BAG Beschluss v. - 1 ABR 44/01

Leitsatz

[1] Haben sich die Betriebsparteien in der Einigungsstelle auf die einvernehmliche Regelung einer Angelegenheit verständigt, kann allein eine fortdauernde Meinungsverschiedenheit darüber, ob in dieser Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht besteht, das Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Mitbestimmungsrechts nicht begründen.

Gesetze: ZPO § 253 Abs. 2; ZPO § 256 Abs. 1; BetrVG 1972 § 76; BetrVG 1972 § 87 Abs. 1 Nr. 7; Tarifvertrag Personalvertretung Condor idF des 2. Änderungs- und Ergänzungstarifvertrags vom (TV PV) § 41 Abs. 1 Satz 2; Tarifvertrag Personalvertretung Condor idF des 2. Änderungs- und Ergänzungstarifvertrags vom (TV PV) § 43 Abs. 6 Satz 2; Tarifvertrag Personalvertretung Condor idF des 2. Änderungs- und Ergänzungstarifvertrags vom (TV PV) § 55 Abs. 1 Nr. 4

Instanzenzug: ArbG Darmstadt 10 BV 49/00 vom LAG Hessen 5 TaBV 51/01 vom

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung bei Regelungen zum Gesundheitsschutz.

Die Arbeitgeberin ist ein Luftfahrtunternehmen. Für ihre im Flugbetrieb Beschäftigten regelt der Tarifvertrag Personalvertretung Condor in der Fassung vom (TV PV) die betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte. Antragsteller ist die danach gebildete Personalvertretung.

Endet der Flugdienst der Mitglieder des fliegenden Personals auf einem anderen Flughafen als demjenigen, von dem aus der Dienst wieder aufzunehmen ist, organisiert die Arbeitgeberin den Transport zwischen Lande- und Startflughafen ("Dead-Head-Beförderung"). In der Karibik läßt sie solche Beförderungen mittels regionaler Fluggesellschaften durchführen. Dazu gehört die venezolanische Fluggesellschaft South America Gateways (SAG), die ihrerseits die Fluggesellschaft Rutaca gelegentlich als Subcharterunternehmen einsetzt.

Nachdem Sicherheitsmängel hinsichtlich des von diesen Fluggesellschaften verwendeten Fluggeräts und Qualifikationsdefizite des von ihnen eingesetzten Personals bekannt geworden waren, überprüfte die Arbeitgeberin die SAG und führte bei den betroffenen Crew-Mitgliedern eine Fragebogenaktion durch. Im Anschluß daran rief die Personalvertretung die Einigungsstelle zur Regelung der "Umlaufgestaltung/Beförderung von Mitarbeitern in der Karibik durch das Unternehmen SAG" an. In der Sitzung vom beschloß die Einigungsstelle einvernehmlich folgende Regelung:

"1. Die SAG wird in einem etwa jährlichem Rhythmus auditiert, sofern keine konkreten Anlässe (zB aufgrund Auswertungen der Fragebögen) vorliegen. Der Leiter Qualitätsmanagement entscheidet abschließend, wer an einem Audit teilnimmt.

2. Führt die SAG einen Beförderungsauftrag nicht selbst durch, ist durch geeignete Maßnahmen (ggf. vertragliche Verpflichtung der SAG) sicherzustellen, daß die Einsatzbeförderung durch ein ebenfalls positiv auditiertes Unternehmen erfolgt.

3. Der Fragebogen der SAG wird fortgeführt. Er wird um die Angabe des Flugzeugtyps und im Fall der Ersatzbeförderung um die Angabe des jeweiligen Unternehmens ergänzt. SAG hat sicherzustellen, daß auch bei Ersatzbeförderung der Fragebogen der Crew auszuhändigen ist. Die Personalvertretung kann ihrerseits Vorschläge zum Inhalt des Fragebogens einbringen. Der Fragebogen sollte nicht mehr als eine DIN A 4 Seite umfassen. Kopien der rücklaufenden Fragebögen gehen auch an die Personalvertretung."

Ob insoweit ein Mitbestimmungsrecht nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 TV PV besteht, ist zwischen den Betriebsparteien streitig geblieben.

§ 55 Abs. 1 Nr. 4 TV PV bestimmt:

"(1). Die Personalvertretung hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in den folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

...

4. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufs- und Tropenkrankheiten sowie über Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften."

Die Personalvertretung hat die Auffassung vertreten, die Auswahl der Beförderungsmittel für "Dead-Head-Beförderungen" in der Karibik sei sicherheitsrelevant. Die beauftragte Fluggesellschaft habe nicht durchgängig die Einhaltung internationaler luftverkehrsrechtlicher Sicherheitsstandards gewährleisten können. Nach § 3 Abs. 1 ArbSchG sei die Arbeitgeberin aber verpflichtet, erforderliche Maßnahmen zum Schutze der Sicherheit und Gesundheit ihrer Beschäftigten zu treffen. Hierbei und bei der Befragung der Mitarbeiter zur Ermittlung von Gefährdungen habe sie, die Personalvertretung, mitzubestimmen.

Die Personalvertretung hat, soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Interesse, beantragt festzustellen,

1. daß die Antragstellerin bei der Gestaltung von "Dead-Head" zum Transport von Mitgliedern des fliegenden Personals in der Karibik unter Einsatz venezolanischer Fluggesellschaften, insbesondere der Fluggesellschaft South America Gateways SAG und der Fluggesellschaft Rutaca, ein Mitbestimmungsrecht nach § 55 Abs. 1 TV PV hat;

2. daß die Personalvertretung ein Mitbestimmungsrecht und/oder Mitbeurteilungsrecht bei der Durchführung von Befragungen der Mitarbeiter des fliegenden Personals im Hinblick auf die Sicherheitsstandards, die Zuverlässigkeit und den Gesundheitsschutz bei dem Einsatz von Fluggesellschaften, insbesondere venezolanischen Fluggesellschaften, insbesondere den Firmen SAG und Rutaca, durch die Arbeitgeberin hat.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen.

Die Anträge seien nicht hinreichend bestimmt. Ein generelles Mitbestimmungsrecht in Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes bestehe nicht. Die Personalvertretung berufe sich auf Normen des Arbeitsschutzrechts, bei denen es sich nicht um Rahmenvorschriften iSd. Mitbestimmungstatbestands handele.

Das Arbeitsgericht hat den ursprünglich gestellten Antrag der Personalvertretung abgewiesen. Den in zweiter Instanz erweiterten Anträgen, die noch Gegenstand der Rechtsbeschwerde sind, hat das Landesarbeitsgericht stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Arbeitgeberin mit ihrer Rechtsbeschwerde. Sie beantragt, die Anträge der Personalvertretung in vollem Umfang abzuweisen. Die Personalvertretung beantragt, die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, daß die noch rechtshängigen Feststellungsanträge der Personalvertretung unzulässig sind. Der Antrag zu 1) ist schon nicht hinreichend bestimmt; im übrigen sind bei beiden Anträgen die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO nicht erfüllt.

I. Die Anträge der Personalvertretung bedürfen der Auslegung.

Anders als der Wortlaut der Anträge und die darauf bezogene Tenorierung des Landesarbeitsgerichts es nahe legen, macht die Personalvertretung ein Mitbestimmungsrecht nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 TV PV bei der Gestaltung von "Dead-Head-Beförderungen" in der Karibik sowie einer darauf bezogenen Befragung der Mitglieder des fliegenden Personals nicht bei jedem Einsatz venezolanischer Fluggesellschaften geltend, sondern nur in Bezug auf die Fluggesellschaften SAG und deren Subcharterunternehmen Rutaca. Die Personalvertretung hat nicht vorgetragen, daß die Arbeitgeberin auch andere venezolanische Fluggesellschaften mit "Dead-Head"-Transporten beauftragt hat oder dies beabsichtigt. Entsprechend dem Wortlaut der Anträge und dem Vorbringen der Personalvertretung wird ein Mitbestimmungsrecht nur beansprucht, soweit von der Arbeitgeberin im karibischen Raum die Fluglinien SAG und Rutaca für "Dead-Head-Beförderungen" eingesetzt werden. Die Personalvertretung verlangt mit ihrem ersten Antrag auch nicht die Feststellung, daß bereits die Auswahl des Beförderungsunternehmens ihrer Mitbestimmung unterliegt. Sie hat ihr Begehren darauf beschränkt, an der Gestaltung von "Dead-Head-Beförderungen" unter Einsatz der genannten Fluggesellschaften beteiligt zu werden. Mit Ausnahme der Mitarbeiterbefragungen lassen Antrag und Vorbringen der Personalvertretung keine konkreten Maßnahmen erkennen, für die im Zusammenhang mit der Erbringung der Beförderungsleistung ein Mitbestimmungsrecht beansprucht wird.

II. Danach ist der Antrag zu 1) schon nicht hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 ZPO). Er ist deshalb unzulässig. Dagegen genügt der Antrag zu 2) den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat die Personalvertretung in ihrem Antrag wegen der Anforderungen der §§ 308, 322 ZPO diejenige Maßnahme des Arbeitgebers oder denjenigen betrieblichen Vorgang, für die ein Mitbestimmungsrecht beansprucht wird, so genau zu bezeichnen, daß mit der Entscheidung über den Antrag feststeht, für welche Maßnahmen oder Vorgänge das Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint worden ist ( - BAGE 77, 262 mwN). Dafür muß der jeweilige Streitgegenstand in einer Weise umschrieben werden, daß die Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Betriebsparteien auch entschieden werden kann ( - BAGE 56, 197). Auch für den Feststellungsantrag zur Klärung von Inhalt und Umfang eines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG in den Angelegenheiten des Arbeits- und Gesundheitsschutzes bedarf es deshalb der Benennung eines konkreten Regelungsverlangens ( - zVv.).

Das gilt in gleicher Weise für das Mitbestimmungsrecht nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 TV PV, dessen Regelungsinhalt weitgehend dem des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG entspricht. Auch nach dem TV PV soll die Personalvertretung an betrieblichen Regelungen beteiligt werden, die von der Arbeitgeberin auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschrift zu treffen sind, hinsichtlich deren Umsetzung Handlungsspielräume verbleiben. Mitzubestimmen hat die Personalvertretung bei der Ausfüllung des Spielraums. Dadurch soll im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer eine möglichst wirkungsvolle und den Gegebenheiten des jeweiligen Betriebs angepaßte Umsetzung des gesetzlichen Arbeitsschutzes erreicht werden. Demnach setzt das Mitbestimmungsrecht ein, wenn zwar eine gesetzliche Handlungspflicht besteht, wegen des Fehlens abschließender Vorgaben für die konkret zu ergreifenden Maßnahmen aber betriebliche Regelungen erforderlich sind, um das vom Gesetz vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erreichen. Hierfür ist unerheblich, ob die Rahmenvorschrift dem Gesundheitsschutz mittelbar oder unmittelbar dient. Ebensowenig kommt es auf die subjektive Regelungsbereitschaft des Arbeitgebers an ( - zVv.).

2. Nach diesen Grundsätzen entspricht der Antrag zu 1) nicht den aus dem Bestimmtheitsgebot für die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 TV PV folgenden Anforderungen. Der derzeitige Antrag läßt nicht erkennen, für welche betrieblichen Regelungen die Personalvertretung eine Beteiligung überhaupt anstrebt. Es werden keine Maßnahmen angeführt, die von der Arbeitgeberin auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu treffen wären und die von der Personalvertretung mitbestimmt werden sollen. Die Bezeichnung der mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit mit "Gestaltung von Dead Head" sagt darüber nichts aus. Sie umschreibt lediglich einen betrieblichen Vorgang, der ganz verschiedene Maßnahmen umfassen kann, nicht aber die zur Vermeidung einer Gefährdung der Mitglieder des fliegenden Personals zu treffenden konkreten Maßnahmen, für die ein Mitbestimmungsrecht in Anspruch genommen wird. Die Personalvertretung verkennt, daß die nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 TV PV mitbestimmungspflichtige Angelegenheit nicht der Sachverhalt ist, der eine Gefährdung begründet, sondern die betriebliche Maßnahme oder Regelung, die zur Verringerung oder Vermeidung einer Gefährdung zu treffen ist.

3. Der Antrag zu 2) ist dagegen hinreichend bestimmt. Aus ihm wird ein konkretes Regelungsverlangen der Personalvertretung deutlich. Die Personalvertretung will bei der Befragung von Mitgliedern des fliegenden Personals mitbestimmen, soweit es um Fragen zu den im Antrag benannten Themen im Zusammenhang mit bestimmten "Dead-Head-Beförderungen" geht.

III. Die Feststellungsanträge sind aber insgesamt unzulässig, weil sie nicht den Anforderungen des § 256 Abs. 1 ZPO genügen. Angesichts der durch den Spruch der Einigungsstelle vom zustandegekommen Betriebsvereinbarung fehlt es an dem Interesse an einer alsbaldigen Feststellung. Das hat das Landesarbeitsgericht verkannt und deshalb den Anträgen zu Unrecht ohne nähere Prüfung dieser Prozeßvoraussetzung stattgegeben.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Streit der Betriebsparteien darüber, ob die betriebsverfassungsrechtliche Vertretung der Arbeitnehmer in einer bestimmten Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht hat, mit einem Feststellungsantrag zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden ( - AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 33 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Ordnung Nr. 27). Das hierfür nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse der Arbeitnehmervertretung folgt in aller Regel daraus, daß der Arbeitgeber das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts in Abrede stellt und deshalb davon absieht, eine mitbestimmte Regelung zu treffen.

2. Zwischen den Betriebsparteien bestanden zunächst Meinungsverschiedenheiten darüber, ob und durch welche Maßnahmen den Gesundheitsgefahren begegnet werden sollte, die von "Dead-Head-Beförderungen" durch die Fluglinien SAG und Rutaca ausgehen können. Diesen Konflikt hat die Einigungsstelle in der Sitzung vom beigelegt. Sie hat einvernehmlich ein regelmäßiges Audit dieser Fluglinien sowie das weitere Verfahren und eine Beteiligung der Personalvertretung an den Mitarbeiterbefragungen beschlossen. Aus der Sicht der Personalvertretung handelt es sich um einen Spruch der Einigungsstelle, der in einer Angelegenheit der zwingenden Mitbestimmung die Einigung der Betriebsparteien ersetzt (§ 55 Abs. 2 Satz 2 TV PV). Die gefundenen Regelungen werden von der Personalvertretung auch akzeptiert; sie hat den Spruch nicht angefochten. Aus der Sicht der Arbeitgeberin sind die genannten Regelungsgegenstände allerdings nur einer freiwilligen Vereinbarung zugänglich. In einem solchen Fall ersetzt die Entscheidung der Einigungsstelle die Einigung der Betriebsparteien nur, soweit sie sich dem Spruch im Voraus unterwerfen oder ihm nachträglich zustimmen. Dafür verlangt § 43 Abs. 6 Satz 2 TV PV nicht die Einhaltung einer bestimmten Form. Eine Zustimmung ist formlos möglich. Sie folgt vorliegend daraus, daß beide Betriebsparteien, wie auch in der Anhörung vor dem Senat deutlich geworden ist, zu dem Spruch stehen und nach ihm verfahren.

Die zunächst umstrittene Angelegenheit ist demnach jetzt durch Betriebsvereinbarung geregelt. Diese wirkt normativ und gestaltet die rechtlichen Beziehungen der Betriebsparteien. Hierfür ist es unerheblich, ob die Regelung auf einem Mitbestimmungsrecht beruht oder freiwilliger Natur ist. Diese Frage würde erst dann Bedeutung erlangen, wenn sich eine Betriebspartei einseitig von der Regelung lösen wollte und eine Anschlußvereinbarung unterbliebe. Erst für den Fall der Beendigung der Betriebsvereinbarung müßte wegen der in den Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung angeordneten Nachwirkung geklärt werden, ob die Regelungskompetenz der Einigungsstelle auf dem Mitbestimmungsrecht des § 55 Abs. 1 Nr. 4 TV PV oder darauf beruht hat, daß die Betriebsparteien sich dem Spruch freiwillig unterworfen haben. Für eine solche Konfliktlage fehlt es derzeit an Anhaltspunkten. Allein die theoretische Möglichkeit, daß künftig ein derartiger Streitfall eintreten könnte, reicht zur Begründung eines alsbaldigen Feststellungsinteresses nicht aus ( - aaO). Letztlich geht es bei beiden Anträgen um die gerichtliche Klärung, ob die Rechtsauffassung der Personalvertretung oder diejenige der Arbeitgeberin zutreffend ist oder nicht. § 256 Abs. 1 ZPO läßt aber die gutachterliche Klärung abstrakter Rechtsfragen nicht zu.

3. Entgegen den in der Anhörung vor dem Senat geäußerten Bedenken ist die Personalvertretung zur Klärung eines Konflikts über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Mitbestimmungsrechts nicht darauf angewiesen, einen Spruch der Einigungsstelle anzufechten, der ihren Erwartungen entspricht, oder gar Verhandlungen mit der Arbeitgeberin zu verweigern. Abgesehen davon, daß § 41 Abs. 1 Satz 2 TV PV die Betriebsparteien verpflichtet, ihre Meinungsverschiedenheiten mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln, können sie nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den Inhalt und den Umfang eines Mitbestimmungsrechts gerichtlich klären lassen, ohne die Schlichtungsfunktion der Einigungsstelle zu gefährden. Ist der konkrete Streitfall Ausdruck einer allgemeinen, dem Streit zugrundeliegenden Rechtsfrage, kann ein berechtigtes Interesse daran bestehen, über den Anlaßfall hinaus zu dieser allgemeinen Streitfrage eine Entscheidung zu erlangen. Dazu bedarf es aber eines Vorbringens, das die allgemeine Frage hinreichend deutlich und losgelöst vom Ausgangsfall umschreibt und zudem klar erkennen läßt, bei welchen betrieblichen Regelungen oder Maßnahmen mit dieser Streitfrage wieder zu rechnen ist. Außerdem ist ein Antrag erforderlich, der die Frage in dem dargestellten tatsächlichen Zusammenhang zum Gegenstand des Verfahrens macht ( - aaO). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die Anträge betreffen nicht etwa die Feststellung, daß der Personalvertretung bei der Durchführung von "Dead-Head-Beförderungen" durch externe Fluggesellschaften hinsichtlich der Überprüfung solcher Fluggesellschaften, der einzelnen Prüfungsgegenstände, der zeitlichen Überprüfungsintervalle oder der Methoden einer Gefährdungsbeurteilung ein Mitbestimmungsrecht nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 TV PV zusteht. Die im Rechtsbeschwerdeverfahren noch zur Entscheidung stehenden Anträge beschränken sich nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch im Hinblick auf das bisherige Vorbringen der Personalvertretung allein auf die Klärung eines Mitbestimmungsrechts in Zusammenhang mit bestimmten "Dead-Head-Beförderungen" durch bestimmte Fluglinien in einer bestimmten Region und damit allein auf den konkreten, zwischenzeitlich aber einvernehmlich geregelten Ausgangsfall.

Fundstelle(n):
BB 2002 S. 2184 Nr. 42
DB 2002 S. 2727 Nr. 51
PAAAB-93338

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