BFH Beschluss v. - XI B 86/05

Instanzenzug:

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist teils unzulässig, teils unbegründet, so dass sie insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist.

1. Soweit die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) rügen, das Finanzgericht (FG) habe § 76 Abs. 1, 2, § 96 Abs. 1, 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt, weil es einen tatsächlich nicht vorhandenen Einfluss des Klägers auf die ratenweise Erfüllung seiner Forderung gegen den Konkursverwalter als gegeben unterstellt habe, ist die Beschwerde unbegründet. Das FG hat den Vortrag des Klägers, die ratenweise Erfüllung seines Anspruchs aus der Vereinbarung vom habe völlig außerhalb seines Einflussbereichs gelegen, ausweislich des Tatbestandes des Urteils zur Kenntnis genommen (vgl. S. 7). Wenn das FG in den Entscheidungsgründen unter Hinweis auf die Einbindung des Klägers —als ehemaligen Geschäftsführer der in Konkurs gegangenen GmbH— in das Konkursverfahren gleichwohl meint, dieser habe über die notwendigen Informationen und den Kontakt zum Konkursverwalter verfügt, um vereinbaren zu können, dass das Absonderungsrecht in einem Betrag erfüllt werde, besteht nur ein scheinbarer Widerspruch. Es ist nicht dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) und auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Kläger mit dem Konkursverwalter nicht die Auszahlung der Entschädigung in einem Einmalbetrag in bzw. ab dem Streitjahr 1998 hätte vereinbaren können. Im Streitjahr 1997 konnte zwar der gesamte Zahlungsbetrag offenkundig vom Konkursverwalter noch nicht geleistet werden. Nach Zahlung des Kaufpreises für die letzte Parzelle des Sicherungsgrundstücks im Januar 1998 hätte der hier streitige Betrag aber auf einmal gezahlt werden können. Dass der Kläger über die Grundstücksparzellierung und den sukzessiven Verkauf der Teilflächen überhaupt nicht informiert gewesen sei, trägt er selbst im Beschwerdeverfahren nicht vor.

2. Ein Verstoß gegen Denkgesetze kann nicht mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden. Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind nur Verstöße des FG gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts. Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze sind regelmäßig materielle Rechtsfehler (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz. 83, m.w.N.; vgl. z.B. , BFH/NV 2002, 1336).

3. Das FG hat auch nicht § 102 FGO verletzt. Zwar führt eine Ermessensunterschreitung (vgl. , BFHE 151, 64, BStBl II 1988, 20) regelmäßig zur Aufhebung der Verwaltungsakte der Finanzverwaltung. Im Streitfall hat der Beklagte und Beschwerdegegner (Finanzamt) in der Einspruchsentscheidung vom den Antrag der Kläger auf eine Billigkeitsmaßnahme aber auch unter dem Gesichtspunkt der Entschädigung überprüft und eine abweichende Steuerfestsetzung letztlich mit der Begründung abgelehnt, dass die Voraussetzungen des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom IV A 5 -S 2290- 18/98 (BStBl I 1998, 1512 Rz. 20 ff.) nicht vorlägen. Dem ist das FG gefolgt. Da bei der Prüfung, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, der materiell-rechtliche Standpunkt des FG zugrunde zu legen ist (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 79, m.w.N.), bestand für das FG aus seiner Sicht kein Anlass, nach § 102 FGO zu verfahren.

4. Die Revision ist auch nicht wegen Verletzung des Willkürverbots zuzulassen (vgl. hierzu , BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25). Das FG hat die Ablehnung des Antrags der Kläger auf eine Billigkeitsmaßnahme mit der Begründung gerechtfertigt, dass die im BMF-Schreiben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Es ist letztlich auch unstreitig, dass hier die ratenweise Auszahlung der Entschädigung weder auf einer versehentlich zu niedrigen Auszahlung im Jahr 1997 noch auf einem Gerichtsurteil (vgl. hierzu BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 1512 Rz. 22, 23) beruht. Insoweit ist eine willkürliche, auf sachfremden Erwägungen beruhende Entscheidung des FG nicht ersichtlich.

5. Im Wesentlichen geht es den Klägern auch insoweit um die Klärung der Rechtsfrage, ob bei ratenweiser Auszahlung einer Entschädigung eine Billigkeitsmaßnahme ausschließlich aus den im BMF-Schreiben genannten Fällen möglich ist. Diese Frage ist im Streitfall nicht entscheidungserheblich, denn weder sind sachliche oder persönliche Billigkeitsgründe dargelegt noch offenkundig.

Eine Billigkeitsmaßnahme aus sachlichen Gründen kommt nach der Rechtsprechung des BFH nur in Betracht, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitsweg zu entscheidende Frage —hätte er sie geregelt— im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (vgl. z.B. , BFHE 168, 500, BStBl II 1993, 3; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 227 AO Tz. 40). Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist nur dann tarifbegünstigt, wenn sie dem Steuerpflichtigen in einem Veranlagungszeitraum zusammengeballt zufließt (vgl. z.B. Senatsurteil vom XI R 12/00, BFHE 203, 38, BStBl II 2004, 449; , BFH/NV 2002, 346; , BFHE 154, 98, BStBl II 1988, 936), denn Zweck der Tarifbegünstigung des § 34 Abs. 1, 2 EStG ist die Abmilderung des ansonsten bei außerordentlichen Einkünften regelmäßig eintretenden Progressionssprungs (§ 32a Abs. 1 EStG). Bei einer Ratenzahlung, die sich auf mehrere Veranlagungszeiträume verteilt, ist die Progressionswirkung bereits abgeschwächt. Aus diesem Grund ist im Prinzip auch unerheblich, welche Gründe zur Ratenzahlung geführt haben. Das gilt auch, wenn vertragsgemäß die Entschädigung in einem Betrag ausbezahlt werden sollte (vgl. z.B. Senatsurteil vom XI R 19/00, BFH/NV 2001, 431; Senatsbeschluss vom XI B 93/00, BFH/NV 2001, 1020). Der erkennende Senat hat zwar Ausnahmen für sog. ergänzende Zusatzleistungen anerkannt (vgl. z.B. , BFHE 196, 500, BStBl II 2002, 180). Eine solche liegt hier aber nicht vor. Im Übrigen war unter Berücksichtigung des ursprünglichen Zwecks der Tarifbegünstigung eine „Halbierung” des Steuersatzes bei solchen Steuerpflichtigen, deren Einkommen bereits ohne außerordentliche Einkünfte dem Spitzensteuersatz unterlagen, ohnehin kaum noch zu rechtfertigen, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt für eine Billigkeitsmaßnahme aus sachlichen Gründen kaum Raum ist.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1289 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 41/2007 S. 3616
ZAAAB-84322