BFH Urteil v. - XI R 32/04

Schmerzensgeld wegen Rufschädigung als Teil der Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes

Leitsatz

Werden in einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses mehrere in sachlicher und/oder zeitlicher Hinsicht unterschiedliche Entschädigungsleistungen - im Streitfall als Abfindung und als Schmerzensgeld wegen Rufschädigung bezeichnet - für künftig entgehende Einnahmen zugesagt, sind diese grundsätzlich einheitlich zu beurteilen.

Gesetze: EStG § 24 Nr. 1a, EStG § 34 Abs. 2 Nr. 2

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf), ,

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig

Gründe

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger war von 1980 bis Ende 1988 in der Geschäftsleitung eines Unternehmens in den USA tätig. Noch im Jahr 1988 schloss der Kläger einen Geschäftsführervertrag mit der in A (Inland) ansässigen T-GmbH mit Wirkung ab . Der Kläger trat vertragsgemäß seine neue Stelle an, wurde aber bereits mit Schreiben vom beurlaubt. Unter dem kündigte die T-GmbH den Geschäftsführervertrag fristlos, weil der Kläger auf Kosten der Gesellschaft eigene geschäftliche Interessen verfolgt haben sollte. Im Klageverfahren vor dem Landgericht X, in dem der Kläger die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung festgestellt haben wollte, kam es am zum Vergleich.

Der Vergleich enthält u.a. die folgende Vorbemerkung:

„ a) Der Kläger ist seit 25 Jahren in internationalen Unternehmen der…tätig, in den letzten zehn Jahren jeweils in herausragenden Management-Positionen, auf denen er sich weltweit einen hervorragenden Ruf erworben hat.

...

d) Die Beklagte hat eingesehen, dass dem Kläger großer Schaden dadurch entstanden ist, dass der Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe sich ihr gegenüber illoyal verhalten, in den Kreisen der ...unternehmen bekannt geworden ist und hierdurch der Ruf des Klägers unbehebbar geschädigt wurde.

... „

Der für dieses Verfahren wesentliche Inhalt des Vergleichs lautet wie folgt:

„ I. Die Parteien heben hiermit auf Veranlassung der Beklagten als Arbeitgeberin den Dienstvertrag vom 3.5./ einvernehmlich mit Wirkung zum auf und bestätigen hiermit, dass das Dienstverhältnis zwischen ihnen somit zum geendet hat. Der Kläger erklärt, dass die Beklagte ihre vertraglichen Leistungen bis zum Vertragsende am vollständig erfüllt hat mit Ausnahme seiner Ansprüche auf Erstattung der Umzugskosten, PKW-Treibstoffkosten und Darlehenszinsen.

II. Die Beklagte erstattet dem Kläger folgende Auslagen:


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- Umzugskosten
DM  40.527,45
- PKW-Treibstoffkosten
DM   9.151,30
- Darlehen/Zinsen
DM  68.280,—
- Rechtsanwaltskosten
DM  57.000,—
- Erstattungsbetrag insgesamt:
DM 174.958,75

III. Die Beklagte zahlt an den Kläger eine Abfindung in Höhe von

DM 400.000,—

(i.W. deutsche Mark vierhunderttausend).

Die Abfindung ist eine Entschädigung, die über die vertraglichen Lohn- und Gehaltsansprüche hinausgeht und etwaige Nachteile abgelten soll, die im Zusammenhang mit der vorzeitigen Auflösung des Anstellungsverhältnisses, insbesondere zum Ausgleich von Nachteilen wegen Verlustes des Arbeitsplatzes, entstehen.

Von der Abfindung sind DM 24.000,— steuerfrei gemäß § 3 Ziff.9 EStG, im übrigen vom Kläger mit dem halben Steuersatz zu versteuern, gemäss § 34 Abs.2 Ziff.2 EStG.

IV. Die Beklagte bezahlt weiter an den Kläger zur Abgeltung aller Ansprüche aus der Schädigung seines Rufs gemäss § 823 I BGB, Art.1, 2 GG, § 847 BGB, ein Schmerzensgeld in Höhe von

DM 1.000.000,—

(i.W. Deutsche Mark eine Million).

Mit diesem Betrag wird der entstandene und irreparable, immaterielle Schaden des Klägers aus der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts abgegolten.

V. 1. Die Beträge, die die Beklagte diesem Vergleich nach zu bezahlen hat, werden in Raten wie folgt zur Zahlung fällig.

a) DM 600.000,— innerhalb einer Woche nach Protokollierung dieses Vergleiches;

b) DM 200.000,— zum ;

c) DM 700.000,— in sieben monatlichen Raten von jeweils DM 100.000,—, fällig jeweils am 1. eines jeden Monats, erstmals am ;

d) der Restbetrag von DM 74.101,— mit der letzten Rate zum .

...”

Die Kläger vertraten die Auffassung, dass das vereinbarte Schmerzensgeld eine steuerfreie Schadensersatzleistung darstelle. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) folgte dem nicht. Das Finanzgericht (FG) entschied insoweit durch Zwischenurteil, dass das „Schmerzensgeld” bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit zu erfassen ist. Die gegen das finanzgerichtliche Urteil eingelegte Revision hat der erkennende Senat mit Beschluss vom XI R 23/99 als unbegründet zurückgewiesen.

Im vorliegenden Verfahren ist nur noch streitig, ob das FA zu Recht im Streitjahr 1990 die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die vereinbarte Abfindung versagt hat. Das FG hat insoweit die Klage abgewiesen. Der unter Ziffer IV. des Vergleichs vereinbarte Betrag von 1 Mio. DM enthalte jedenfalls zu einem erheblichen Teil Bestandteile, die als Entschädigung wegen Aufhebung des Dienstvertrags und damit als Ersatz für entgehende Einnahmen zu qualifizieren seien. Da diese Teile der einheitlich zu beurteilenden Entschädigung dem Kläger nicht mehr im Streitjahr 1990, sondern erst später zugeflossen seien, fehle es an dem für eine Tarifermäßigung erforderlichen zusammengeballten Zufluss.

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Revision, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vortragen: Im Streitfall sei hinsichtlich des Grundes der geleisteten Zahlungen genau zu differenzieren. Die Abfindung von 400 000 DM sei dem Kläger zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes gewährt worden. Unabhängig davon habe ihm aber Anspruch auf das im Vergleich auch so wörtlich bezeichnete Schmerzensgeld zugestanden. Denn ihm gegenüber sei eine gravierende Rufschädigung begangen worden, die sich als erheblicher Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht darstelle. Für diesen immateriellen Schaden habe der Kläger die ihm von Gesetzes wegen zustehende Geldentschädigung von 1 Mio. DM erhalten. Beide Zahlungen seien isoliert voneinander zu betrachten. Die ratenweise Auszahlung des Schmerzensgeldes stehe deshalb einer tarifbegünstigten Besteuerung der Abfindung nicht entgegen. Das Urteil des FG verstoße zudem gegen Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG), weil es wegen der überlangen Verfahrensdauer dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch des Klägers auf effektiven Rechtsschutz nicht genüge. Über die Klage, die im April 1996 erhoben worden sei, sei erst am entschieden worden. Damit sei das Verfahren erst nach acht Jahren beendet worden. Die überlange Verfahrensdauer impliziere auch einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Darüber hinaus habe das FG den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Das FG habe weder den angebotenen Zeugen S zu der Frage, dass der Betrag von 400 000 DM eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes enthalten habe, noch den angebotenen Zeugen W zu der Frage, dass die Abfindung und die weiteren Zahlungen gesondert betrachtet werden müssten, gehört. Darin liege auch ein Verstoß gegen die Pflicht zur umfassenden Sachaufklärung nach § 76 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Kläger beantragen,

das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1990 dahin gehend zu ändern, dass auf die im Jahr 1990 zugeflossene Abfindung in Höhe von 400 000 DM nach Abzug des Freibetrages nach § 3 Nr. 9 EStG in Höhe von 24 000 DM der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG Anwendung findet.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die Kläger könnten mit dem zum wiederholten Male vorgetragenen Argument, mit dem Teilbetrag von 1 Mio. DM sei ein durch Rufschädigung erlittener immaterieller Schaden abgegolten worden und deshalb eine Trennung zum anderen Teilbetrag von 400 000 DM vorzunehmen, schon aus formalen Gründen nicht durchdringen. Denn das rechtskräftige Zwischenurteil, mit dem entschieden worden sei, dass der als „Schmerzensgeld” bezeichnete Betrag Ersatz für entgangenen Arbeitslohn darstelle, binde auch das Revisionsgericht.

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Dem Kläger ist von seiner früheren Arbeitgeberin, der T-GmbH, im Zusammenhang mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes eine Gesamtentschädigung für entgehende Einnahmen in Höhe von 1,4 Mio. DM zugesagt worden, die sich aus der Abfindung in Höhe von 400 000 DM und der als Schmerzensgeld bezeichneten Zahlung von 1 Mio. DM zusammensetzt. Von dieser Entschädigung ist dem Kläger im Streitjahr 1990 ein Betrag von 600 000 DM zugeflossen, der mangels zusammengeballten Zuflusses der Gesamtentschädigung nicht die Voraussetzungen für eine nach §§ 34, 24 EStG begünstigte Besteuerung erfüllt. Nach § 3 Nr. 9 EStG bleibt von diesem Betrag ein Teilbetrag von 24 000 DM steuerfrei. Die Entscheidung des FG erweist sich damit im Ergebnis als zutreffend.

1. Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist nach § 34 Abs. 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung die darauf entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte u.a. Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 EStG in Betracht. Gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gehören zu den Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 EStG Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden. Zahlungen, die nicht an die Stelle weggefallener Einnahmen treten, sondern bürgerlich-rechtlich Erfüllungsleistungen des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses sind, sind keine Ersatzleistungen i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Mithin muss für die Annahme einer Entschädigung in diesem Sinne die an die Stelle der bisherigen Einnahmen tretende Ersatzleistung auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen; es reicht nicht aus, wenn die bisherige vertragliche Basis bestehen geblieben ist und sich nur Zahlungsmodalitäten geändert haben (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, z.B. , BFHE 202, 486, BStBl II 2003, 881). Für die Frage, ab wann vertragliche Ansprüche nicht mehr auf der alten Rechtsgrundlage beruhen können, ist dabei von dem Zeitpunkt auszugehen, zu dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Dienstverhältnis wirksam beendet haben (, BFHE 203, 490, BStBl II 2004, 264, m.w.N.).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich sowohl bei der Abfindungszahlung als auch bei der als Schmerzensgeld bezeichneten Zahlung um Entschädigungen i.S. des § 24 Abs. 1 Buchst. a EStG.

a) Der Kläger und die T-GmbH haben in dem gerichtlichen Vergleich vom den Dienstvertrag des Klägers einvernehmlich zum beendet. Dabei haben die Vergleichsparteien gleichzeitig festgestellt, dass die T-GmbH mit Ausnahme der Ansprüche auf Erstattung der Umzugs- und Treibstoffkosten sowie der Darlehenszinsen, über die im Vergleich eine gesonderte Regelung getroffen worden ist, ihre vertraglichen Leistungen bis zum Vertragsende vollständig erfüllt hat. Im Streitfall stimmen deshalb die Beteiligten zu Recht darin überein, dass die Abfindung in Höhe von 400 000 DM als Ersatz für entgehende Einnahmen und damit als Entschädigung gezahlt worden ist.

b) Entgegen der Auffassung der Kläger gilt das jedoch auch für die als Schmerzensgeld bezeichnete Zahlung von 1 Mio. DM.

Wie das FG in seinem Zwischenurteil vom (4 K 123/96), das durch den die Revision zurückweisenden Beschluss des erkennenden Senats vom (XI R 23/99) rechtskräftig geworden ist, entschieden hat, handelt es sich bei dieser Zahlung nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), sondern um den Ersatz von Arbeitslohn i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Daran sind die Beteiligten (§ 110 Abs. 1 Satz 1 FGO) und der erkennende Senat (§ 155 FGO i.V.m. § 318 der Zivilprozessordnung) gebunden.

3. Werden —wie im vorliegenden Fall— in einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses mehrere in sachlicher und/oder zeitlicher Hinsicht unterschiedliche Entschädigungsleistungen für künftig entgehende Einnahmen zugesagt, sind diese nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich einheitlich zu beurteilen (vgl. z.B. , BFHE 203, 38, BStBl II 2004, 449; vom XI R 55/03, BFH/NV 2004, 1705, jeweils m.w.N.). Entsprechend diesem Grundsatz der Einheitlichkeit einer Entschädigung ist im Streitfall davon auszugehen, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes eine Gesamtentschädigung in Höhe von 1,4 Mio. DM erhalten hat, die sich aus der Abfindung von 400 000 DM und dem als Schmerzensgeld bezeichneten Betrag von 1 Mio. DM zusammensetzt. Diese Gesamtentschädigung hat der Kläger teilweise im Streitjahr, teilweise aber auch im darauf folgenden Jahr 1991 erhalten. Da die Entschädigung somit nicht zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum zugeflossen ist, liegen die Voraussetzungen für eine ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht vor (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 203, 38, BStBl II 2004, 449).

Für die Annahme von Entschädigungszusatzleistungen, die aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit gewährt wurden (vgl. z.B. , BFHE 196, 500, BStBl II 2002, 180), sieht der Senat keine Anhaltspunkte.

4. Der Kläger kann sich auch nicht auf die Aussage des Reichsfinanzhofs (RFH) im Urteil vom IV 278/40 (RStBl 1941, 442) berufen. Dort hatte der RFH in Form eines sog. obiter dictum und ohne eine entsprechende Entscheidung zu zitieren ausgeführt, dass von dem Grundsatz der Zahlung eines Einmalbetrages „nur ganz ausnahmsweise abgegangen worden (sei) bei Zahlung einer Entschädigung, wenn sie von vornherein in einer Summe festgesetzt und nur wegen ihrer ungewöhnlichen Höhe und besonderen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen auf zwei Jahre verteilt worden war”. Der BFH hat in der Vergangenheit diese Aussage zwar in einigen Entscheidungen zitiert, ohne allerdings in dem jeweils entschiedenen Fall eine solche Ausnahme anzuerkennen (vgl. Senatsbeschluss vom XI B 117/03, BFH/NV 2005, 1252, m.w.N.). Auch inhaltlich ist der Senat von dieser Auffassung abgerückt (vgl. , BFH/NV 2001, 431).

Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Streitfall, in dem nach fristloser Kündigung mit unzutreffender Begründung das Dienstverhältnis des Klägers in einem gerichtlichen Vergleich beendet und Entschädigungsleistungen für entgehende Einnahmen unterschiedlich begründet und bezeichnet worden sind, auch nicht mit dem dem Urteil vom XI R 40/02 (BFHE 205, 129, BStBl II 2004, 716) zugrunde liegenden Fall vergleichbar. Dort war ein Soldat für lebenslang entgehende Einnahmen infolge einer während des Wehrdienstes erlittenen Querschnittslähmung entschädigt worden. Die Versicherung des Unfallschädigers und der Geschädigte hatten nach insgesamt etwa 20 Jahre andauernden Verhandlungen in zeitlichen Abständen drei Vergleiche mit entsprechenden Abfindungserklärungen geschlossen. Dabei betraf jeder Vergleich einen klar abgegrenzten und vom Gegenstand der anderen Vergleiche ausdrücklich ausgenommenen Zeitraum. Der Senat hatte in diesem Ausnahmefall —auch im Hinblick darauf, dass ein Steuerpflichtiger im Laufe seines gesamten Arbeitslebens mehrmals eine jeweils begünstigte Abfindung für den Verlust seines Arbeitsplatzes erhalten kann— drei selbständig zu beurteilende Entschädigungen angenommen.

5. Das Urteil des FG verletzt nicht wegen überlanger Verfahrensdauer das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu zwar mehrfach ausgesprochen, dass der mit Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Rechtsschutz gegen rechtswidriges Handeln der öffentlichen Gewalt auch einen verfassungsrechtlich geschützten Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener Zeit bedeute (, BFHE 165, 469, BStBl II 1992, 148). Im Streitfall hat sich die lange Verfahrensdauer jedoch daraus ergeben, dass das FG —mit ausdrücklicher Zustimmung der Kläger— zunächst gemäß § 99 Abs. 2 FGO durch Zwischenurteil über die Sachverhaltskomplexe „Transportkosten Yacht/Reparaturkosten Yacht” und „Schmerzensgeld” entschieden hat und die Kläger sodann gegen das finanzgerichtliche Zwischenurteil Revision zum BFH eingelegt und anschließend gegen die Entscheidungen des FG und des BFH Verfassungsbeschwerde erhoben haben.

Auf die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK) vom (BGBl II 1952, 686) kann sich der Kläger in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht berufen, weil Steuerrechtsstreitigkeiten trotz des pekuniären Effekts, den sie zwangsläufig auf den Steuerzahler haben, nicht dem Schutzbereich der Bürgerrechte unterfallen (vgl. Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 44759/98, Neue Juristische Wochenschrift 2002, 3453).

6. Die Rüge der Verletzung des Rechts auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) sowie des Rechts auf umfassende Sachverhaltsaufklärung (§ 76 FGO) wegen unterlassener Einvernahme von angebotenen Zeugen kann in diesem Verfahren nicht mehr zum Erfolg führen. Nach dem Vorbringen des Klägers hätten die Zeugen zu der Frage gehört werden sollen, dass nur der Betrag von 400 000 DM als Entschädigung bezahlt worden sei und der Kläger die weitere Zahlung von 1 Mio. DM als nicht steuerbare Schadensersatzzahlung für den ihm entstandenen immateriellen Schaden aus der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts bekommen habe. Bei der Beurteilung, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, ist von der materiell-rechtlichen Auffassung des FG auszugehen (vgl. , BFHE 189, 148, BStBl II 1999, 731). Aufgrund der Bindung des FG an seine Entscheidung in dem Zwischenurteil und seiner materiell-rechtlichen Auffassung, alle im Zusammenhang mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses gezahlten Beträge seien eine einheitliche Entschädigung, waren die in das Wissen der Zeugen gestellten Umstände nicht mehr entscheidungserheblich.

Fundstelle(n):
GmbH-StB 2006 S. 91 Nr. 4
GmbHR 2006 S. 389 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 28/2006 S. 11
MAAAB-77580