BFH Beschluss v. - X B 102/05

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig, denn sie entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Kläger haben in ihrer Beschwerdebegründung die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO nicht schlüssig dargelegt.

1. Die Kläger sind der Ansicht, die Rechtssache habe im Hinblick auf die Frage grundsätzliche Bedeutung, inwieweit die in den Urteilen des (BFHE 209, 256, BStBl II 2005, 634) und vom XI R 45/03 (BFH/NV 2005, 1509) zum Ausdruck kommenden Maßstäbe zur Gewährung eines ungekürzten Vorwegabzugs auch auf Fälle anzuwenden seien, in denen einer Vielzahl von Gesellschafter-Geschäftsführern mit grundsätzlich gleichen Beteiligungsquoten aufgrund einer innerhalb der GmbH allgemeingültigen Pensionsordnung eine grundsätzlich gleichwertige Pensionszusage erteilt worden sei. Aus dem gleichen Grunde sei die Zulassung der Revision auch zur Fortbildung des Rechts erforderlich.

Im Streitfall durfte sich eine auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wie auch eine auf Nr. 2 1. Alternative dieser Vorschrift gestützte Beschwerdebegründung indessen nicht allein in der Umschreibung einer für sich genommenen rechtsgrundsätzlichen oder der Fortbildung des Rechts dienlichen Fragestellung erschöpfen. Zur ordnungsgemäßen Darlegung dieser Zulassungsgründe wären darüber hinaus auch substantiierte Ausführungen dazu erforderlich gewesen, inwiefern die aufgeworfene Rechtsfrage durch eine mögliche Revisionsentscheidung des BFH überhaupt klärungsfähig ist. Daran fehlt es.

a) Ob die für die Zulassung maßgebliche Rechtsfrage im anschließenden Revisionsverfahren klärungsfähig ist, bestimmt sich danach, ob die Frage für das Finanzgericht (FG) entscheidungserheblich war. Das ist nur dann der Fall, wenn eine Aussage zu dieser Rechtsfrage erforderlich war, um die vom FG getroffene Entscheidung zu begründen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 31 und 32; Beermann in Beermann/Gosch, FGO § 115 Rz. 108, jeweils m.w.N.). Ist das angegriffene Urteil des FG nebeneinander (kumulativ) auf mehrere Rechtsgründe gestützt, von denen jeder für sich das Urteil trägt, so ist eine Rechtsfrage, die sich nur im Hinblick auf eine dieser Erwägungen stellt, nicht entscheidungserheblich, es sei denn, dass auch im Hinblick auf die anderen Rechtsgründe die Zulassung der Revision gerechtfertigt wäre (vgl. BFH-Beschlüsse vom I B 76/94, BFH/NV 1996, 42; vom VIII B 168/03, BFH/NV 2004, 1524). In einem solchen Fall muss daher für jede der selbständig tragenden Erwägungen des FG ein Zulassungsgrund dargelegt werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom X B 48/01, BFH/NV 2003, 317; vom X B 97/04, BFH/NV 2005, 1085; BFH-Beschlüsse vom VI B 13/05, BFH/NV 2005, 1560; vom II B 167/04, BFH/NV 2006, 321).

b) Die Kläger übersehen, dass das FG die Klage nicht ausschließlich deshalb abgewiesen hat, weil es der Ansicht war, die Entscheidung des (BFHE 200, 554, BStBl II 2004, 546) sei auf Kapitalgesellschaften mit mehreren Gesellschaftern nicht übertragbar. Vielmehr hat das FG ferner entschieden, die Kläger hätten trotz der an sie ergangenen Aufforderung des Gerichts keinen Nachweis darüber geführt, dass die auf den Kläger entfallende Zuführung zur Pensionsrückstellung in den Streitjahren in vollem Umfang zu einer Minderung seines Gewinnanteils geführt habe. Nach Auffassung des FG konnte die Klage insoweit selbst bei periodenübergreifender Betrachtungsweise keinen Erfolg haben, weil es auch dann zumindest erforderlich gewesen wäre, die Zuführungsbeträge einerseits und die Gewinnanteilsminderungen andererseits (gemeint ist: des Klägers und seiner Mitgesellschafter-Geschäftsführer) in einer Gesamtschau gegenüberzustellen. Nach den —unbestrittenen— Feststellungen des FG betraf zudem keiner der in diesem Zusammenhang vorgelegten Belege die Streitjahre selbst.

c) In Bezug auf diese —die Abweisung der Klage eigenständig tragenden— Erwägungen haben die Kläger keine hinreichenden Gründe vorgetragen, die eine Zulassung der Revision erfordern würden. Die Beschwerdebegründung erschöpft sich in der Behauptung, über die aufgeworfene Rechtsfrage könne aufgrund der in der Vorinstanz geführten Nachweise in der Revision entschieden werden. Darauf, dass das FG die vorgelegten Belege zum Nachweis einer periodenübergreifenden wirtschaftlichen Belastung nicht für ausreichend angesehen hat, und aus welchen Gründen diese tatrichterliche Überzeugungsbildung revisionsrechtlich überprüft werden müsste, gehen die Kläger nicht substantiiert ein. Ihre Ausführungen beschränken sich insoweit auf den knappen und nicht näher begründeten Hinweis, der Kläger habe die in der neuesten BFH-Rechtsprechung für den ungekürzten Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geforderten Voraussetzungen vor dem FG „durch die Übergabe der als Anlage 1a/b dieser Beschwerdebegründung beiliegenden Wirtschaftsprüferbestätigung und die im Urteil des FG…auf Seite 5, zweiter Absatz genannten periodenübergreifenden Unterlagen...” erbracht.

2. Die Beschwerde entspricht auch insoweit nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO, als sich die Kläger (hilfsweise) auf die Abweichung des angegriffenen Urteils von den Entscheidungen des BFH in BFHE 209, 256, BStBl II 2005, 634, sowie in BFH/NV 2005, 1509 berufen und damit geltend machen, eine Entscheidung des BFH sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO).

a) Zwar liegt eine Divergenz im Sinne dieses Zulassungsgrundes auch dann vor, wenn das FG von der divergierenden Entscheidung des BFH unbewusst abgewichen ist, weil sie —wie im Streitfall— bei Erlass des finanzgerichtlichen Urteils noch nicht veröffentlicht worden war (vgl. BFH-Beschlüsse vom VI B 15/74, BFHE 112, 342, BStBl II 1974, 583; vom V B 10/76, BFHE 119, 380, BStBl II 1976, 684; vom IV B 126/01, BFH/NV 2003, 291). Indessen setzt eine schlüssige Divergenzrüge auch nach neuem Revisionszulassungsrecht den substantiierten Vortrag voraus, dass der vom FG aufgestellte, von anderen Gerichtsentscheidungen abweichende Rechtssatz für sein Urteil tragend war (Senatsbeschluss vom X B 144/01, BFH/NV 2002, 1336; vgl. auch BFH-Beschlüsse vom IV B 129/01, BFH/NV 2002, 1570; vom III B 63/02, BFH/NV 2003, 644; vom XI B 186/01, BFH/NV 2003, 794; vom II B 41/02, BFH/NV 2003, 1067; vom XI B 199/01, BFH/NV 2004, 508; vom III B 5/05, BFH/NV 2005, 1758).

Dass die Rechtsauffassung des FG, die Grundsätze des BFH-Urteils in BFHE 200, 554, BStBl II 2004, 546 seien auf andere Fälle als auf denjenigen des Alleingesellschafter-Geschäftsführers nicht übertragbar, nicht (mehr) der (fortgeführten) Rechtsprechung des BFH entspricht, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Kläger haben jedoch nicht dargelegt, aus welchen Gründen diese Abweichung für die angegriffene Entscheidung ursächlich geworden sein könnte. Dazu bestand Anlass, weil das FG die Abweisung der Klage kumulativ auch darauf gestützt hatte, dass der Kläger den Nachweis einer periodenübergreifenden wirtschaftlichen Belastung allein des eigenen Gewinnanteils infolge der ihn betreffenden Pensionszusage schuldig geblieben sei.

b) Soweit die Kläger geltend machen, das FG sei auch dadurch von den Urteilen des BFH in BFHE 209, 256, BStBl II 2005, 634, und in BFH/NV 2005, 1509 abgewichen, dass es eine gegenüberstellende Gesamtschau von Zuführungsbeträgen einerseits und Gewinnanteilsminderungen andererseits für erforderlich gehalten habe, entspricht die Divergenzrüge ebenfalls nicht den gesetzlichen Darlegungsanforderungen.

Um die Divergenz schlüssig darzulegen, müssen tragende abstrakte Rechtssätze aus der Vorentscheidung sowie aus den angeblich divergierenden Entscheidungen einander so gegenübergestellt werden, dass eine Abweichung erkennbar wird (vgl. zuletzt etwa Senatsbeschlüsse vom X B 16/05, BFH/NV 2005, 1621; vom X B 149/04, BFH/NV 2005, 1618; , BFH/NV 2005, 1854). Dem genügen die Ausführungen der Kläger nicht.

Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die vom FG geforderte Gesamtschau in Widerspruch zu dem vom BFH aufgestellten Rechtssatz stehen sollte, dass eine Kürzung des Vorwegabzugs dann zu unterbleiben hat, wenn der einzelne Gesellschafter-Geschäftsführer bei typisierender und wirtschaftlicher Betrachtung sein Anwartschaftsrecht auf Altersversorgung ausschließlich durch einen seiner Beteiligungsquote entsprechenden Verzicht auf gesellschaftliche Ansprüche erwirbt. Dass diese Voraussetzungen im Streitfall vorgelegen hätten, hat das FG auch im Wege einer periodenübergreifenden Betrachtung nicht feststellen können.

3. Verfahrensrügen haben die Kläger weder ausdrücklich noch konkludent in schlüssiger Weise erhoben. Soweit sie beanstanden, das FG habe die von ihnen vorgelegten Unterlagen zu Unrecht nicht als ausreichenden Nachweis dafür gewertet, dass der Kläger die ihm von der GmbH zugesagten Versorgungsleistungen allein aus eigenen Beiträgen bestritten habe, rügen sie eine ihrer Auffassung nach fehlerhafte Beweiswürdigung des FG und damit einen materiell-rechtlichen Mangel der Vorentscheidung, der für sich genommen die Zulassung der Revision nicht rechtfertigt (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 76 und 82, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1134 Nr. 6
EAAAB-82492