Oberfinanzdirektion Koblenz - S 2203 A - St 31 4

Ertragsteuerliche Behandlung der Einnahmen von Chefärzten aus der Erbringung von wahlärztlichen Leistungen

Kurzinformation Einkommensteuer

Mit Urteil vom , BStBl 2006 II S. 94, hat der BFH entschieden, dass Einnahmen von Chefärzten aus dem ihnen eingeräumten Liquidationsrecht von wahlärztlichen Leistungen grundsätzlich als Arbeitslohn zu behandeln sind, wenn diese Leistungen innerhalb eines Dienstverhältnisses erbracht werden. Ob die wahlärztlichen Leistungen innerhalb des Dienstverhältnisses oder im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit erbracht werden, ist unter Berücksichtigung der vom BFH in seiner Entscheidung vom aufgestellten Grundsätze und nach Würdigung des Gesamtbilds der Verhältnisse zu beurteilen (siehe auch Verfügung vom  – S 2360 A – St 42 3). Das o. g. BFH-Urteil ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Die Bestimmung der Einkunftsart ist im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung vorzunehmen.

Eine Umqualifizierung der bisher von den Chefärzten erklärten Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit hat selbst dann zu erfolgen, wenn die Einkünfte bisher ausnahmsweise im Wege des Bestandsvergleiches nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt wurden.

Die korrigierte Zuordnung der Einnahmen zur Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ist daher auch abhängig von der Entscheidung, wann diese Einnahmen als Arbeitslohn zugeflossen sind. Nach § 38a Abs. 1 Satz 2 EStG gilt laufender Arbeitslohn in dem Kalenderjahr als bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge), wird gemäß § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt. Werden die Einnahmen aus wahlärztlichen Leistungen regelmäßig geleistet, handelt es sich grundsätzlich um laufenden Arbeitslohn i. S. v. R 115 Abs. 1 LStR. Fließt der Arbeitslohn (z. B. quartalsmäßige Zahlungen) für ein abgelaufenes Kalenderjahr aber später als drei Wochen nach Ablauf dieses Jahres zu, handelt es sich gemäß R 115 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 LStR um eine Nachzahlung und somit um einen sonstigen Bezug.

Wurden im Vorjahr bzw. in den Vorjahren die Einkünfte aus selbständiger Arbeit durch Bestandsvergleich ermittelt, sind die Einnahmen, die den am Ende des Wirtschaftsjahres ausgewiesenen Forderungen entsprechen, in dem unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze zutreffenden Kalenderjahr als Arbeitslohn zu erfassen. Eine vom bisherigen Kalenderjahr abweichende Zuordnung als Arbeitslohn in einem anderen Kalenderjahr kann aber nur erfolgen, wenn die Veranlagungen der betroffenen Kalenderjahre noch offen sind. Fließen bei einem Bilanzierenden die Einnahmen für ein Vorjahr später als drei Wochen nach diesem abgelaufenen Kalenderjahr zu, sind diese als sonstiger Bezug zu behandeln. Ist die Veranlagung für das Vorjahr bereits bestandskräftig, sind die Einnahmen im Folgejahr nicht als sonstiger Bezug bei Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit anzusetzen, damit ein doppelter Ansatz vermieden wird.

Beispiel:

Einem bisher bilanzierenden Arzt fließen Einnahmen aus der Erbringung von wahlärztlichen Leistungen für das IV/2004 am zu (Beginn der beruflichen Tätigkeit ). Der Steuerpflichtige hat zum die zu erwartenden Einnahmen als Forderung bei Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit ausgewiesen. Die Beträge sind dem Arzt nach den Grundsätzen des allerdings im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Arbeitnehmer zugeflossen. In diesem Zusammenhang sind beim Arbeitgeber keine gesetzlich oder vertraglich geschuldeten Aufwendungen für den Arzt angefallen. Die Einkommensteuerbescheide 2004 und 2005

  1. stehen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung bzw.

  2. sind bestandskräftig.

Lösung:

Die Einnahmen IV/2004 stellen grundsätzlich laufenden Arbeitslohn dar. Da aber der Zufluss später als drei Wochen nach Ablauf des Jahres erfolgte, handelt es sich bei den Einnahmen nach R 115 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 LStR um einen sonstigen Bezug.

Variante a)

Die Steuerbescheide 2004 und 2005 stehen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Die ausgewiesene Forderung zum ist ertragsmindernd aufzulösen und als Bruttoarbeitslohn in 2005 anzusetzen.

Variante b)

Die Steuerbescheide 2004 und 2005 sind bestandskräftig. Da die Einnahmen bereits unzutreffender Weise bei der Ermittlung der selbständigen Einkünfte in 2004 erfasst wurden und eine Änderung dieses Veranlagungszeitraumes nicht mehr erfolgen kann, kommt infolgedessen eine Besteuerung der Einnahmen als sonstiger Bezug im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in 2005 nicht in Betracht.

Bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, dürfen die Einnahmen ebenfalls nicht doppelt angesetzt werden. Bezüglich der Ermittlung der Höhe des Bruttoarbeitslohnes verweise ich auf die – St 42 3.

Oberfinanzdirektion Koblenz v. - S 2203 A - St 31 4

Fundstelle(n):
QAAAB-88074