OFD Frankfurt/M. - S 0284 A - 15 - St II 4.04

Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde

Durch das Gesetz zur Novellierung des Verwaltungszustellungsrechts vom , BStBl 2005 I S. 855, wurde das Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) neu gefasst. Es tritt am in Kraft.

Die Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde ist nunmehr in § 3 Abs. 1 sowie Abs. 2 Satz 1 und 3 VwZG, die Niederlegung – bisher § 11 Abs. 2 VwZG – in § 3 Abs. 2 Satz 2 VwZG geregelt.

1. Inhalt der zuzustellenden Sendung

Nach § 3 Abs. 1 des VwZG sind bei der Zustellung mittels Zustellungsurkunde der Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument – in einem verschlossenen Umschlag – und ein vorbereiteter Vordruck der Zustellungsurkunde an die Post zu übergeben. Dabei hat der vorbereitete Vordruck der Zustellungsurkunde folgende Angaben zu enthalten:

  • Anschrift des Empfängers,

  • Bezeichnung der absendenden Dienststelle und

  • Geschäftsnummer.

Fehlen diese Angaben auf der zuzustellenden Sendung ganz oder teilweise, ist die Zustellung unwirksam, auch wenn die Zustellungsurkunde den Anforderungen des § 182 der Zivilprozessordnung (ZPO) genügt. Gleiches gilt, wenn auf der Sendung eine falsche Geschäftsnummer angegeben ist.

Wegen der gebotenen Gewähr für die Nämlichkeit und den unveränderten Inhalt der Sendung ist die Geschäftsnummer nicht nur auf der Zustellungsurkunde, sondern auch auf dem Briefumschlag anzugeben ( BStBl 1978 II S. 467, und BFH/NV 2005 S. 66).

Aus der Geschäftsnummer muss der Inhalt der zugestellten Sendung eindeutig zu entnehmen sein. Die bloße Angabe der Steuernummer reicht als Geschäftsnummer nicht aus ( BStBl 2000 II S. 520). Im Einzelnen wird hierzu auf die AO-Kartei, § 122 AO, Allgemeines, Karte 1, Tz. 3.1.1.2, hingewiesen.

Bei Zustellung mehrerer Steuerbescheide mit verschiedenen Geschäftsnummern müssen auf der Zustellungsurkunde und dem Briefumschlag sämtliche Geschäftsnummern angegeben sein ( BFH/NV 2005 S. 66). Enthält die Sendung mehr Schriftstücke als durch Geschäftsnummern auf der Zustellungsurkunde und/oder dem Umschlag bezeichnet, ist nur die Zustellung der nichtbezeichneten Schriftstücke unwirksam. Der Zustellungsmangel kann jedoch nach § 8 VwZG geheilt werden.

2. Zustellung an mehrere Personen

Eine Zustellung an mehrere Personen mit einer Zustellungsurkunde ist unwirksam. Die Zustellung muss sich an einen bestimmten Zustellungsempfänger richten. In der Anschrift auf dem Briefumschlag und dementsprechend in der Zustellungsurkunde darf daher als Empfänger nur eine Person angesprochen werden. Das gilt auch für die Zustellung an Ehegatten. Eine mit der Anschrift „Herrn Adam und Frau Eva Meier” versehene Sendung kann mithin nicht wirksam zugestellt werden.

3. Angaben in der Zustellungsurkunde nach erfolgter Zustellung

Nach § 3 Abs. 2 S. 1 VwZG gelten für die Zustellung die §§ 177 bis 182 ZPO entsprechend.

Die Zustellungsurkunde muss gemäß § 182 Abs. 2 ZPO folgende Angaben enthalten:

  • die Bezeichnung der Person, an die zugestellt werden soll,

  • die Bezeichnung der Person, an die der Brief oder das Schriftstück übergeben wurde,

  • ggf. Gründe, Art und Weise der Ersatzzustellung bzw. Niederlegung,

  • bei Verweigerung der Annahme, wer die Annahme verweigert hat und dass der Brief am Ort der Zustellung zurückgelassen oder an den Absender zurückgesandt wurde,

  • die Bemerkung, dass der Tag der Zustellung auf dem Umschlag, der das zuzustellende Schriftstück enthält, vermerkt ist,

  • den Ort und das Datum der Zustellung (die Uhrzeit der Zustellung ist nur auf Anordnung anzugeben),

  • Name, Vorname und Unterschrift des Zustellers sowie die Angabe des beauftragten Unternehmers oder der ersuchten Behörde.

Fehlt eine dieser Angaben, ist die Zustellung unwirksam. Gleiches gilt, wenn dieselbe Urkunde zur Beurkundung mehrerer Zustellungsvorgänge bei verschiedenen Wohnungen des Empfängers verwendet wird.

4. Mängel auf der dem Empfänger übergebenen Sendung

Vermerkt der Zusteller das Zustellungsdatum auf der dem Empfänger übergebenen Sendung nicht oder nicht richtig, so ist die Zustellung gleichwohl wirksam. Durch diese fehlerhafte Zustellung kann jedoch eine Frist nicht wirksam in Lauf gesetzt werden. Zumindest kommt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO in Betracht. Gleiches gilt für den fehlenden Vermerk über die Person, an die zugestellt wurde. Fehlt die Unterschrift des Postbediensteten, kann diese nicht nachgeholt werden.

5. Wirkung der Beurkundung

Die Zustellungsurkunde als öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 Abs. 1 ZPO erbringt vollen Beweis für die in ihr bezeugten Tatsachen. Dieser ist aber nach § 418 Abs. 2 ZPO durch Gegenbeweis widerlegbar, wenn konkrete Umstände dargelegt werden, die ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der beurkundeten Tatsachen begründen. Die bloße Behauptung der unterbliebenen Zustellung genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr der Beweis des Gegenteils. Die Beweiswirkung des § 418 Abs. 1 ZPO muss völlig entkräftet werden (vgl. BFH/NV 1994 S. 291). Solange die Möglichkeit der inhaltlichen Richtigkeit der Urkunde besteht, ist die Beweiswirkung nicht widerlegt.

Die Zustellungsurkunde beweist dagegen nicht die Übergabe des Schriftstücks selbst. Ebenfalls keinen Beweis erbringt die Zustellungsurkunde für die Tatsache, dass der Empfänger unter der Zustellanschrift wohnt.

6. Wirksamkeit von Zustellungen durch die Deutsche Post AG

Auch nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost sind die von den Postzustellern der Deutschen Post AG unter Beachtung der Vorschriften des VwZG bewirkten Zustellungen wirksam ( BStBl 1997 II S. 638, und BFH/NV 1998 S. 1497; siehe auch § 33 ff. des Postgesetzes (PostG) vom , BGBl 1997 I S. 3294).

7. Ersatzzustellung durch Niederlegung

Eine wirksame Ersatzzustellung durch Niederlegung – § 3 Abs. 2 Satz 2 VwZG – ist nur zulässig, soweit eine Zustellung durch Einlegung des Schriftstücks in den Briefkasten (180 ZPO) oder in einer Gemeinschaftseinrichtung (178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) nicht möglich ist.

Für die Niederlegung kommen folgende Orte in Betracht:

  • Ort der Zustellung,

  • Ort des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt oder

  • Bei der Behörde, welche den Zustellungsauftrag erteilt hat, soweit diese ihren Sitz am Ort der Zustellung oder am Ort des für den Bezirk zuständigen Amtsgerichts hat.

Es ist darauf zu achten, dass die Niederlegung an einer Stelle erfolgt, bei der der Empfänger die Dokumente möglichst wohnortsnah oder an einer zentralen Stelle am Ort des Amtsgerichts abholen kann.

Soweit eine Ersatzzustellung durch Niederlegung ausgeschlossen werden soll, ist dies im Briefkopf des Formblatts zur Zustellungsurkunde in roter Schrift oder rot unterstrichen wie folgt zu vermerken:

  1. „Nicht durch Niederlegung zustellen”, oder

  2. „Niederlegung unzulässig”.

Des Weiteren wird auf die AO-Kartei zu § 122 AO, Allgemeines, Karte 1, Tz. 3.1.1, verwiesen.

OFD Frankfurt/M. v. - S 0284 A - 15 - St II 4.04

Fundstelle(n):
GAAAB-78353