Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Gesamtrechtsnachfolgerin des als Übersetzer tätig gewesenen und während des Klageverfahrens verstorbenen Herrn X (Erblasser). Streitig ist für die Jahre 1996, 1997 und 1998 der Abzug von Zahlungen an einen in der Schweiz ansässigen Übersetzungsdienst als Betriebsausgabe. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) hat den Abzug nach einer Betriebsprüfung nicht zugelassen, weil es sich bei der Schweizer Firma nach den Erkenntnissen des Bundesamtes für Finanzen (BfF) um eine Domizilgesellschaft handele und der Erblasser die hinter der Gesellschaft stehenden Personen und diejenigen, die die Übersetzung angefertigt hätten, nicht benannt habe. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Die Klägerin führt zur Begründung ihrer Beschwerde an, das Finanzgericht (FG) sei von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen und habe verfahrensfehlerhaft nicht den klaren Inhalt der Akten ausgeschöpft.
Während des Beschwerdeverfahrens hat das FA die Bescheide 1997 und 1998 geändert, weil die seinerzeitige Ehefrau des Erblassers, die nicht die Klägerin und Gesamtrechtsnachfolgerin des Erblassers ist, nunmehr getrennte Veranlagung beantragt hat. Die Klägerin hat daraufhin beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Der erst jetzt gestellte Antrag auf getrennte Veranlagung sei rechtsmissbräuchlich.
II. Die Beschwerde hat nur zum Teil Erfolg.
1. Sie ist unbegründet hinsichtlich des Streitjahres 1996.
Gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision müssen innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des Urteils dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 FGO).
a) Das FG ist nicht von der Rechtsprechung des BFH abgewichen.
aa) Die Klägerin macht hierzu geltend, der BFH habe in dem Urteil vom I R 108/97 (BFHE 187, 211, BStBl II 1999, 121) die Rechtmäßigkeit eines Benennungsverlangens i.S. des § 160 der Abgabenordnung (AO 1977) davon abhängig gemacht, dass die ausländische Kapitalgesellschaft keinen kaufmännischen Geschäftsbetrieb führe. Denn der BFH habe in diesem —mit dem Streitfall vergleichbaren Fall— die Sache an das FG zurückverwiesen, um zu prüfen, inwieweit ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb der Gesellschaft unterhalten worden sei.
Das FG habe dagegen nur aufgrund formaler Gesichtspunkte das Vorliegen einer Domizilgesellschaft bejaht. Es habe die vorgelegten Unterlagen nicht unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit des Übersetzungsdienstes gewürdigt, sondern nur daraufhin, ob sich aus ihnen ergebe, wer die Übersetzung angefertigt habe. Die genau bezeichneten Inventarbelege, mit denen das Vorhandensein eines für eine wirtschaftliche Tätigkeit eingerichteten Büros habe belegt werden sollen, seien vom FG gar nicht berücksichtigt worden.
bb) Aus den Ausführungen der Klägerin ergibt sich keine Abweichung des FG. Eine Zulassung der Revision wegen Divergenz setzt voraus, dass das FG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist. Das FG muss hierzu seiner Entscheidung einen tragenden Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (ständige Rechtsprechung, vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 48, 53 f., 58).
Dass das FG eine Rechtsfrage anders entschieden hätte als der BFH in BFHE 187, 211, BStBl II 1999, 121, lässt sich dem Vorbringen der Klägerin nicht entnehmen. Der I. Senat hatte dort die Sache an das FG zurückverwiesen, um der Klägerin Gelegenheit zu geben nachzuweisen, dass die ausländische Gesellschaft in den Streitjahren neben dem Firmen- und Verwaltungssitz auch einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unterhielt, der sachlich und personell so ausgestaltet war, dass sie die vom FG festgestellten Aufgaben selbst erfüllen konnte. Im Streitfall hat das FG genau diese Prüfung unter Zugrundelegung der Rechtsprechung bereits vorgenommen. Es ist aufgrund einer umfassenden Würdigung des Sachverhalts anhand einer Vielzahl von Fakten zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei dem Übersetzungsdienst um eine Domizilgesellschaft handele, die in der Schweiz keinen eigenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten habe.
Die Klägerin rügt daher im Kern nicht eine Abweichung des FG von der Rechtsprechung des BFH im Rechtsgrundsätzlichen, sondern greift die Sachverhaltswürdigung des FG an. Eine Abweichung in der Tatsachen- bzw. Sachverhaltswürdigung begründet aber —selbst wenn sie vorliegen sollte— keine für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO erforderliche Abweichung in einer Rechtsfrage (vgl. , BFH/NV 2005, 1553; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 53, 82, m.w.N.).
b) Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers des FG zuzulassen. Die Klägerin macht insoweit geltend, das FG habe verfahrensfehlerhaft nicht den Akteninhalt ausgeschöpft und damit gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen; es sei zu Unrecht davon ausgegangen, die dem FA vorgelegten Inventarbelege, die als Beweis für einen vorhandenen Geschäftsbetrieb dienen sollten, seien nicht auffindbar, obwohl das FA deren Vorlage beim FA nicht bestritten habe.
Es kann dahinstehen, ob die Belege möglicherweise dem FA vorgelegen hatten und ob sie tatsächlich nicht auffindbar waren oder von der Klägerin bzw. dem Erblasser noch als Kopie hätten beigebracht werden können. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Entscheidung nach der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des FG auf dem geltend gemachten Verfahrensverstoß —wenn er denn vorliegen sollte— beruhen kann (vgl. dazu , BFH/NV 2002, 1337). Sie hätte hierzu aufzeigen müssen, dass das FG möglicherweise der Klage stattgegeben hätte, wenn es davon ausgegangen wäre, dass die in den drei Belegen aufgeführten Bürogegenstände (Möbel, Material und Computer) tatsächlich angeschafft wurden. Hierzu bestand insbesondere deshalb Anlass, weil das FG seine Auffassung auf eine Reihe von Fakten gestützt hat und die Frage einer etwaigen Büroausstattung hierbei von allenfalls geringer Bedeutung war und weil die angeschafften Gegenstände nichts darüber aussagen, wer die Übersetzungen tatsächlich angefertigt hat bzw. ob der Übersetzungsdienst dazu selbst in der Lage war. Darauf kommt es nach der Entscheidung in BFHE 187, 211, BStBl II 1999, 121 aber an.
c) Der Bescheid für 1996 ist während des Beschwerdeverfahrens nicht geändert worden. Die beantragte Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung an das FG gemäß § 127 FGO kommt insoweit nicht in Betracht.
2. Hinsichtlich der Einkommensteuer 1997 und 1998 ist die Beschwerde mit der Maßgabe begründet, dass die Vorentscheidung in entsprechender Anwendung des § 127 FGO aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen ist.
Die seit Ergehen des FG-Urteils erlassenen Änderungsbescheide sind gemäß § 68 Satz 1 FGO n.F. zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden. § 68 FGO ist auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde anwendbar (, BFH/NV 2003, 1065). Ergeht während des Verfahrens über eine zulässige, aber unbegründete Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ein Änderungsbescheid zu Lasten des Steuerpflichtigen, ist die Vorentscheidung entsprechend § 127 FGO aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (BFH-Beschlüsse vom II B 31/00, BFHE 204, 35, BStBl II 2004, 237, und vom XI B 213/02, BFH/NV 2005, 566). Im Sinne einer Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes) bleibt der Klägerin damit bezüglich der durch den Erlass eines Änderungsbescheides aufgeworfenen Rechtsfragen —hier der Zulässigkeit des späteren Antrags auf getrennte Veranlagung— die in der Finanzgerichtsbarkeit einzige Tatsacheninstanz erhalten.
Da die getrennte Veranlagung betreffend Einkommensteuer 1997 und 1998 erst während des Beschwerdeverfahrens durchgeführt wurde und gemäß § 68 Satz 1 FGO n.F. zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden ist, konnte die Klägerin gegen diese weder Einspruch einlegen, noch konnten die Bescheide durch das FG in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht überprüft werden. Auch die Rechtsbehelfsbelehrung zu den Änderungsbescheiden weist ausdrücklich darauf hin, ein Einspruch sei bei laufendem (zulässigem) Rechtsmittel ausgeschlossen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 566).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1122 Nr. 6
DAAAB-82504