die vorläufige Weiterbeschäftigung zumutbar sei. Danach ist nichts mehr geschehen, was zu einer abweichenden Beurteilung führen könnte. Zwar greift § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG bei außerordentlichen Kündigungen nicht ein (§ 102 Abs. 3 BetrVG); die Wertung des Gesetzes, daß die Weiterbeschäftigung nicht unzumutbar sein kann, wenn der Arbeitnehmer kraft Gesetzes ein entsprechendes Verlangen stellt, trifft aber auch auf den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch zu (vgl. - AP BGB § 615 Böswilligkeit Nr. 6; - RzK I 13a Nr. 55; KR/Spilger 6. Aufl. § 11 KSchG Rn. 41; Erman/Belling BGB 10. Aufl. § 615 Rn. 45, 47; Staudinger/Richardi [1999] BGB § 615 Rn. 156 ff.; ferner Heinze Personalplanung, Einstellung und Kündigung 1982 Rn. 626; APS/Biebl § 11 KSchG Rn. 21 ff., 24 ff.; Stahlhacke/Preis/Vossen Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 8. Aufl. Rn. 1777). Der Arbeitnehmer muß dann konkret begründen, warum ihm die Weiterbeschäftigung nicht (mehr) zumutbar sein soll. Hält der Arbeitgeber an der außerordentlichen Kündigung fest, bringt er damit zwar zum Ausdruck, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei für ihn unzumutbar; damit wird aber die Arbeitsleistung für den Arbeitnehmer entgegen der Auffassung der Revision nicht ohne weiteres unzumutbar.
dd) Der Kläger hat die Unzumutbarkeit der Prozeßbeschäftigung allein aus dem Festhalten der Beklagten an der außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung hergeleitet und im übrigen keine konkreten Gesichtspunkte für seinen Rechtsstandpunkt geltend gemacht. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht ebenfalls nur auf abstrakte Gesichtspunkte abgestellt hat. Sache des Klägers wäre es gewesen, die mangelnde Zumutbarkeit der Beschäftigung konkret darzulegen. Die Art der zu erledigenden Arbeit und die Gegenleistung der Beklagten sowie die Person des Arbeitgebers waren jedenfalls zumutbar. Die Freiheit der Arbeitsplatzwahl spielt keine Rolle, weil der Kläger die Rückkehr auf seinen Arbeitsplatz gerade erstrebte.
ee) Aber auch unabhängig von dem erfolgreichen Weiterbeschäftigungsverlangen des Klägers oblag diesem, der Aufforderung zur Arbeitsaufnahme nachzukommen. Die Gefahr von Unzuträglichkeiten anläßlich der angesonnenen Weiterbeschäftigung war trotz der verhaltensbedingten außerordentlichen Kündigung verhältnismäßig gering. Der Kläger hatte mit seiner Beleidigung selbst die Ursache hierfür gesetzt. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, daß die Beklagte dem Kläger keine unbewiesenen Vorwürfe gemacht, sondern auf einen unstreitigen und für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung grundsätzlich geeigneten Sachverhalt abgestellt hatte, der nur rechtlich zu bewerten war. Das Arbeitsgericht hatte bereits zugunsten des Klägers entschieden, so daß dieser ein Stück weit rehabilitiert war. Zwar wollte die Beklagte das Ergebnis nicht akzeptieren, sondern offensichtlich eine weitere Überprüfung ihrer Kündigungsentscheidung herbeiführen. Erhebliche Belastungen der Beschäftigung waren damit aber kaum verbunden. Der Kläger konnte keine zusätzliche Aufklärung des Sachverhalts erwarten, nachdem das Arbeitsgericht keinen Beweis erhoben hatte und es auf streitige Einzelheiten der Auseinandersetzung nicht ankam. Die Kündigung der Beklagten war auch nicht völlig überzogen. Insgesamt bestehen keine Anhaltspunkte dafür, der Kläger wäre nicht korrekt behandelt oder gar schikaniert worden. Vielmehr war nach Ablauf mehrerer Monate auch im Hinblick auf die Prozeßführung erster Instanz durchaus eine "normale" Beschäftigung zu erwarten, wenn sich der Kläger vertragsgerecht verhielt. Zwar mußte der Kläger noch mit einem Prozeßverlust rechnen. Die Situation stellte sich im übrigen aber kaum anders dar als nach abgeschlossenem Rechtsstreit. Die Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, der Kläger habe seine Arbeit bereits ab dem , also noch vor Rechtskraft des Berufungsurteils vom , ohne Probleme wieder aufgenommen.
4. Die Anrechnung entspricht der Höhe nach der vereinbarten Vergütung. Der Kläger hätte ab April 2001 die Arbeit wieder aufnehmen können und dann seine bisherige Vergütung weiter verdient. Auf die Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung kommt es deshalb nicht an. Der Kläger war in jedem Falle darauf angewiesen, deren Wirksamkeit gerichtlich klären zu lassen.
III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2003 S. 2688 Nr. 50
DB 2004 S. 437 Nr. 8
NAAAB-94341
1Für die Amtliche Sammlung: Ja; Für die Fachpresse: Nein