OFD Frankfurt am Main - S 2252 A - 42 - St 219

I. Steuerliche Behandlung verschiedener Formen von Kapitalanlagen ( a.a.O.)
II. Rückzahlung von Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ( a. a. O.)

I.  (BStBl 1993 I S. 343)
II.  (BStBl 1999 I S. 433)

I. Steuerliche Behandlung verschiedener Formen von Kapitalanlagen ( a. a. O.)

Im Zusammenhang mit dem ab eingeführten Zinsabschlag werden vermehrt neue Kapitalanlagemodelle angeboten. Zu der Frage, ob und in welchem Umfang aus diesen Kapitalanlagen Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 EStG erzielt werden, nehme ich aufgrund der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Lander wie folgt Stellung:

Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören Zinsen, Entgelte und Vorteile, die unabhängig von ihrer Bezeichnung und der zivilrechtlichen Gestaltung bei wirtschaftlicher Betrachtung für die Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung erzielt werden.

Dies bedeutet im Einzelnen:

  1. Bei Kapitalüberlassung zur Nutzung ist für das Vorliegen von Kapitalertrag entscheidend, dass bei Ausgabe des Papiers von vornherein eine Rendite versprochen wird, die bei Einlösung mit Sicherheit erzielt werden kann (Emissionsrendite).

    Diese schlagt sich im Kurs des Papiers und damit bei Zwischenveräußerungen im Kaufpreis nieder. Lediglich marktzinsbedingte Kursschwankungen während der Laufzeit sind der Vermögenssphäre zuzuordnen, so dass bei Zwischenveräußerung bzw. -erwerb nur die besitzzeitanteilige Emissionsrendite als Kapitalertrag anzusehen ist.

  2. Bei Kapitalforderungen mit feststehenden, unterschiedlich hohen Kapitalerträgen (z. B. Kombizins-Anleihen, Gleitzins-Anleihen, Festzins-Anleihen mit getrennt handelbaren Zinsscheinen) sind die Zinsen bei Zufluss zu versteuern (§ 20 Abs. 1 Nr 7 EStG). Wird das Wertpapier über die gesamte Laufzeit gehalten, ergeben sich keine Besonderheiten.

    Ist die Besitzzeit dagegen kürzer als die Laufzeit des Wertpapiers, wäre die Summe der Insgesamt in der Besitzzeit zufließenden Zinsen je nach Ausgestaltung des Modells höher oder niedriger als die nach der Emissionsrendite errechneten besitzzeitanteiligen Zinsen. Diese Differenz muss bei Veräußerung und Einlösung des Wertpapiers durch entsprechende Hinzurechnungen oder Abzüge ausgeglichen werden. Infolgedessen sind im Zeitpunkt der Veräußerung/Einlösung die in dem betreffenden Veranlagungszeitraum zugeflossenen Zinsen um die Differenz zwischen der Summe aller in der Besitzzeit zugeflossenen Zinsen und den nach der Emissionsrendite errechneten besitzzeitanteiligen Zinsen zu erhöhen oder zu kürzen (§ 20 Abs. 2 Nr. 3 und 4 EStG).

  3. Ist bei als Optionsgeschäften bezeichneten Modellen (z. B. Capped warrants, range warrants) ähnlich wie bei einem festverzinslichen Wertpapier die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals garantiert und mit der Zahlung eines festbezifferten zusätzlichen Betrages zu rechnen, dann ist dieser Betrag wirtschaftlich betrachtet der Zins für das überlassene Kapital und folglich Kapitalertrag. Bei Zwischenveräußerung während der Laufzeit wird dieser Betrag besitzzeitanteilig auf die jeweiligen Inhaber aufgeteilt (§ 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG).

  4. Wird nur die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals garantiert (z. B. Grois, Giros und Saros), sind zusätzlich geleistete Betrage ebenfalls Kapitalertrag.

    Bei einer Veräußerung des Papiers ist der Unterschiedsbetrag zwischen Kaufpreis und Verkaufspreis Kapitalertrag. Dies gilt bei Veräußerung durch einen Ersterwerber nur hinsichtlich positiver Kapitalerträge.

    Diese Regelung gilt auch für Papiere, bei denen neben der Rückzahlung des eingesetzten Kapitals nur ein Mindestertrag garantiert wird (z. B. Mega-Zertifikate)

    (Zusatz der OFD:
    vgl. hierzu auch II.)

  5. Der Erwerb eines Papiers ohne Zinsscheine oder von Zinsscheinen ohne Papier zu einem abgezinsten Preis steht wirtschaftlich betrachtet dem Erwerb einer abgezinsten Forderung (Zero-Bond) gleich Infolgedessen erzielt der erste Erwerber eines solchen Papiers oder Zinsscheins bei der Einlösung Ertrag nach § 20 Abs. 1 Nr 7 EStG jeder weitere Erwerber bei Einlösung besitzzeitanteiligen Kapitalertrag nach § 20 Abs. 1 Nr 7 EStG. Die Veräußerung führt bei allen diesen Personen zu besitzzeitanteiligem Kapitalertrag nach § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG.

    Dies gilt auch für Wertpapiere; bei der Ertrag – anders als bei Zinsscheinen – von vornherein nicht gesondert verbrieft ist (wie z. B. bei den Optionsmodellen).

II. Rückzahlung von Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ( a. a. O.)

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gehören Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art zu den Einkünften aus Kapitalvermogen, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zugesagt oder gewährt worden ist, auch wenn die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt.

Zu der Frage, ob Einkünfte aus Kapitalvermögen auch dann vorliegen, wenn lediglich die teilweise Rückzahlung des Kapitalvermögens zugesagt worden ist, wird im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder folgende Auffassung vertreten:

§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG setzt für die Annahme von Einkünften aus Kapitalvermögen nicht die vollständige Rückzahlung des überlassenen Kapitalvermögens voraus. Die Erträge gehören nach dieser Vorschrift auch dann zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn nur die teilweise Rückzahlung das Kapitalvermögens zugesagt worden ist.

OFD Frankfurt am Main v. - S 2252 A - 42 - St 219

Fundstelle(n):
CAAAB-82753