BFH Urteil v. - I R 38/05

Leitsatz

Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt vor, wenn eine GmbH ihrem beherrschenden Gesellschafter eine Abfindung für seinen Verzicht auf die ihm erteilte Pensionszusage zahlt, obwohl nach der getroffenen Vereinbarung im Fall des vorzeitigen Ausscheidens des Gesellschafters das Abfindungsverbot des § 3 Abs. 1 BetrAVG gelten sollte. Das gilt auch, wenn die Abfindungsvereinbarung im Hinblick auf die geplante Veräußerung der Gesellschaftsanteile erfolgt ist und der Gesellschafter seine ursprüngliche Geschäftsführerfunktion aufgegeben hat und seitdem unter Aufrechterhaltung der Versorgungszusage für die GmbH als "einfacher" Angestellter tätig geworden ist. Besteht die Abfindung in der Übertragung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung für die vertraglich unverfallbare Pensionszusage, liegt insoweit eine Vermögensminderung der GmbH - als Voraussetzung für eine verdeckte Gewinnausschüttung - vor. Der damit einhergehende Verzicht auf die Anwartschaftsrechte führt zu einer verdeckten Einlage.

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Anteile an der…gegründeten Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer GmbH, hielten im Streitjahr 1996 N mit 51 v.H. sowie X mit 49 v.H. In der Zeit vom…März 1985 bis zum ... Januar 1986 war X Alleingesellschafter der Klägerin. Deren Geschäftsführung oblag seit dem…zunächst beiden Gesellschaftern. Am ... April 1988 trat X als Geschäftsführer zurück und war seitdem als Angestellter in den Diensten der Klägerin tätig.

Am ... Januar 1986 hatte die Klägerin sowohl gegenüber N als auch gegenüber X Pensionszusagen erteilt. Hierin verpflichtete sie sich, beiden Begünstigten nach Vollendung des 65. Lebensjahres oder bei Ausscheiden infolge von Berufsunfähigkeit ein lebenslängliches Ruhegeld und dem jeweils hinterbliebenen Ehegatten eine Witwenrente zu zahlen. Die Klägerin war berechtigt, anstelle der Rente eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe des Barwerts der Rentenverpflichtung zu gewähren. Bei vorzeitigem Ausscheiden aus den Diensten der Gesellschaft sollte sich der Leistungsanspruch nach den Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) richten.

Im Hinblick auf eine geplante Veräußerung der Gesellschaftsanteile wurden die Pensionszusagen mit Vereinbarungen vom ... Dezember 1996 aufgehoben. Die Gesellschafter (sowie ihre Ehefrauen im Hinblick auf die erteilte Witwenzusage) verzichteten unbedingt und unwiderruflich auf alle Rechte aus den Pensionszusagen. Im Gegenzug wurden ihnen die hierfür abgeschlossenen Rückdeckungsversicherungen übertragen. Der jeweilige Anspruchsverzicht der Gesellschafter wurde auch für den Fall der Unwiderruflichkeit der Pensionszusagen erklärt. In der Präambel zu den gleich lautenden Aufhebungsvereinbarungen wird deren Anlass dahin gehend erläutert, dass die Käufer der Anteile keine weiter gehenden Verpflichtungen gegenüber den bisherigen Gesellschaftern übernehmen wollten.

Nachdem auch die bestehenden dienstvertraglichen Vereinbarungen mit den Gesellschaftern im März 1997 aufgehoben worden waren, veräußerten diese ihre Anteile mit notariellem Vertrag vom ... März 1997. In dem Kaufvertrag sicherten die Gesellschafter zu, dass die Beschäftigungsverhältnisse zwischen ihnen und der Klägerin aufgehoben worden seien und damit sämtliche hieraus fließenden Ansprüche endgültig und abschließend erledigt würden.

Im Jahresabschluss zum löste die Klägerin die Pensionsrückstellungen in der Gesamthöhe von ... DM (Anteil N ... DM; Anteil X ... DM) und die aktivierten Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen (insgesamt ... DM; Anteil N ... DM; Anteil X ... DM) erfolgswirksam auf.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) behandelte die Übertragung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA). Allerdings beruhe die Befreiung von der Versorgungsverpflichtung und die Übertragung der Rückdeckungsversicherung bei dem Gesellschafter N auf einem gegenseitigen Vertrag. Als vGA könne deswegen nur angesehen werden, was die Klägerin N zuviel an Vorteil eingeräumt habe. Das sei der Unterschiedsbetrag zwischen dem Anwartschaftsbarwert jener Versorgungsverpflichtung in Höhe von ... DM einerseits und dem Aktivwert der Rückdeckungsversicherung von ... DM anderseits, also ein Betrag von ... DM. Bei dem Gesellschafter X verhalte es sich hingegen anders. Dieser sei seinerzeit bei Erteilung der Pensionszusage noch beherrschender Gesellschafter der Klägerin gewesen. Die getroffene Abfindungsregelung halte einem Fremdvergleich insofern nicht stand, da sie gegen das unabdingbare Verbot des § 3 BetrAVG zur Abfindung von zehn Jahren oder länger bestehenden Versorgungszusagen verstoße. Bei X habe der sonach gemäß § 3 BetrAVG nichtige Verzicht auf die Versorgungsansprüche für die Klägerin deshalb keine schuldbefreiende Wirkung gehabt. Überdies verstoße die Gewährung des mit der Abfindung verbundenen Vorteils gegen das von beherrschenden Gesellschaftern prinzipiell zu beachtende Nachzahlungsverbot, da im ursprünglichen Anstellungsvertrag und in der Versorgungsvereinbarung keine Abfindungsvereinbarung getroffen worden sei. Die vGA valutiere folglich in voller Höhe des Rückkaufswerts der übertragenen Versicherung.

Die Klägerin wandte sich mit ihrer Klage gegen den hiernach ergangenen Körperschaftsteuerbescheid vom in Gestalt der diesen Bescheid teilweise abändernden Einspruchsentscheidung des FA vom nur im Hinblick auf die Person des X. Die Klage war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) Köln gab ihr mit —in Entscheidungen der Finanzgerichte 2005, 1075 veröffentlichtem— Urteil vom 13 K 1531/03 antragsgemäß statt. Der Umstand, dass gegenüber der Klägerin nach Aktenlage am ein abermals geänderter Körperschaftsteuerbescheid ergangen war, wurde nicht berücksichtigt; der Änderungsbescheid betraf lediglich geänderte Verlustrückträge in die Vorjahre.

Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Das FG hat der Klage entsprochen und den Körperschaftsteuerbescheid 1996 vom in Gestalt der diesen Bescheid teilweise ändernden Einspruchsentscheidung des FA vom antragsgemäß abgeändert. Bei Ergehen des Urteils war jedoch bereits der erneute Änderungsbescheid vom ergangen. Ergeht aber während des Klageverfahrens ein (erneuter) Änderungsbescheid, bildet dieser die alleinige Grundlage für die Erhebung der gesamten Steuer. Dieser (erneute) Änderungsbescheid wurde gemäß § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Klageverfahrens. Der durch den nachfolgenden Bescheid überholte Bescheid entfaltet für die Dauer des Bestehens des nachfolgenden Bescheids keine Rechtswirkung mehr (Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs —BFH— vom GrS 1/72, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231). Die Urteilswirkungen gehen damit ins Leere; seine Rechtskraft betrifft nur den ursprünglich angefochtenen Bescheid, weil nur dieser Entscheidungsgegenstand war (vgl. Gräber/von Groll/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 68 Rz. 105).

Der Senat geht nach Aktenlage davon aus, dass das FG von dem Änderungsbescheid vom keine Kenntnis erhalten hat. Die Übersendung einer Abschrift jenes Bescheides (vgl. § 68 Satz 3 FGO) ergibt sich aus den Gerichtsakten jedenfalls nicht; die Klägerin hat ihren Klageantrag auch nicht an die veränderte Verfahrenslage angepasst. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass der Änderungsbescheid einen neuen Streitpunkt in das Verfahren eingeführt hätte; er betraf lediglich geänderte Verlustrückträge in die Vorjahre. Unter diesen Umständen widerspräche es aber dem Sinn des § 68 Satz 1 FGO, der darin besteht, das Verfahren fortsetzen zu können, im Revisionsverfahren die Vorentscheidung aufzuheben, nur um der Vorinstanz auf diese Weise Gelegenheit zu geben, den Änderungsbescheid datumsmäßig zu erfassen. Vielmehr reicht insoweit eine Richtigstellung aus (vgl. , BFHE 203, 174, BStBl II 2003, 944; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 68 FGO Tz. 25). Im Streitfall ist daher die Entscheidung des FG auf den Änderungsbescheid vom zu beziehen.

III. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung. Die Übertragung des Rückkaufswerts der Lebensversicherung, die die Klägerin anlässlich der gegenüber X erteilten Pensionszusage abgeschlossen hat, auf den Begünstigten im Rahmen der vereinbarten Abfindung der Versorgungsanwartschaft und im Zusammenhang mit dessen Ausscheiden aus der Gesellschaft zieht eine vGA nach sich.

1. Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht (vgl. z.B. , BFH/NV 2003, 347; vom I R 37/02, BFHE 204, 96, BStBl II 2004, 121, jeweils m.w.N.). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteil vom I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom I R 70/97, BFHE 185, 224, BStBl II 1998, 545, m.w.N.). Von einer beherrschenden Stellung ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im Regelfall auszugehen, wenn der Gesellschafter die Mehrheit der Stimmrechte besitzt und er deshalb bei Gesellschafterversammlungen entscheidenden Einfluss ausüben kann. Dies ist im Allgemeinen der Fall, wenn er über mehr als 50 v.H. der Stimmrechte verfügt. Verfügt ein Gesellschafter —wie im Streitfall— über lediglich 50 v.H. oder weniger der Gesellschaftsanteile, kann er aber dennoch einem beherrschenden Gesellschafter gleichgestellt werden, wenn er mit anderen gleichgerichtete Interessen verfolgenden Gesellschaftern zusammenwirkt, um eine ihren Gesellschafterinteressen entsprechende Willensbildung der Kapitalgesellschaft herbeizuführen (vgl. z.B. , BFH/NV 1997, 808; vom I R 99/87, BFHE 159, 338, BStBl II 1990, 454).

2. Vor diesem Hintergrund liegt im Streitfall in der Übertragung der Rückdeckungsversicherung auf X in vollem Umfang eine vGA.

a) Die Vorinstanz hat die unrichtigen Schlüsse aus dem Umstand gezogen, dass die Klägerin sich mit X in der diesem erteilten Pensionszusage am ... Januar 1986 für den Fall des Ausscheidens von X aus den Diensten der Klägerin individualvertraglich auf die Anwendung der einschlägigen Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung verständigt hatte. Dazu gehörte neben § 2 Abs. 1 BetrAVG a.F. vor allem § 3 BetrAVG a.F. und damit auch das darin gesetzlich bestimmte grundsätzliche Abfindungsverbot für unverfallbare Leistungsanwartschaften, die mehr als zehn Jahre vor dem Ausscheiden aus dem Unternehmen erteilt wurden.

aa) Zwar wird dieses (gesetzliche) Abfindungsverbot lediglich für solche Versorgungsanwartschaften bestimmt, welche aufgrund gesetzlicher Vorschriften über die Unverfallbarkeit als Mindeststandard aufrechtzuerhalten sind. So gesehen bleibt eine Abfindung grundsätzlich möglich, soweit die Unverfallbarkeit aufgrund einer über das gesetzliche Maß des § 1 Abs. 1 BetrAVG a.F. hinausgehenden vertraglichen Vereinbarung aufrechterhalten werden soll (vgl. im Einzelnen Höfer, BetrAVG, Band I: Arbeitsrecht, § 3 Rz. 3557 f., m.w.N.). Eine derartige vertraglich verkürzte Unverfallbarkeit wurde nach Auffassung des FG im Streitfall mit X infolgedessen „Statuswechsel” zum „normalen” Arbeitnehmer im Jahre 1988 vereinbart. 

Das steht mit den festgestellten vertraglichen Grundlagen der Zusage allerdings nicht in Einklang und lässt sich daraus nicht ohne Verstoß gegen die Denkgesetze ableiten. Richtig ist zwar, dass X in jener Zeit bis zum April 1988, als er Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin war, als solcher nicht den Regelungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung unterfiel. Insofern fanden die Unverfallbarkeitsfristen des § 1 Abs. 1 BetrAVG a.F. und das Abfindungsverbot des § 3 Abs. 1 BetrAVG a.F. zunächst und bis zum Wechsel von X in die Arbeitnehmerstellung keine unmittelbare Anwendung (vgl. zur Frage der Berechnung der Unverfallbarkeitsfristen als Ausdruck der fortbestehenden Betriebstreue aber auch , Der Betrieb 1981, 1716). § 3 Abs. 1 BetrAVG a.F. ist nach den zugrunde liegenden Abmachungen auf die hier zu beurteilende Situation dennoch anzuwenden, weil die Vorschrift Vertragsbestandteil geworden ist: Die ursprünglich gegebene Versorgungszusage wurde mit Eintritt des X in die Arbeitnehmerstellung am ... April 1988 nicht neu verhandelt, sondern aufrechterhalten. Indem der Leistungsanspruch sich hiernach bei vorzeitigem Ausscheiden aus den Diensten der Gesellschaft nach den Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung richten sollte, wurde zugleich sichergestellt, dass die Anwartschaft des Begünstigten in Einklang mit den arbeitsrechtlichen Regelungen unverfallbar sein, als solche bestehen bleiben und nicht abgefunden werden sollte. Ein abweichendes Verständnis wäre sinnwidrig, weil das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung insoweit für verfallbare Anwartschaften keine Vorschriften mit besonderen Rechtsfolgen vorsieht; sowohl § 2 als auch § 3 BetrAVG a.F. betreffen ausschließlich Rechtsfolgen für das vorzeitige Ausscheiden von Begünstigten mit fortbestehenden Leistungsanwartschaften i.S. von § 1 BetrAVG a.F. Auf den Zeitpunkt des Statuswechsels des X vom Gesellschafter-Geschäftsführer zum „einfachen” Gesellschafter-Angestellten und einem erst dadurch ggf. beginnenden Lauf der Unverfallbarkeitsfristen des § 1 BetrAVG a.F. kam es so gesehen nicht an.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Versorgungszusage an X andernfalls als nicht unverfallbar ausgestaltet angesehen werden müsste. Die Kapitalabfindung einer noch verfallbaren Anwartschaft wäre indes von vornherein gesellschaftlich veranlasst, ohne dass es noch weiterer Überlegungen bedürfte. Denn auf die Abfindung einer solchen Anwartschaft würde sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht einlassen.

bb) Die so vereinbarten Voraussetzungen des Abfindungsverbots des § 3 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG a.F. (i.V.m. der individualvertraglichen Pensionserteilung) waren bezogen auf die Person des X erfüllt. Diesem wurde die Zusage am ... Januar 1986 erteilt; die Abfindungsvereinbarung datiert vom ... Dezember 1996 und erstreckte sich sonach über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren. Die Klägerin war aufgrund der mit X getroffenen Zusageabreden infolgedessen in Einklang mit der gesetzlichen Regelung verpflichtet, die eingegangenen Rentenverpflichtungen auf „ewig” beizubehalten (vgl. Höfer, a.a.O., § 3 Rz. 3562). Die Rechtsfrage, ob § 3 BetrAVG a.F. auch ohne eine entsprechende Vereinbarung unter den Gegebenheiten des Streitfalles anwendbar wäre (vgl. dazu einerseits bejahend z.B. Neumann, GmbH-Rundschau —GmbHR— 1997, 292; derselbe, Finanz-Rundschau —FR— 1997, 925; Haßelberg, Deutsches Steuerrecht —DStR— 2002, 1803; andererseits verneinend z.B. Gosch, FR 1997, 438; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, Anhang zu § 8 KStG „Pensionszusage” unter 9.; Arteaga, GmbHR 1998, 265; Schwedhelm/Olgemöller, GmbH-Steuerberater 2003, 163 ff., 204 ff.; Beck, DStR 2002, 473), ist insofern unbeachtlich. Gleichermaßen kann unbeantwortet bleiben, ob das Abfindungsversprechen bezogen auf einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer —wie im Streitfall X im Zeitpunkt der Pensionszusage— bereits in jenem Zeitpunkt der Zusage klar und eindeutig vereinbart sein muss und ob eine solche Vereinbarung —ggf. zusätzlich— dem Schriftformgebot des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG unterfällt (vgl. dazu , BStBl I 2005, 619).

b) Die Beteiligten haben sich am ... Dezember 1996 unbeschadet der erwähnten Vereinbarungen vom ... Januar 1986 auf eine Abfindung der Anwartschaft auf Basis des Anwartschaftsbarwerts verständigt. Das ist nach den tatrichterlichen Feststellungen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ausscheiden von X (sowie von N) aus den Diensten der Klägerin und zielgerichtet dadurch veranlasst geschehen. Die Beteiligten sind damit von jener ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung vom ... Januar 1986 abgewichen.

In der Nichtdurchführung einer Abmachung, die eine Kapitalgesellschaft mit ihrem beherrschenden Gesellschafter —wie dies X seinerzeit im Zeitpunkt der Zusageerteilung und später gemeinsam mit N aufgrund gleich gelagerter wirtschaftlicher Interessen war— geschlossen hat, liegt ein Anhaltspunkt, der die regelmäßige Vermutung einer gesellschaftlichen Veranlassung rechtfertigt. Diese Vermutung wurde im Streitfall nach den tatrichterlichen Feststellungen nicht widerlegt, insbesondere nicht durch den Einwand, es sei nicht davon auszugehen, dass X (oder N) sich auf ein etwaiges Abfindungsverbot berufen hätten. Gerade daran kann sich im Gegenteil erweisen, dass das Verhalten der Beteiligten nicht fremdüblich, sondern gesellschaftlich motiviert war. Auch dass eine vergleichbare Abfindungsvereinbarung gleichermaßen mit N geschlossen worden ist, widerspricht der erwähnten Vermutung nicht. Denn entweder wurde die Versorgungszusage auch diesem gegenüber im Hinblick auf seine zukünftige Stellung als Mehrheitsgesellschafter erteilt, die er kurz nach Erteilung der Zusage am ... Januar 1986 einnahm. Dann unterfiele auch er der dargestellten Vermutungsregel. Oder aber die spätere Abfindungsvereinbarung vom ... Dezember 1996 stand dem auch bezogen auf N als Fremdgeschäftsführer individualvertraglich vereinbarten Abfindungsverbot entgegen. Dann würde sich die Abfindung in Gestalt der Übertragung der auf sein Leben zur Rückdeckung der erteilten Zusage abgeschlossenen Lebensversicherung zum Rückkaufswert bei ihm nach Lage der Dinge gleichermaßen als vGA darstellen, weil er jedenfalls im Abfindungszeitpunkt Mehrheitsgesellschafter war. Der Senat geht dem nicht näher nach, weil er aus Gründen des Verböserungsverbots gehindert wäre, den angefochtenen Steuerbescheid zum Nachteil der Klägerin in diesem Punkt zu ändern.

c) Es mangelt schließlich nicht an der für das Vorliegen einer vGA notwendigen Vermögensminderung. Diese liegt in der Hingabe des Anspruchs aus der Rückdeckungsversicherung in Höhe deren Rückkaufwerts und in dem entsprechenden Vermögensabgang. Der damit einhergehende Verzicht auf die Anwartschaftsrechte führt zu einer verdeckten Einlage (Beschluss des Großen Senats des , BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307). Eine wirtschaftliche Neutralisierung beider Vorgänge scheidet angesichts ihrer wechselseitigen gesellschaftlichen Veranlassung aus. Unabhängig davon könnte sich die Nichtdurchführung der Vereinbarungen über die Erteilung der Versorgungsanwartschaften ohnehin in der Weise auswirken, dass die Zusagen als nicht ernstlich gemeint anzusehen und die jährlichen Zuführungen zu den hierfür gebildeten Pensionsrückstellungen deswegen bereits als solche als vGA zu behandeln wären.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1515 Nr. 8
DStR 2006 S. 1172 Nr. 27
DStRE 2006 S. 883 Nr. 14
GmbH-StB 2006 S. 219 Nr. 8
GmbHR 2006 S. 822 Nr. 15
HFR 2006 S. 800 Nr. 8
KÖSDI 2006 S. 15153 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 30/2006 S. 2481
NWB-Eilnachricht Nr. 34/2006 S. 12
StuB-Bilanzreport Nr. 16/2006 S. 607
StuB-Bilanzreport Nr. 17/2006 S. 686
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