BFH Beschluss v. - IX B 131/05

Besondere Mitwirkungspflicht bei Sachverhalten im EU-Ausland

Gesetze: AO § 90 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig; die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hat der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

1. Dies gilt zunächst für die Ausführungen des Klägers zur geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) mit Europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Insoweit fehlt es schon an der erforderlichen Auseinandersetzung mit der bereits vorhandenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Sie hat nämlich hinreichend geklärt, dass den Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten eine besondere Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung des Sachverhalts und bei der Beschaffung der erforderlichen Beweismittel trifft (vgl. BFH-Beschlüsse vom II B 184/90, BFH/NV 1992, 406, und vom VIII B 76/91, BFH/NV 1993, 32, m.w.N., sowie , BFH/NV 1992, 439). Diese Grundsätze haben nach der Rechtsprechung gleichermaßen Gültigkeit für Sachverhalte im —außerdeutschen— Bereich der Europäischen Union, weil auch dort die erhöhte Mitwirkungspflicht von Auslandssachverhalten eine Folge der auf das Inland beschränkten Hoheitsrechte der deutschen Gerichte und Behörden ist (vgl. , BFH/NV 1994, 449 unter Bezugnahme auf , BFH/NV 1992, 581).

2. Soweit der Kläger sinngemäß eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO wegen Abweichung der angefochtenen Entscheidung von dem (BFH/NV 2004, 1442) beansprucht, fehlt es schon an der erforderlichen Darlegung, inwieweit das Finanzgericht (FG) seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von einem abstrakten Rechtssatz in diesem BFH-Urteil abweicht (vgl. , BFH/NV 2002, 663, m.w.N.).

3. Soweit der Kläger die Zulassung der Revision wegen Verletzung rechtlichen Gehörs nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO begehrt, ist die Beschwerde ebenfalls nicht schlüssig erhoben.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH liegt eine Überraschungsentscheidung nur vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der alle oder einzelne Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen mussten (vgl. , BFHE 160, 256, BStBl II 1990, 539; vom VIII R 23/89, BFHE 165, 398, BStBl II 1992, 375; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 119 Rz. 10 a, 16). Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt jedoch nicht, dass das Gericht die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend erörtert. Es ist grundsätzlich weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet (vgl. BFH-Urteil in BFHE 160, 256, BStBl II 1990, 539, und , BFHE 177, 451, BStBl II 1995, 532, unter II. 2. a der Gründe). Auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, muss daher ein Verfahrensbeteiligter grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten (, Deutsches Verwaltungsblatt 1995, 34).

b) Nach diesen Maßstäben hätte der Kläger darlegen müssen, dass er aufgrund des bisherigen Verlaufs des gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahrens mit der vom FG getroffenen Entscheidung ohne weitere Anhörung nicht zu rechnen brauchte. Daran fehlt es ersichtlich, weil der ausländische Sitz der Erwerber der Eigentumswohnung und die sich danach stellende Frage der gesteigerten Mitwirkungspflicht des Klägers nach Maßgabe des § 90 AO 1977 bereits im gerichtlichen Verfahren vor Ergehen des FG-Urteils erörtert worden waren.

c) Schließlich kann die Rüge, das FG habe zu Unrecht einen Auslandssachverhalt angenommen, als Rüge einer sachlichen Unrichtigkeit die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht rechtfertigen (vgl. BFH-Beschlüsse vom III B 118/98, BFH/NV 1999, 1478, und vom V B 52/01, BFH/NV 2002, 956, m.w.N.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 904 Nr. 5
VAAAB-79012