OFD Münster

Nachträgliche Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs nach § 10d EStG
Ruhen des Verfahrens nach § 363 AO

Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 011/2005 vom

Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustabzug ist gemäß § 10d Abs. 4 EStG gesondert festzustellen. Es ist gefragt worden, wie zu verfahren ist, wenn der Erlass eines Verlustfeststellungsbescheids nachträglich [z.B. im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des BFH zum Abzug von Ausbildungskosten als Werbungskosten (vgl. Az. VI R 33/01, BStBl 2004 II 884)] für einen Veranlagungszeitraum beantragt wird, für den die Antragsfrist nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG abgelaufen bzw. Verjährung eingetreten ist.

Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Az. XI R 62/97, BStBl 2000 II 3) setzt der erstmalige Erlass eines Verlustfeststellungsbescheids nach § 10d EStG voraus, dass der zugrunde liegende – bisher keinen Verlust ausweisende – Steuerbescheid noch entsprechend verfahrensrechtlich geändert werden kann, weil er formell oder materiell noch nicht bestandskräftig ist. Auch aus § 10d Abs. 4 S. 5 EStG folgt nichts Anderes, da diese Vorschrift nur anwendbar ist, wenn die Änderung des Steuerbescheids allein mangels steuerlicher Auswirkung unterbleibt. Daher kann ein Verlustfeststellungsbescheid bei fehlendem Steuerbescheid nur erlassen werden, solange die Antragsfrist der Antragsveranlagung bzw. die Festsetzungsfrist des zugrunde liegenden Steuerbescheids noch nicht abgelaufen ist.

Das Az. XI R 26/01, BStBl 2002 II 681 stellt insofern keine Änderung der Rechtsprechung dar. Denn aus dieser Entscheidung kann nicht geschlossen werden, dass die Verlustfeststellung auch noch nach Ablauf der Feststellungsfrist erfolgen kann, soweit die Feststellung für irgendeine in der Zukunft liegende Steuerfestsetzung, für die noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist, (mittelbar) Bedeutung hat. Vielmehr wird im Urteil im Hinblick auf § 181 Abs. 5 AO der zeitliche Umfang der Zulässigkeit der Nachholung einer Verlustfeststellung bei fristgerechter Erklärung der Verluste dargestellt.

Ist die Antragsfrist nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG abgelaufen bzw. die Verjährung der Festsetzungsfrist für den Steuerbescheid eingetreten, ohne dass ein entsprechender Antrag vom Steuerpflichten innerhalb dieser Fristen gestellt wurde, so kommt der Erlass eines Verlustfeststellungsbescheids nicht in Betracht. Dies gilt auch im Hinblick auf das einzelfallbezogene entgegenstehende rechtskräftige Az. VII 62/01, EGF 2004, 1130.

Die OFD bittet daher, entsprechende Anträge auf Erlass eines Verlustfeststellungsbescheids nach § 10d EStG abzulehnen. Die Vorschriften der §§ 118 ff und § 356 Abs. 1 AO sind zu beachten.

Die gegen die Ablehnung eingelegten zulässigen Einsprüche (Hinweis auf AEAO zu § 347 AO) bitte ich gemäß § 363 Abs. 2 S. 2 AO ruhen zu lassen, da ein Revisionsverfahren zu der Frage der Nachholung einer Verlustfeststellung bei abgelaufener Antragsfrist nach § 46 Abs. 2 EStG beim BFH anhängig ist (Az. XI R 33/04, Vorinstanz FG Berlin, Entscheidung vom , Az. 7 K 7414/03).

Aktualisierung vom

Der BFH hat in dem o.g. Verfahren (Az. XI R 33/04) mit Urteil vom entgegen der Verwaltungsauffassung entschieden, dass ein erstmaliger Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nach § 10d EStG auch dann bis zum Ablauf der Feststellungsfrist noch ergehen kann, wenn eine Veranlagung zur Einkommensteuer vom Finanzamt wegen Ablaufs der zweijährigen Antragsfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG bestandskräftig abgelehnt worden ist.

Da noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Finanzverwaltung das Urteil amtlich veröffentlichen oder mit einem Nichtanwendungserlass reagieren wird, soll vorerst weder das Urteil angewandt, noch Einsprüchen abgeholfen werden. Weitere Informationen, wie in Fällen der Verjährung der Steuerfestsetzung bzw. des Ablaufs der Antragsfrist nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG zu verfahren ist, werden folgen.

OFD Münster v.

Fundstelle(n):
BAAAB-88763