BAG Urteil v. - 5 AZR 469/02

Leitsatz

[1] Nach § 3 Satz 1 NachwG ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer einen erstmals abgeschlossenen Haustarifvertrag schriftlich mitzuteilen.

Gesetze: NachwG § 3

Instanzenzug: ArbG Bremen 9 Ca 9386/01 vom LAG Bremen 1 Sa 30/02 vom LAG Bremen 1 Sa 94/02 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über Annahmeverzugsansprüche.

Der 1961 geborene Kläger ist seit bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Handflämmer auf dem Gelände der S beschäftigt. Er ist Mitglied der IG Metall und des Betriebsrats. Der Kläger erhielt einen Stundenlohn sowie eine von seiner individuellen Leistung abhängige Prämie.

Im Betrieb der Beklagten findet ein Haustarifvertrag (MTV) Anwendung, der auf Gewerkschaftsseite von der IG Metall am unterzeichnet wurde. Der Tarifvertrag trat am in Kraft. Er gilt für die Mitglieder der tarifschließenden Parteien auf der Baustelle S. Zuvor gab es für diesen Geltungsbereich keinen Tarifvertrag. § 17 MTV regelt folgendes:

"§ 17

Geltendmachung von Ansprüchen

(1) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb folgender Ausschlußfristen nachweislich geltend zu machen:

a) Ansprüche auf Zuschläge aller Art innerhalb von einem Monat, gerechnet vom Lohnzahlungstag an, an welchem dem Arbeitnehmer die Abrechnung für den betreffenden Lohnabrechnungszeitraum ausgehändigt wurde;

b) alle übrigen Ansprüche innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit.

(2) Ist ein Anspruch rechtzeitig gemäß Ziffer 1 erhoben worden und wird seine Erfüllung nachweislich abgelehnt, so ist der Anspruch innerhalb von drei Monaten seit der Ablehnung gerichtlich geltend zu machen. Eine spätere Geltendmachung ist ausgeschlossen.

(3) Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis, die sich im Laufe eines Kündigungsschutzprozesses für die Zeit nach der streitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergeben, werden erst fällig mit Rechtskraft der Entscheidung, durch die das Weiterbestehen des Arbeitsverhältnisses über den streitigen Endzeitpunkt hinaus festgestellt wird. Sodann beginnen die Ausschlußfristen für diese Ansprüche.

(4) Verzichtserklärungen, die bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegeben werden, berühren die tariflichen Ansprüche nicht."

Ende September 1998 legte der Kläger der Beklagten ein ärztliches Attest vor. Darin wurde ihm eine schwere koronare Herzerkrankung bescheinigt. Akkordarbeit, schweres Heben und Tragen sowie Arbeiten im Liegen bei großer Hitze wie bisher seien nicht mehr möglich. Die Betriebsärztin der Beklagten bestätigte diese Annahmen. Im Oktober 1998 war der Kläger zwei Wochen arbeitsunfähig krank. Als der Kläger nach einem längeren Urlaub am an seinem Arbeitsplatz erschien, wurde er von dem damaligen Baustellenleiter nach Hause geschickt. Zugleich wurde dem Kläger bis auf weiteres verboten, die Flämmerei zum Zweck der Arbeitsverrichtung zu betreten.

Die Beklagte bereitete in der Folge die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers vor und beantragte mit Schreiben vom die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung mit einer Auslauffrist von einem Monat. Nachdem der Betriebsrat die Zustimmung verweigerte, leitete die Beklagte am das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 BetrVG ein. In diesem Verfahren schlossen die Beteiligten am einen Zwischenvergleich, wonach die Möglichkeit einer Beschäftigung des Klägers als Anschläger/Materialverfolger bzw. Revisor überprüft werde sollte. Zur Frage, ob der Kläger in der Lage sei, eine Tätigkeit als Materialverfolger oder als Revisor auszuüben, wurde Sachverständigenbeweis erhoben. In dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen vom ist ua. ausgeführt:

"... Aufgrund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse ergibt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus der Diagnose einer koronaren Herzkrankheit keine wesentliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit. ..."

Das Zustimmungsersetzungsverfahren endete nach Antragsrücknahme im Anhörungstermin vom .

Von Januar bis August 1999 nahm der Kläger an zahlreichen Betriebsratssitzungen, Betriebsversammlungen und Sitzungen der IG Metall teil. Am unterzeichnete er die Einladung zur Betriebsversammlung vom . Als Tagesordnungspunkte sind hierin genannt: "Manteltarifvertrag, Prämiensystem, Verschiedenes".

Mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, die der Beklagten am zugestellt worden ist, hat der Kläger Vergütungsansprüche für die Zeit vom bis einschließlich April 1999 geltend gemacht. Mit einer am beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am zugestellten Klageerweiterung hat der Kläger weitere Arbeitsvergütung bis einschließlich März 2000 verlangt. In einer weiteren am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung, die dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am zugestellt worden ist, hat der Kläger Vergütungsansprüche bis einschließlich erhoben.

Der Kläger hat behauptet, er sei während des gesamten Annahmeverzugszeitraums in der Lage gewesen, die Tätigkeit als Handflämmer auszuüben. Dies habe allerdings erst nach Vorlage des ärztlichen Gutachtens in dem Zustimmungsersetzungsverfahren festgestanden. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Vergütungsansprüche seien nicht verfallen. Vor der Erstellung des Gutachtens habe er seinen Verzugslohnanspruch nicht geltend machen können, weil unklar gewesen sei, ob und welche Arbeiten er hätte verrichten können. Die Beklagte könne sich nicht auf die im Haustarifvertrag geregelte Ausschlußfrist berufen, weil sie ihn über den Abschluß des MTV vom nicht unterrichtet habe. Damit habe sie § 3 Satz 1 NachwG verletzt, wonach eine Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat nach der Änderung schriftlich mitzuteilen sei. Da er nach dem nicht mehr im Betrieb beschäftigt worden sei, habe er von dem Abschluß des MTV im Januar 1999 keine Kenntnis gehabt.

Der Kläger hat, soweit in der Revision noch anhängig, beantragt

1. an den Kläger 78.995,90 Euro brutto (154.502,55 DM) abzüglich 25.024,31 Euro netto (48.943,30 DM) erhaltene Arbeitslosenunterstützung zuzüglich 4 % Zinsen bzw. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gestaffelt nach im einzelnen aufgeführten Zeitabschnitten zu zahlen;

2. an die Sparkasse in Bremen (Bausparvertrags-Nr. 8194590116) weitere 1.116,66 Euro (2.184,00 DM) als vermögenswirksame Leistungen zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, der Kläger habe während des Annahmeverzugszeitraums aus gesundheitlichen Gründen nicht als Flämmer arbeiten können. Weiterhin hat sie geltend gemacht, der Kläger habe die tariflichen Ausschlußfristen nicht eingehalten, obwohl er vom Abschluß des Haustarifvertrags Kenntnis gehabt habe.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von Annahmeverzugslohn für die Monate März und April 1999 sowie Februar und März 2000 verurteilt. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen, weil die Forderungen verfallen seien. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts zum Teil abgeändert und die Beklagte verurteilt, weitere 159,52 Euro vermögenswirksame Leistungen zu zahlen. Im übrigen hat es die Berufung des Klägers sowie die Anschlußberufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision für den Kläger zugelassen.

Gründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Dem Kläger stehen die noch anhängigen Annahmeverzugslohnansprüche nicht zu.

I. Die nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts entstandenen Annahmeverzugsansprüche des Klägers sind - soweit in der Revision noch anhängig - nach § 17 Abs. 1 Buchst. b des Haustarifvertrags vom (MTV) erloschen.

1. Der MTV findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend Anwendung. Der Kläger ist Mitglied der IG Metall und auf der Baustelle der Beklagten im S beschäftigt. Gemäß § 20 Abs. 1 trat der MTV am in Kraft.

2. Die Ausschlußfrist richtet sich - wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat - nicht nach § 17 Abs. 3 MTV. Der Kläger macht keine Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend, die sich im Laufe eines Kündigungsschutzprozesses für die Zeit nach der streitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergeben. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht gekündigt. Sie hat vielmehr ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 Abs. 2 BetrVG mit dem Ziel eingeleitet, die Zustimmung des Betriebsrats zu einer beabsichtigten Kündigung des Klägers ersetzen zu lassen. Der Begriff "Kündigungsschutzprozeß" in § 17 Abs. 3 MTV hat im allgemeinen arbeitsrechtlichen Sprachgebrauch einen feststehenden Inhalt. Er wird für einen Prozeß verwendet, in dem eine Kündigung des Arbeitgebers den Streitgegenstand bildet (vgl. - AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 151). Einen solchen Kündigungsschutzprozeß haben die Parteien nicht geführt.

3. Für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche ist die Ausschlußfrist des § 17 Abs. 1 Buchst. b MTV maßgeblich. Danach waren die Annahmeverzugsansprüche innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit nachweislich geltend zu machen.

a) Die Fälligkeit der Annahmeverzugsvergütung bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, in dem die Vergütung bei ordnungsgemäßer Abwicklung fällig geworden wäre ( - EzA BGB § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 11). Auf die Abrechnung kommt es für die Fälligkeit nur dann an, wenn der Anspruchsberechtigte die Höhe seiner Ansprüche ohne die Abrechnung der Gegenseite nicht erkennen kann ( - AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 162). Eine Forderung kann daher geltend gemacht werden, sobald der Gläubiger in der Lage ist, sich den erforderlichen Überblick ohne schuldhaftes Zögern zu verschaffen, um seine Forderung wenigstens annähernd zu beziffern (vgl. - AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 89).

b) Hiervon ausgehend waren die Annahmeverzugsansprüche jeweils nach Ablauf der Lohnzahlungsperiode, dh. zu Beginn des Folgemonats fällig.

aa) Soweit die Revision die Auffassung vertritt, die Annahmeverzugslohnforderungen seien bis zum Abschluß des Beschlußverfahrens am noch nicht fällig gewesen, weil bis dahin offen gewesen sei, ob der Kläger überhaupt noch als Flämmer beschäftigt werden konnte, steht dem entgegen, daß die mangelnde Leistungsfähigkeit iSv. § 297 BGB eine Einwendung des Arbeitgebers ist. Ob sie begründet ist, wirkt sich nicht auf den Fälligkeitstermin der geltend gemachten Lohnforderungen aus.

bb) Der Fälligkeit der erhobenen Ansprüche zum Ende eines jeden Monats steht nicht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Fälligkeit von Ansprüchen nach erfolgreich abgeschlossenen Statusklagen entgegen. Die Annahme der Revision, das Bundesarbeitsgericht habe in Statusverfahren die Fälligkeit von Ansprüchen verneint, solange noch Unklarheit über den Arbeitnehmerstatus bestehe, ist nur zum Teil zutreffend. In der vom Kläger herangezogenen Entscheidung des Vierten Senats vom (- 4 AZR 152/00 - BAGE 97, 177) hat das Bundesarbeitsgericht den Lauf der Ausschlußfrist für Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers gerade nicht erst mit der Rechtskraft der gerichtlichen Feststellung des Arbeitsverhältnisses beginnen lassen. Der Streit über den Status als Arbeitnehmer hindert nicht den Lauf der Ausschlußfrist für etwaige sich aus dem Status ergebende Ansprüche des Dienstverpflichteten. Zu Recht hat der Vierte Senat darauf hingewiesen, daß derjenige, der meint, ihm stünden Entgeltansprüche zu, diese unabhängig vom rechtskräftig festgestellten Status geltend machen könne. Allein die Rückzahlungsansprüche des Arbeitgebers wegen Überzahlung gemäß § 812 Abs. 1, § 818 Abs. 3 BGB werden erst fällig, wenn feststeht, daß das Vertragsverhältnis ein Arbeitsverhältnis und kein freies Mitarbeiterverhältnis ist (Senat - 5 AZR 680/00 - AP BGB § 812 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 155, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; ebenso - BAGE 97, 177). Erst von diesem Zeitpunkt an kann vom Arbeitgeber zur Vermeidung des Rechtsverlusts auf Grund der Verfallfrist erwartet werden, daß er seine Ansprüche wegen der Überzahlung geltend macht. Ansonsten würde von ihm ein widersprüchliches Verhalten verlangt, weil er den Rückzahlungsanspruch mit der Begründung geltend machen müßte, das Vertragsverhältnis sei ein Arbeitsverhältnis, obwohl er zur gleichen Zeit im Rahmen des Statusprozesses den entgegengesetzten Standpunkt vertritt. Der vorliegende Sachverhalt ist hiermit nicht vergleichbar. Der Kläger hätte sich nicht widersprüchlich verhalten, wenn er in dem Beschlußverfahren weiter geltend gemacht hätte, als Flämmer beschäftigt werden zu können.

cc) Die Geltendmachung der Annahmeverzugsansprüche war nicht ausgeschlossen, weil sich die Beklagte ausdrücklich weigerte, den Kläger weiterzubeschäftigen, und demzufolge auch keine Lohnabrechnungen erteilte. Der Kläger konnte seine Ansprüche auch ohne Abrechnung ohne weiteres beziffern, wie er mit der Klage und den beiden Klageerweiterungen gezeigt hat.

dd) Die Geltendmachung der Lohnansprüche war nicht entbehrlich. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, es habe hier einer genauen Bezeichnung der geltend gemachten Ansprüche bedurft, weil zwischen den Parteien Grund und Höhe der Annahmeverzugsansprüche streitig gewesen seien. Zunächst hat der Kläger eine Beschäftigung als Flämmer verlangt, im weiteren Verlauf des Beschlußverfahrens und des hier anhängigen Verfahrens hat er dann geltend gemacht, nur noch als Materialverfolger oder Revisor tätig sein zu können.

c) Der Kläger hat die in der Revision noch anhängigen Forderungen nicht innerhalb der Frist des § 17 Abs. 1 Buchst. b MTV geltend gemacht. Er hat erstmals mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, die der Beklagten am zugestellt worden ist, von der Beklagten rückständige Arbeitsvergütung gefordert. Daher sind die Lohnforderungen für die Monate Dezember 1999 bis einschließlich Februar 2000 verfallen. Mit den beiden Klageerweiterungen vom und vom , die dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am bzw. zugestellt worden sind, sind die Vergütungsansprüche des Klägers für die Zeit vom bis zum sowie vom bis zum nicht mehr rechtzeitig geltend gemacht worden. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

4. Soweit der Kläger die Zahlung von Zuschlägen verlangt, gilt ebenfalls die Ausschlußfrist des § 17 Abs. 1 Buchst. b MTV und nicht die Frist nach Buchst. a dieser Tarifbestimmung. Der systematische Zusammenhang beider Regelungen macht deutlich, daß die Regelung für Zuschläge nach Buchst. a Arbeitsleistungen der Arbeitnehmer voraussetzt und nicht gilt, wenn der Arbeitgeber keinerlei Entgeltzahlungen leistet. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, daß im Falle der Einstellung jeglicher Zahlungen des Arbeitgebers und des daraus folgenden Fehlens von Lohnabrechnungen die laufenden Lohnansprüche der dreimonatigen Ausschlußfrist des § 17 Abs. 1 Buchst. b MTV unterliegen, die Ansprüche auf Zulagen dagegen von einer Abrechnung abhängig sein sollen. Leistet der Arbeitgeber keinerlei Arbeitsentgelt, unterliegt daher die gesamte Annahmeverzugsforderung der Ausschlußfrist des § 17 Abs. 1 Buchst. b MTV.

5. Der Beklagten ist es nicht verwehrt, sich auf die Ausschlußfrist zu berufen, obwohl sie den Kläger entgegen § 3 Satz 1 NachwG nicht schriftlich auf die Geltung des MTV hingewiesen hat.

a) Die Beklagte war nach § 3 Satz 1 NachwG verpflichtet, dem Kläger den neu abgeschlossenen Haustarifvertrag vom schriftlich mitzuteilen.

aa) Die §§ 2 und 3 NachwG sind auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anwendbar, weil es am und damit nach Inkrafttreten des Gesetzes begründet worden ist (§ 4 NachwG).

bb) Der Abschluß eines Tarifvertrags, der dazu führt, daß erstmals auf das Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag Anwendung findet, ist eine Änderung wesentlicher Vertragsbedingungen iSv. § 3 Satz 1 NachwG. Auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Tarifverträge sind wesentliche Vertragsbedingungen, wie sich aus § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG ergibt. Die Mitteilungspflicht nach § 3 Satz 1 NachwG ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht nach Satz 2 dieser Vorschrift ausgeschlossen. Der erstmalige Abschluß des Haustarifvertrags ist keine Änderung eines Tarifvertrags iSv. § 3 Satz 2 NachwG. Eine Änderung des Tarifvertrags setzt voraus, daß bereits ein Tarifwerk vorhanden ist. Nur dann kann sein Inhalt geändert werden.

cc) Der schriftliche Hinweis auf die Anwendbarkeit des Tarifvertrags hat unabhängig von der kraft beiderseitiger Tarifbindung bestehenden unmittelbaren und zwingenden Wirkung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) des Tarifvertrags zu erfolgen. Dies folgt aus § 2 Abs. 3 NachwG, wonach der Hinweis auf die genaue Zusammensetzung des Arbeitsentgelts, die vereinbarte Arbeitszeit, die Dauer des Erholungsurlaubs und die Kündigungsfristen durch einen Hinweis auf den einschlägigen Tarifvertrag ersetzt werden kann. Ein Tarifvertrag ist einschlägig, wenn er kraft Tarifbindung, Bezugnahme oder Allgemeinverbindlichkeit auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

b) Allein der Verstoß gegen die aus § 3 Satz 1 NachwG folgende Mitteilungspflicht begründet nicht den Einwand rechtsmißbräuchlichen Verhaltens. Insoweit gilt nichts anderes als bei einem Verstoß gegen die aus § 2 Abs. 1 NachwG folgenden Pflichten (dazu Senat - 5 AZR 89/01 - AP NachwG § 2 Nr. 6 = EzA NachwG § 2 Nr. 5, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

c) Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch wegen der nicht rechtzeitig erfolgten Mitteilung des Inkrafttretens des MTV zu. Die Beklagte geriet zwar mit der Mitteilung in Verzug, so daß sie dem Kläger an sich zum Ersatz des durch den eingetretenen Verzug adäquat verursachten Schadens verpflichtet ist. Die unterbliebene Mitteilung ist jedoch nicht ursächlich für die nicht rechtzeitige Geltendmachung der Annahmeverzugsansprüche gewesen.

aa) Nach den von der Revision mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 559 ZPO) Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war dem Kläger der Abschluß des MTV spätestens am bekannt. Unter diesem Datum unterzeichnete der Kläger mit anderen Betriebsratsmitgliedern eigenhändig eine Einladung zu einer Betriebsversammlung, bei der als Tagesordnungspunkt 1 der neue Manteltarifvertrag erörtert werden sollte. Hieraus hat das Landesarbeitsgericht geschlossen, es sei unglaubhaft, wenn der Kläger behaupte, keine Kenntnis von dem Manteltarifvertrag erlangt zu haben.

bb) Unerheblich ist, daß der Kläger möglicherweise vom Vorhandensein einer Ausschlußfrist keine Kenntnis hatte. Die Mitteilungspflicht nach § 3 Satz 1 NachwG reicht nicht weiter als die Nachweispflicht nach § 2 Abs. 1 NachwG. Danach ist der Arbeitgeber nur verpflichtet, den Arbeitnehmer auf den Tarifvertrag hinzuweisen, in dem die Ausschlußfrist enthalten ist. Eines gesonderten Hinweises auf die Ausschlußfrist bedarf es nicht (Senat - 5 AZR 89/01 - AP NachwG § 2 Nr. 6 = EzA NachwG § 2 Nr. 5, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; - 5 AZR 105/01 - EzA NachwG § 2 Nr. 4).

cc) Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 3 Satz 1 NachwG bestehen nicht. § 3 Satz 1 NachwG ist ebensowenig Schutzgesetz wie § 2 Abs. 1 NachwG (dazu Senat - 5 AZR 89/01 - aaO).

II. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BB 2004 S. 496 Nr. 9
DB 2005 S. 112 Nr. 2
SAAAB-94335

1Für die Amtliche Sammlung: Ja; Für die Fachpresse: Nein