BAG Urteil v. - 4 AZR 541/03

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: TVG § 1; Rationalisierungsschutzabkommen für die Arbeitnehmer der Wohnungswirtschaft vom § 5

Instanzenzug: ArbG Stuttgart 18 Ca 5865/02 vom LAG Baden-Württemberg 8 Sa 65/02 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf "Entschädigung" nach § 5 des "Rationalisierungsschutzabkommens für die Arbeitnehmer der Wohnungswirtschaft" vom abgeschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband Wohnungswirtschaft e.V. einerseits und der DAG, HBV, BSE andererseits hat.

Die am geborene Klägerin war bei der Beklagten in der Zeit von 1978 bis etwa 1986 beschäftigt gewesen und arbeitete dann bei ihr in der Zeit vom bis zum als Angestellte im Bereich der kaufmännischen Hausbewirtschaftung, später in der Eigentumsverwaltung mit 37 Wochenstunden. Das Arbeitsverhältnis war zunächst bis zum befristet und wurde bis zum verlängert.

Im "Dienstvertrag" vom heißt es ua.:

"§ 1

... Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis von beiden Vertragspartnern mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

...

§ 2

Die Vergütung erfolgt auf der Grundlage des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Wohnungswirtschaft, gültig ab . Änderungen des Manteltarifvertrages wirken sich in vollem Umfang auf diesen Anstellungsvertrag aus.

Frau B erhält folgende Vergütung:

Während der Probezeit Gehaltsgruppe I A monatlich = DM 3.345,--

ab Gehaltsgruppe II monatlich = DM 3.585,--

Daneben erhält Frau B die übrigen Zulagen des o.a. Manteltarifvertrages sowie die nach dem jeweiligen Tarifvertrag über die Gewährung vermögenswirksamer Leistungen zu Gunsten der Angestellten der Wohnungswirtschaft vorgesehenen Leistungen.

...

§ 3

Für die Arbeitszeit, Mehrarbeit, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gelten die jeweiligen Bestimmungen des Manteltarifvertrages.

...

§ 4

Der jeweils gültige Manteltarif regelt:

a) die Fortzahlung des Gehaltes im Krankheitsfalle,

b) den Urlaubsanspruch,

c) die Reisekostenvergütung,

d) das Arbeitsversäumnis,

e) die Kündigung.

Im Übrigen gilt der Manteltarifvertrag auch für alle weiteren, hier nicht aufgeführten und für das Dienstverhältnis entscheidenden Maßnahmen und Angelegenheiten.

...

§ 6

... Änderungen und Ergänzungen sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden."

Der zuletzt erzielte Bruttomonatsverdienst der Klägerin betrug 2.019,20 Euro. Die Abteilung Wohnungseigentumsverwaltung, in der die Klägerin tätig war, bestand aus dem Abteilungsleiter O F, der Klägerin sowie Frau G W. Mit Schreiben vom kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum wegen Auflösung der Abteilung Wohnungseigentumsverwaltung. Der ehemalige Geschäftsführer der Beklagten R D übernahm zum die früher bei der Beklagten installierte Abteilung Wohnungseigentumsverwaltung in selbstständiger Tätigkeit und schied bei der Beklagten als Geschäftsführer zum aus. Seit arbeitet die Klägerin auf Grund eines neuen Anstellungsvertrages für die Firma r I, auf welche die Abteilung Wohnungseigentumsverwaltung übertragen wurde. Der Arbeitsvertrag der Klägerin mit R D liegt nicht vor.

Die Klägerin verlangte mehrfach erfolglos die "Entschädigung" nach § 5 RSA. Mit ihrer am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter. Sie hat die Auffassung vertreten, das RSA gelte nach wie vor. Die Beklagte wende das gesamte Tarifwerk, wozu auch das RSA gehöre, auf sämtliche Arbeitnehmer ihres Betriebs an. Bei der Neueinstellung würden die Arbeitnehmer darauf hingewiesen, dass das Tarifwerk für sämtliche Arbeitnehmer in der Wohnungswirtschaft Anwendung finde. Da Herr F die Entschädigung aus dem RSA erhalten habe, ergebe sich ein Anspruch auch aus dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Ein Betriebsübergang liege nicht vor. Sie habe mit der Firma r I ein völlig neues Arbeitsverhältnis begründet.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.038,40 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem zu bezahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Das RSA sei am gekündigt worden und sei demgemäß auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar. Kraft vertraglicher Inbezugnahme seien nur die ausdrücklich benannten Tarifverträge anwendbar. Hätte die Beklagte tatsächlich das gesamte Tarifwerk zur Geltung bringen wollen, wäre dies so formuliert worden. Außerdem stehe die vertragliche Schriftformklausel der konkludenten Inbezugnahme und Anwendbarkeit kraft betrieblicher Übung entgegen. Ihr früherer Geschäftsführer habe keine Abfindung zugesagt. Er habe auch der Klägerin anlässlich ihrer Einstellung nicht die Geltung der Tarifverträge insgesamt zugesagt. Grundlage der an Herrn F bezahlten Abfindung seien die Regelungen der §§ 9 und 10 KSchG gewesen. Herr F habe sich zu keiner Zeit auf das RSA berufen. Die Klägerin erfülle die Anspruchsvoraussetzungen des RSA nicht. Eine Rationalisierungsmaßnahme iSd. § 2 RSA liege angesichts des Betriebsübergangs gem. § 613a BGB nicht vor. Die Klägerin sei vielmehr von ihrem damaligen Geschäftsführer nahtlos in den neuen Betrieb mit übernommen worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf "Entschädigung" weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Gründe

A. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage auf Zahlung der "Entschädigung" nach § 5 Abs. 2 "Rationalisierungsschutzabkommen für die Arbeitnehmer der Wohnungswirtschaft" (RSA) vom zutreffend abgewiesen. Es fehlt insoweit an einer Anspruchsgrundlage. Das RSA ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar.

1. Die Klägerin ist nicht tarifgebunden. Eine Geltung des RSA kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit scheidet damit aus, auch wenn davon auszugehen ist, dass das RSA bislang nicht gekündigt worden ist. Dieser Punkt ist in der Revisionsinstanz nicht wieder aufgegriffen worden. Weiterer Ausführungen des Senats dazu bedarf es nicht.

2. Das RSA ist auch nicht Gegenstand des zwischen den Parteien im Juni 1997 geschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrages geworden.

a) Das RSA ist im schriftlichen Arbeitsvertrag nicht erwähnt.

b) Auch eine konkludente Inbezugnahme im Arbeitsvertrag liegt nicht vor.

aa) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit ausgeführt, arbeitsvertraglich sei in § 2, § 3 und § 4 der Manteltarifvertrag für die Angestellten der Wohnungswirtschaft, in § 2 außerdem der Tarifvertrag über die Gewährung vermögenswirksamer Leistungen zugunsten der Angestellten der Wohnungswirtschaft in Bezug genommen. Über § 3 Ziff. 1 des Manteltarifvertrages lasse sich auch eine ausdrückliche Inbezugnahme des Vergütungstarifvertrages annehmen. Damit habe es sein Bewenden.

bb) Das steht dafür, dass das RSA nicht erfasst ist.

aaa) Das Landesarbeitsgericht hat sich dann mit Ziff. III der Gründe der Entscheidung des Ersten Senats vom (- 1 AZR 606/98 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 9 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 10) auseinander gesetzt, in denen ausgeführt ist, es könne aus der Anwendung wesentlicher Tarifbedingungen durch den tarifgebundenen Arbeitgeber, insbesondere aus der Gewährung des Tariflohnes, geschlossen werden, dass das Arbeitsverhältnis insgesamt den einschlägigen Tarifverträgen unterliegen solle, es sei denn, besondere Umstände des Einzelfalls sprächen gegen einen solchen Schluss.

bbb) Es hat gemeint, hier nicht folgen zu können. Dabei hat es aber übersehen, dass es hier um eine andere Frage geht, nämlich um die, ob die Vereinbarung der Anwendbarkeit eines Tarifvertrages die Anwendbarkeit des gesamten Tarifwerks in sich schließt. In dem vom Ersten Senat entschiedenen Fall ging es demgegenüber darum, ob eine eingeschränkte arbeitsvertragliche Inbezugnahme von Tarifverträgen sich auch auf die tarifvertragliche Ausschlussfrist erstreckt.

Das Landesarbeitsgericht hat im Übrigen zutreffend darauf hingewiesen, besondere Umstände des Einzelfalls im Sinne des Urteils des Ersten Senats stünden dagegen, dass im Hinblick auf die einzelvertragliche Verweisung auf bestimmte Tarifbedingungen das gesamte Tarifwerk in Bezug genommen worden sei, möge man diese Tarifbedingungen auch als wesentliche ansehen.

Das Landesarbeitsgericht hat insoweit zum einen ausgeführt, es könne nicht übersehen werden, dass das Arbeitsverhältnis auf drei Jahre befristet gewesen sei. Die (stillschweigende) Inbezugnahme des Tarifvertrages zur Altersteilzeit erscheine geradezu abwegig - die Klägerin sei bei Vertragsschluss 37 Jahre alt gewesen -, die des RSA fernliegend.

Zum anderen hat es darauf verwiesen, der Arbeitsvertrag der Parteien weiche hinsichtlich der Kündigungsfrist in der Probezeit zum Nachteil der Klägerin vom Tarifvertrag ab: § 1 Abs. 1 Satz 3 des Arbeitsvertrages sehe eine Kündigungsfrist während der Probezeit von zwei Wochen vor, während nach § 15 Ziff. 2 MTV die Kündigungsfrist innerhalb der Probezeit nicht unter einem Monat zum Monatsende betragen dürfe. Zwar verweise § 4 Buchst. e des Arbeitsvertrages hinsichtlich der Kündigung ausdrücklich auf den "jeweils gültigen Manteltarifvertrag". Ersichtlich gelte dies aber nicht für die Probezeitkündigung. Die im Vergleich zur tariflichen Regelung nachteilige Vertragsklausel habe sich für die Klägerin zwar nur sechs Monate lang ausgewirkt. Aus ihr könne jedoch geschlossen werden, dass die Inbezugnahme von Tarifverträgen nicht umfassend, sondern selektiv gewollt gewesen sei.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

Selbst wenn man von einem Formulararbeitsvertrag ausgeht, dessen typische Vertragsklauseln wie Rechtsnormen zu behandeln sind und auch in der Revisionsinstanz der uneingeschränkten Überprüfung unterliegen (vgl. zB - AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 93 mwN), kann aus der Anwendung einzelner Tarifbestimmungen der Erklärungsinhalt einer Bezugnahme auf das gesamte Tarifwerk nicht mehr abgeleitet werden, wenn die Arbeitsvertragsparteien den Zweck der Gleichstellung durch vom Tarifvertrag abweichende Absprachen durchbrochen haben. Der Erste Senat hat beispielsweise auf die Vorenthaltung einzelner tariflicher Leistungen verwiesen. Dazu gehört die verlängerte tarifliche Kündigungsfrist in der Probezeit; mag auch eine kürzere Kündigungsfrist im Einzelfall dem Arbeitnehmer gelegen kommen, im Allgemeinen profitiert er von der längeren Kündigungsfrist.

Nun kann dem entgegengehalten werden, dass eine Abweichung den Rückgriff auf das gesamte Tarifwerk nicht ausschließt. Die Arbeitsvertragsparteien mögen die Gleichstellung nur bezüglich einzelner Arbeitsbedingungen haben aufheben wollen. Wenn aber bei einer an sich detaillierten Regelung abseits liegende Tarifverträge, wie der Tarifvertrag über Altersteilzeit und das RSA, keine Erwähnung in einem befristeten Arbeitsvertrag finden, so steht das eher dafür, dass nicht das gesamte Tarifwerk durch die partielle Erwähnung des Manteltarifvertrages, des Tarifvertrages über die Gewährung vermögenswirksamer Leistungen und des Vergütungstarifvertrages in Bezug genommen wurde.

3. Das RSA ist auch nicht über eine mündliche Inbezugnahme anwendbar.

a) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit ausgeführt, der mündlichen Inbezugnahme stehe § 6 des Arbeitsvertrages entgegen. Zwar könne die vertraglich vereinbarte Schriftform jederzeit, auch konkludent, aufgehoben werden. Dafür sei es zumindest erforderlich, dass die Parteien die Maßgeblichkeit des mündlich Vereinbarten übereinstimmend gewollt hätten. Die Klägerin trage selbst vor, der ehemalige Geschäftsführer der Beklagten habe im Zeitpunkt des Vertragsschlusses und der Übergabe des Tarifvertragsordners die Existenz des RSA nicht gekannt. Dann habe er auch nicht gewollt, dass dieses - abweichend von der Vertragsurkunde - Inhalt des Arbeitsverhältnisses werde.

b) Dem ist jedenfalls im Ergebnis zu folgen. Die Parteien haben nicht das Tarifwerk vereinbart und zugleich den Schriftformzwang aufgehoben. Das gibt der Vortrag der Klägerin nicht her. Die Klägerin hat vorgetragen, bei der Wiedereinstellung am seien der Klägerin wieder die Tarifverträge für die Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer in der Wohnungswirtschaft vom ehemaligen Geschäftsführer der Beklagten R D übergeben worden. Bei der Einstellung sei der Klägerin dann vom Geschäftsführer der Beklagten gesagt worden, dass die Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis insgesamt Anwendung fänden, entsprechend den überreichten Verträgen. Das Gesamtwerk der übergebenen Tarifverträge enthalte den Manteltarifvertrag, die Protokollnotizen zum Manteltarifvertrag, den Tarifvertrag zur Altersteilzeit für die Beschäftigten der Wohnungswirtschaft, den Vergütungstarifvertrag, den Tarifvertrag über die Gewährung vermögenswirksamer Leistungen und das Rationalisierungsschutzabkommen. Es sei dann festgestellt worden, dass die Beklagte nur einen etwas veralteten Tarifvertrag vorrätig gehabt habe. Zu einem späteren Zeitpunkt habe die Klägerin das aktuelle Tarifvertragswerk erhalten. Der Geschäftsführer der Beklagten jedenfalls sei grundsätzlich und von Anfang an davon ausgegangen, dass das Gesamtvertragswerk der Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten Anwendung finde. Zwar sei das RSA im Arbeitsvertrag nicht explizit erwähnt. Mit der Nichterwähnung habe jedoch das RSA nicht ausgeschlossen werden sollen. Der ehemalige Geschäftsführer der Beklagten habe sich keine Gedanken gemacht, was alles zum Tarifvertragswerk gehöre. Er sei jedenfalls davon ausgegangen, dass das Tarifwerk insgesamt auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finde, ohne sich genauere Gedanken zu machen, welche Tarifverträge insgesamt zwischen den Tarifvertragsparteien im Einzelnen vereinbart worden seien. Auch habe sich der Geschäftsführer der Beklagten seinerzeit keine Gedanken speziell über das RSA gemacht, da dieses bisher mangels vorgenommener Rationalisierung keine Anwendung gefunden gehabt habe mit Ausnahme bei Herrn F.

Damit ist eine entsprechende mündliche Vereinbarung und ihre Maßgeblichkeit nicht hinreichend dargetan. Der Geschäftsführer müsste der Klägerin über den Arbeitsvertrag hinaus angeboten haben, das gesamte Tarifwerk zum Inhalt des Arbeitsvertrages zu machen. Sie trägt aber nur vor, ihr sei vom Geschäftsführer das Tarifwerk bei der Wiedereinstellung wieder übergeben worden, bei der Einstellung sei der Klägerin vom Geschäftsführer der Beklagten gesagt worden, dass die Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis insgesamt Anwendung fänden, entsprechend den überreichten Verträgen, was nur dahin verstanden werden soll, dass damit das gesamte Tarifwerk gemeint gewesen sei. Die Klägerin teilt aber nicht mit, aus welchen Tatsachen sie schließt, dass der Geschäftsführer der Beklagten grundsätzlich und von Anfang an davon ausgegangen sei, dass das gesamte Vertragswerk der Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten Anwendung finde. Entsprechendes gilt für den Vortrag, dass das Rationalisierungsschutzabkommen im Arbeitsvertrag nicht explizit erwähnt sei, was bedeute, dass mit der Nichterwähnung das RSA nicht habe ausgeschlossen werden sollen.

Der Vortrag der Klägerin, der ehemalige Geschäftsführer der Beklagten habe sich keine Gedanken gemacht, was alles zum Tarifwerk gehöre, er sei jedenfalls davon ausgegangen, dass das Tarifwerk des Arbeitgeberverbandes der Wohnungswirtschaft insgesamt auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finde, ohne sich genauere Gedanken zu machen, welche Tarifverträge insgesamt zwischen den Tarifvertragsparteien im Einzelnen vereinbart worden seien, steht dafür, dass es dem Geschäftsführer der Beklagten an einem Rechtsgeschäftswillen bei der Übergabe des Tarifwerks ermangelte, er also gar kein Angebot abgegeben hat, das über den Inhalt des schriftlichen Arbeitsvertrages hinausgehe, sondern die Klägerin lediglich über die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen tariflichen Bestimmungen informieren wollte.

4. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf "Entschädigung" aus betrieblicher Übung.

a) Das Landesarbeitsgericht hat dazu ausgeführt, die Klägerin habe dazu keinen ausreichenden Vortrag gehalten. Insbesondere folge ihre eigene Vergütung nicht etwa aus einer kraft betrieblicher Übung in Bezug genommenen Geltung des Vergütungstarifvertrages, sondern aus § 2 des Arbeitsvertrages, der als "Grundlage für die Vergütung" den Manteltarifvertrag und sodann zwei unterschiedliche Gehaltsgruppen für die Probezeit und die Zeit danach enthalte. § 3 Ziff. 1 des Manteltarifvertrages verweise wiederum auf die Tarifgruppen gemäß Vergütungstarifvertrag. Der Konstruktion einer betrieblichen Übung für die Geltung eines Vergütungstarifvertrages bedürfe es demnach nicht. Dass im Betrieb der Beklagten jemals der Tarifvertrag über Altersteilzeit zur Anwendung gekommen sei, behaupte auch die Klägerin nicht. Für die Geltung des Rationalisierungsschutzabkommens habe sie nur einen einzigen Fall, nämlich ihren Kollegen F benannt, was keine betriebliche Übung schaffen könne.

b) Das ist jedenfalls im Ergebnis zutreffend. Die Bezugnahme kann sich auch aus einer betrieblichen Übung ergeben ( - EzA TVG § 4 Geltungsbereich Nr. 10; - 1 AZR 606/98 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 9 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 10). Das setzt aber eine tatsächliche "betriebliche" Übung voraus. Dafür hat die Klägerin nichts vorgetragen. Welche tariflichen Regelungen sind über ihren Arbeitsvertrag hinaus tatsächlich angewendet worden? Für eine umfassende Inbezugnahme genügt nicht schon die punktuelle Anwendung vereinzelter Tarifregelungen - etwa die zur Entgelthöhe durch bloße Zahlung ( - BAGE 66, 76 = AP BeschFG 1985 § 2 Nr. 9 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 89). Erforderlich ist, dass der Arbeitgeber erkennen lässt, dass er das Tarifwerk als Ganzes anwendet. Dafür enthält der Vortrag der Klägerin keine hinreichenden Anhaltspunkte.

5. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf "Entschädigung" kraft arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz ist es dem Arbeitgeber verwehrt, eine Gruppe oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen im Arbeitsverhältnis auszuschließen und schlechter zu stellen. Dieser Grundsatz gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Er ist dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonst wie als sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht finden lässt (zB Senat - 4 AZR 653/95 - AP ArbGG 1979 § 72 Nr. 35 = EzA ZPO § 554 Nr. 6; - 4 AZR 52/98 - ZTR 1999, 379).

a) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, erste Voraussetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei eine vergleichbare Lage mehrerer Arbeitnehmer. Es müssten sich Gruppen von Arbeitnehmern bilden lassen. Der Anspruch der Klägerin scheitere daran, dass sich keine Gruppe bilden lasse, zu welcher sie die Zugehörigkeit beanspruchen könne. Vielmehr könne sie nur einen Kollegen, Herrn F, benennen, der anders als sie anlässlich seiner Kündigung eine Abfindung erhalten habe. Unabhängig davon, ob diese Abfindung nach dem RSA oder als reine Abfindung nach dem KSchG gezahlt worden sei, habe die Beklagte Herrn F gegenüber der Klägerin besser stellen dürfen, ohne dass dieser daraus ein Rechtsanspruch erwachse.

b) Dem folgt der Senat im Ergebnis. Dass die Beklagte dem Arbeitnehmer F eine Abfindung gewährt hat, also so gesehen ihn gegenüber der Klägerin vorgezogen hat, lässt nicht den Schluss zu, dass die Beklagte ihre Entscheidung auf der Grundlage eines durchgängig beachteten Prinzips getroffen hat. Ein solches Prinzip hat die Klägerin nicht einmal behauptet. Die Beklagte hat stets vorgetragen, andere Arbeitnehmer hätten Entschädigungen nach dem RSA nicht erhalten. Weitere Arbeitnehmer, die Entschädigungen nach dem RSA erhalten hätten, hat die Klägerin nicht benannt.

Dass der Arbeitnehmer F eine Abfindung nach §§ 9, 10 KSchG erhalten habe, um einen Kündigungsschutzprozess zu vermeiden und weil dieser anders als die Klägerin nicht nahtlos eine neue Beschäftigung gefunden habe, steht für einen gegenüber der Klägerin ungleichen Sachverhalt.

6. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine individualrechtliche Zusage einer Entschädigung berufen.

Die Klägerin hat insoweit vorgetragen, die Klägerin habe ebenfalls - wie Herr F - bei ihrem Ausscheiden die Entschädigung entsprechend dem RSA erhalten sollen. Die Entschädigung sei aber zunächst nicht gezahlt worden, da eine Büroangestellte der Beklagten, Frau K, Bedenken gehabt habe, ob die Entschädigung auch für befristete Angestellte zu zahlen sei. Nicht wegen grundsätzlicher Bedenken, sondern nur deswegen habe die Beklagte bei ihrem Arbeitgeberverband angefragt. Die Auszahlung der Entschädigung sei dann aber letztendlich lediglich deswegen verweigert worden, weil die Beklagte oder deren Arbeitgeberverband behauptet hätten, die vorgenommene Maßnahme stelle keine Rationalisierungsmaßnahme dar. Die Klägerin sei Ende November/Anfang Dezember 2001 mehrfach im Büro des ehemaligen Geschäftsführers der Beklagten gewesen, um dort wegen der Entschädigung aus dem RSA nachzufragen und die Sache zu regeln. Es sei der Klägerin dann vom ehemaligen Geschäftsführer gesagt worden, dass sie wie Herr F die Entschädigung erhalte, wenn das befristete Arbeitsverhältnis der Auszahlung nicht entgegenstehe.

Dieser Sachvortrag ist unschlüssig. Es ist nicht vorgetragen, aus welchen Tatsachen die Klägerin den Schluss zieht, sie habe ebenfalls bei ihrem Ausscheiden die Entschädigung entsprechend dem RSA erhalten sollen. Sie hat nicht vorgetragen, wer ihr wann wie die Entschädigung angeboten hat und sie dieses Angebot angenommen hat. Daran ändert der vorgetragene angeblich zeitlich spätere Vorbehalt wegen der Befristung des Arbeitsvertrages nichts. Entsprechendes gilt für die angebliche spätere Behauptung, es liege keine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des RSA vor. Auch der Vortrag hinsichtlich ihrer Vorsprachen im Büro des ehemaligen Geschäftsführers der Beklagten ist zu unbestimmt.

7. Auf die von der Beklagten aufgeworfene Frage des Teilbetriebsübergangs und der damit etwa verbundenen möglichen Unwirksamkeit der Kündigung kommt es ebenso wenig an wie auf die Frage, ob die gegenüber der Klägerin ausgesprochene Kündigung überhaupt unter das RSA fällt.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
IAAAB-94133

1Für die Amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein